„Klänge fordern auf, Welt zu verändern und Welt verändert wahrzunehmen. Doch die Bedeutung der Welt, die Bedeutung eines Klangs kann sich verändern, ohne dass der Klang selbst sich verändert.“ Jedem Zuhörer bleibt damit selbst überlassen, Klang eine Bedeutung zuzuschreiben und diese Bedeutung auch wieder verändert wahrzunehmen. Welche unterschiedlichen Bedeutungen kann ein solcher Klang in unterschiedlichen Situationen bzw. Genres annehmen? Der darum kreisenden Thematik, die prinzipiell jede Form der Wahrnehmung betrifft, steht im Zentrum der 45. Ausgabe des musikprotokoll, das zwischen 4. und 8. September Interessierte unterschiedlichster Bereiche zwischen Neuer Musik, experimentellen Kunstformen und populären Musikstilen wie auch funktionaler Musik im Festivalzentrum des steirischen herbst mit Konzerten, Performances, Installationen und Vorträgen zusammenführt.
Ebenso breit gefächert wie das Motto des musikprotokoll sind auch die geladenen Gäste. Stark vertreten ist in diesem Jahr besonders die Generation jüngerer KomponistInnen, an der die unterschiedlichsten Herangehensweisen zeitgenössischen Komponierens deutlich werden. Peter Jakober etwa, der mit in Form von rhythmischen Überlagerungen und mikrotonalen Gestaltungsweisen faszinierende Gebilde schafft; oder Eva Reiter, die sich auf den der alten Musik entlehnten Instrumenten wie Gambe und Blockflöte oft in Verbindung mit Elektronik nach neuen Klängen macht; eine ebenso individuelle Klangsprache hat auch die Ö1-Talentepreisträgerin Yukiko Watanabe entwickelt; selbständige Gestaltungsweisen hat auch Thomas Amann entwickelt, der mit kleinsten Klangpartikeln und häufigen Pausen bewusst gegen größere Formen arbeitet. Interpretiert werden ihre Werke von Weltklasse-Ensembles, wie es das Arditti Quartett und das Klangforum Wien von sich behaupten können.
Aus anderen Ecken und Enden musikalischer Genres bringen Daniel Lercher, dieb13, Felix Kubin oder Martin Brandlmayr und zahlreiche weitere KünstlerIinnen ihre Deutung von Klängen ein, um sie von ihrem Publikum anders interpretieren zu lassen. Besonders die Konfrontation dieser unterschiedlichen Stilrichtungen, die ihre Material wiederum aus diversen heterogenen Bereichen entlehnen und daraus neues hervorbringen, macht dabei deutlich, dass die oftmals durch Aufführungsorte und soziale Parameter geschaffenen Strukturen dem musikalischen Pluralismus nicht gerecht werden, sondern dass sich gerade im Austausche von dieser vielschichtigen Konglomerate diverser Bereiche die Bedeutung von Klängen wieder wandelt und entgegen festgefahrener Hörgewohnheiten zu einem offenen, fluktuierenden Wahrnehmen von Musik beiträgt.