„Mir geht es einfach gut, wenn ich Skip James oder Howlin‘ Wolf höre“ – WANJO BANJO im mica-Interview

Wanjo BanjoAn Banjo und Dobro ist MARKUS MAYERHOFER in der Band WANJO BANJO tätig: Gemeinsam mit FLORIAN WEISS und WOLFGANG SCHÖBITZ hat er die Band vor rund einem Jahr gegründet. Welche Verbindungen es zwischen dem Waldviertel und den Appalachen gibt und warum die Lieder von WANJO BANJO nur im Dialekt funktionieren, hat MARKUS MAYERHOFER Jürgen Plank erzählt.

Wie ist Wanjo Banjo entstanden und wie passt Ihr Hintergrund dazu?

Markus Mayerhofer: Wanjo Banjo ist vor ungefähr einem Jahr entstanden, da haben wir uns getroffen. Ich habe ja eine Vergangenheit in Mundartmusik, weil ich mit Alex Miksch gespielt habe. Irgendwann habe ich dann begonnen, selbst zu schreiben und Texte zu übersetzen. Außerdem habe ich ein Faible für Bluegrass und Mountain Music und ich spiele gerne Banjo und Dobro. Vor einem Jahr haben wir es mit den eigenen Liedern probiert, und das war eine Premiere für mich: Davor habe ich nie als Leadsänger gesungen.

Wie haben Sie einander gefunden?

Markus Mayerhofer: Flo Weiß kenne ich aus der Band von Alex Miksch, wir haben eine lange Geschichte miteinander. Wir stammen auch beide aus dem Waldviertel, das ist wichtig. Das Projekt hat doch ein Waldviertler Lokalkolorit, das ist wichtig für mich und das streiche ich auch gerne heraus. Der dritte in der Band ist Wolfgang Schöbitz, der aus Klosterneuburg stammt.

Wie ging es dann weiter?

Markus Mayerhofer: Wolfgang und Flo haben miteinander in einer WG gewohnt, dort haben wir immer geprobt und ihr gemeinsamer Wohnungsgenosse hat uns auf den Bandnamen gebracht, der hat einmal „Wenn scho’, denn scho’, wenn scho’, Banjo“ gesagt (lacht).

Was ist der Waldviertler Ansatz?

Markus Mayerhofer: Der liegt vor allem in den Übersetzungen der Bluegrass-Stücke, die wir machen. Es funktioniert recht gut, die Texte ins Waldviertel zu holen, weil die Settings recht ähnlich sind. Was in den Appalachen geschrieben wurde, funktioniert gut im Waldviertel, man muss sich nur den Zug wegdenken. Ich hole diese Stücke wirklich in den Bezirk Zwettl, von dort komme ich.

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Sie machen Übertragungen von Bluegrass-Traditionals. Was machen Sie da genau?

Markus Mayerhofer: Ich fahre viel Auto und höre dabei viel Musik. Wenn ich ein Stück entdecke, das sich für eine Übertragung eignet, mache ich mich an den Text. Und irgendwann gehen wir gemeinsam drüber.

Welche Stücke haben Sie schon übertragen?

Markus Mayerhofer:
Zum Beispiel „In The Pines“ von Big Bill Broonzy. Ich habe ein großes Faible für Mississippi John Hurt, von dem haben wir „Sliding Delta“ genommen. Oder von den Louvin’ Brothers „Let Her Go“ und natürlich auch „Man Of Constant Sorrow“. Daneben haben wir noch ein paar moderne Nummern, ich habe von The Kinks „Lola“ übersetzt, Flo Weiss hat von The Bee Gees „Massachusetts“ übertragen und dazu noch ein paar Nummern von Neil Young.

Wanjo Banjo 2Was ist der besondere Spaß an den Übertragungen?

Markus Mayerhofer: Wenn man einen deutschen Text schreibt, wird so ein Traditional eh wie zu einer eigenen Nummer. Oft bleiben nur Fragmente der Melodie übrig. Das ist ein freier Umgang mit diesen Liedern.

Es gibt aber auch eigene Stücke von Wanjo Banjo?

Markus Mayerhofer:
Ja, angefangen haben wir mit eigenen Stücken und mittlerweile ist das Übersetzen so ein Spaß, dass es mehr Übersetzungen gibt.

Was ist bei Ihnen aus „In The Pines“ geworden?

Markus Mayerhofer:
„Tiaf im Woid“ (lacht). Und aus „Massachusetts“ wurde „Favoriten“.

Haben Sie schon im Waldviertel gespielt und wie ist das dort angekommen?

Markus Mayerhofer: Ja, wir haben inzwischen zweimal im Waldviertel gespielt, sogar bei mir zu Hause, in meiner Heimatgemeinde, und wir sind überraschend gut angekommen. Ich habe mich ein bisschen vor diesen Auftritten gefürchtet, weil die Leute im Ort gar nicht genau wissen, was ich so mache. Aber es hat hervorragend funktioniert und die Texte sind gut angekommen.

Haben Sie in einem Wirtshaus gespielt?

Markus Mayerhofer: Nein, bei einem Straßenfest in Traunstein und bei einem kleinen Open-Air-Festival in Zwettl.

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Wanjo Banjo gibt es noch nicht so lange, dafür haben Sie aber schon viel live gespielt. Wie wichtig ist Ihnen die Livepräsenz?


Markus Mayerhofer:
Das ist alles für uns, zum Proben kommen wir gerade eh nicht (lacht). Die Musik ist im Prinzip recht einfach, nur die eigenen Stücke sind komplizierter.

Beschreiben Sie bitte die Eigenkompositionen im Vergleich zu den übertragenen Traditionals.

Markus Mayerhofer: Es sind schwierigere Stücke, etwas gefühlsschwerer, würde ich sagen. Es sind keine Partynummern, sondern Stücke, die sehr dem Blues verhaftet sind. Ich setze mich viel mit persönlichen Befindlichkeiten auseinander, auch damit, was man mitnimmt, wenn man wie ich vom Land kommt. Das kann ich mit dieser Band hervorragend besingen und reflektieren.

„Im Wort ‚Bluegrass‘ steckt eh schon das Wort ‚Blues‘ drinnen. In den USA ist das alles ein großes Ganzes und dort wird gar nicht so sehr in diesen Sparten gedacht.“

Weil Sie vorhin Mississippi John Hurt erwähnt haben: Wie nahe steht Wanjo Banjo dem Blues und wie nahe dem Bluegrass?


Markus Mayerhofer:
Gute Frage, durch das Instrumentarium ist das ein dem Bluegrass nahestehender Blues. Im Wort „Bluegrass“ steckt eh schon das Wort „Blues“ drinnen. In den USA ist das alles ein großes Ganzes und dort wird gar nicht so sehr in diesen Sparten gedacht. Es handelt sich im Prinzip um Volkslieder. Manche haben einen bluesigeren Anstrich und machen merkt man an, dass sie aus Irland, Frankreich oder England kommen. Irgendwann hat sich das zu einem großen Ganzen vermischt.

Was löst diese Musik – von Blues bis Bluegrass – in Ihnen aus?

Markus Mayerhofer: Wenn ich diese Musik höre, geht es mir gut. Ich habe inzwischen – natürlich auch durch die Arbeit mit Miksch – sehr starke Blueswurzeln in mir entdeckt. Mir geht es einfach gut, wenn ich Skip James oder Howlin‘ Wolf höre. Mir geht es aber auch gut, wenn ich die Stanley Brothers höre oder Dock Boggs.

Stellen Sie sich bitte vor, Wanjo Banjo würden in USA spielen: Wie wäre das?

Markus Mayerhofer: Ich weiß nicht (lacht). Ich würde mich das nicht trauen. Erstens weil dort alle viel besser spielen und zweitens würde ich dieses Projekt im deutschsprachigen Raum belassen. Ich sehe das nicht in den Staaten, das gehört hierher.

„Austropop hat mich nie wirklich interessiert, ich kenne auch von den aktuellen Sachen nicht viel. Da bin ich ein Hillbilly.“

Aktuell gibt es ein Revival des Austropop, könnte man sagen. Immer mehr Bands singen im Dialekt. Wie fügen Sie sich da ein?

Markus Mayerhofer: Keine Ahnung. Ich denke eher, dass es Zufall ist. Ich habe versucht, Texte in englischer Sprache zu schreiben, aber das funktioniert bei mir einfach nicht. Das war wirklich ein Krampf. Ich habe die Texte immer einem kanadischen Freund geschickt, aber ich habe keine Lust mehr, einen Text zu schreiben und dabei die Hälfte der Zeit in einem Onlinewörterbuch herumzuhängen (lacht). Ich möchte nicht mehr konstruieren, früher habe ich gedacht, dass die Texte überall verstanden werden müssen. Heute denke ich mir, dass es besser ist, dass die Leute im deutschsprachigen Raum die Texte verstehen. Austropop hat mich nie wirklich interessiert, ich kenne auch von den aktuellen Sachen nicht viel. Da bin ich ein Hillbilly (lacht).

Ist eine CD geplant? Wie wird es weitergehen?

Markus Mayerhofer: Schauen wir mal, es wäre auf jeden Fall wichtig, etwas zu machen. Im Moment sind wir alle drei stark mit diversen Projekten beschäftigt. Wir wollten schon Demos aufnehmen, aber das ist sich bis jetzt noch nicht ausgegangen. Die Band gibt es erst seit einem Jahr, also man kann sich noch ein wenig Zeit lassen.

Was wäre eine schöne Entwicklung für Wanjo Banjo in den nächsten Jahren?

Markus Mayerhofer: Präsent zu sein und wahrgenommen zu werden. Und dass wir möglichst oft spielen und vielleicht eine CD haben – und vielleicht die Anzüge unseres Plakatsujets (lacht)! Das ist eine Fotomontage mit uns und den bunten Anzügen eines Banjospielers von den Appalachen.

Danke für das Gespräch.

Jürgen Plank
Fotos Wanjo Banjo: Jürgen Plank

http://www.wanjobanjo.at