mica-Porträt: Thomas Gansch

Er ist ein im positivsten Sinne Musikverrückter, wie er im Buche steht, ein Künstler, dessen Betätigungsfelder so breit gefächert sind, wie nur bei wenigen anderen, er ist ein sich immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen befindlicher Instrumentalist, dessen Offenheit fast allen musikalischen Spielformen gegenüber inzwischen zu einer Art Markenzeichen geworden ist, er ist jemand, der sich seine eigenen Freiräume schaffen will und sich mit seinen verschiedenen Projekten längst auch außerhalb seiner Heimat als gefragter Mann etabliert hat. Der 1975 in St. Pölten geborene Trompeter Thomas Gansch, dessen musikalischer Weg ihn von der Blasmusik letztlich hin zum Jazz geführt hat, kennt in seinem Schaffen keinerlei Scheuklappendenken oder ähnliches. Und genau das macht ihn zu einer der kreativsten und innovativsten Musikerpersönlichkeiten der jungen heimischen Jazzszene. Egal in welchem Kontext auch immer agierend, ob nun im Duo, in einem Ensemble oder einem Großformat, der Niederösterreicher ist stets im Stande, mit seinem virtuosen und zugleich ungemein variantenreichen Spiel dem Dargebrachten immer das gewisse Etwas, das Besondere zu verleihen.

Eingentlich ist Thomas Gansch eine musikalische Karriere quasi in die Wiege gelegt worden. Sein Vater, Leiter einer Blasmusikschule, Kapellmeister der Stadtkapelle Melk und ebenso ein „Musikverrückter“ wie er, bringt dem jungen Mann schon in frühen Jahren das Spiel an der Trompete bei. Angespornt auch von seinem Bruder Hans, der zu dieser Zeit im ORF-Sinfonieorchester Wien spielt, macht sich Gansch mit Begeisterung daran, sein Spiel und seine Klangsprache immer weiter zu verfeinern. Anfangs noch stark in der Blasmusik verhaftet, entdeckt er mit zunehmendem Alter immer mehr den Jazz für sich.

Als ein ihn nachhaltig prägendes Erlebnis gibt der Trompeter einen Auftritt von John Gillespie im Fernsehen an, welcher in ihm die Faszination für dieses Genre vollends entflammen lässt. Nach der Schule folgt 1991 eigentlich naheliegend das Studium des Konzertfachs Trompete an der damaligen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, welches er aber nach sechs Jahren abricht. Für einen Freigeist, wie er einer ist, fühlt er sich in seinem kreativen Drang, in seinem Versuch, sich selbst zu entfalten, an diesem Ort einfach zu sehr eingeschränkt. Seinen eigenen Ansprüchen deutlich mehr gerecht wird die Blechbläserkapelle Mnozil Brass, welche er während seines Studiums 1992 mitbegründet und mit der er bis heute allerorts, auch im Ausland, für Furore sorgen kann.

1997 lernt Thomas Gansch den aus der Klassik kommenden Bassisten Georg Breinschmid kennen, der sich wie der gebürtige St. Pöltener in seinem damaligen musikalischen Umfeld (u.a. Wiener Philharmoniker, Wiener Symphoniker) nicht wirklich zu Hause fühlt. Man freundet sich schnell an, teilt die gemeinsame Leidenschaft für die Musik und für die Filme der Monty Pythons und beschließt, gemeinsame Sache zu machen. Die beiden Niederösterreicher treffen sich über ein Jahr wöchentlich heimlich zum Üben, bevor sie schließlich mit ihren Jazzambitionen an die Öffentlichkeit treten. Im Rahmen einer Session im Wiener Porgy & Bess werden Gansch und Breinschmid vom Fleck weg von niemand geringeren als Mathias Rüegg für das Vienna Art Orchestra engagiert, wo sie von 1998 bis 2006 spielen. Die Zeit im VAO bezeichnet Gansch heute sehr oft als seine “wahre” Studienzeit, hat sich für ihn dort doch die Gelegenheit geboten, von vielen herausragenden Persönlichkeiten zu lernen.

Einen weiteren Meilenstein in der Karriere des Trompeters, der da und dort auch als Komponist in Erscheinung tritt (u.a. schreibt Thomas Gansch gemeinsam mit seinen Kollegen von Mnozil Brass für die Salzburger Festspiele die Musik zu der Oper “Irmingard”), stellt der große Erfolg des ersten eigenen Projektes Gansch & Roses dar. 2001 gegründet, gelingt es dem Trompeter auf Anhieb die große Heerschar von Kritikern und Musikliebhabern  gleichermaßen von seiner ungemein spritzigen, humorvollen, facettenreichen und vielschichtigen Version des Jazz zu begeistern. Welch Stellung und Ansehen Thomas Gansch inzwischen allerorts geniest, zeigen auch seine zahlreichen Kooperationen und Auftritte mit namhaften internationalen MusikerInnen, Bands und Orchestern wie etwa Dr. Kurt Ostbahn, dem Niederösterreichischen Tonkünstlerorchester, den Wiener Symphonikern, Patti Smith, Konstantin Wecker, Bob Brookmayer, der Alegre Correa Group, Nouvelle Cuisine und vielen, vielen mehr.

Der inzwischen mehrfach ausgezeichnete Niederösterreicher (u.a. erhält er 2002 den Hans Koller Jazz Preis als “Newcomer des Jahres”) präsentiert sich stets als ein Künstler, der seiner Zeit oftmals einen Schritt voraus ist. Er ist ein Instrumentalist, der sich vor allem an den Schnittstellen zwischen den einzelnen zeitgenössischen Musikgattungen beheimatet fühlt. Egal ob nun im Jazz, in der Improvisation, in der Klassik  oder der Weltmusik, er zeigt sich überall in virtuoser Art und Weise mehr als nur sattelfest. Mit der Fähigkeit, das eigene Spiel und damit auch die Musik immer wieder neu zu erfinden, sie auf eine nächsthöhere kunstvolle Ebene zu heben, darf angenommen werden, dass man von diesem außergewöhnlichen Trompeter auch in Zukunft noch einiges zu hören bekommen wird. (mt)

Fotos Thomas Gansch: Julia Wesely

http://www.ganschandroses.at