mica-Porträt STUDIO PERCUSSION graz

“Wie eine persönliche Unterschrift an einem heiligen Ort, wie Michelangelo´s Pieta im Petersdom zu Rom – raumfüllend, unverrückbar, inspirierend anwesend sein, obwohl der Raum bereits verlassen wurde. So sind Performances des ,STUDIO PERCUSSION graz‘ konzipiert und aufgeführt. Ich möchte Klangskulpturen in die Luft hämmern, welche noch vorhanden sind wenn der letzte Zuhörer den Raum lange verlassen hat, die letzten Instrumentenkisten verladen sind und ein Schlüssel den Raum schon zugesperrt hat. Und am nächsten Tage die Frage den Zuhörer/Zuseher beschäftigt: was war es, das ich letzte Nacht gehört und gesehen habe.” Wenn es darum geht, jene Person zu nennen, die sich bereits seit mehreren Jahrzehnten im Grazer Umfeld um die Vermittlung, Präsentation und Pflege der Schlagwerkskunst einsetzt, führt kein Weg an Günter Meinhart vorbei. Aus seiner Feder entstammen unter anderem das eben erwähnte hochkarätige Ensemble „STUDIO PERCUSSION graz“, das Schlagzeugtheater „WUMM!“, die „STUDIO PERCUSSION school“, das „Austrian Percussion Camp“, die alljährliche Veranstaltungsreihe „Night of Percussion“, sowie zu guter Letzt das Projekt „Faces and Places“.

1957 in Graz geboren, erlernte Meinhart – der sich selbst als Ordnungsfreak bezeichnet, was einem Schlagwerker sicherlich zugutekommt – sein Handwerk an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Graz. Nach seinem Abschluss war er kurzzeitig als freiberuflicher Percussionist tätig, begann aber sehr rasch als Pädagoge an der Musikschule Liezen zu arbeiten. Währenddessen war Meinhart von 1985 bis 1987 Leiter der Musiksparte des „Forum Stadtpark“, einer spartenübergreifenden Vereinigung von KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen und Kulturschaffenden in Graz. Nach Beendigung seiner Tätigkeit an der Musikschule Liezen, übernahm er 1988 den Posten des Direktors an der Musikschule Ilz und wurde ab 1991 Lehrbeauftragter sowie später Lehrer an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Graz. Neben seiner Lehrtätigkeit ist Meinhart regelmäßig bei Konzerten im In- und Ausland unterwegs und kann mit einer breiten Latte an Kooperationen mit u.a. dem „Ensemble XX. Jahrhundert“, „Austrian Art Ensemble“, der „EAV“, „OPUS“, dem „HRT – Radiosinfonieorchester Zagreb“, „Chamber Orchestra Europe“ sowie Steve Reich, Ernst Kovacic oder den Brüdern Christian und Wolfgang Muthspiel aufwarten.

Bereits 1979 gründete Günter Meinhart das „STUDIO PERCUSSION graz“, das seither sein wesentlichstes künstlerisches Medium darstellt. „Meine persönliche, künstlerische Arbeit fokussiert sich seit nahezu 30 Jahren auf mein Ensemble ,STUDIO PERCUSSION graz‘ und ich schätze mich glücklich, mit dieser Formation und den darin mitwirkenden MusikerInnen, Videokünstlern, Technikern und sonstigen kreativen Menschen immer wieder zusammenarbeiten zu können. Das „STUDIO PERCUSSION graz“ ist für mich ein riesengroßer Pinsel, mit dem ich die Möglichkeit habe, manchmal wunderschöne, teilweise schroffe, oft interessante, aber auch heitere, akustische Bilder zu malen und in Räumen zu hinterlassen. Für mich ist das ein göttliches Geschenk.“ Stilistisch bewegt sich das Ensemble im Bereich zeitgenössischer Musik und durchforstet einerseits das klassische Schlagwerkrepertoire des 20. Jahrhunderts. Andererseits arbeitet „STUDIO PERCUSSION graz“ intensiv mit jungen nationalen und internationalen KomponistInnen zusammen, die für das anspruchsvolle Kollektiv immer brandaktuelle Werke parat halten und nicht selten eigens dafür erarbeiten. Das Kernensemble besteht aus sechs Schlagzeugern die je nach Bedarf aufgestockt, sowie um andere Instrumentengattungen erweitert werden. Konzertant tätig war das „STUDIO PERCUSSION graz“ bereits in zahlreichen europäischen Ländern sowie in Israel, den USA oder Südkorea.

Rund um das „STUDIO PERCUSSION graz“ entstanden nun nach und nach Satellitenprojekte, die auf der Expertise und dem Know-How des Ensembles aufbauen, bzw. diese erweitern oder ergänzen. Das erste in chronologischer Reihung und auch wohl engagierteste Unterfangen, war die Gründung der „STUDIO PERCUSSION school“ 1993. Unterrichtet werden mittlerweile 120 SchülerInnen aller Altersstufen vom absoluten Anfänger bis zum Profi und das in allen musikalischen Stilrichtungen. Darüber hinaus wird außerdem auf Gebiete wie Studiotechnik, E-Drum, Squenzer, MIDI, Live-Mikrophonierung usw. großen Wert gelegt. Als Lehrer fungieren dabei die MusikerInnen des „STUDIO PERCUSSION graz“, die so ihr Können direkt weitergeben können. „Der Unterricht ist bei uns mehrheitlich Einzelunterricht. Die Kinder beginnen bei uns im Partner- oder Gruppenunterricht – da sind maximal zwei oder drei gleichaltrige Schüler mit dem gleichen Level. Ab dem zweiten oder dritten Jahr ist es dann Einzelunterricht, um im technischen Bereich sehr rasch weiter zu kommen; jedoch stehen ihnen im musikalischen Bereich sofort Ensembles zur Verfügung, wo sie sozial und musikalisch kommunizieren können.“ Unlängst konnte man sich auch von der Qualität der Ausbildung und Professionalität der SchülerInnen mit eigenen Augen und Ohren überzeugen, als zwölf TeilnehmerInnen der „STUDIO PERCUSSION school“ mit ihrer Aufführung bis in das Halbfinale der ORF-Talenteshow „Die große Chance“ 2012 vordringen konnten.

Es vergingen ein paar Jahre bis 2007 „Night of Percussion“, eine Konzertplattform in deren Rahmen die SchülerInnen der „STUDIO PERCUSSION school“ ihr Gelerntes gemeinsam mit internationalen GastmusikerInnen zum Besten geben können und 2009 das „Austrian Percussion Camp“, ein mehrtägiger Percussionworkshop am Kärntner Ossiacher See mit internationalen GastdozentInnen gegründet wurden. Daneben entstand in Kooperation mit dem Festival „La Strada“ das Schlagzeugtheater „WUMM!“, „ein Zusammenspiel von Bild und Ton, bei dem aus Instrumenten Bühnenbild wird und Musiker sich in Skulpturen verwandeln. Musik, Bühne, Video, Schattentheater vereinen sich zu einem Gesamtkunstwerk, das lustvoll große Töne spuckt, ohne dabei lärmig zu wirken. Ein Versuch, Klang in Bilder zu fassen, ohne das Publikum zu bevormunden. Und eine Show mit saugutem Groove“. Eines der aktuellsten Projekte stellt das Ohren und Augen öffnende „Faces and Places“ dar, „Menschen aus Brasilien, Burkina Faso, Italien, Kuba, Österreich und Venezuela zeigen in dem Crossoverprojekt aus Musik, Performance, Film und Theater ihre Kunst und ihr Leben, illustrieren ihre Wege nach und durch Österreich, die Drahtseilakte und akrobatischen Notwendigkeiten, die eine Existenz wie die ihrige erfordert“.

Obwohl Günter Meinhart von seinem Sohn Raphael in technischer Hinsicht mittlerweile eine mehr als ernstzunehmende Konkurrenz droht, denkt er noch lange nicht aufs Aufhören, auch wenn sich seine Prioritäten in den Jahren doch ein wenig geändert haben: “Als ich mein Ensemble Studio Percussion gründete, war die Musik das Wichtigste für mich. Doch jetzt genieße ich das Glück des Familienmenschen, das gibt Bodenhaftung und fließt auch in die Kunst ein.” Wir dürfen also mit Spannung die eine oder andere – bzw. hoffentlich gleich mehrere Überraschungen  – erwarten!
Georg Demcisin

 

http://www.studiopercussion.com/