mica-Interview Steaming Satellites

Mit ihrer aktuellen CD „The Moustache Mozart Affaire“ (Steaming Satellites Records / Hoanzl) begeistern die Salzburger „Space Rocker“ The Steaming Satellites ihre Fans im In- und Ausland. So standen etwa im Sommer 2011 zig Konzerte und Festival-Auftritte in ganz Europa auf dem Programm. Und das mit gutem Grund, zählen sich doch nicht nur zu den besten Live-Bands des Landes, sondern fabrizieren mit ihrem gekonnten Stilmix zwischen Psychedelic, Avant-Rock und Post-Core eine zeitgemäße Spielart von Rock, die bei aller Liebe zu vergangenen Errungenschaften, den Blick in die Zukunft nie außen vor lässt. Nicht umsonst lässt sich daher die Band um Max Borchardt (Vocals, Guitar), Manfred Mader (Guitar), Daniel Ziock (Bass), Matl Weber (Drums, Programming, Keys) sowie Emanuel Krimplstätter (Keys, Synth, Guitar) nur schwer in eine Genre-Kategorie pressen. Für mica führte Didi Neidhart ein Interview mit dem „Dampfsatelliten“ Max Borchardt.

Euch eilt der Ruf voraus eine fantastische Live-Band zu sein. War es schwierig das Live-Feeling im Studio umzusetzen bzw. wie habt ihr es dennoch hin gekriegt?
Einige der Songs haben wir einfach Live eingespielt und mussten dann auch nicht wirklich viel mehr im Nachhinein dazu machen. Andere Songs hingegen sind zunächst fast ausschließlich programmiert worden und wir haben erst dann probiert das Ganze zu instrumentalisieren. Wir haben uns daher einfach viel Zeit für das Album gelassen. Das Ganze war für uns auch ein wichtiger Entwicklungsprozess. Wir haben sehr viel dazugelernt. Vor allem auch über uns selber.

Nach einem Support-Gig für Portugal the Man 2008 im Salzburger  Rockhouse wurdet ihr spontan von der Band für deren weitere Tour verpflichtet. Wie war das für euch? So was kommt ja nicht alle Tage vor.
Für uns war das natürlich eine Riesen-Erfahrung. Wir haben sehr viel von ihnen gelernt und hatten gemeinsam unglaublich großen Spaß. Jedes Konzert auf dieser Tour war richtig gut für uns und wir hatten das erste Mal das Gefühl, eine richtige Band zu sein. Es war dann aber auch ziemlich schwer wieder zurück zum Alltag zu finden. Auf einmal hat irgendwie alles Sinn gemacht und wir wussten, dass wir es irgendwie schaffen müssen von der Musik leben zu können. Bis jetzt hat das leider noch nicht so richtig geklappt, aber es wird immer besser und wir haben mittlerweile konkrete Vorstellungen, was die Zukunft der Band angeht und die versuchen wir nun umzusetzen. Mal schauen, ob das klappt.

In der Folge standen Konzerte und Supports für so unterschiedliche Bands wie The Builders and the Butchers, Eagle Seagull, Hello Electric sowie Monster Magnet, International Noise Conspiracy, Therapy, The Ravonettes oder Kashmir an. Was verbindet euch musikalisch mit den gerade genannten Acts?
Am meisten verbindet uns mit The Builders and the Butchers und Hello Electric. Ich denke dabei aber mehr an die Einstellung und Hingabe zur Musik, als an irgendwelche Genres. Es ist unglaublich schön zu sehen wie viel Liebe und Ehrlichkeit in diesen Bands steckt und das ist auch für uns sehr wichtig.

Im Frühjahr und Sommer seid ihr durch Europa (Deutschland, Schweiz, Frankreich, England, Spanien) getourt, dazu kamen Gigs bei diversen Festivals (Eastetic, Noise Pollution, On the Rocks, Movida, Wartberg Open Air) und im Herbst und Winter soll es nach Osteuropa und in die USA gehen. Wie  organisiert ihr eure Konzerte? Macht ihr das alles alleine?
Wir organisieren schon noch sehr viel selber, haben aber mittlerweile auch einige Leute hinter uns, die uns unterstützen. Wir achten sehr darauf, das wir den Leuten, mit denen wir zusammenarbeiten, auch vertrauen können. Das ist uns sehr wichtig.

Nachdem mit dem Verkauf von Tonträgern (egal ob jetzt physikalischen oder downloadbaren) als Band ja fast kein Geld mehr zu machen ist, gehören Live-Konzerte mittlerweile zu den wichtigsten Einnahmequellen von MusikerInnen. Das schaut bei euch ja eh recht gut aus. Aber gibt es nicht auch viele Mitbewerber? Könnt ihr davon zumindest die Bandkassa gut auffüllen?
Das Thema Bandkassa ist so eine Sache… Wir sind gerade dabei aus unserem Hobby einen Beruf zu machen. Das ist immer ein Sprung ins kalte Wasser. Man weiß oft nicht genau, wo man anfangen soll. Wir versuchen mittlerweile alles besser zu kalkulieren, damit wir unsere Ausgaben wie Merchandise und CD-Produktionen besser decken können. Man muss halt wirklich lernen, besser zu planen und das ist noch nicht so ganz einfach für uns, aber wir arbeiten daran. Wir wollen so viel wie möglich auf Tour sein. Schließlich braucht man da weniger Geld als zu Hause.

Zwischen dem Debütalbum “The Neurotic Handshake at the Local Clown Party” und der aktuellen CD “The Moustache Mozart Affaire” sind fünf Jahre vergangen. Was ist in diesen Jahren mit der Band passiert und wieso hat es eigentlich so lange gedauert?
Wir haben diese Zeit vor allem benötigt, um uns musikalisch weiterzuentwickeln. Es standen ca. 50 Songs für “The Moustache Mozart Affaire” zur Auswahl. Diese Zeit war wichtig und wir haben sehr viel dabei gelernt. Vor allem das Songwriting hat sich wesentlich verändert. Wir haben mittlerweile mehr Übersicht beim Schreiben der Songs und versuchen auch die Instrumente besser einzusetzen. Weniger ist da oft mehr. Ich denke wir sind generell besser organisiert und nehmen das Thema Band jetzt viel intensiver wahr. Die Band ist in den letzten fünf Jahren ein wichtiger Bestandteil in unserem Leben geworden und es fühlt sich richtig an. Man muss sich irgendwann einfach klar darüber werden, wie wichtig einem die Band ist und welchen Stellenwert sie hat. Wir wissen jetzt was wir wollen und wir glauben auch an uns selber. Das war früher oft nicht der Fall.

Inwiefern haben die Titel eurer beiden CDs etwas mit Salzburg und dem was sich hier tut (oder nicht tut) zu tun?
Sehr viel. Ich musste auf beiden CDs vieles verarbeiten was ich hier erlebt habe oder auch nicht erlebt habe. Ich habe zu der Zeit, als ich “The Moustache Mozart Affaire” geschrieben habe, viel über Terry Pratchett und seine Scheibenwelt gelesen und konnte da auch einige Ähnlichkeiten zu Salzburg feststellen. Man findet hier viele merkwürdige Gestalten – vor allem zur Festspielsaison.

Wie seht ihr überhaupt die aktuellen Entwicklungen in der Salzburger Musikszene?
Es gibt viele gute Bands aus Salzburg. Viele Bands hier sind am tüfteln und wollen etwas Neues schaffen. Die Proberaum-Situation in der Stadt Salzburg ist jedoch etwas schwierig. Viele gute Bands haben oft monatelang keinen Proberaum und müssen sich daher mit anderen Bands zusammentun um sich die völlig überteuerten Proberäume überhaupt finanzieren zu können. Ich finde aber grundsätzlich hat sich die Musikszene in Österreich in den letzten Jahren etwas gebessert. Musik wird wieder mehr geschätzt und das motiviert viele Bands. Österreich hat musikalisch einiges zu bieten und man darf sich einfach nicht einschüchtern lassen. Denn im Prinzip kochen alle nur mit Wasser und manchmal kommt aus London auch nur viel musikalischer Müll gepaart mit viel Arroganz und diese Entwicklung ist auch nicht gerade wünschenswert.

“The Mustache Mozart Affaire” wird auf eurer Homepage als “Logbuch” bezeichnet. Was ist darunter zu verstehen?
Ich versuche textlich immer eine gewisse Momentaufnahme bzw. Zeitspanne in meinem Leben oder im Leben anderer Personen festzuhalten. Da das Projekt Steaming Satellites oder generell das Leben an sich auch einer gewissen Reise gleichkommt passt der Begriff Logbuch da sehr gut hinein. Für mich ist das einfach ein wichtiger Bestandteil meiner Alltagsbewältigung und daher ist das Ganze auch immer sehr persönlich, wenn ich Texte schreibe. Oft steckt da aber auch gar keine richtige Geschichte dahinter, sondern eher eine gewisse Stimmung oder eine psychische Verfassung in der ich mich gerade befinde. Natürlich wird das ganze dann noch aus der Sicht bzw. Blackbox eines dampfenden Satelliten beschrieben.

Die aktuelle CD wird in der Presse durchwegs über den grünen Klee gelobt. Schlägt sich das auch in den Verkaufszahlen nieder?

Ja, wir waren sehr froh darüber, dass die Presse das Album so gut aufgenommen hat.
Wenn man selber ein Album produziert und fast zwei Jahre dafür investiert, dann sind nette Worte der Presse natürlich unglaublich gut für die Motivation und auch für die Verkaufszahlen. Die Verkäufe laufen recht gut. Am meisten verkaufen wir jedoch direkt bei den Konzerten. Für uns sind auch die Konzertbesucher wichtiger als die Verkaufszahlen der CD. Es hängt aber alles irgendwie zusammen. Gute Presse, gute Konzerte, gute Verkaufszahlen sind wichtiger Grundbaustein für den Erfolg einer Band. Wir wollen eigentlich ständig auf Tour sein und das geht halt nur mit guten Kritiken und Leuten die bereit sind, Eintritt für unsere Konzerte zu bezahlen.

Eure typischen Schnauzbärte als Markenzeichen der Band sind zwar mittlerweile auch zu Vollbärten mutiert, dennoch stellt sich die Frage wie ihr darauf gekommen seit. Schnauzbärte erlebten in den letzten Jahren ja ein ungeahntes Hipness-Revival, wobei die Unterscheidung zwischen cool/uncool nicht immer ganz leicht war. 
Das mit den Schnauzbärten ist, abgesehen davon, dass es natürlich unglaublich gut aussieht, eher ein Faible für Tom Selleck und der Serie “Magnum PI”. Wir sind alle große Fans dieser Serie. Natürlich macht es auch einfach nur Spaß einen Schnauzbart zu tragen, da man es immer wieder auf mysteriöse Weise schafft, den Leuten von vornherein ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Außerdem ist es gut zu wissen, die Freiheit zu haben einen Schnauzbart tragen zu können. Ja, ich denke ein schlecht gekämmter Schnauzer symbolisiert eine gewisse Art von Freiheit und das ist gut so.

Ihr selber bezeichnet Led Zeppelin, Pink Floyd und Bob Dylan als nicht unwesentliche Einflüsse. In den Reviews und Artikeln zu euren beiden CDs fallen zudem neben Bandnamen wir At the Drive-In, Mars Volta, Kings Of Leon, Dredg, Rush oder The Flaming Lips auch immer wieder Begriffe wie “Avantgarde-Rock”, “Postcore”, “Postrock”, “Progressive Rock”, “Space Rock” (die ich hier gleich mal um Westcoast-Psychedelic erweitern würde). Wie geht ihr mit diesen Einflüssen um, bzw. wie baut ihr sie in eure Musik ein, die trotzdem ja nie eindeutig nach einer dieser Quellen klingt?
Viele dieser Bands haben die Musikgeschichte neu geschrieben. Das sind halt die großen Namen die jeder kennt. Wenn man anfängt Musik zu machen hat man immer zwei bis drei Namen großer Bands an denen man sich orientiert. Zumindest war das bei uns so. Wir haben aber mittlerweile so viele verschiedene Einflüsse und Bands die wir täglich hören. Es würde einfach den Rahmen sprengen alle aufzulisten. Wenn ich musikalisch mal nicht mehr weiter weiß, höre ich einfach gerne alte Sachen, da man von neuen Bands ohnehin immer umgeben ist. Es ist einfach eine wichtige Inspirationsquelle. Wir befassen uns aber auch immer mehr mit elektronischer Musik, ohne dabei die Musik aus den Siebzigern und Sechzigern außer Acht zu lassen. Für uns ist es immer wichtig, nicht langweilig zu klingen. Wir wollen aber auch nicht mehr, dass die Leute mit unserer Musik überfordert sind. Musik sollte, unserer Meinung nach, immer eine gewisse Emotion auslösen. Musik kann viel bewirken und für mich wird Musik nur dann zu Kunst, wenn das auch wirklich der Fall ist. Im Großen und Ganzen machen wir aber einfach nur Rock-Musik und versuchen dabei nicht engstirnig zu denken.

Weltraumthematiken (Space) und die Siebziger (Rock) haben es euch augenscheinlich sehr angetan. In den “Salzburger Nachrichten” trug dann auch ein euphorischer Artikel über euch die Überschrift “Mit der rohen Kraft alter Geister”. Woher kommt diese Faszination? Ihr habt ja auch jede Menge Vintage Gear. Ist das eher Nostalgie, ein Spiel mit (Rock-)Mythen oder ein Update aufgrund aktueller Hörerfahrungen? Geht es darum, aus ja auch historisch “vorbelasteten” Epochen und Equipments heutzutage Neues (neue Sounds, neue Spielweisen) hervor zu holen?
Die Faszination liegt ganz klar im Sound und in der Einstellung zur Musik in den 70er Jahren. Es wurde sehr viel herumexperimentiert und das in vielerlei Hinsicht. Man hat es besser verstanden mit einfachen Mitteln neue Musik zu schaffen und das hat auch bei vielen Menschen den Horizont erweitert. Wir lieben es,  stundenlang an unseren Sounds zu tüfteln. Es macht einfach Sinn… Der richtige Sound an der richtigen Stelle kann den ganzen Song in eine komplett andere Richtung lenken und es ist immer wieder spannend, wohin das führen kann.

Was ist für die Zukunft geplant?
Wir werden im Frühjahr 2012 ein neues Album herausbringen und sind daher schon wieder fleißig am Ideen suchen und tüfteln. Die Motivation innerhalb der Band ist momentan unglaublich groß. Im Oktober 2011 werden wir zusammen mit Hello Electric eine US-Tour an der Westküste machen und davor haben wir noch ein paar Konzerte in Tschechien und der Slowakei. Es ist momentan alles recht spannend und wir haben ein gutes Gefühl dabei. Mal schauen was die Zukunft so bringt.

 

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