mica-Interview mit Werner Zangerle (Listen Closely)

Von 10. bis 11. Mai 2013 findet erstmals das Festival „hoerthoert“ im Brick-5 in Wien statt. Das Festival für Zuhörkultur wurde von jungen und innovativen Jazz- und Improvisationsmusikern rund um das Plattenlabel „Listen Closely“ ins Leben gerufen. Der Musiker und Labelbetreiber Werner Zangerle im Interview mit Michael Ternai.

Wann habt ihr eigentlich das Label gegründet?

Werner Zangerle: Das Label selbst betreibe ich eigentlich alleine. Und gegründet, beziehungsweise zum Laufen gebracht habe ich es vor etwa genau einem Jahr, als ich meine CD „Panto“ herausgebracht habe.

Du hast das Label zunächst also für deine CD „Panto“ gegründet?

Werner Zangerle: Meine Debüt-CD „Nucleus“  habe ich ja bei dem Label PAO herausgebracht und die anderen beiden, also Braaz und Trio Zavocc, über Zach Records in Linz. Im Grunde genommen, war das auch okay und hat funktioniert.

Irgendwann ist schließlich in mir aber die Entscheidung herangereift, selbst ein Label zu gründen. Und das nicht, weil die Erfahrungen so schlecht waren, sondern vielmehr, weil ich es leid war, immer, wenn ich etwas Neues aufgenommen habe, hausieren gehen zu müssen. Es ist aber auch so, dass ich grundsätzlich Dinge gerne in die eigene Hand nehme.

Und imzugedessen, indem ich mir das Wissen angeeignet habe, wie man so etwas überhaupt bewerkstelligt, wie man ein Label aufzieht, die CDs in den Laden bringt, eine Homepage gestaltet, einen Webshop einrichtet und überhaupt die gesamte Infrastruktur schafft, kam mir der Gedanke, dass es schade wäre, wenn alles nur alleine von mir genutzt würde.

Für das, dass dein Label gerade einmal ein Jahr besteht, hast du ja schon ordentlich viel veröffentlicht?

Werner Zangerle: Ja, das erste halbe Jahr war ziemlich wild. Inzwischen ist es schon ein wenig ruhiger geworden. Erst vor kurzem ist die CD „Watussi“ des Trios Schmoliner/Badenhorst/Niggenkemper herausgekommen und jetzt gibt es eben noch das hoerthoert-Festival. Danach passieren die nächsten Sachen voraussichtlich erst wieder im Herbst.

Wie bist du eigentlich auf die Bands aufmerksam geworden, die bislang bei Listen Closely veröffentlicht haben? Warst du mit ihnen schon befreundet oder hast du sie entdeckt?

Werner Zangerle: Die meisten kommen tatsächlich aus dem unmittelbaren musikalischen Umkreis. Einige kenne ich noch aus meiner Zeit an der Bruckner Uni in Linz. Bei Memplex spiele ich ja selber mit und daher war es naheliegend die CD bei Listen Closely zu veröffentlichen. Den Philipp Harnisch habe ich auch schon aus Linz gekannt. Und noch dazu hat er ein wirklich klasse Quartett. In diesem Fall musste ich es mir ebenfalls nicht zweimal  überlegen. Beim Mallinger/ Schraml/Heinzle Trio hat es sich ähnlich verhalten. Die Musiker kenne ich auch schon aus meiner Studienzeit.

Villy Paraskevopoulos, den Pianisten von Hypnotic Zone kenne ich ebenfalls aus meiner Studienzeit ein Linz und war, seitdem ich ihn das erste Mal gehört habe, ein Fan. Und als er mir dann erzählt hat, dass er ein Trio hat, war für mich klar, dass ich dieses bei mir am Label herausbringen will. Die Ingrid Schmoliner habe ich bei einem Festival im Burgenland kennengelernt. Wir sind dort ins Gespräch gekommen und sie hat mir anschließend auch ein paar Sachen von sich geschickt, die total interessant waren und mir sehr gut gefallen haben.

Das Interessante an den Veröffentlichungen von Listen Closely ist ja, dass sich wirklich keine Veröffentlichung wie die andere anhört. Inwieweit kann man hier von einer Programmatik sprechen?

Werner Zangerle: Ja, doch. Das musikalische Spektrum des Labels habe ich schon bewusst sehr weit gespannt. Eigenbezeichnung ist ja „Listen Closely is a Record Label for Jazz and Improvised Music, Sound and Creative Music.“ Dieses Begriff vom „Jazz und improvisierte Musik“ ist ja schon realtiv alt, trifft bei Listen Closely aber auf jeden Fall zu. Und in gewisser Weise steckt diese Ausrichtung auch einen Rahmen ab. Wenn es dann aber um Sound geht, also um Klang an sich, dann sieht die Sache schon ein wenig anders aus. In diesem Kontext können die MusikerInnen ihrer eigenen Kreativität freien Lauf lassen. Und genau das ist mir wichtig.

Du bist also niemand, der sich in die Dinge der anderen einmischt.

Werner Zangerle: Nein, Ich sehe mich nicht als einen Produzenten. Ich bringe nur die Platten  heraus.

Wenn du jetzt einmal das erste Jahr Revue passieren lässt und dir anschaust was du auf die Beine gestellt hast, dann denk ich mir, dass du deine Entscheidung, die Sache selbst in die Hand zu nehmen nicht bereust.

Werner Zangerle: Ich bin schon überrascht, was alles passiert ist. Wie schon erwähnt, wollte ich zunächst meine Platte rausbringen und dann nur schauen was noch geht. In weiterer Folge sind einerseits Leute an mich herangetreten, die gefragt haben, ob sie bei mir veröffentlichen  könnten, was mich auch sehr gefreut hat, weil es doch gezeigt hat, dass sie mir viel Vertrauen entgegengebracht haben. Andererseits muss ich dazu sagen, dass ich einige Bandleader wirklich gezielt angesprochen habe.

Gibt es rückblickend inzwischen eigentlich schon Veröffentlichungen, über die du ganz besonders glücklich bist. Über die du sagen kannst, dass du wirklich froh bist, diese gemacht zu haben?

Werner Zangerle: Ich muss ehrlich sagen, das Gefühl habe ich eigentlich bei jeder. Klar gibt es solche, die mir mehr gefallen, aber generell gefallen mir wirklich alle. Mein Hörgeschmack variiert da aber auch fast täglich.

Inwieweit steht der Plan schon auf der Agenda, das Label oder das Festival mit dem Ausland zu vernetzen?

Werner Zangerle: Natürlich gibt es diesbezüglich Pläne. Ich klopfe auch gelegentlich bei Vertrieben im Ausland an.  Es ist aber eben nicht so leicht, nach nur einem Jahr. Wir haben jetzt grad einmal erst angefangen bei Medien vorzufühlen. So sind Veröffentlichungen schon in Deutschland, Belgien und den USA reviewt worden. Wie etwa die CD des Philipp Harnisch Quartetts.

Du bist ja inzwischen weit länger in der heimischen Szene aktiv, als dieses eine Jahr, in dem du nun das Label führst. Was hat dich als Musiker eigentlich damals nach dem Studium dazu bewogen nach Wien zu übersiedeln?

Werner Zangerle: Ich bin ja damals direkt nach dem Zivildienst nach Linz, ohne wirklich zu wissen, was tatsächlich auf mich zukommen wird. Ich bin damals mit einem befreundeten Schlagzeuger mitgefahren, der dort zur Aufnahmeprüfung angetreten ist. Kurz entschlossen habe ich diese eben auch versucht und für mich eigentlich überraschend auch geschafft. Das Studium und auch die Zeit in Linz hat mir in Folge auch wirklich gut gefallen. Dann war ich für ein Jahr in Berlin. Ja, und bei meiner Rückkehr habe ich dann gemerkt, dass Linz eben doch sehr klein ist. Und obwohl die Linzer Szene eine sehr lebendige ist, bin ich dann nach Wien.  Wobei Braaz, eine Band in der ich mitspiele, ja immer noch dort angesiedelt ist. Ich genieße die Vielfältigkeit der Wiener Szene oder Szenen wirklich sehr.

Wie hat sich deiner Meinung nach, die Jazzszene in den vergangenen Jahren entwickelt? Wie sehr sind die Protagonisten dieser überhaupt miteinander vernetzt?


Werner Zangerle:
Als ich damals nach Wien gekommen bin, war ich anfangs doch überrascht, wie viel interessante und vor allem sehr gute Musik in dieser Stadt zu finden war. Und obwohl sich die ganzen Gruppen vielleicht nicht alle kennen, gibt es doch immer wieder auch Überschneidungspunkte. Ich würde schon sagen, dass man von einem sehr lebendigen und sich gegenseitig befruchtenden Netzwerk sprechen kann. Es passieren einfach viele tolle Sachen. Es gibt ua. viele kleine oder mittelgroße Labels und Musikerplattformen die intensiv werken und sich auch gegenseitig austauschen, was auch in Zukunft immer wichtiger werden wird.

Die Szene zeigt sich wirklich sehr, sehr lebendig. Inwieweit ist das vielleicht auch eine Folge des Umstands, dass vor allem die jungen MusikerInnen aufgrund der mangelnden Unterstützung von anderer Seite gezwungen waren, das Heft selbst in die Hand zu nehmen?

Werner Zangerle: Ich weiß nicht, ob es anderswo nicht vielleicht genauso ist. Es ist einfach notwendig, es auf diesem Wege zu machen, zu versuchen, sich eine Öffentlichkeit zu schaffen. Denn eines ist auch nicht wirklich im Überfluss vorhanden. Und zwar Geld. Sowohl auf der Seite von Förderstellen als auch von Seite von Veranstaltern. Es steht einfach immer weniger Geld zur Verfügung. Insofern wird man fast gezwungen viele Dinge, vor allem organisatorische, selber zu machen. Vor einigen Jahrzehnten konnte man sogar als nur halbwegs guter Musiker nur vom Spielen in Wien noch leben, habe ich auf jeden Fall gehört. Heute stellt sich die Situation bekanntermaßen anders dar. Man muss einfach viel selbst auf die Beine stellen. Es muss natürlich auch Spaß machen, sonst würde man es nicht machen.

Euer Festival findet jetzt zum ersten Mal statt. Was erwartest du dir? Siehst du es als eine Art Testlauf?

Werner Zangerle: Die Hauptgrund ein Festival zu veranstalten war, den Plattformgedanken, der auch das Label bestimmt, in einem erweiterten Kontext zu verankern. Aus diesem Grund haben wir ja zusätzlich auch „hoerthoert – den Verein für Zuhörkultur für Jazz und improvisierte Musik“ gegründet. Im Zuge der Gründung ist auch recht schnell die Idee entstanden, auch ein Festival zu machen, in dessen Rahmen die MusikerInnen und Bands spielen sollten, die bis Dato auf dem Label releast haben. Das muss jetzt in der Zukunft nicht immer so sein. Diesmal handelt es sich aber um das Fest zum einjährigen Jubiläum von Listen Closely. Quasi eine Art Showcase Festival für das Label. Natürlich wollen wir das Festival auch in den kommenden Jahren veranstalten. Und es muss schon sehr viel schief laufen, dass wir es nicht mehr machen werden. Der Plan ist schon den Verein und das Festival langfristig zu etablieren.

Habt ihr das Festival finanziell selbst auf die Beine gestellt. Ober habt ihr auch Unterstützung bekommen?

Werner Zangerle: Das ist natürlich ein schwieriges Thema. Wir haben bei allen Stellen, die uns eingefallen sind, angesucht, und auch Zusagen bekommen. Es handelt sich um keine Riesensummen, aber wir werden sowohl die Fixkosten und die Techniker bezahlen können als auch den Musikern eine Gage. Das Brick-5 ist auch noch sehr positiv zu erwähnen, da es uns wirklich sehr entgegenkommt. Wir hoffen natürlich, dass viele Leute kommen, dass sich das Ganze auch rentiert. Wir werden die Konzerte auch mitschneiden und mitfilmen. Aus Dokumentationszwecken und um den Bands auch Promomaterial zur Verfügung stellen zu können.

Was dürfen sich die BesucherInnen erwarten, wenn sie zu eurem Festival kommen. Fällt dir in der Schnelle eine Art Werbeslogan ein?
Werner Zangerle: Frische, junge Musik, die undogmatisch mit dem Begriff Jazz umgeht. Oder einfach folgender Slogan “Zugängliches, zukunftsträchtiges Zuhören zum Quadrat“.

Foto Werner Zangerle: Anna Zangerle