mica-Interview mit Thomas Pronai (Bo Candy & His Broken Hearts)

Thomas Pronai war noch nie jemand, der sich musikalisch von dem gerade Angesagten verleiten hat lassen. Was ihm eigentlich immer schon mehr zugesagt hat, war die einfach gestrickte handgemachte Musik. Und genau die ist es auch, die er mit seiner Band Bo Candy & His Broken Hearts verwirklicht und auch dem neuen Album „Flowers Must Fade“ erklingen lässt. Der Burgenländer im Gespräch mit Michael Ternai.

Dein letztes Album-Release
, welches hochgelobt wurde, ist schon 2 Jahre her. Hörbar waren auf diesem vor allem deutliche Einflüsse aus den 60er 70er. Ist die Musik dieser Zeit deine Hauptinspirationsquelle?

Thomas Pronai: Ja, definitiv. Schon alle meine Bands davor waren sehr stark von den 60er, 50er Jahren beeinflusst. Mit Bo Candy & His Broken Hearts gehe ich noch stärker in die Richtung der 50er, hin zu diesem ursprünglichen Rhythm ’n Blues Sound, der mich immer schon fasziniert hat. Zum einen ist es dieses direkte Gefühl, das transportiert wird und immer mitschwingt, welches mich unglaublich anspricht. Zum anderen spielt für mich auch die Aufnahmetechnik eine bedeutende Rolle, dieses unvermittelt in ein Studio gehen und einfach einen Song nach dem anderen aufnehmen, einfach dieses unkomplizierte und intuitive Arbeiten.

Diese Art Aufzunehmen hat mich letztlich auch dazu bewogen, mein eigenes Studio voll analog auszurichten, so dass es sich von der technischen Einrichtung her nun am Stand von 1966 befindet. Mein Hauptantrieb ist, einfach zeitlose Musik zu machen. Denn für mich besitzen diese 60ies Songs in der Tradition der Rolling Stones oder eines Neil Youngs immer noch Aktualität. Sie klingen nie veraltet und immer noch frisch. Ich bin in dieser Hinsicht in meiner Einstellung immer schon ein wenig radikal gewesen, weil sich, meiner Meinung nach, die Musik seit den 70er Jahren nicht mehr wirklich verbessert hat.

Wie siehst du deine Distanzierung zu der gewöhnlichen 08/15 Pop-Band die immer gleich klingen?

Thomas Pronai: Ich sehe bei mir nicht unbedingt eine Distanzierung von einem bestimmten Stil, vielmehr handelt es sich für mich um eine Distanzierung von dem aktuellen Musikgeschehen. Es geht nicht darum, dass, wenn ich das Radio aufdrehe, mich einfach kein Song mehr inspiriert oder umhaut, es geht darum, dass das Business dahinter mich ziemlich aufregt, einfach die Art wie es mit Bands und Musik umgeht. Ich schreibe einfach Songs, die ich aufnehmen möchte und unter die Leute bringen will. Mein Ziel ist es Pop-Musik zu machen, die zeitlos ist und die man sich in 30 oder 40 Jahren immer noch anhören kann. Ich schiele auch nicht nach einer bestimmten Zielgruppe, sondern mache einfach Musik für Leute, die gerne gute Musik hören, also solche, die auch für mich gut ist.


Wie entstehen bei dir Songs? Folgst du einfach einer spontanen Eingebung oder abreitest du die Lieder so lange aus, bis sie deinen Ansprüchen genügen?

Thomas Pronai: Es ist ein relativ spontaner Prozess. Ich nehme meine Gitarre in die Hand und spiele ein bisschen herum. Irgendwann kommt dann eine Idee von einer Melodie, die ich dann weiterverfolge. Die harte Arbeit besteht für mich vor allem darin, gute Texte zu verfassen. Wenn das Grundgerüst dann steht, gehe ich ins Studio, spiele die Songs der Band vor und sage ihr, was ich mir so ungefähr vorgestellt habe. Wobei das in den meisten Fällen eh unnötig ist, weil meine Mitmusiker so und so wissen, in welche Richtung ich gehen will. Dann wird einfach ein wenig gejammt und nach  einer halben Stunde auf Record gedrückt. So in etwa entstehen die Songs bei uns.

Worin liegt der größte Unterschied zwischen dem Erstlingswerk und dem neuen Album?

Thomas Pronai: Der vielleicht größte Unterschied ist, dass es sich beim Erstlingswerk um eine Art Flickwerk gehandelt hat. Wir haben als 3er Band angefangen und bei mir zu Hause in einer kleinen Kammer, wo ich zwischenzeitlich mein Studio eingerichtet hatte, erste Songideen aufgenommen. Und das eher aus Spaß. Irgendwann sind dann Judith und Julian dazugekommen, mit denen wir dann die Songs teilweise nochmals aufgenommen haben, wobei mir damals noch nicht wirklich klar war, in welche Richtung es tatsächlich gehen sollte. Das Erstlingswerk war dann irgendwie ein bisschen wie ein Solo-Album. Das neue Album dagegen ist, obwohl ich den Großteil der Songs geschrieben habe, ein volles Band-Album. Es hat einen durchgehend homogenen Sound. Das Grundgerüst haben wir dann in 3 Tagen eingespielt.

Wer ist denn bei der Band dabei?

Thomas Pronai: Judith Filimónova, am Bass von Fijuka, Ivo Thomann am Schlagzeug von Barefoot Basement und Across the Delta, Patrick Stürböth, ehemals Staggers jetzt bei Kebara, an der Gitarre und Julian Schneeberger von Garish ebenfalls an der Gitarre.

Du hast ja schon bei relativ vielen Bands gespielt.

Thomas Pronai: Im Moment spiele ich bei zwei Bands, Bo Candy & His Broken Hearts und The Melody Men, eine Unterhaltungscombo. Und zeitweilig bin ich bei Welle Wien, einer Art Kollektiv im Sinne von „Wer Lust hat spielt mit“, dabei.
Davor hatte ich eine Menge Bands, die mehr oder weniger gleichzeitig liefen, wie zum Beispiel Le Charmant Rouge, Songs Of Claire Madison, zeitweise bei Tanz Baby! und natürlich die Beautiful Kantine Band.

Was hat dich dazu bewogen, deinen Lebensmittelpunkt ins Burgenland zu verlegen?

Thomas Pronai: Naja, diese Entscheidung am Land zu leben hat nichts mit dem Beruf an sich zu tun, ich mag das Land einfach lieber als die Stadt. Was mir am Anfang schon ein wenig abgegangen ist, war der Kontakt zu den Leuten. Das Fortgehen, das mit ihnen Quatschen, dieses Networking eben. Und vielleicht ist diese Vernetzung auch das, was der Band manchmal fehlt. Andererseits bin ich aber der Meinung, dass alleine die Musik für sich sprechen sollte.

Vielleicht bin ich da etwas romantisch, aber ich glaube, dass sich letztlich die Qualität der Musik durchsetzen wird. Und diesbezüglich ist es egal, ob die in der Stadt oder am Land entsteht. Ähnlich verhält es sich mit meinem Studio, welches die Möglichkeit bietet, in einer einzigartigen Umgebung auf eine ganz spezielle Art aufzunehmen. Ich mache für mein Studio auch nicht besonders viel Werbung, viel geschieht über Mundpropaganda. Und das funktioniert immer besser. Ich bin aktuell zwar nur bei 3 Produktionen im Jahr, aber auf die bin ich umso mehr stolz. Auch weil die Leute, die zu mir kommen, das auch unbedingt wollen und sich bewusst darauf einlassen. Es gäbe vermutlich viele, die mit meiner Arbeit glücklich wären, die sich auf meine Art Aufzunehmen aber nicht wirklich einlassen wollen.

Wann hast du die Entscheidung getroffen, hauptsächlich analog zu arbeiten?

Thomas Pronai: Zunächst bin ich noch dem Irrglauben gefolgt, dass die digitale Produktion billiger ist. Was sich dann aber als Fehlannahme herausgestellt hat. Zudem habe ich irgendwann einmal auch gemerkt, dass, wenn ich zu lange an etwas herumfeile, das Ergebnis nicht wirklich besser wird. Aus diesem Grund habe ich begonnen mich Schritt für Schritt selbst einzuschränken und mir selbst die Möglichkeiten und Mittel zu nehmen. Ich habe mir eine Bandmaschine, die nicht allzu teuer war, zugelegt und dann immer weniger den Computer für die Arbeiten herangezogen. Bis zu dem Punkt, an dem ich auf ihn ganz verzichten konnte. Dann ist der Ernst Molden mit seinem Album gekommen und er hat den Wunsch geäußert, dieses  komplett analog aufnehmen zu wollen. Das hat mich dazu animiert, das Projekt fertig zu denken. Ich habe mir zum Mastern eine ¼ Zoll Maschine, damit das Signal auch wirklich komplett analog bleibt, gekauft. Ja, und das war dann auch mein erstes komplett analoges Album.

Was ist für dich der Unterschied zwischen einem analogen und digitalen Album? Sind das für dich die Schwingungen?

Thomas Pronai: Ja, die Schwingungen, die Vibes sind halt andere. Man muss wirklich anders an die Sache herangehen und den Song in den Vordergrund stellen, nicht den technischen Firlefanz. Das ist für mich das wichtigste an der Musik.

Worauf müssen sich Bands, die bei dir aufnehmen wollen, einstellen?

Thomas Pronai: Ich habe in den vergangenen Jahren den Computer sukzessive aus dem Studio verbannt habe. Er wird nur mehr verwendet, wenn es um den Mix geht.  Man muss sich als Band einfach darauf einlassen, live einzuspielen und auf das nachträgliche Herumschnipseln und Bearbeiten zu verzichten. Wenige Takes müssen reichen, auch weil das Material doch teuer ist. Wenn einmal etwas aufgenommen ist, gibt es im Nachhinein kein Zurück mehr.

Wie gehst du live an die Sache heran?

Thomas Pronai: Ich bin nicht der Meinung, dass man jeden aufgenommenen Ton reproduzieren muss. Aber das Feeling, welches einmal aufgenommen worden ist, muss auch auf die Bühne transportiert werden können. Wir als Band haben nie komplett fix arrangierte Instrumente, es ist jedes Konzert ein wenig anders. Und so verhält es sich auch auf der Platte. Es ist nämlich auch jeder Take ein bisschen anders, deshalb sucht man sich eben jenen Take aus, der die Stimmung am besten rüberbringt.

Was kannst du über die Reaktion auf eure Musik sagen?

Thomas Pronai: Was wir merken, ist, dass unsere Musik bei erwachsenem Publikum sehr gut ankommt, was wir vor allem live merken. Die Reaktion auf medialer Ebene empfinde ich eher zurückhaltend. Wir bekommen schon die ein oder andere Lobeshymne, was uns natürlich sehr freut, im Großen und Ganzen aber habe ich das Gefühl, dass wir eher ignoriert werden. Ich glaube, dass das so ein „Szenen-Ding“ ist, denn die Art von Musik, die wir machen, scheint im Moment nicht wirklich im Trend zu sein. Es gibt keine großartige Szene für sie. Zu unseren Konzerten kommen eher Leute, die in meinem Alter sind und sich selbst auch nicht in bestimmten Szenen bewegen. Die aber wissen unseren Sound umso mehr zu schätzen. Aber wie gesagt, ein Interesse an unserem Sound ist in Österreich im Moment eher wenig vorhanden. Ich glaube, in England und den USA, gibt es die Leute, die eine solche Musik lieben, dort gibt es riesige Szenen dafür.

Was wir tun, ist einfach ein Album rausbringen und schauen, was sich ergibt. Und da ist es okay, dass wir hierzulande in kleinen Clubs, wie etwa dem Rhiz in Wien, spielen.  Aber klar, wir versuchen schon auch aus Österreich rauszukommen, weil wir hoffen, dass wir anderswo besser ankommen. Wir haben ja mit Hilfe von Robert Rotifer auch schon in England gespielt und die Reaktionen des Publikums waren wirklich okay. Daher werden wir im kommenden Jahr auch wieder dort zu Gast sein. Darüber hinaus steht auch eine Deutschland-Tour auf dem Programm.

Und du als Produzent? Welche sind die nächsten Projekte?

Thomas Pronai:
Also, das neue Garish-Album ist eigentlich schon fertig. Auch der Ernst Molden war im Mai wieder bei  mir. Diesmal mit seinem Quartett , das aus Ernst Molden, Willi Resetarits, Walter Soyka und Hannes Wirth besteht. Erst kürzlich habe ich das neue Material abgemischt. Letzte Woche war Der Nino aus Wien für Aufnahmen im Studio. Das ganze Ding war in drei Tagen fertig. Wir haben zwei Tage aufgenommen und einen Tag abgemischt. Dann gibt es eine kleine Gruppe von Leuten aus Eisenstadt Umgebung, die sich um die Band Golden Rabbit sammeln. Da gibt’s eine Splittegruppe, die Rock’n Roll macht und die ich noch dieses Jahr produzieren werde. Aber die meisten Alben, die ich letztes Jahr produziert habe wurden noch nicht released. Da wird noch viel passieren. Vielleicht finden durch das Molden- und das Nino-Album letztlich ja auch noch mehr Leute ihren Weg in mein Studio.

Fotos Bo Candy & His Broken Hearts © Julia Grandegger

 

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