Dass Rock’n’Roll nicht unbedingt immer mit dem Wiederholen des bereits Bekannten zu tun hat, sondern sehr wohl auch in erfrischend moderner Note erklingen kann, das hat die Grazer Band The Sado Maso Guitar Club ja bereits auf ihren Debütalbum recht eindrucksvoll vorexerziert. Auch das eben bei Beatpop Records erschienene und selbstbetitelte Zweitlingswerk der Band kann in dieser Hinsicht mehr als nur überzeugen. Die Band um Matthias Krejan im Interview mit Michael Ternai.
Man schreibt euch oft dem Rock’n Roll zu. Seid ihr damit glücklich?
Matthias Krejan: Also das mit der Zuschreibung ins Rock’n Roll Genre hat vor allem damit zu tun, dass Christoph, Felix und ich bei den The Staggers gespielt haben. Und mit dieser Band sind wir doch schon deutlicher diese Schiene gefahren, was aber jetzt beim Sado Maso Guitar Club eigentlich überhaupt nicht mehr der Fall ist. Klar, eine gewisse 60s-Affinität ist immer noch da, aber diese bestimmt nicht mehr den Gesamtsound. Das Liedgut, auf das wir auf unserem Debüt zurückgegriffen haben, war ja schon fast ausschließlich solches, das wir bei The Staggers aufgrund der musikalischen Ausrichtung nicht verwerten konnten. Hinzu kommt, dass wir fünf uns doch anderen Sparten geöffnet haben und damit auch das Spektrum der Einflüsse ein breiteres geworden ist. So entstehen nun auch Nummern wie „Zero 7“ oder „Dandy Warhols“, die dann in deutlich ruhigeren Gefilden angesiedelt sind. Aber vielleicht hat es einfach nur damit zu tun, dass wir älter und reifer geworden sind. Wir sind ja alle schon über 30 und merken, dass wir ein wenig langsamer treten müssen. Zumindest sind wir zur Überzeugung gelangt, dass wir es dieses Mal musikalisch etwas ruhiger und leiser, vielleicht auch ein wenig poppiger angehen wollen.
Also ihr seid schon mit einer bestimmten Vorstellung in den Songwriting-Prozess reingegangen?
Matthias: Also, konkret geplant haben wir nichts, aber eine gewisse Tendenz, es etwas ruhiger angehen zu lassen, war auf jeden Fall vorhanden. Wir hatten schon im Sinn unser Soundspektrum etwas reduzierter anzulegen.
Sind bei euch eigentlich alle ins Songwriting eingebunden?
Matthias: Im Gegensatz zum ersten Album, auf dem fast alle Songs aus meiner Feder stammten, waren dieses Mal neben mir auch noch Daniel und Dominik maßgeblich am Songwriting beteiligt. Felix und Christoph haben dann ihrerseits ihre Parts beigesteuert. Es hat sich alles sehr gut ergänzt.
Christoph Mandl: Der Unterschied zum letzten Album besteht vor allem auch darin, dass die Songs damals eigentlich schon fertig ausgearbeitet waren und wir sie einfach nur noch einspielen mussten. Dieses Mal ist sehr viel in Zusammenarbeit im Proberaum entstanden. Wir hatten also alle irgendwie die Finger mit im Spiel.
Und ist alles auch friktionsfrei abgelaufen?
Matthias: Naja, einige Streitereien hat es schon gegeben. Aber bei uns ist es nun einmal so, dass, wenn jemand mit einer Idee daherkommt, er für diese auch kämpfen muss, damit sie auch umgesetzt wird. Es ist halt immer ein Kampf, egal was man macht.
Daniel Staber: Es war aber definitiv nicht so, dass einer eine Nummer des anderen als allgemein schlechter angesehen hätte. Es war ganz einfach so, dass diese eigentlich nicht wirklich zu den anderen gepasst hat. Die Songs aber, die es auf das neue Album geschafft haben, sind dann doch von allen einstimmig als lässig deklariert worden.
Wie lang habt ihr dann an diesem Album gearbeitet bzw. wann habt ihr mit den Arbeiten begonnen?
Matthias: Mit den Aufnahmen begonnen haben wir letztes Jahr im September/Oktober. Und wir hatten eigentlich auch schon quasi alles eingespielt und zwar analog auf Band. Wenn wir in diesem Tempo weitergearbeitet hätten, mit dem wir gestartet sind, dann wäre das ganze Album wohl in zwei Monaten fertig gewesen.
Woran hat es gelegen, dass es dann doch länger gedauert hat?
Matthias: Die Songs aufzunehmen begonnen haben wir in unserem eigenen kleinen Studio in Graz. Wir hatten also keinen Zeit- und Gelddruck, was dazu führte, dass sich die ganze Geschichte schnell in die Länge zu ziehen begonnen hat. Dann folgte der Umzug in ein größeres Tonstudio eines Freundes von uns, was zu weiteren Verzögerungen geführt hat.
Hinzugekommen ist auch, dass wir die Songs selbst abgemischt haben. Ursprünglich wollten wir das ja von jemand anderem, jemand externem machen lassen. Nur das war aus finanziellen Gründen – wir haben dieses Mal keinerlei Förderungen bekommen – nicht möglich. Das alles hat schließlich dazu geführt, dass es dann doch länger gedauert hat, als geplant.
Welche sind eigentlich eure Hauptinspirationsquellen?
Matthias: Das ist eine schwierige Frage. Ich kann für meinen Teil eigentlich gar keine einzelnen benennen, denn dafür ist in unserem Sound einfach zu viel Verschiedenes drinnen.
Daniel: Eigentlich bezieht eine jede Nummer ihre Einflüsse aus einer anderen Quelle.
Matthias: Auch beim Abmischen habe ich ohne irgendwelche Referenzprodukte gearbeitet. Mein Ziel war es vor allem, einen eigenständigen und möglichst zeitlosen Sound hinzubekommen. Und da hilft es wenig, sich an irgendeiner Band, die gerade „in“ ist, zu orientieren.
Wie kommt euer zeitloser Stil eigentlich an?
Matthias: Nimmt man die enthusiastischen Reaktionen des Publikums bei unseren Konzerten her, eigentlich super. Das Problem besteht vielmehr in der mangelnden medialen Präsenz. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir diesbezüglich mehr erwartet. Aber wir haben nun mal kein Budget, um eine solch große Werbeaktion zu starten, und auch nicht das große Label, das diese Promo-Möglichkeiten hat. Ich wäre aber über etwas mehr Medieninteresse schon sehr glücklich.
Im Vergleich zu vor zwei Jahren, in wie weit habt ihr euch, vor allem du Matthias, von der Vergangenheit der alten Band losgelöst?
Matthias: Also ich persönlich habe mich von der Vergangenheit komplett losgelöst, wobei in jedem Interview oder jeder Rezension immer noch The Staggers, die es als Band ja nicht mehr gibt, erwähnt werden. Man muss aber fairerweise schon sagen, dass es ohne die Staggers den Sado Maso Guitar Club vermutlich auch nicht geben würde. Die Staggers waren halt doch die Band, die mich meine musikalische Identität, nämlich den 60s-Sound, hat finden lassen.
Ein Ziel von euch ist sicher auch, mehr außerhalb Österreichs Fuß zu fassen.
Matthias: Wir würden gerne mehr auswärts spielen, aber das ist sehr schwierig. Wir hatten schon Deutschland-Gigs, auch in Russland haben wir schon gespielt. Man kommt schon ein bisschen herum. Allerdings, um im Ausland coole Konzerte spielen zu können, braucht man Connections. Wir haben zwar eine Bookingfirma in Deutschland, die uns ein paar Gigs aufstellt, aber die Connections, die uns verhelfen würden, regelmäßig im Ausland zu spielen, haben wir leider noch nicht.
Wie seht ihr euch überhaupt in der österreichischen Musikszene? Wo verortet ihr euch? Fühlt ihr euch eher als Outsider oder irgendwo dazu gehörig?
Matthias: Das ist ja das nächste Problem. Die Indie-Fans meinen, dass wir ihnen zu wenig Indie sind, den Rock’n Roll Fans ist unsere Musik zu wenig Rock’n Roll. Wir sind irgendwie zwischen den Stühlen gefangen. Auch scheinen die Medien und Labels nicht wirklich viel mit uns anfangen zu können, weil wir nicht nur in eine Schublade hineinpassen. Wobei ich sagen muss, dass ich selbst ein Musik-Nazi war und für anderes, außer meiner großen Liebe, der 60s-Musik, kein Gehör gefunden habe. Mittlerweile habe ich mich jedoch von diesem Denken weit entfernt, weil es überall etwas Spannendes zu finden gibt, das du auch selbst in deiner Musik verarbeiten kannst. Wir als Band wollen uns nicht auf einer Schiene festfahren, weil das für uns auf Dauer einfach zu langweilig ist. Wir wollen einfach Musik machen, die uns gefällt. Für musikalische Hardliner sind wir vermutlich aus diesem Grund einfach auch zu schwierig.
Das heißt eure Marketing-Plattform ist das Live-Spielen?
Matthias: Sobald wir auf der Bühne sind, passt alles, dann ist alles klar.
Nun, da ihr euer neues Album herausgebracht habt, gibt es eigentlich Pläne für ein Kommendes?
Matthias: Kurz nach dem wir das neue Album fertig gehabt haben, wollte ich nie mehr an einem Album arbeiten. Ich war mit den Nerven einfach fertig. Heute kann ich aber sagen, dass wir 100%ig noch ein Album rausbringen werden. Ein noch besseres vielleicht, obwohl ein noch besseres als unser neues wohl nicht mehr möglich sein wird. Es kribbelt aber dennoch wieder in den Fingern.
Christoph: Was wir definitiv versuchen werden, ist, für ein nächstes Album nicht mehr so lange zu brauchen.
Daniel: Da sind wir uns schon alle einig, dass das auch anders gehen muss. Schön wäre es, wenn wir uns einfach einmal nur für 1-2 Monate einsperren und durchgehend an den Songs, bis sie fertig sind, arbeiten könnten.
Matthias: Das ist aber auch eine Geldfrage. Aktuell ist es ja so, dass einige von uns auch wieder zum Arbeiten anfangen müssen. Mit The Staggers war ich in den letzten zehn Jahren genau in diesem Zwischenstadium, einerseits habe ich genau dieses Geld verdient, das mich motiviert hat weiterzumachen und das mir die Hoffnung gegeben hat, dass es mit meiner Musik einmal so richtig los geht, auf der anderen Seite hat es Zeiten gegeben, in denen es richtig eng geworden ist.
Christoph: Ich mache schon so lange Musik, dass ich keine andere Wahl habe, ich kann nicht anders. Würde ich gezwungen sein, etwas anderes zu machen, wäre das mein Untergang.
Matthias: Und wir werden alle zusammen untergehen, zumindest befürchte ich das mittlerweile. Früher habe ich es gehasst, wenn ich österreichischen Bands im Radio darüber jammern gehört habe, wie schwer es sei, in Deutschland zu spielen. Heute kann ich es nachvollziehen, weil ich mich in derselben Position befinde. Ich lebe seit über 10 Jahren nur von der Musik und werde dafür auch von Freunden, die mittlerweile ein gutbürgerliches Leben mit Job führen, bewundert. Nur haben die wenig Ahnung davon, wie schwierig ein solches Leben sein kann. Aber abgesehen von den ganzen Schwierigkeiten, mit denen man als Musiker zu kämpfen hat, erfüllt es einen letztlich trotzdem. Man hat vermutlich so viel Spaß, wie kein anderer Mensch auf diesem Planeten. Es ist halt ein zweischneidiges Schwert.