Großartiger Indiepop made in Austria stellt spätestens seit den Beth Edges keine exotische Ausnahmeerscheinung mehr da. Die Vierer-Formation rund um die Oberösterreicher Tobias Grünzweil, David Führer, Gabriel Wöginger und Florian Palmsteiner ist nicht nur der eingefleischten FM4 Hörer- und GoTV Seherschaft wohlbekannt. Mit ihrer musikalischen Untermalung der Zipfer Sommerradler-Werbung 2011, sind die Jungs ins Unterbewusstsein der ganzen Nation eingedrungen. Mit ihrem bald erscheinenden ersten Longplayer, wollen The Beth Edges ihre schon jetzt nicht gerade schmal gehaltene Fanschar erweitern. Im Gespräch mit mica-music-austria plaudern Sänger Tobias und Schlagzeuger David über ihr neuestes Werk, Vermarktungsstrategien und dem Sammelsurium des Alltags. Das Interview führte Bibiane Weinberger.
Ihr seid ja gerade fleißig im Produktions-Endspurt zu eurem kommenden Album. Wie viele Stunden hält Ihr euch gerade im Studio auf?
Tobi: Ich bin gerade viel im Studio, weil ich noch einsinge. Anschließend wird noch gemischt und gemastert und dann ist das Album hoffentlich bald fertig. Ende April soll es erschienen – so ist zumindest der Plan.
David: Vielleicht wird es sich auch ein bisschen verzögern, das kann man ja nie so sagen.
Wie seid ihr bislang an die Albumproduktion herangegangen?
Tobi: Bei den Vorgänger-EPs war es bis jetzt ja immer so, dass wir alles einzeln aufgenommen haben. Zuerst Schlagzeug, dann Bass usw. Bei der jetzigen Albumproduktion haben wir alles gemeinsam eingeprobt, im Vorhinein wurde alles fertig einstudiert und im Studio live eingespielt. Bis auf den Gesang eben, den ich erst jetzt drauf lege.
David: Es war für uns Vier was ganz was Neues, gemeinsam die Songs einzuspielen. Bei den alten Aufnahmen war ich nie dabei, wenn die Gitarre eingespielt wurde. Diesmal haben wir eben sofort ein Gesamtbild bekommen, wie das Ganze klingen wird. Das hat natürlich große Vorteile und diese Erfahrung war auf alle Fälle sehr positiv. Ich glaube, dass wir das in Zukunft wieder so machen werden.
Tobi: Ganz bestimmt. Der Sound ist einfach ein ganz ein anderer. Und die Arbeit an unserem ersten Longplayer ist eine ganz intensive Zeit für uns gewesen. Arbeitserfahrung haben wir jetzt auf alle Fälle mehr bekommen. Anfang Dezember sind wir ins Studio gegangen, im Sommer davor haben wir uns in einem Haus in Ebensee eingebunkert und in der Abgeschiedenheit unsere Songs ausgearbeitet. Dann haben wir in Wien alles mal als Demo eingespielt und daraufhin sind wir ins Studio gegangen, wo dann alles ziemlich schnell von der Hand ging.
Mit eurer ersten Veröffentlichung verfolgt ihr sozusagen das Panini-Prinzip. Sprich ihr habt ein Sammelalbum konzipiert. Plant ihr für euer kommendes Album auch eine bestimmte Vermarktungs-Strategie?
David: Nein, diesmal fahren wir ein ganz klassisches Programm.
Tobi: Vielleicht ist das ja jetzt irgendwie eh komisch, weil wir gesehen haben, dass es anders auch ganz super funktionieren kann.
David: Ich hoffe es erwartet sich jetzt niemand was ganz Ausgefallenes von uns. Diesmal wird es ein typischer Longplayer mit 14 Songs. Jeder Musiker wünscht sich einmal, so einen zu machen.
Werden sich die neuen 14 Songs in irgendeiner Weise von eurem älteren Liedmaterial unterscheiden?
Tobi: Die Songs sind schon ein bisschen anders gestaltet. Wir sind einfach älter geworden, die Songs sind von der Thematik her jetzt sicherlich etwas komplizierter, die Struktur komplexer. Ich hab nichts gegen eine klassische Songstruktur, aber wir werden diesmal mehr mit der Erwartungshaltung des Hörers spielen. Dort wo man einen Refrain erwartet, muss dieser nicht unbedingt einsetzen.
Zurück zu eurem Sammelalbum. Sammeln ist ja so etwas wie ein Urinstinkt. Man kompensiert damit Ängste, unerfüllte Wünsche der Jagdinstinkt usw. Den Sammeldrang kann man ja noch verschärfen, indem man die Sammelobjekte zum Teil in der Produktion verknappt. Ihr habt ja genau dies mit einer Limited Edition ausgespielt. Wie ist nun euer Konzept generell bei den Leuten angekommen, und wie hat sich das für den Verkauf ausgewirkt?
Tobi: Ich finde es generell toll, wenn man etwas Spezielles hat, so etwas wie ein massives Package, mit 4 EPs. Etwas das man immer wieder gern zur Hand nimmt. Das war sicher für viele Leute ein Grund, warum sie sich unser Sammelalbum gekauft haben. Sonst hätten sie sich die Songs ja auch einfach downloaden können.
Welcher Sammelleidenschaft geht ihr nach?
Tobi: Ich mag es zum Beispiel gerne aus Städten in denen ich war, Flyers mitzunehmen.Von meiner Paris-Reise habe ich etwa zig Flyer, Museumstickets und U-Bahn-Karten mitgenommen, mit der Annahme, dass ich Zuhause etwas damit anfangen werde. Zum Beispiel an die Wand pinnen oder ähnliches. Aber im Endeffekt liegen die Zettel nur in meiner Lade herum. Das ist meine ungewollte Sammelleidenschaft. Ich bringe es auch nicht übers Herz diese „Andenken“ in den Müll zu hauen.
David: Ich sammle nichts – außer Lebenserfahrung. Also wirklich nichts Materielles. Ich hatte mal Briefmarken, aber die hab nicht ich gesammelt, sondern mein Opa, der sie mir dann geschenkt hat.
Glaub ich dir nicht. Es gibt doch sicher etwas wovon du zu viel hast. Schuhe, Pullis, Brillen…?
David: Nein. Wirklich nichts.
Tobi: Naja, Pullover mit schrägen Mustern hast du schon einige.
David: Gut das stimmt. Aber auch nicht auffällig viele. Ich hab ernsthaft keinen Sammel-Tick. Mir würde jetzt nichts einfallen, das ich sammle, außer vielleicht Plastik- Becher aus diversen Locations und Clubs. Da habe ich schon einige daheim, aber die erfüllen auch alle ihren Zweck.
Und Platten oder andere Tonträger sammelt ihr gar nicht?
David: Bei uns fing es an mit Bravo-Hits CDs. (lacht)
Tobi: Wir sind ja eigentlich direkt ins Internet-Zeitalter hineingerutscht. Mit Napster, illegalen Downloads und so. Deswegen hatten wir auch nie diesen Sammelinstinkt an Tonträgern. Digital natürlich schon. Aber jetzt kaufe ich sehr gerne CDs oder auch Vinyl als Geschenke für meine Freunde. Vor allem wenn man an den Sound von Schallplatten denkt, das Knistern und so… Das hat schon was Spezielles.
Nach Plattendurchforsten auf Flohmärkten und Second-Hand Läden gibt es jetzt auch ein digitales Pendant dazu im Internet, hab ich gelesen. ReDigit ist ein Online-Flohmarkt, auf dem legal downloadete MP3s weiterverkauft werden können und somit die eigene Festplatte wieder gesäubert wird. In Amerika gibt es diese Plattform schon, jetzt soll sie in Europa starten. Major-Labels haben natürlich wenig Freude damit. Würdet ihr so eine Plattform nutzen? Und inwieweit kann man als Musiker aufgrund dieser digitalen Tools überhaupt noch Geld verdienen?
Tobi: Ich find es schon großartig, welche Vielfalt an Vermarktungsmöglichkeiten es auf Grund des Internets gibt. Es ist für User sehr einfach geworden, schnell und günstig Musik zu erwerben. Das kann man klarerweise nur gutheißen. Für Künstler ist es aber natürlich nach wie vor sehr schwer, ähnlich hohe Gewinne wie zur Hochblüte des CD Verkaufs zu erzielen. Das Internet hat diese wichtige Einnahmequelle regelrecht in den Boden gestampft. Man kann diese Veränderung weder unterbinden, noch rückgängig machen. Es gilt eben jetzt neue kreative Wege zu finden, um die eigene Musik zu vermarkten. Schön ist, dass die Künstler-Fan Verbindung so einfach wie nie zuvor hergestellt und aufrecht erhalten werden kann. Dadurch lassen sich viele andere spannende Dinge anstellen. Der Fan geht dann vielleicht nicht mehr ins Geschäft und kauft sich dort die CD seiner Lieblingsband, sondern bestellt sich Merchandise Produkte, zu denen er über Social Networks seine Ideen beigesteuert hat; Nur so als Beispiel. So kann der Künstler eben durch Internet Tools Geld verdienen. Und ganz wichtig; man kann Leute mobilisieren und Konzerte promoten. Live-Spielen ist ja die Haupteinnahmequelle geworden.
Wie ihr schon gesagt habt. Es lässt sich fast nur mehr mit Live-Spielen und Merchandising das Konto füllen. Welche Produkte bringt ihr an den Mann?
David: Bis jetzt hatten wir nur T-Shirts und Button.
Tobi: Den klassischen Merch eben. Aber wir sind auch der Meinung, dass wir uns in Sachen Merchandising noch einiges einfallen lassen könnten. Aber an diesen Ideen müssen wir noch arbeiten.
David: Das wichtigste ist jetzt mal die Fertigstellung unseres ersten Longplayers.
Ihr werdet dann ja sicherlich mit eurem Album auf Tour gehen. Eventuell auch auf Musikfestivals auftreten? Die schießen ja jetzt gerade wie Pilze aus dem Boden.
David: Dazu muss ich sagen, dass ich es sehr schade finde, dass viele kleine Festivals zugrunde gehen und die ganz großem Events eine Monopolstellung einnehmen. So wie die CDs aussterben, sterben auch die kleinen Festivals aus. Die Erwartungen der Hörer steigen einfach – eh klar, dass die Leute was für ihr Geld geboten bekommen wollen. Jedes Jahr muss ein besserer Headliner her.
Tobi: An unserer eigenen Tour basteln wir gerade. Es stehen ständig neue Termine am Plan und es wird sich jetzt auch zeigen, wo wir überall spielen werden. Das Booking ist ständig im Gange.
David. Es geht einmal darum, dass wir in Österreich, Deutschland und der Schweiz unser Album präsentieren möchten. Überall wo das Album erhältlich sein wird, werden mal Termine aufgestellt. Alles andere wird sich ergeben.
Tobi: Grundsätzlich haben wir aber auch nichts gegen Termine jenseits dieser Grenzen. (lacht)
Würde man nicht wissen, dass ihr aus Österreich kommt, würde man euch ja für eine waschechte Britpop-Band halten. Nicht mal Lust in Liverpool oder London aufzutreten?
Tobi: Natürlich schon. Aber England hat nun mal den Ruf, dass es kaum Musik von Außen reinlässt. Was ich ja auch verstehen kann. Ich sag mal so, würde ein Engländer nach Österreich kommen und sich zum Beispiel im volkstümlichen Bereich behaupten wollen, würde dieser sicherlich auch nicht so gut beim Publikum ankommen. Unser Einfluss kommt ja eben mal aus England, umso schwerer ist es, sich genau dort zu behaupten.
Wenn du schon von Einfluss sprichst. Welche Bands haben euch am meisten inspiriert?
Tobi: Prinzipiell hat jeder von uns in der Band einen anderen Musikgeschmack, andere Einflüsse. So einen gemeinsamen Nenner gibt es bei uns eigentlich gar nicht.
David: Aber das ist auch gut so. Wir treffen uns ja dennoch auf einem grünen Zweig. Es gibt einfach viel zu viele unterschiedliche Genres um da irgendwie auf einen gemeinsamen Punkt kommen zu können.
Tobi: Man hört bei unserer Musik generell einen gewissen Stil heraus. Ich spreche hier von englischen Gitarrenrock-Bands. Das ist sicherlich unser Nummer1-Einfluss. Es hat ja jetzt vor kurzem diese Folk-Rock Welle gegeben, die mich sehr stark beeinflusst hat und die ich nach wie vor gerne mag. Ich finde zum Beispiel Fleet Foxes sehr schön, aber auch Port O’Brien – also bärtige Musiker mit Holzfäller-Hemden.
Tobi, du singst ja ausschließlich auf englisch. Wie gehst du da ans Texten der Songs ran. Denkst du auf deutsch und schreibst es auf englisch nieder, oder wie machst du das?
Tobi: Naja, das ist schwierig zu sagen. Es gibt ja 3 verschiedenen Arten, um an einen Song heranzugehen. 1.Man macht zuerst die Melodie, dann den Text. 2. Man macht zuerst den Text, dann die Melodie oder 3. man geht an beides gleichzeitig heran. Bei der Produktion dieses Albums, hatte ich zuerst kaum Text. Der kam fast immer erst nach der Komposition. Meist fallen mir zuerst die Refrains ein, anschließend fügt sich alles zu einem Ganzen. Seitdem ich englisch studiere, gehe ich ganz anders ans Texten ran. Nach einem ganzen Tag auf der Uni, denke ich ja schon halb auf englisch. (lacht) Die englische Sprache kann man einfach gut verwenden, sie fließt, reimt sich gut, klingt nicht zu hart. Aber die Muttersprache kann man natürlich nie ganz Abschalten.
Ihr kennt euch ja alle aus der Schule, stimmt das?
David: Genau, wir kennen uns alle aus der Oberstufe. In der Schule waren wir Vier in einem speziellen Zweig, genauer gesagt war das ein Schulversuch im Fach Popularmusik. Da gab es für jeden Einzel-Instrumentalunterricht, Ensemble-Stunden, ein Unterrichtsfach in Musik-Elektronik, Musikgeschichte usw.
Tobi: Das war schon ganz cool. Nebenbei haben wir immer wieder Konzerte gespielt. Für uns war das definitiv eine gute Erfahrung.
David. Ja total. Das war sehr wichtig für unsere spätere Band. Ich komm ja aus einer ländlichen Gegend, war in einer Musikschule und habe dort eher im Bereich Jazz experimentiert. Erst in der Oberstufe bin ich dann mit Pop und Rock in Berührung gekommen.
Es heißt ja 2010 war euer Jahr. Was wird 2012 kommen?
David: Auf jeden Fall bald unser erster Longplayer. Im April soll es ja hoffentlich rauskommen und dann werden wir alles weitere auf uns zukommen lassen. Unser nächster Live-Termin wird auf jeden Fall in St. Pölten im Freiraum stattfinden.
David: Es gibt schon ein paar fixe Termine. Wir spielen am 31.März in St. Pölten und am 20. April im Linzer Posthof.
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