mica-Interview mit Monk

“Schluss mit der zweiten Geige!” – Der Liebe zur Musik entsprechen und von Release zu Release gemächlich dem großen Ziel entgegen steuern.” Mit ihrem zweiten Album “Jeux de nuit” hat die junge Grazer Band Monk ein wegweisendes Album in Sachen Pop vorgelegt. Das mica traf Mastermind Georg Hartwig, um sich über unprätentiösen Pop, Major-Labels und Subventionen zu unterhalten.

Würdest Du mit mir übereinstimmen, dass die meisten Pop-Entwürfe in Österreich daran kranken, dass die Protagonisten etwas sein wollen, was sie einfach nicht sind und dabei recht schnell verkrampfen?
Schwer zu sagen. Das ist eine Frage, die einiger Reflexion bedarf. Ja und nein. Einerseits vielleicht, andererseits glaube ich an die Strukturen. Es gibt viele Pop-Entwürfe in Deutschland und Frankreich, die dennoch funktionieren. Aber generell: Schlechte Musik gibt es immer und überall.

Meinst du mit diesen deutschen oder französischen Entwürfen solche, die, obwohl sie sich an anglo-amerikanischen Vorbildern orientieren, trotzdem funktionieren?
Nicht unbedingt. Wenn man sich französischen Hip Hop oder deutschsprachigen Gitarrenpop anschaut, dann funktioniert doch beides einigermaßen. In Österreich haben wir einfach ein Größenproblem. Gewisse Strukturen sind hier entweder einfach nicht oder eben nur kurzfristig da. Im Moment geht es da gerade erst los, kommt mir vor.

Heißt das, Du spürst gegenwärtig so etwas wie eine Aufbruchstimmung in der österreichischen Pop-Musik?
Eigentlich schon, aber das ist sicherlich meine eigene subjektive Wahrnehmung.
Es passiert derzeit schon einiges. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Informationen mittlerweile schneller rein kommen. Es gibt natürlich auch einigen popgeschichtlichen Aufholbedarf.

Haben die Österreicher einen Komplex, was Pop-Musik anbelangt?
Nicht in dem Sinn, dass wir traumatisiert wären oder Ähnliches, aber die zweite Geige spielen wir halt schon. Oder besser noch: wir spielen nicht Geige, sondern Bratsche. Und das liegt vor allem daran, dass Österreich Major-dominiert ist. Als Künstler stehst du da ziemlich weit hinten dran. Es gibt einfach viel weniger Signings österreichischer Bands bei österreichischen Majors als deutscher Bands bei deren deutschen Filialen.

Hast Du jemals versucht, mit Deiner Musik bei einem Major-Label zu landen?
Nein. Niemals.

Aus pragmatischen oder philosophischen Gründen?
Zuerst aus philosophischen, dann aus pragmatischen. Soll heißen: ich hab sie nie kontaktiert, weil es auch ohne sie funktioniert. Für die Größe meiner Produktionen geht es sich aus, es so zu machen wie ich es mache. In Deutschland wäre das schon etwas Anderes. Abgesehen davon habe ich ein großes Problem damit, meine Masterrechte abzugeben: Und das vielleicht auch noch für siebzig Jahre oder sogar darüber hinaus. Das ist doch Wahnsinn, aber darüber haben wir beide ja ohnedies schon des öfteren miteinander diskutiert. Ich habe es schon sehr oft bei Kollegen miterlebt, dass sie in ihren Deals fest sitzen und nicht mehr raus kommen. Das Ergebnis ist völlige künstlerische Stagnation. Das kann und will ich mir einfach nicht leisten.

Der Grund, weshalb ich vorher auf die Verkrampfung vieler österreichischer Produktionen zu sprechen kam ist folgender: Für mich ist euer neues Album so ziemlich das Unprätentiöseste in Sachen Pop, was ich seit Jahren gehört habe. Und obwohl es zwischen den Genres hin und herspringt, wirkt es sehr locker, leicht und flüssig. Aus einem Guss. Jetzt habe ich gehört, dass ihr am Album ganze zwei Jahre lang herumgebastelt habt. Ein Widerspruch?
Nicht wirklich ein Widerspruch. Zur Lockerheit muss man erst gelangen. Es gibt Dinge, die muss man sich trauen. Wenn man schreibt, hat man auf Anhieb oft eine gewisse konventionelle Vorstellung, die man dann mehr und mehr über Bord wirft, je länger man sich mit dem Song beschäftigt. Die vorletzte Nummer auf dem Album, war in fast schon hundert Varianten vorhanden und irgendwann haben wir uns dann einfach dazu durchgerungen, den Bass weg zu lassen und den ganzen Song runter zu fahren.

Erst wenn man diverse teils überladene Arrangements durchprobiert hat, kommt sozusagen der Mut zur Reduktion?
Irgendwann merkt man einfach, was es alles nicht braucht, um den Song optimal rüber zu bringen. Es war ja auch nicht so, dass wir wirklich eineinhalb Jahre durchgehend mit voller Intensität am Album gearbeitet hätten. Die intensive Zeit war erst in den letzten Monaten bis zur Veröffentlichung Mitte Oktober. Das intensive Kennenlernen sozusagen, das jede Beziehung voraussetzt.

Du bist aber schon auch ein Perfektionist, der sich gerne lange mit den Dingen beschäftigt, oder?
Einerseits ja, weil es manchmal einfach notwendig ist, sich auf die Dinge einzulassen. Andererseits wieder gar nicht. Manchmal muss es einfach sein. Die Stimme von Susanna (Susanna Sawoff, Sängerin bei monk, Anm.) etwa verlangt zum Beispiel, dass man lange fein mit ihr arbeitet. Das braucht es für die gewisse Stimmung, die ihr am besten steht. Durch die intensive Beschäftigung haben wir es geschafft, dass es dem Hörer so vorkommt, als ob die Stimme ganz nah an seinem Ohr wäre.

Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit mit Monk von Deinen anderen Projekten, den Pumali Panthers oder Deiner Arbeit mit Helgi Jonsson?
Schwierige Frage. So unterschiedlich sind die Dinge eigentlich gar nicht , denke ich. Helgi ist einfach ein unglaublich starker Musiker. Insofern drückt er durch seine Melodien und Harmonien der gemeinsamen Arbeit schon sehr stark seinen Stempel auf. Und es gibt mehr Reibung als bei Monk. In einem sehr positiven Sinne.

Und die Pumali Panthers?
Die Pumalis sind von den Sounds her vielleicht noch eine Spur perfektionistischer als Monk. Immerhin haben wir gemeinsam wirklich zweieinhalb Jahre am Album gearbeitet. Dadurch ist die Produktion vielleicht auch ein bisschen cleaner als das bei Monk der Fall ist. Monk ist eine Spur wärmer und organischer. Von der Kompositionsweise ist das Pumali Panthers-Album elektronischer, weil mehr im Studio entstanden. Wir haben die einzelnen Stücke gemeinsam im Studio arrangiert und bei der gemeinsamen Arbeit ist dann meistens etwas ganz anderes dabei raus gekommen.

Hast Du ein eigenes Studio?
Ich arbeite bei mir und das funktioniert ganz gut. Schlagzeug könnte ich allerdings keines aufnehmen.

Monk ist Pop und ich glaube auch nicht, dass Du damit ein Problem hast, Pop zu sein. Wie aber muss man Pop heute einkleiden, damit er kommerziell erfolgreich ist?
Wenn ich das wüsste… In erster Linie muss man ihn visuell verkaufen, denke ich. Pop war immer schon eine visuelle Geschichte. Da hilft es natürlich, wenn man über die entsprechenden Kanäle verfügt, um die visuellen Ideen, die man so hat, auch an den Mann oder die Frau zu bringen. Im Grunde genommen funktioniert Pop nur noch, wenn man die visuellen Medien auf seiner Seite hat. Im so genannten Alternative-Pop ist das Visuelle zwar auch ein Thema, aber kein so dominantes. Nimmt man etwa Arcade Fire, dann ist die visuelle Komponente bei einer solchen band vielleicht auch wichtig, aber eben bei weitem nicht so wichtig wie bei Robbie Williams oder vergleichbaren Acts. Tja, wie es kommerziell funktionieren kann, daran knabbere ich Tag ein Tag aus. Das ist die ewige quälende Frage.

Dafür, dass euer Album wirklich außergewöhnlich homogen und gelungen ist, passiert mir zu wenig. Woran liegt das?
Monkeymusic, die für uns Promo machen, leisten schon gute Arbeit. Auf fm4 laufen wir.

Mit Souvenir?
Ja. Ab nächste Woche soll dann ein neuer Track laufen. Auf GoTV läuft auch das Video schon. Das ist übrigens auch auf der CD drauf. Natürlich: Man kann immer mehr Öffentlichkeit haben, im Grunde genommen ist es aber schon in Ordnung, was so passiert. Mit Monkey arbeiteten wir schon als Pumali Panthers zusammen und waren mit der geleisteten Arbeit eigentlich sehr zufrieden. Erfolge bei der Promo gehen Hand in Hand mit den Möglichkeiten im Vertrieb. Hoanzl als unser Vertrieb tut sich dann auch um vieles leichter, wenn die Promo einmal gut läuft. Das sind halt die klassischen Indie-Probleme, mit denen man in unserer Größenordnung zu kämpfen hat.

Ihr habt Monkey als Promo-Agentur und Hoanzl als Vertrieb. Und das Label ist Deines?
Genau. Releast wurde das jetzige Monk-Album auf meinem Label Sevenahalf Records.

Das ist doch aber eine äußerst geschickte Kombination.
Eh. Aber offenbar geht ja trotzdem zu wenig.

Nicht, dass ich nichts mitbekommen hätte. Erst gestern habe ich einen Artikel über euch im Now! gelesen. Ich denke einfach nur, die Qualität des Albums hätte sich mehr Wirbel verdient.
Dass Qualität nicht immer ganz weit vorne steht, ist nun einmal so. Entweder hat man das Budget und das Netzwerk, aber dann releast man halt unter Umständen gleich bei einem Major. Oder auch bei solchen Indie-Labels, die schon um einiges arrivierter sind als meines. Ich denke da an Klein Records, die es ja nunmehr auch schon seit zehn Jahren gibt und die sich national wie international einen Namen gemacht haben. Insofern ist unser Projekt auch ein langfristiges. Ich denke, beim nächsten Release werden wir dann um noch ein kleines Stück Aufmerksamkeit mehr bekommen und so hantelt man sich halt von Release zu Release, dem großen Ziel entgegen. Im Grunde genommen will ich ja mit Monk auch nicht unbedingt in Österreich bleiben.

Ist der Exodus schon konkret geplant?
Außer einigen Bemusterungen im deutschen Raum und einigen Gigs, die wir in Berlin gespielt haben, ist die Situation derzeit sicherlich noch nicht so, dass wir jetzt locker lässig einen Release in Deutschland vom Stapel lassen könnten. Das soll heißen: Deutschland ist eng, wird aber trotzdem nötig sein. Jetzt macht der Klaus Plewa vom Sublime für Ink Booking Termine für uns klar. Da sind auch einige deutsche Termine dabei. Insgeheim schiele ich auch in Richtung Benelux. Da rechne ich mir durchaus Chancen aus, mit Monk anzukommen Deutschland hat halt den Nachteil, dass es um die Radiolandschaft echt bitter bestellt ist. Von Passau bis Berlin gibt es eigentlich nur armseeliges Kommerz-Format-Radio. Insofern kannst du, wenn du auf fm4 vorkommst, schon sehr viel bewegen.

Weil Du dann wenigstens bis rauf nach Regensburg wahrgenommen wirst?
Genau.

Ist mir das nur mir aufgefallen, oder habt ihr euch auf “Jeux de nuit” im Vergleich zum Debutalbum ein wenig weg von der Elektronik und mehr hin zum Gitarrenpop entwickelt?
Doch, doch. Das kann man schon so sagen. Das neue Album ist sicher gitarrenlastiger ausgefallen als das letzte. Ist ja auch ein schönes Instrument. (lacht) Die Gitarre korrespondiert auch außerordentlich gut mit … Stimme.

“Come On” hat mich an die Spinanes erinnert.
Tut mit leid, kenn ich nicht.

Dieses fast schon hypnotisch trancig-repetitive Element, vor dem sich Popmusik manchmal scheut…
Ich weiß, was Du meinst.

Hat Du eigentlich einen Jazz-Background? Auf dem Album finden sich so einige schräge Bläsersätze, die das Pop-Format doch erheblich sprengen.
Nein, eigentlich nicht. Die Sätze hat alle Helgi Jonsson komponiert und auch eingespielt. Das kann er unglaublich gut, das muss man ihm lassen.

Ich finde sie ziemlich ungewöhnlich.
Vom Sound her?

Vom Sound und von den Harmonien. Und teilweise auch von den Übergängen. Gerade die erste Nummer geht mit dieser blasmusikalischen Jahrmarktstimmung los und bricht dann in eine Art Acid-Jazz. Das ist doch recht ungewöhnlich, passt aber trotzdem gut.
Ja, da ist viel Balkan drinnen, dann haben wir noch eine Portion Walzer draufgepackt und das, was dann letzten Ende dabei raus gekommen ist, ist doch sehr skurril, das stimmt schon.

Du hast ein Label und drei Projekte am Laufen. Kannst Du davon leben?
Ja, derzeit ist es aber eh nur ein Projekt, nämlich Monk, das mich beschäftigt. Die Pumali Panthers liefen in letzter Zeit auf Sparflamme und mit Helgi bin ich zwar getourt, aber sonst fiel keine weitere Arbeit an. Zum “davon leben können” muss man in aller Deutlichkeit sagen: Wenn man sich die passenden Subventionen checkt, dann geht es schon. Ohne diese Zuwendungen wäre es allerdings nicht möglich. Egal, ob das jetzt das Geld vom Österreichischen Musikfonds, vom SKE-Fonds oder vom Land Steiermark ist. Ich brauche derzeit jeden einzelnen Cent davon. Das ist schon sehr, sehr wertvoll. Nicht nur angenehm, sondern wirklich existentiell. Natürlich ginge es anders auch, aber auf ungleich unprofessionellerem und unentspannterem Niveau. Es gäbe dann keine besondere Verpackung, keine wie immer geartete Promo und wir müssten unter wesentlich liebloseren Bedingungen aufnehmen. Die Qualität würde weitgehend auf der Strecke bleiben. Wenn man der Sache oder besser gesagt der Liebe zur Musik entsprechen will, dann geht es nicht anders, dann benötigt man eine gut funktionierende Förderstruktur.

Hast Du den Eindruck, dass sie in Österreich gut funktioniert?
Ja, doch. Eigentlich schon.

Und wie viel Zeit verwendest Du darauf, Anträge zu schreiben?
(lacht) Nicht gerade wenig. Das ist der einzige Nachteil, aber es zahlt sich letztlich ja auch aus.

Du hast niemanden an der Hand, der Dir beim Papierkram hilft?
Nein. Als Label bin ich ein Einmannbetrieb.

Hast Du auf Deinem Label auch noch andere Releases?
Nein. Ich bin ja Label aus Pragmatismus. Wenn die Förderungen vom Land Steiermark anhalten, kann ich mir im nächsten Jahr vielleicht einmal überlegen, etwas Anderes als Monk oder die Pumali Panthers zu veröffentlichen. Also etwas, an dem ich nicht selbst kreativ beteiligt bin. Im Grunde genommen weiß ich aber, dass mein Label so, wie es jetzt ist, ein reiner Servicebetrieb ist. Von dieser Größenordnung kann man nicht leben. In einer solchen Situaton musst Du Dir auch sehr gut überlegen, was du machst, sonst hast du schnell einmal 2.000 Euro bei der Austro Mechana für Autorenlizenzen abgedrückt, die du nie mehr auch nur annähernd wieder einspielst. Wenn die Band nicht gleichzeitig professionell tourt und entsprechendes Radio-Airplay hat, also das gesamte Paket stimmt, wird sich die Rechnung schwer ausgehen. Die bisher auf meinem Label erschienenen Platten haben daher alle etwas mit meiner Person zu tun. Insofern, dass ich auch Autor bin und am Tantiemenrückfluss partizipiere. Anders geht das nicht.

Ist in naher Zukunft eine Monk-Tour geplant?
Ja, im März. Vorher geht es nicht, weil meine beiden Bandkollegen erst einmal in den wohlverdienten Urlaub gefahren sind.

Interview: Markus Deisenberger