mica-Interview mit Honolulu

Das erstes Album von  Honolulu “We look back, but we look good” feiert Jazz – verstanden als Lust am freien Spiel, am Experiment und anderen Genres – als Grundhaltung. Mex Wolfsteiner, Brenda aka Bernd Oberlinninger und Mirre M. unterhalten sich mit Markus Deisenberger über Radio-Politik, Netzwerke und die sicheren Häfen. Jazz als Grundhaltung

Ihr klingt in euren ruhigen, besinnlichen  Momenten (“In My Room”), so wie Goldfrapp klangen, bevor sie sich dem Disco anbiederten.
Mex: Bevor sie begannen einen auf Elektro zu machen?

Genau. Siehe etwa das frühe Opus Magnum “Felt Mountain” mit seinen sphärischen, elegischen Momenten und der damals noch elfenhafte Stimme von Allison Goldfrapp. Kann man mit einem solchen Vergleich leben?
Brenda: Klar, wobei Goldfrapp dieses Dramatische, Soundtrackartige ja auch nicht erfunden haben. Ich war von Felt Mountain zugegebenermaßen schon begeistert und ich hab dann zurück gehört und bin wie eine Bombe bei Scott Walker eingeschlagen. Bei seine Solo-Alben aus den späten 60e Jahren. Da stammen die Sounds, die Goldfrapp oder andere später verarbeitet haben, her.
Was mich daran auch begeisterte war zu sehen, wie die “Beat-Revolution” am Kochen war, es andererseits aber Zweige gab, die sich dieser Revolution total verweigerten. Und die gleichsam “reaktionäre” Musik dieser Zeit war unglaublich interessant. Und einen Scott Walker kann man sicher nicht als seichte Muse einstufen. Aber egal ob 2001 oder 2007: Ich denke dass diese Sounds ein relativ zeitloses Phänomen sind, weil ihre Elemente eh schon so alt sind. Was etwa ist an der jetzigen Gitarrenmusik progressiv? Dreht man fm4 auf, hört man dort 100 mal erprobte und zu 100% akzeptierte Riffs ohne jede Ecke und Kante.

Du nimmst die nähst Frage vorweg: Ein anderer Vergleich, der sich aufdrängt, wenn man eure Musik hört, ist Portishead (“Fever Bleeds”). Sobald diese Vergleiche, egal ob nun Portishead oder Golfdfrapp, kommen, und die kommen oft, weil sie als Art Referenzsystem für langsamere, stimmungsvolle Elektronik gelten, schwingt immer gleich der Vorwurf mit, sich an etwas bereits wieder Überholtem anzulehnen. Während andererseits Bands wie Mando Diao oder Franz Ferdinand das Rad ja auch nicht wirklich neu erfunden haben. Sprich: auf fm4 läuft doch auch zum Großteil überholte Musik.
Mex: Nur noch. Genau mit dem Vorwurf haben wir aber teilweise zu kämpfen

Eure Musik wäre überholt?
Mirre: Nein, das nicht. Aber dass wir zu erwachsen wären, um ins Programm zu passen.

Aber ist es nicht so, dass ganz generell – jetzt einmal abgesehen von Sades Smooth Operator – qualitätvolle groovige Musik mit leicht jazzigen, geschweige denn lyrischen Anleihen im Radio keine Chance hat?
Mex: Definitiv. Wir haben schon im Vorhinein gespürt, dass das nicht so ganz kompatibel ist. Andererseits kann man Musik auch aus dem Ansatz heraus machen, irgendeinem Radiosender gerecht zu werden. Wenn wir einmal dort angelangt sind, sind wir da, wo die gesamte Branche in den 90ern schon einmal war: dass nämlich nur noch Ö3-Formatradio-Musk produziert wird. Das ist doch eine Musik, von der nichts übrig bleibt.
Brenda: Wir sind doch auch am besten Weg, ein Indie-Formatradio zu kreieren in Österreich.

Das haben wir doch schon.
Brenda: Das hast jetzt Du gesagt. Falls notwendig, unterschreibe ich Dirs aber mit 100 Euro-Stempelmarken.
Mex: Wir wussten schon, dass es schwierig sein wird, bei Ö3 oder fm4 anzukommen. Aber was will man machen?
Mirre: Auf dem österreichischen Markt wird es ziemlich schwierig werden…
Mex: Da gibt es ja sogar Grabenkämpfe. Der eine darf die Band nicht mehr spielen, weil sie der andere spielt. Ob Coldplay oder…

Franz Ferdinand. Das wer meine nächste Frage gewesen: Braucht man den österreichischen Markt überhaupt?
Brenda: Brauchen würde man ihn schon. Aber ich zum Beispiel habe Bedürfnisse als Hörer und als Macher. Als Hörer bin ich auf das angewiesen, was gespielt wird. Oder ich gehe in den Plattenladen und kauf mir was Gescheiteres. Als Macher musst du zur Kenntnis nehmen, dass du bei Ö3 sowieso nicht rein kommst, selbst wenn man so einen Mainstream-Topfen machen würde. Bei den anderen kommt mir vor, dass du als Musiker immer mehr zum Dienstleister werden musst, um den par Entscheidungsträgern dort zu gefallen. Das heißt, du müsstest deine Musik auf die Charts der letzten beiden Jahre ausrichten, damit du genau in das abgegrenzte kleine Grätzel reinfällst, das sie interessiert. Was gespielt wird, wird abseits der Szene und abseits der Sachthemen entschieden.
Mex: der Markt ist zu klein, um nur auf ihn zu schauen. Verzichten kann man aber auch nicht auf ihn. Schon alleine weil die Labels immer noch in österreichischen Marktdimensionen denken und eben entweder Geld hergeben oder nicht.
Mirre: Als alte Schwedin darf ich das jetzt sagen: In Schweder hört man einfach viel schwedische Musik, in Österreich hört man wenig bis gar keine österreichische. Jeder beklagt sich schnell, dass irgendein System schuld ist, aber wenn es dann darum geht, Entscheidungen zu treffen, hält sich jeder an das, “was immer schon ging”.

Liegt das nicht auch daran, das eure Musik, die sehr viel mit Qualität im Pop zu tun hat, dh Pop-Musik mit Tiefgang ist, sich selbst aber auch nicht allzu ernst nimmt, nicht wirklich Tradition in Österreich?
Mex: Das ist ein wenig das Henne-Ei-Prinzip. Es gab Supermax, der glücklicherweise auf unserer Platte wieder dabei it. Es gab Falco, in den 70ern Ganymed, die EAV. Das Problem ist doch, dass der kommerzielle österreichische Musikmarkt über Jahrzehnte ausgehungert wurde. Die Tantiemen wurden doch immer nur ins Ausland verfrachtet. Du kannst sogar sagen: in LKWs geschaufelt und raus geführt. Es blieb nichts im eigenen Land, es floss daher auch nie etwas zurück. Daher konnte auch nie jemand Geld in die Hand nehmen, um auf internationalem Niveau zu produzieren.
Mirre: Man traut sich halt nicht, seine Meinung zu sagen. Es ist weit verbreitet, sich an etwas Bestehendes anzulehnen. Da eckt man nirgends an. Das ist das österreichische Prinzip. Man traut sich nicht, ins kalte Wasser zu springen und ein Risiko einzugehen.
Mex: Unser Risiko ist, dass wir nicht Underground gemacht haben.
Brenda: Bis zu einem gewissen Grad haben wir schon Underground gemacht, aber nicht auf irgendetwas abgepasst. Die Musik ist breit gefächert.
Mex: das einzige was wir bezweckten, war, dass das was raus kommt, so gut wie möglich ist.

 

 

Wie habt ihr euch als Band gefunden?
Brenda: Über den Weg gelaufen sind wir uns das erste Mal schon vor zehn Jahren.
Mirre: ich hab in einer Punk Band in Oberösterreich begonnen. Als ich dann Probleme mit den Stimmbändern bekam und mir Stimmruhe verordnet wurde, hab ich beschlossen, eine ordentliche Ausbildung zu machen, bin nach Wien gegangen und habe Jazz studiert.
Brenda: Mex und ich kannten uns vom Ausläufer einer Vorgängerband
Mex: Der Bernd kam zu mir und fragte im SR-Archiv nach, ob ich nicht einen Schlagzeuger für ihr Projekt wisse.
Brenda: Ganz so ist es nicht. Eigentlich entstand das ganze aus einer Proberaum-Situation heraus. In dem Proberaum, in dem ich spielte, verkehrte auch der Schlagzeuger von Fuckhead. Der Didi Kern und der Mex Wolfsteiner ware beides Typen, die mich interessiert haben. Und dann wurde es halt der Mex.
Mex: (lacht) das heißt, ich hatte Glück.

Wie entstehen eure Songs?
Mirre: Die Texte kommen von Mex.
Mex: Für die übernehme ich aber keinerlei Verantwortung.

Entstehen die Songs immer gleich oder auf unterschiedliche Arten?
Mirre: Ganz verschieden eigentlich. Manchmal gemeinsam beim Jammen. Dann kommt wieder jemand mit einer Idee.
Brenda: Meistens erarbeite ich dann ein Layout, das aber sehr oft im Studio wieder verworfen wird, wodurch wir am Ende erst mit einer völlig neue Nummer dastehen.

Ist Honolulu künftig das Main-Project oder etwas, was so nebenbei läuft. Wird es Trio Exklusiv und Brenda weiter geben? Oder anders gefragt: Wie wichtig ist das Projekt den einzelnen Betreibern? Ist Honolulu ein locker lässig in die Höhe geschickter Versuchsballon oder eine Leidensgeburt, die nicht umsonst gewesen sein soll und in die man all seine Energie steckt?
Brenda: Für mich ist Honolulu das Main-Project. Aber jeder von uns hat zumindest ein weiteres Projekt am Laufen. Aber wir haben kein Barometer, mit dem wir messen, mit wie viel Energie jemand bei der Sache ist. Das ergibt sich von selbst.
Mex: Für mich ist das zeitlich begrenzt. Jetzt gerade ist Honolulu für mich das Hauptprojekt. In einem halben Jahr, wenn die nächste Trio Exklusiv-Platte draußen sein wird, wird mich das Trio wieder mehr beanspruchen. Es geht immer so Hand in Hand. In der Zeit, in der ich mit Honolulu viel live spiele, fange ich schon wieder am Trio zum Basteln an und umgekehrt. Sprich: das variiert im Stellenwert.

Wie schwierig ist es, wenn man in Österreich als Musiker finanziell reüssieren will? Reicht es, mit einer Band oder allein durch die Landen zu touren oder ist es Bedingung geworden, dass man in unterschiedlichen Projekten unterwegs ist, mehrere Genres bedient, um auf dem kleinen Markt, vor allem live auf seine Kosten zu kommen?
Mex: Es ist absolut notwendig, sich in verschiedenen Projekten zu bewegen.
Brenda: Aber auch ganz unabhängig vom pekuniären Aspekt ist es auch künstlerisch notwendig, Tapetenwechsel zu haben und andere Sessions aufzumachen. Mit einer Band, mit einer Platte, mit einem Projekt läst sich ja nicht das ganze Universum erzählen.

Das Album klingt ziemlich toll produziert und ist es wohl auch. Wurde da viel Geld investiert oder hat man das mit minimalen Mittel so hingekriegt?
Mex: Da wurde schon einiges investiert. Man muss an dieser Stelle anführen, dass wir sehr froh sind, dass es den Musikfonds gibt. Nur der Musikfonds ermöglicht es derzeit, dass es eine solche Produktion überhaupt geben kann.

Auch weil die budgetären Mittel der Majors – und bei einem solchen seid ihr ja – immer begrenzter werden…
Mex: So ist es. Auch weil sich diese Firmen an den auf dem österreichischen Markt möglichen Verkaufszahlen orientieren müssen, und in einer solchen Kalkulation steht am Ende eine sehr kleine Zahl, die sich guten Gewissens investieren lässt.
Mirre: Obwohl wir fast noch mehr gebraucht hätten. Gegen Ende der Produktion mussten wir schon ganz schön sparen.
Mex: Natürlich hätte man auch billiger produzieren können. Dann wäre es halt so gelaufen wie immer. So nämlich, dass man fragt: “Geh bitte spiel mir das Saxophon gratis ein, dafür spiel ich bei eurem Album dann wieder gratis und so weiter. Auf Basis von Freundschaftsdiensten halt. Durch das Geld des Musikfonds war es einmal nicht notwendig, Freunde und Kollege auszubeuten, sonder relativ normale Gastmusikergagen zu zahlen. Dadurch haben alle Beteiligten – außer uns – Tontechniker, Produzenten, Gastmusiker einigermaßen normal verdient.

 

 

Und wie ist das jetzt mit dem Erwartungsdruck? Gibt es den nicht, weil das Geld ja nicht vom Label, sonder vom Musikfonds kam?
Mirre: Niemand ist ein wirklich großes Risiko eingegangen.

Das heißt, den Ball flach zu halten ist besser. Dann gibt es keinen großen budgetären Druck, die investierte Kohle auch wieder einspielen zu müssen. Andererseits: Wenn keine deftige Summe da steht, dann gibt’s auch keinen Druck, Promo zu machen. Dh eine vielstellige Summe nimmt auch das Label in die Pflicht…
Mex: Letzteres ist grundsätzlich genau meine Meinung. Nur gibt es da bei komplett neuen Bands ein Problem mit dieser Taktik. Da hast du einfach begrenzte Möglichkeiten. Für eine etablierte Band allerdings bin ich genau dieser Meinung: Da muss es schon ein bisserl weh tun, damit nachher auch jemand etwas unternimmt.

Honolulu hat internationales Format. Was muss passieren, um das internationale Format dieser Musik auszuloten? Was ist der Plan? Der Band? Der Plattenfirma?
Brenda: Ohne Auslands-Release wird im Ausland nichts gehen. Ich sehe da aber nicht wirklich ein Problem.
Mex: Schon. Normal ist das schon ein Problem. Aber deshalb wählten wir bewusst den Weg über die Jazzszene. Wir sind ja bei einem auf Jazz spezialisierten Sublabel von Universal gesignt.
Und das aus gutem Grund: Die Jazzszene arbeitet nämlich noch Grenzen überschreitend zusammen. In der Popwelt hingegen gibt es keinerlei Netzwerke. Da gibt es nur einzelne Territories, die sich gegenseitig bekämpfen oder ihren Markt gegen die andere abschirmen. Da will jedes Land sein eigenes Repertoire verkaufen und möglichst nichts von draußen rein lassen.

Und ihr erwartet euch, vom Jazzpublikum angenommen zu werden?
Mex: Schon ja.
Mirre: Wir sind zwar schon poppig, aber es ist eine gewisse Art von Jazz dabei
Mex: Musik für geschultere Ohren, für Leute, die wirklich noch Musik hören. Auch wenn es vielleicht beim ersten Mal anhören nach leichter Muse klingt. Uns wurde schon von vielen Leuten bescheinigt, dass sie erst nach mehrmaligem Hören Ecken und Kanten, das Tiefergehende, entdeckt haben.

Eine gewisse Vielschichtigkeit?
Mex: Genau.
Brenda: Auf dem Sprung von Pop zu Jazz ist in der Vergangenheit schon vielfach gezeigt wurden, das sich diese Grenzen erfolgreich sprengen lassen und auch gesprengt gehören. Das Problem ist eher, das Produkt an die Leute zu bringen. Aber eine breite Akzeptanz ist wenn nicht schon da, so doch möglich.
Mirre: Wie viel wir wirklich mit Jazz zu tun haben, erschließt sich dem Zuhörer erst dann, wenn er uns live gesehen hat. Beim letzten Gig hatten wir einen Vibraphonisten und zwei Bläser dabei.

Geht das dann live eher in die Dancefloor-Richtung a la Trio Exklusiv?
Mex: nicht wirklich. Das ist schon viel zarter als das Trio.

Aber vor allem “Risk The Step” oder auch “Hope” beschreiten durchaus einen Weg, den auch schon Trio Exclusiv beschritten hat, indem man die Clubkultur reinholt, in Richtung Tanzfläche schielt.
Mex: Schon, aber grundsätzlich ist das nicht unsere Intention. Bei Honolulu geht es darum, ein eigenes kleines Universum zu erschaffen. Die Nummern wechseln von zart auf hart. Beim Trio fährt von A bis Z die Walze durch, Bei Honolulu geht es darum, den Bogen zu spannen.

Wie sieht die Besetzung aus?
Mex: Je nach Budget und technischen Möglichkeiten. Wir drei plus drei ist das Optimum.

Auch weil auf dem Album einige Bläserarragements zu finden sind.
Mex: alles Sachen, die die Band sozusagen auf Plastik vorbereitet hat und die dann live eingespielt wurden. Die hätten wir halt live auch wieder gerne echt und nicht aus der Konserve. Natürlich werden aber die stringenten Bläserarragements live auch nicht 1:1 gespielt. Das würde keinen Sinn machen. Man muss den Leuten auch Freiräume bieten, ihnen die Möglichkeit geben, ausufern zu dürfen. Das ist auch Jazz: die Musiker nicht wie Knechte zu behandeln, die ihren Stiefel runter spielen, sondern ihnen Freiräume bieten.

Auf itunes wird die Musik Honolulus als “EASY LISTENING” klassifiziert. Irrtum oder seht ihr das genauso?
Mex: Wirklich? Eigenartig.
Brenda: Wer bestimmt so etwas?
Mex: Angeblich gibt es bei Universal eine eigene Abteilung, die sich mit derlei Angelegenheiten auseinander setzt. Und genau dort muss ich noch mal nachfragen. Easy Listening passt doch schon allein vom Label her nicht. Wir sind ja im Jazz gesignt. Normalerweise steht man dann auch als Jazz in den Regalen.

Apropos Easy Listening: Waldeck und Saint Privat sind international sehr erfolgreich. “Getting Liquid” und auch die eine oder andere Nummer auf dem Album stoßen in eine ähnliche Richtung.
Mex: Ein gutes Beispiel, wenn man über österreichische Musik redet. Das wollte zuerst auch keiner angreifen und als dann im Ausland erste Erfolge eingefahren wurden, hat sich jeder drauf gestürzt. Am Anfang hat Klaus Waldeck nicht einmal ein Label gefunden. Es hat ein Jahr gedauert, bis es funktioniert hat. Am Ende ist es dann sogar auf Ö3 gelaufen. Und das ist noch immer so: Für die Breitenwirksamkeit braucht man Ö3.

Dass angejazzter Pop im Radio eine schwierige Angelegenheit ist, haben wir vorher schon angeschnitten. Eigentlich passt man weder zu Ö3 noch zu fm4, was ja nebenbei ganz vielen Bands so geht. Man findet sich in einer Situation wieder, in der ganze Genres brach liegen.
Mex: Da hast Du voll und ganz recht. Aber die Radiosache ist eine. Davon darf man sich nicht abbringen lassen.

 

 

Wovon erwartet ihr euch eigentlich mehr kommerziellen Erfolg: von den elegischen, lyrischen Stücken oder von den dancefloortaglichen?
Mex: Je nach Zielgruppe. Isabell Richter hat das auf Puls TV so schön formuliert: Sie sagte, wir seien so cool, dass wir nicht irgendeine Single auskoppeln, sondern den Leuten sagen: Nehmt euch die Single, die euch am besten gefällt. In Wirklichkeit hat sie aus einer Notsituation, nämlich aus der, dass es keine Single gibt, etwas Positives gestrickt. Das hat uns sehr gefallen. Außerdem gibt es wohl kein schöneres Kompliment, denn als Albumband bezeichnet zu werden?
Brenda: Ich denke, wir bedienen unterschiedliche kommerzielle Felder. Einerseits ein Jazzpublikum und andererseits ein undefinierbares zu Hause sitzendes Hifi-Publikum. Erwachsene Hörer, die eine gute Anlage zu Hause stehen haben, sind vielleicht noch eher bereit, sich ein schönes gut produziertes Album zu kaufen. Wieso sollte sich jemand eine Single, die Tag für Tag in irgendeiner Rotation totgespielt wird, überhaupt noch jemand kaufen?
Mirre: Ich hätte mir schon erwartet, dass wir auf fm4 passen. Aber die Meinungen, welche die Lieblingsnummer ist, gingen schon weit auseinander

So lange pro Radiosender eine gespielt wird, ist das doch auch OK.
Mirre: Ich hab ja auch eine ganz spezielle Lieblingsnummer.

Die da wäre?
Mirre: “Your Kiss”.
Mex: Jeder hat einen anderen Favoriten und das zeichnet das Album auch aus. Es gibt keinen Durchhänger.
Brenda: Es gibt doch so viele Alben, auf denen ein, zwei Reißer drauf sind und den Rest kannst du vergessen.
Mex: Wo man sich nur noch zwei Nummern auf den Ipod lädt und die CD ins Eck schmeißt, weil alles andere eine Vergeudung von Speicherplatz wäre.
Brenda: Wir sind wirklich mit jedem einzelnen Song zufrieden.
Wie leicht oder schwer ist es, Echo in den Medien zu bekommen?
Brenda: Popmusik ist eine der kommerziellsten Sparten überhaupt. Musikfonds und SKE sind lobenswerte Ausnahmen, wo paritätisch besetzte Gremien Entscheidungen treffen. Nach sehr messbaren Kriterien und menschlichem Ermessen. In vielen Medien-Ecken aber definiert man sich durch massive Abgrenzung. Es ist schon auffallend, wie wenige Türen offen sind.
Mex: Hierzulande hat man Angst, etwas zu machen, wofür man sein Gesicht hergeben muss. Darum macht man auch gerne  einen auf Avantgarde. Die ist nämlich nicht oder nur sehr schwer bewerbbar. Da lässt sich immer noch Sagen: Ja, das verstehst du halt nicht.

Ich nehme an, es würde sich etwas ändern, wenn ihr drei aus New York wärt und der Spiegel diese Woche schreiben würde, ihr seid das nächste große Ding?
(alle drei lachen)
Mex: Nimm Zero 7, die hunderte Tausend Alben verkauft haben, vor vollen Häusern spielen. Wenn das eine österreichische Band wäre, würde sie jetzt hier sitzen und mit Dir reden.
Brenda: Bestätigung von außen ist in einer derart mit Minderwertigkeitskomplexen beladenen Szene sehr, sehr wichtig.
Mex: Oft geht es nicht drum, ein wenig stolz zu sein, dass wir für die Größe dieses Landes verdammt gute Popmusik hervorbringen, sondern dass sich ein paar Leute etablieren.
Brenda: Mit dem Ö3-Branding von wegen “neue Österreicher” werden Leute ja auch erschlagen. Die haben nirgends anders mehr einen Auftrag.

Welches Branding hättet ihr gerne?
Mex: Das Honolulu-Logo.
Brenda: Auf Hawaiianisch heißt das “sicherer Hafen”
Mex: In dem wir uns noch lange nicht befinden.

Apropos: Wie sicher ist der musikalische Hafen hierzulande?
Mex: Einerseits ist der Markt klein, andererseits werden hierzulande immer noch Gagen bezahlt, die es in anderen Ländern schon lange nicht mehr gibt.
Brenda: Aber nach oben gibt es wenig Chance. Das Meiste ist Dahindümpeln im Mittelfeld.

Was kommt jetzt nach dem Album-Release? Eine Tournee?
Mex:
Mal langsam. Uns kennt man noch nicht. Wir hoffen, im Frühjahr/Sommer auf Festivals unterzukommen.

Wird es einen Deutschland-Release geben?
Mex: Ja, aber das braucht eine gewisse Vorlaufzeit.
Brenda: Daneben haben wir einen Verlagsdeal mit Couch.
Mex: Das ist auch so ein Unterschied zwischen Damals und Heute: Früher hat man sich geschämt, wenn man in der Werbung lief. Heute freut man sich. Das hat keinen negativen Beigeschmack mehr. Heute wird man eher angehalten, nicht wie eine Band, sondern wie eine Firma zu denken. Der Künstler muss Betriebswirt sein. Auf dem Cover unseres Album haben wir ironisierend auf die creative industries, auf das Unternehmertum der Kreativen Bezug genommen. Die Abgrenzung gegen den bösen Kommerz ist doch Unsinn. Das Einzige, was es wirklich zu vermitteln gilt ist, dass du Spaß hast. Bei Honolulu geht es darum, ernsthafte Gefühlswelten umzusetzen.

29. Nov in Wien, Rögnarhof
7. Dez. St. Pölten, Musikcafe Egon
26. Dez, Steyr, Röda

Fotos Honolulu: Bine Maier

 

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