mica-Interview mit David Helbock (Random/Control)

David Helbock war immer schon ein Musiker, der zu überraschen vermochte. Sich nie wirklich exakt auf eine einzelne Richtung festlegend, zeigte sich der gebürtige Vorarlberger in stilistischen Fragen immer schon als eine Art musikalisches Chamäleon, das je nach Umgebung seine Farbe wechselt. In seinem Trio Random/Control treibt der Pianist sein Spiel mit der Unvorhersehbarkeit nun weiter an die Spitze. David Helbock im Gespräch mit Michael Ternai.

Hört man sich durch „Think of Two“ gewinnt man schnell den Eindruck, dass ihr drei das Album doch recht spontan in Angriff genommen habt.

David Helbock: Naja, ganz so spontan war die ganze Sache nicht. Ich wollte mich ja schon länger Thelonious Monk und Hermeto Pascoal widmen und ein Album mit deren Stücken aufnehmen. Der spontane Charakter rührt vielleicht daher, dass wir die Nummern ohne große technische Spielereien in einem Stück aufgenommen haben.

Die Idee, Stücke dieser beiden Musiker einmal einer Neubearbeitung zu unterziehen, hat also schon länger in dir geschlummert.

David Helbock: Eigentlich seitdem ich die beiden kenne. Thelonious Monk habe ich ja schon in meinen frühen Jahren als Musiker verehrt und Hermeto Pascoal habe ich dann irgendwann in den frühen 2000er-Jahren lieben gelernt. Musikalisch zählen sie zu meinen großen Vorbildern. Sie haben mich eigentlich immer begleitet und klarerweise auch beeinflusst. Ich habe ja eine Zeit lang in Vorarlberg auch Hermeto Pascoal-Sessions organisiert, in deren Rahmen ich mit anderen Musikern dessen Stücke gespielt habe.

Den Gedanken, die beiden einmal zusammenzubringen, habe ich immer schon cool gefunden, auch weil sie meiner Meinung nach auf den ersten Blick musikalisch nicht unbedingt zueinander passen. Thelonious Monk auf der einen Seite schreibt im Grunde genommen sehr einfache Stücke. Und bei den von mir ausgewählten und für die CD arrangierten Nummern habe ich bewusst einiges hinzugefügt. Bei Hermeto Pascoal hat es sich etwas anders verhalten, weil er an sich schon sehr komplexe Stücke schreibt. Bei seinen Stücken bestand die Herausforderung vor allem darin, sie wirklich gut und überzeugend rüberzubringen.

Das Erstaunliche ist, dass ihr aus diesen Unterschieden einen letztlich doch sehr homogenen und eigenständigen  Sound entstehen habt lassen.

David Helbock: Das liegt mit Sicherheit an der Band und an meinen beiden Mitmusikern Johannes Bär und Andreas Broger. Im Grunde genommen ist es eigentlich egal, was wir spielen. Wir haben unseren eigenen Zugang und Sound, ganz unabhängig davon auf welches Grundmaterial wir zurückgreifen. Auf unserer ersten CD haben wir ja zum Beispiel auch Vorarlberger Volkslieder bearbeitet und auch das hat schon sehr gut funktioniert. Uns ist es wirklich schön gelungen, diese in unsere eigene Klangsprache, in unseren Stil zu übersetzen. Und so verhält es sich auch auf unserer neuen CD, denke ich.

Random Control (c) Severin Koller

Wie kann man sich eigentlich eine Aufnahme-Session von euch vorstellen? Ihr verwendet in den einzelnen Stücken ja unzählige Instrumente.

David Helbock: Es ist schon auch so, dass ich die Jungs natürlich fordere. Es sind jetzt im Vergleich zur ersten CD nochmals einige Instrumente dazugekommen. Johannes hat sich zum Beispiel zusätzlich ein Alphorn und ein Sousaphon gekauft, der Andi spielt jetzt auch ein bisschen Trompete und jeder von uns bedient zusätzlich mit den Füßen darüber hinaus noch irgendwelche Percussion-Instrumente. Dass jetzt alles in eine Art Sport ausartet, will ich jetzt nicht behaupten, aber die Herausforderung ist schon eine größere. Man muss schauen, was man kombinieren kann, welche Instrumente man überhaupt gleichzeitig spielen kann und ob das Ganze musikalisch letztlich auch Sinn macht. Aber es macht schon großen Spaß. Ich glaube auch, dass ein Konzert von uns für das Publikum eine spannende Sache ist, weil eben immer etwas passiert und alles immer in Bewegung ist.

Den Eindruck, den man beim Durchhören des neuen Albums auch gewinnt, ist, dass neben aller musikalischen Perfektion und dem großen Spielwitz, immer auch ein Schuss Humor und ein Augenzwinkern dabei ist. Stimmt dieser Eindruck?

David Helbock: Ja. Es ist mir generell, eigentlich in jedem meiner Projekte, wichtig, dass mir die Sache selbst auch Spaß macht. Und mit den beiden Jungs ist es dann auch noch um eine Spur spezieller, weil wir uns wirklich perfekt ergänzen und gleichermaßen Freude am gemeinsamen Musizieren auch der Bühne haben. Und das, glaube ich, spürt und hört das Publikum.

Das von dir erwähnte Humoristische höre ich vor allem auch in der Musik von Thelonious Monk und Hermeto Pascoal durch. Bei Monk schwingt immer, ob nun beabsichtigt oder nicht, diese leicht verrückte Note mit. Und Hermeto Pascoal ist sowieso ein ganz eigenes Ding. Ihn habe ich nur einmal live gesehen und er hat mich sofort beeindruckt. Musikalisch natürlich, aber auch aufgrund seines Auftretens. Er wirkt auf der Bühne einfach wie ein 75-jähriges großes Kind, was ich wirklich cool finde.

Was mir an „Think of Two“ auch sehr gut gefällt, ist, dass ihr es versteht, den Bogen sehr weit zu spannen: auf der einen Seite die schönen weiten Melodiebögen, auf der anderen dann doch auch viele waghalsige musikalische Experimente. Ist dieses Spiel mit den Gegensätzen ein Hauptbestandteil eures Ansatzes.

David Helbock: Das ist eine gute Frage. Generell ist es bei Random/Control ja so, dass wir eigentlich das machen, was mir am besten gefällt. Und das ist eben, wie du gesagt hast, das Spiel mit den Kontrasten. Und zwar in jeder Hinsicht. Mal sind es die schönen Melodien, dann ist es eher das Experimentelle, an anderen Stellen der Wechsel zwischen Stille und Nicht-Stille oder einer zwischen Hoch und Tief. Für mich gewinnt die Musik vor allem aus diesen Kontrasten ihre Spannung. Ich glaube auch, dass Bandname Random/Control unseren musikalischen Ansatz sehr gut zum Ausdruck bringt. Auf der einen Seite das Ausgecheckte und Kontrollierte, auf der anderen das komplett Freie.

In unserer Musik machen wir diese Kontraste zum Konzept gemacht werden, dass zum Beispiel einer von uns plötzlich eher eine schräge Richtung einschlägt, während die anderen eine gerade Linie weiterfahren. Klarerweise haben wir dieses Spiel mit den Gegensätzen schon auch viel trainieren müssen.  Unser Stil hat sich nicht von Heute auf Morgen entwickelt.

Du hast mir ja vor ein paar Jahren in einem Interview gesagt, dass du mit deiner Musik mehr die Seele der Menschen, denn ihren Kopf ansprechen willst. Inwieweit, schätzt du, gelingt dir das mit Random/Control?

David Helbock: Das Spannende an Random/Control ist ja, dass genau auch in diesem Zusammenhang ein fruchtbares Wechselspiel besteht. Johannes Bär und Andi Broger sind im Bregenzerwald, also auf dem Land, aufgewachsen. Sie leben zwar inzwischen auch in der Stadt, haben sich aber ihren natürlichen Zugang dennoch bis heute bewahrt. Was mir, einem Kopfmenschen, der doch viel nachdenkt und herumtüftelt, extrem hilft. Die beiden spielen oftmals, ohne sich wirklich große Gedanken zu machen, einfach nur drauf los. Und das taugt mit sehr. Wir haben in der Band ja bezüglich unseres Namens auch den Witz, dass ich für den Begriff Control stehe, während die beiden Jungs mehr den Random-Part übernehmen. Ich glaube, das erklärt sehr viel.

Ihr habt ja mit Random/Control schon im vergangenen Jahr relativ viele Konzerte gespielt. Wie sieht es mit der Reaktion des Publikums aus? Wie wird eure Musik aufgenommen?

David Helbock: Random/Control ist eindeutig eine Liveband. Obwohl unsere neue CD das, was wir tun, schon sehr gut einfängt, glaube ich, dass man uns einfach live sehen muss. Es ist einfach sehr lustig und unterhaltsam, uns auf der Bühne zu sehen. Obwohl ich schon dazusagen muss, dass ein Konzert von unserer Band jetzt keine akrobatische Zirkusaufführung darstellt. Es steht schon die Musik im Vordergrund, aber es schadet halt nicht, auch ein bisschen auf Show zu machen.

Kann man sagen, dass Random/Control im Moment dein wichtigstes Projekt darstellt?

David Helbock: Ja. Auf jeden Fall. Schon alleine wegen der CD, die jetzt Ende Jänner erscheint.  Außerdem stehen für 2014 inzwischen über 40 Konzerte auf dem Programm. Der Fokus ist daher verständlicherweise aktuell schon auf diese eine Band gerichtet. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich sehr in CD-Projekten denke, was bedeutet, dass bei bei einer nächsten Veröffentlichung sich die Gewichtung schon ändern kann. Aber im Moment genießt Random/Control Priorität.

Du bist ja vor einigen Monaten nach Berlin gezogen. Was waren die Gründe? Ist es dir hier zu klein geworden?

David Helbock: Eigentlich war für mich einfach einmal ein Wechsel angesagt. Ich habe auch kurz darüber nachgedacht, nach Amerika zu gehen. Aber es ist eben Berlin geworden. Generell hat sich aber durch den Umzug nicht allzu viel verändert. Ich spiele immer noch viel mit Musikern aus Wien zusammen und bin auch regelmäßig dort. Ich werde halt sehen, was in Berlin möglich ist. Erste Kontakte zu Musikern habe ich über mein Label Taumton auch schon schließen können. Der Rest wird sich schon irgendwie ergeben. Mal schauen.

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