mica-Interview mit Christian Maurer

Aus der heimischen Musikszene ist der Saxofonist Christian Maurer mittlerweile eigentlich so gut wie nicht mehr wegzudenken. Zum einen bereichert er regelmäßig die Konzertlandschaft mit einigen der spannendsten Formationen, die sich derzeit so auf diversen Jazz-Bühnen tummeln, zum anderen ist er als Dozent für Saxofon an der Musikuniversität in Wien maßgeblich an der Ausbildung neuer Talente beteiligt. Im Interview spricht er über die verschiedenen Stationen seiner bisherigen Laufbahn sowie seine Nominierung für den diesjährigen Hans Koller Preis als “Musiker des Jahres”. Das Interview führte Michael Masen.

Kannst du einen kleinen Überblick geben, wie du ursprünglich zur Musik gekommen bist?

Christian Maurer: Ganz normal, traditionell, mit dem Blockflötenunterricht in der Musikschule, wie eigentlich eh jedes Kind anfängt. Ich hatte allerdings schon ein Jahr vorher einen Privatlehrer. Auf der Musikschule Wels habe ich dann eben lange Blockflöte gelernt. Es gab dort aber auch ein Ensemble für alte Musik, mit dem wir schon relativ bald Konzerte und sogar Tourneen gespielt haben. Der Lehrer hat uns zwar ziemlich gedrillt, aber wir haben auch viel gelernt, wie man Musik auf der Bühne rüber bringt und sich ein Programm erarbeitet. Das war insgesamt gesehen eine schöne Zeit.

Neben den normalen Unterrichtsstunden waren wir da noch zusätzlich jeden Samstag in der Schule und haben so zwei bis drei Stunden lang geprobt. Zu dieser Zeit bin ich im Zuge der Konzerttourneen bereits auch ins Ausland gekommen, unter anderem bis nach Ungarn, das damals ja noch hinter dem Eisernen Vorhang gelegen ist.

Wurde zu dieser Zeit auch bereits der Grundstein für dein späteres Saxofon-Studium gelegt?

Christian Maurer: Nein, gar nicht. Mit Saxofon hatte ich da noch gar nichts am Hut und auch nicht mit Klarinette – das kam erst später. Aber mit der Flöte stößt man irgendwann halt einmal an die akustischen Grenzen. Man wollte ja dann auch ein wenig lauter spielen oder in anderen Ensembles, wie beispielsweise einer Blasmusik. Diese Blasmusik-Kapellen sind in Oberösterreich ein wichtiger sozialer und musikalischer Faktor.

Klarinette zu lernen haben ich mit zwölf Jahren begonnen und dann im Alter von 14 oder 15 Jahren habe ich schon bei der Blaskapelle mitgespielt. Mit ungefähr 15 Jahren habe ich dann glaube ich auch mit dem Saxofon-Spielen begonnen, ebenfalls in der Welser Musikschule. Später habe ich dann zudem bei der Magistratskapelle in Wels gespielt, mit der wir schon relativ gute Auftritte hatten. Das war so ein symphonisches Blasorchester.

Mein Saxofonlehrer zu der Zeit war mit Erhardt Blach jemand, der die Leute wirklich gut begeistern konnte, einerseits für Klassische Musik und andererseits auch für den Jazz. Er hat auch so eine Art Schlüsselfigur für meine weitere Entwicklung eingenommen und mich eigentlich überhaupt erst dazu gebracht, Jazz zu spielen. Sofort nach meiner ersten Saxofonstunde bin ich bei ihm in die Big Band gekommen und musste dort gleich ein Solo spielen. Der Klarinettenlehrer hingegen hatte mit Jazz überhaupt nichts am Hut. Bei dem gab es bloß so ausgeschriebene Duette, was uns damals aber auch Spaß gemacht hat.

Die Liebe zum Jazz ist aber bei mir schon vorher entstanden, so ganz klassisch mit Glenn Miller und der Big Band-Tradition. Mein Bruder hat da glaube ich mal eine Kassette angeschleppt, mit allen seinen Hits, die man halt so kennt. Dazu habe ich dann schon immer mit der Blockflöte gespielt, einfach so für mich. Richtig Feuer gefangen habe ich dann aber, wie gesagt, mit dem Beginn des Saxofonspiels. Da habe ich mir dann immer Platten dazu gekauft, immer mehr gehört und auch dazu gespielt. Zwei Jahre vor der Matura habe ich dann schon gewusst, dass ich das studieren möchte und dass das später einmal mein Beruf werden soll.

Hast du dann beim Studium auch gleich Kontakte zu Bands knüpfen können?

Christian Maurer: Ja, natürlich. Auf dem Konservatorium lernt man viele Leute kennen. Zur damaligen Zeit war das dort eigentlich so ziemlich das Wichtigste, weil vom Unterricht her man ehrlich sagen muss, dass das methodisch, didaktisch und pädagogisch doch recht eigenartig war.

Inwiefern?

Christian Maurer: Die Lehrer waren dort teilweise ganz komisch. Beispielsweise gab es einen Saxofonlehrer, der ziemlich unpädagogisch unterrichtet hat. Heute ist das eh ganz anders, da sind bereits andere Generationen am Werk. Aber die damaligen Lehrer, die wir etwa in Jazztheorie oder Improvisation hatten, waren höchst eigenartig. Die haben sich selbst nicht wirklich ausgekannt und einfach irgendetwas daher geredet. Aber wie gesagt, das Wichtigste war, dass man dort Leute kennen gelernt hat, mit denen man gemeinsam spielen konnte.

Eine wichtige Person in meiner Musikschulzeit, also noch vor dem Studium, war auch noch der Josef Nemeth, ein Bassist aus Ungarn, der damals von dort geflohen ist und sich in Wels niedergelassen hat. Er hat auch in Deutschland so Kommerz-Sachen gespielt, aber das war damals halt noch eine andere Qualität als heute. Die haben wirklich noch Jazz bzw. Jazz-ähnliche Sachen gespielt. Er konnte jedenfalls gut Kontrabass spielen und hat so Kurse in der Musikschule für Improvisation und Jazzensemble gegeben. Aus diesem Dunstreis heraus sind auch viele Welser Musiker, die man heute so kennt, beispielsweise Klaus Dickbauer oder Kurt Erlmoser, herangewachsen.

Mit Kurt Erlmoser, einem super Gitarristen, habe ich dann auch zusammen gespielt. Er ist zufällig im gleichen Haus wie ich aufgewachsen. Da er aber neun Jahre älter ist, als ich selbst, hatte ich nie besonders viel mit ihm zu tun und erst über Josef Nemeth bin ich dann mit ihm in Kontakt gekommen. Er hat mich dann in den Alten Schlachthof mitgenommen, wo wir zwei oder drei Jahre lang regelmäßig Jazz beim Frühschoppen gespielt haben. Davon habe ich irrsinnig viel profitiert, weil er mir sehr viel gezeigt hat und ich zudem jede Menge Spielpraxis erwerben konnte. Wir haben da viele Standards gespielt und so bin ich dann später mit meiner ersten Band zusammen gekommen, mit der wir auch Demos aufgenommen und ein paar Gigs gehabt haben.

Habt ihr da ausschließlich Standards gespielt oder bereits auch Eigenkompositionen?

Christian Maurer: Die Band hat sogar “Stand-Art” geheißen. Aber wir hatten schon eigene Kompositionen auch immer wieder mit dabei. Zwar noch nicht von mir, aber von Helmar Hill, der schon damals als Komponist sehr eifrig auch immer wieder Lieder für die Band geschrieben hat.

Wann und wie hast du dann mit dem Komponieren begonnen?

Christian Maurer: Das hat bei mir erst relativ spät begonnen. Dadurch, dass ich als Kind nie Klavier gelernt habe, ist mir diese Sache ein wenig abgegangen. Während des Studiums habe ich es mir aber so notdürftig beigebracht, so richtig pianistisch fit bin ich aber nicht. Und dann habe ich eben für die Band und die Hornflakes und in weiterer Folge für Saxofour und die Big Band Kompositionen geschrieben. Ich komponiere aber immer nur für meine eigenen Bands und Projekte.

Du spielst ja auch in verschiedensten Formationen. Hast du da schon während des Komponierens eine Idee, in welcher du das umsetzen möchtest?

Christian Maurer: Das ist fast immer so. Wenn ich schreibe, dann meistens, wenn ich für eine Band ein Programm brauche. Wenn ich beispielsweise für die “Mausi” Band etwas Neues brauche, dann setze ich mich eben hin und schreibe drei Lieder oder so. Für das Saxofonquartett oder die Big Band ist es aber auch immer etwas ganz Spezielles, weshalb sich die Kompositionen zwischen den verschiedenen Formationen eigentlich gar nicht austauschen lassen. Die polyphonen Kompositionen für das Quartett muss man sowieso anders schreiben, als Stücke für ein Quintett mit zwei Bläsern.

Komponierst du immer für alle deine Bands parallel, oder läuft das eher so nacheinander ab, projektmäßig?

Christian Maurer: Ja, das läuft schon alles immer gleichzeitig. Mit dem Schreiben ist es so, dass man halt, wenn wieder etwas ansteht, dann eben die letzten paar Wochen konzentriert für dieses eine Projekt etwas macht, aber grundsätzlich laufen die schon immer alle parallel ab. Das ist ja gerade auch das Interessante für mich. Früher war es so, dass die Leute Monate oder vielleicht auch Jahre mit einer einzigen Band herum gearbeitet haben, was ich ja eh auch mag. Mit Saxofour sind wir nun bereits seit 17 Jahren unterwegs und bei der Big Band sind es mittlerweile auch schon 15 Jahre. Aber ich möchte nicht ausschließlich nur mit einer einzigen Band arbeiten. Es läuft meistens so phasenweise ab, wobei es aber schon auch mal vorkommen kann, dass ich innerhalb einer Woche mit fünf verschiedenen Bands spiele.

Ändert sich bei Bands, mit denen man schon wirklich lange zusammen ist, mit der Zeit der persönliche Zugang, wie etwa die Art, miteinander zu spielen oder kompositorische Elemente?

Christian Maurer: Die Interaktion zwischen Musikern und das Umgehen miteinander ändert sich sowieso. Das bekommt im Laufe der Zeit Qualitäten, die man einfach am Beginn nicht haben kann und gerade bei Saxofour schätzen wir das sehr. Wenn wir da miteinander spielen, wissen wir von vornherein, dass das alles passt und man sich auf die anderen verlassen kann und auch die Verständigung läuft quasi wie von selbst. Das ist schon eine Qualität, die sich erst nach Jahren des Zusammenspiels entwickelt. Im Endeffekt ergibt sich aber alles automatisch aus der Persönlichkeit jedes einzelnen Mitspielers.

In wie vielen Formationen bist du derzeit aktiv tätig? Kannst du da mal einen kleinen Überblick geben?

Christian Maurer: Ein wichtiges Element ist jedenfalls meine Big Band, mit der wir immer ein sehr schönes Programm machen. Dann gibt es noch das Quartett “Mausi” und mit Robert Bachner spiele ich immer wieder gerne in einer Band, zusammen mit Manfred Weinberger, aber auch mit anderen Projekten. Zudem bin ich jetzt auch mit dem deutschen Pianisten Peter Vogel relativ viel unterwegs. Mit dem fahre ich jetzt sogar nach China und in die Ukraine.

Und dann gibt es da natürlich noch Saxofour. Mit dieser Formation haben wir zwar in den letzten Monaten nicht so viel gespielt, aber da haben wir gerade eine neue CD, “Die Zaubertröte”, aufgenommen, die jetzt noch gemischt wird und dann eh schon fertig ist. Dafür suchen wir auch gerade eine Plattenfirma, weil Universal heuer die österreichischen Produktionen eingeschränkt und uns damit quasi auf die Straße gesetzt hat.

Das Wichtigste ist jetzt einmal, einen Vertrieb zu finden, der auch international tätig ist, zumindest im deutschsprachigen Raum und vielleicht noch Frankreich und Italien dazu. Das ist aber gar nicht mal so leicht, weil der ganze Platten- und CD-Markt halt am Boden liegt. Eine Zeit lang ist es ganz gut gegangen für uns, aber derzeit herrscht wieder Stillstand. Das müssen wir jetzt wieder durchbrechen, damit es weiter geht, gerade auch, weil Saxofour für uns alle einfach eine der liebsten Formationen ist, die wir haben.

Glaubst du, dass dieser Einbruch des Marktes im Jazzbereich besonders spürbar ist?

Christian Maurer: Von Verkaufszahlen kann man da sowieso nie reden. Wenn sich so eine Jazz-CD tausend Mal verkauft, dann ist es schon viel und bei zweitausend Stück außerordentlich viel. Die Jazzgemeinde ist einfach so klein, dass es da nicht um viel geht. Wenn du mal tausend CDs verkaufst, sind aber zumindest einmal die Kosten gedeckt, so dass alle Beteiligten keine Einbußen haben. Ab dieser Größe kann man das auf Dauer auch finanziell verkraften.

Die neuen Medien, aber auch die Wirtschaftskrise haben halt auch massiven Einfluss auf die Absatzzahlen. Es gibt immer weniger CD-Geschäfte und der Internetmarkt, kann diese Ausfälle auch nicht vollständig kompensieren. Für meine Generation ist es außerdem sowieso schwer, zu begreifen, dass nun alle physischen Tonträger abhanden kommen sollen. Für Leute, die damit aufwachsen, ist es sicher kein Problem, sich Lieder aus dem Internet runter zu laden, aber ich möchte schon meine CD in der Hand halten und beim Konzert auch jemandem in die Hand drücken können oder eine Unterschrift drauf machen.

Für einen Vertrieb, beispielsweise in Deutschland, müsste ja erst wieder Promotion gemacht werden, was auch wieder wir zahlen müssten. Ohne Vertrieb aber kann man halt auch nicht arbeiten, weil die Veranstalter mit einer Veröffentlichung in Deutschland ein wenig Presse haben wollen, die mehr Aufmerksamkeit schafft und vielleicht auch mehr Leute anzieht. Es ist jedenfalls eine mühsame Angelegenheit.

Nehmt ihr eure Sachen ausschließlich im Studio auf, oder ist auch schon mal die Idee für eine Live-Platte im Raum gestanden?

Christian Maurer: Mit der Big Band haben wir schon mehrere CDs live aufgenommen. Das waren glaube ich vier Live-Alben. Bei Saxofour haben wir auch schon öfter darüber gesprochen, passiert ist in diese Richtung aber noch nichts. Allerdings kommt da jetzt eine DVD raus, mit zwei Konzertmitschnitten von einer Tournee mit Don Alias. Außerdem habe ich noch mit einem Quintett, zusammen mit Kenny Wheeler, im Porgy & Bess live aufgenommen und auch noch eine Duo-Platte gemeinsam mit Frank Schwimm.

Generell bin ich da aber ein wenig heikel. Wenn man bei einer Band wie der Big Band viele auskomponierte Sachen im Programm hat und das nicht ordentlich aufgenommen wird, dann kracht und scheppert das unerträglich. So etwas spare ich mir lieber dann gleich ganz. Da mache ich das lieber im Studio, wo man alles ganz klar aufnehmen kann. Ich möchte da keine Kompromisse eingehen, weil geschriebene Musik für mich genauso wichtig ist, wie die Improvisation.

Ich nehme deshalb für Live-Platten auch immer mehrere Konzerte auf, aus denen ich mir dann die besten Takes raus suche bzw. die besten Teile daraus sogar zusammen schneide.

Wie hat sich die China-Reise mit Peter Vogel ergeben?

Christian Maurer: Ich war letztes Jahr beim “Musik Open” in Lindau, das vom Konzertverein Bodensee organisiert wird. Dabei geht es um das Zueinanderführen und die Verbindung von Jazz und Klassik. Da waren eben der Peter Vogel und ich ebenfalls zugegen, wie auch ein Professor von der Uni in Peking. Der hat uns zugehört, war ziemlich begeistert, von dem, was wir gemacht haben und hat uns dann nach Peking eingeladen, wo wir eben jetzt dann im Konzerthaus spielen werden.

Du bist ja gerade auch für den Hans Koller Preis als Musiker des Jahres nominiert. Glaubst du, dass dadurch ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschaffen wird für deine Projekte?

Christian Maurer: Ich weiß auch nicht. Wer erlangt denn schon Kenntnis von so etwas? Mit der Zeitschrift Jazzzeit ist ja jetzt auch ein weiteres Vehikel, so etwas zu transportieren, eingegangen. Da sind solche Informationen wenigstens noch physisch drin gestanden, aber sonst findet man das nirgendwo mehr, außer auf der Homepage, aber wer schaut sich denn die überhaupt noch an? Ich weiß von Leuten, die den Preis bekommen haben, dass deswegen nicht wirklich viel passiert ist. Ich bin da relativ pragmatisch. Wenn man ihn bekommt, dann freut man sich natürlich, aber ich glaube nicht, dass ich deswegen dann mehr Konzerte spielen oder mehr CDs verkaufen könnte.

Robert Bachner hat beispielsweise vor zwei Jahren den Preis für die beste CD erhalten und daraufhin dann vielleicht ein oder zwei Gigs bekommen. Natürlich, für das gesamte Bild, das du ablieferst als Musiker hilft das schon, aber irgendwelche großartigen Veränderungen darf man sich davon nicht erwarten.

Aber auf persönlicher Ebene fühlt man sich schon irgendwie bestätigt, wenn man für so etwas nominiert ist, oder?

Christian Maurer: Ich muss gestehen, dass ich diesen Jazzpreisen immer sehr kritisch gegenüber gestanden bin, weil damit eben bloß die Meinung einer kleinen Gruppe von Leuten repräsentiert wird. Andere, deren Meinung nicht berücksichtigt wird, sehen das vielleicht schon wieder ganz anders. Freilich, eine gewisse Aussage hat so ein Preis schon, weil in der Jury natürlich Leute dabei sind, die sich ein wenig auskennen, aber überbewerten darf man deren Meinung eben auch nicht.

Es ist dir also auch nicht wichtiger, als wenn dich beispielsweise irgendjemand aus dem Publikum zu einen super Konzert beglückwünscht?

Christian Maurer: Auf eine andere Art wichtig vielleicht, aber mehr sicher nicht. Ich bin nicht so eitel, dass unbedingt Musiker sagen müssen, dass ihnen das gefällt, was ich mache. Wenn ich mit meiner Musik normale Zuhörer, die zufällig nicht selbst Musiker sind, erreiche, dann ist mir das genauso viel wert. Oder vielleicht sogar mehr, wenn ich dadurch jemanden, der zuvor nichts mit Jazz anzufangen wusste, jetzt zu dieser Musik gebracht habe. Wenn ich so was erreiche, dann ist mir das mindestens ebenso viel wert, wie von “Profis” gemocht zu werden.

Du bist neben dem Musik machen aber auch unterrichtend tätig. Wie bist du dazu gekommen?

Christian Maurer: Ich habe anfangs ja eigentlich nie vorgehabt, zu unterrichten. Nach zwei Jahren Studium wurde mir dann aber ein Job angeboten. Es wurde jemand gesucht, der für ein paar Stunden Saxofon unterrichtet und so habe ich das drei Jahre lang auf der Musikschule gemacht. Anschließend war es so, dass, als ich mit dem Klassikstudium fertig war, mein Professor vor lauter Arbeit einen Zusammenbruch erlitten hat und mich daraufhin zur Entlastung als Assistent eingestellt hat.

So habe ich schon mit 23 Jahren damals auf Anhieb 15 Lehrauftragsstunden bekommen. Das Unterrichten habe ich mir dann nach dem Prinzip “learning by doing” selbst immer weiter angeeignet. Meines Erachtens habe ich das auch ganz gut hinbekommen und ich mache es auch wirklich gerne. Auch, weil ich weiß, dass ich die Jugendlichen, die da zu mir kommen, um Saxofon zu lernen, positiv lenken und ihnen den Zugang zu verschiedenen Einflüssen mitgeben kann, sowohl Jazz als auch Klassik. Es ist mir wichtig, dass sie die Sache nicht mit Scheuklappen sehen, sondern total offen an die Musik heran gehen. Ich glaube, dass mir das bis jetzt auch sehr gut gelungen ist und meine Schüler auch gerne zu mir kommen.

Ist dir das Unterrichten von Anfang an leicht gefallen?

Christian Maurer: Neben dem technischen Wissen, also Ansatztechnik, Fingertechnik oder Musiktechnik, ist es vor allem wichtig, sich in Leute einfühlen zu können und sie zu begeistern. Man muss wissen, wie man sich glaubwürdig macht und wie man die Leute persönlich abholen kann. Die ganzen technischen Sachen kann jeder lernen, aber gerade der Umgang mit den Schülern erfordert ein gewisses Talent. Die Leute, die bei mir Unterricht hatten, haben mir ein solches attestiert, was mich sehr freut. Denn wenn die Leute gerne zu mir kommen, ist eine gute Ebene gegeben, mein Wissen auch vermitteln zu können.

Der Umgang mit den Leuten ist aber nicht nur beim Unterrichten sondern beispielsweise auch in der Big Band wichtig. Da sind ständig 18 Leute beisammen, zwischen denen es natürlich auch öfter zu Reibereien kommt, die dann auch geschlichtet werden müssen. Eine gute soziale Kompetenz ist da zweifelsfrei von Vorteil. Bei einer derart vielköpfigen Band kommen die wirklichen Qualitäten halt auch erst dann heraus, wenn das Gesamte wesentlich mehr ist, als die einzelnen Teile.

Würdest du die Unterrichtstätigkeit wegrationalisieren, wenn du es dir finanziell leisten könntest?

Christian Maurer: Diese Phase hatte ich mal. Da war ich der Meinung, dass mich unterrichten mehr belastet, als es mir bringt, aber das ist heute nicht mehr so. Man muss ja auch berücksichtigen, dass man als Musiker sehr viel herum fahren muss und sehr oft weg ist von zu Hause. Das ist aber für mich ein ganz wesentlicher Punkt, zu Hause bei der Familie sein zu können. Hierbei kommt mir das Unterrichten schon sehr entgegen.

Es gibt aber natürlich auch immer wieder Momente, wo mir entweder das Unterrichten oder das Spielen auf die Nerven geht. Das schwankt auch immer so ein bisschen. Wenn ich viel unterwegs bin und viel spiele, dann ist es oft nicht mehr so lustig. Die Routine ruft dann eine gewisse Sättigung hervor. Da gehe ich dann lieber ins Orchester und spiele runter, was mir gesagt wird. Das finde ich manchmal irrsinnig beruhigend. Ausschließlich und für immer Orchestermusiker zu sein, wäre aber andererseits auch nichts für mich.

Du bist ja nun doch schon lange Zeit in der heimischen Musiklandschaft involviert. Bist du mit den Bedingungen, die man als Künstler hier vorfindet zufrieden?

Gerade auf kulturpolitischer Ebene bestünde glaube ich doch einiger Verbesserungsbedarf. Aber ich weiß auch, dass oft die falschen Leute in kulturpolitischen Schlüsselpositionen oder in Kulturbetrieben sitzen. Allerdings weiß ich aber auch nicht, durch wen man diese ersetzen könnte. Oft denke ich mir, es ist eine Katastrophe, dass eine bestimmte Person an einer Schlüsselstelle sitzt, bei genauerem Nachdenken fällt mir hingegen aber niemand ein, der es besser machen könnte.

Welche Verbesserungen würdest du dir wünschen?

Christian Maurer: In Österreich ist natürlich die Hochkultur, die Klassische Musik, fast allmächtig. Wenn man sich die Zahlen anschaut, wie viel eine Staatsoper und was ein Porgy & Bess bekommt, dann liegt der Schwerpunkt zweifelsfrei bei der Klassischen Musik. Damit möchte ich aber nicht sagen, dass dieser Bereich zuviel unterstützt wird, sondern dass andere Sparten eben mehr finanzielle Unterstützung und Aufmerksamkeit erhalten sollten. Das Problem ist einfach die generelle Kulturlosigkeit, die wir haben. Und das wird noch gefördert, indem im Fernsehen der Hansi Hinterseer läuft und nicht beispielsweise Joe Zawinul gezeigt wird.

Da heißt es immer, die Leute wollen das ja, dabei bietet man ihnen gar keine Alternativen an. Aber ich muss auch sagen, dass wir eh noch im gelobten Land leben, was das betrifft. In anderen Ländern ist die Situation ja noch viel schlimmer.

Es wäre jedenfalls hier bildungspolitisch anzusetzen. Da wird ganz einfach viel zu wenig Geld investiert, um wirklich Wirkung erzielen zu können. Die musische Bildung ist für mich ebenso wichtig, wie alle übrigen Ausbildungsbereiche und gehört dementsprechend gefördert.

Vielen dank fürs Interview.

Christian Maurer