mica-Interview mit Karin Fisslthaler aka Cherry Sunkist

“Von OK noch weit entfernt” – Die aus Linz stammende Musikerin Karin Fisslthaler aka Cherry Sunkist unterhält sich im mica-Interview mit Markus Deisenberger über Clubkultur und Experimentalfilm, ihr im vergangenen Jahr erschienenes Debüt-Album “OK UNIVERSE” , Feminisimus und “midifizierte” Marschmusik.

Wir befinden uns jetzt in Deinem Linzer Gemeinschaftsatelier. Machst Du eigentlich Visuals und Installationskunst schon länger als Musik?

Karin Fisslthaler: Nein, eigentlich hat das mit der Musik schon vorher begonnen. Schon mit 12, 13 Jahren hab ich selber Songs an der Gitarre komponiert.

Im klassischen Singer-Songwriter-Fach?

Karin Fisslthaler: Ja, schon eher. Und später dann, mit 15, 16 Jahren – ich komme so wie Du ursprünglich auch aus Salzburg – war ich in einer Frauenrockband, die im Rockhouse einen Proberaum hatte.

Was habt ihr da gespielt? Punk?

Karin Fisslthaler: Nein. Rock eher.

Erfolge?

Karin Fisslthaler: Ging so. Wir sind schon live aufgetreten. Im Rockhouse selbst und beim Salzrock in der Szene. Nach zwei Jahren ist das Projekt dann aber in die Brüche gegangen.

Und was hat Dich nach Linz verschlagen?

Karin Fisslthaler: Die Kunst. Ich hab beschlossen, an der Kunst-Uni experimentelle Gestaltung zu studieren. Jetzt gerade bin ich dabei, mein Diplom zu machen.

Wie lang machst Du das schon?

Karin Fisslthaler: Seit 2000 bin ich jetzt da.

Und lebst von der Kunst?

Karin Fisslthaler: Na ja. Ich versuche es. Schon langsam funktioniert es halbwegs. So lange man noch den Studentenstatus hat, ist es aber nicht so einfach.

Das heißt der Abschluss ist nicht nur pro forma, sondern auch wirklich finanziell wichtig?

Karin Fisslthaler: Ja. Da man als Student ja noch anderweitig unterstützt wird, kommen einfach bestimmt Förderungen nicht in Betracht.

Seit wann gibt es Cherry Sunkist als Projekt?

Karin Fisslthaler: Geben tut es sie seit 2004. Ich war 2003 durch das Studium ein halbes Jahr in Berlin. Da habe ich angefangen, elektronische Musik zu machen. Ich kaufte mir einen Synthesizer und sehr viele Platten, setzte mich wieder einmal richtig viel mit Musik auseinander, was ich, seitdem sich die Rockhouse-Band aufgelöst hatte, nicht mehr wirklich gemachte hatte. Musik war vorher, wenn man so will, sehr lange aus meinem Leben verschwunden

Weil du nicht mehr wolltest, frustriert warst?

Karin Fisslthaler: Gar nicht so. Das war gar keine wirklich bewusste Entscheidung. Ich habe mich damals auch mit Soundinstallationen und Musik im Bildenden Kunst-Kontext überhaupt nicht auseinander gesetzt. Ich hatte zwar schon immer wieder das Bedürfnis dazu gehabt, aber mir hat einfach die Zeit gefehlt. Die hatte ich dann, als ich in Berlin war.

Und dort bist Du klassisch in die Electro-Schiene rein gekippt?

Karin Fisslthaler: Rein gekippt ist das richtige Wort. Zu der Zeit waren Frauen auf der Bühne unglaublich präsent. Dort hab ich dann auch zum ersten Mal Leute wie Peaches oder Kevin Blechdom auf der Bühne gesehen.

Die beiden und Le Tigre waren wahrscheinlich auch ein großer Einfluss auf Deine Musik…

Karin Fisslthaler: Auf jeden Fall. Auch Le Tigre, obwohl ich die erst viel später kennen lernte, als ich sie im Wiener Fluc gesehen habe. Dadurch dass ich in Berlin Zeit hatte, die Musikprogramme zu lernen und mich mit der Musik auseinander zu setzen, bin ich wieder zurückgekommen zur Musik. Und als ich dann wieder in Linz war, gab es gleich über den Fadi Dorninger die Möglichkeit im Rahmen der Ars Electronica, gemeinsam mit vielen anderen Studenten de Uni, die auch Musik machen, aufzutreten. Da musste dann schnell ein Name her. So entstand Cherry Sunkist und ich hatte gleich mein erstes Konzert in der Stadtwerkstadt.

Ohne Platte und einfach so?

Karin Fisslthaler: Ja genau. Aber in dem einen halben, dreiviertel Jahr, in dem ich mich mit elektronischer Musik auseinander setzte, hatte ich schon ganz schön viel Zeug produziert gehabt. Als ich zurück kam, ging´s dann schon richtig los.

War immer klar, dass Du auch singst? Im in Berlin vorherrschenden Techno ist Stimme ja nicht unbedingt gefragt.

Karin Fisslthaler: Dadurch, dass ich auch an der Gitarre sang, war schon klar, dass ich auch elektronisch verstärkt singen und Texte schreiben will.

Kam das Konzert in der Stadtwerkstadt damals an?

Karin Fisslthaler: Ziemlich gut, ja. Ich wurde gleich darauf und auch die nächste zeit viel darauf angesprochen.

Für einen jungen Act bist Du ziemlich viel live unterwegs?

Karin Fisslthaler: So jung bin ich auch nicht mehr. Aber ja, es geht.

Nur in Österreich oder auch außerhalb?

Karin Fisslthaler: Außerhalb von Österreich habe ich bisher nur in München und In Nürnberg gespielt. Aus dem Ausland kommen nicht wirklich viele Anfragen, obwohl es die Girlmonster-Compilaton gab.

Wie kam es zu der?

Karin Fisslthaler: Ich wollte in München in der Roten Sonne spielen und habe ein Demo hin geschickt. Die haben es an Chicks On Speed weiter geleitet.

Hat das zu Resonanz geführt?

Karin Fisslthaler: Inwiefern?

Hat es Auftritte gebracht? Hat es die Label-Suche erleichtert?

Karin Fisslthaler: So viel dann auch wieder nicht. Als ich Label suchte, war es sehr schwierig. Auch, weil die zeit damals einfach nicht gut war

Für die Art von Musik?

Karin Fisslthaler: Nein, überhaupt, um irgendetwas zu veröffentlichen. Viele haben sich in dieser Zeit einfach nicht über ein Debut drüber getraut. Chicks on Speed waren dann schon interessiert, haben es aber letztlich dann doch nicht gemacht.

Wieso?

Karin Fisslthaler: Keine Ahnung. Ich denke, weil es ihnen ökonomisch einfach zu unsicher war.

Cherry Sunkist (c) Bernd Oppl

Wie bist Du dann auf Dein jetziges Label gestoßen?

Karin Fisslthaler: Ich hab im Feedbackstudio B beim Ollmann, der das Studio gemeinsam mit Patrick Pulsinger hat, aufgenommen. Da hab ich dann den Fredl (von Bul Bul, Anm.) kennen gelernt. Und da sind wir ins Reden gekommen, weil Good enoug for you (Fredl gemeinsam mit Karin Brüll) damals auch im Gespräch war. Da haben wir gescherzt: wenn wir nicht gut genug für die sind, dann gründen wir einfach unser eigenes Label. Ja: Der Fredl hat es halt dann wirklich gemacht. Und da ich Good enough for You wirklich toll finde, hab ich dann gefragt, ob sie mich nicht auch raus bringen wollen .

Hat das Label noch mehr vor?

Karin Fisslthaler: Ich denke, erst mal ging es darum, für sich selbst zu sorgen. Was sie jetzt sonst noch so vorhaben, weiß ich nicht.

Und Promo machst Du Dir selbst?

Karin Fisslthaler: Nein, Promo haben sie auch gemacht.

Wie geht’s jetzt weiter. Welche Pläne hast Du?

Karin Fisslthaler: Ich bin jetzt wieder viel am Produzieren, nachdem ich eine kurze Konzertpause eingelegt hatte, um mein Diplom zu machen. Im Mai geht’s wieder los mit Konzerten. Da spiel ich zB einen Support im Posthof für Jamie Lidell.

Wie sieht Dein Live Set-Up überhaupt aus?

Karin Fisslthaler: Allein mit Laptop, Gitarre, Casio-Keyboard und Stimmeffekten. Und meine eigenen Videos.

Wie kann man sich die Videos vorstellen?

Karin Fisslthaler: Ich arbeite mit viel Footage, also mit vorbestehendem Matrial. Im Ergebnis sind das Experimentalvideos, die genauso auf Festivals, der Diagonale etwa oder Crossing Europe, laufen. Ich finde Vermischungen unglaublich spannend. Wenn die Clubkultur ins Experimentalkino geht und umgekehrt. Die Grenzen erden immer fließender.

Gerade wenn man allein auf der Bühne steht, ist Video doch wahrscheinlich auch eine wertvolle Unterstützung.

Karin Fisslthaler: Ja schon, obwohl es nicht so ist, dass während eines Konzertes von mir ständig und beliebig Video läuft. Der Einsatz ist vielmehr sehr gezielt und punktuell.

Aber anstrengend ist es alleine allemal.

Karin Fisslthaler: Ich versuche es überschaubar zu halten, damit ich selbst keinen übermäßigen Stress bekomme.

Wie lange spielst Du?

Karin Fisslthaler: So um die vierzig Minuten.

Wie kamst Du zu Jamie Lidell?

Karin Fisslthaler: Das wird die erste musikalische Veranstaltung für Linz 2009. Ein warm Up quasi. Da wollten sie eben jemanden aus Linz als Vorgruppe.

Apropos Linz: Bist Du in der Linzer Musikszene gut vernetzt? Du hast vorher schon den Fadi Dorninger angesprochen. Auf Deiner MySpace-Seite ist Didi Bruckmayr als Freund gelistet. Kennt ihr euch und tauscht ihr euch künstlerisch ständig aus? Oder bist Du dazu zu neu in der Szene?

Karin Fisslthaler: Naja, der Didi selbst ist nicht so viel da. Er supportet die junge Szene aber sehr. Auch der Fadi. Die ältere Generation tut schon viel für die jüngere. Auch der Fadi hat enorm viel bewirkt. Die Szene ist gut vernetzt.

Hast Du vor in Linz zu bleiben? Wenn Du das Diplom in der Tasche hast, fällt der Hauptgrund hier zu sein ja erst mal weg.

Karin Fisslthaler: Das ist die große Frage derzeit. Es gibt schon Pläne, nach Wien zu gehen. Anderseits haben wir bei 2009 einige Veranstaltungen mit dem Atelier, ich selbst musikalisch und mit einer Galerie. Vielleicht gehe ich danach auch ins Ausland, ein Postgraduate machen. Keine Ahnung. Ich werde jedenfalls nicht ewig in Linz bleiben.

Du spielst demnächst auf einem Festival des politischen Liedes. Was an Deiner Musik ist politisch?

Karin Fisslthaler: Ich glaube, sie haben mich eingeladen, weil ich über meine Musik schon im weitesten Sinne feministische Ansichten vertrete.

Das wäre meine nächste Frage gewesen. Inwiefern?

Karin Fisslthaler: Ich habe mich sehr viel mit dem Thema und mit den Bedingungen von Musikerinnen und Produzentinnen auseinander gesetzt und versuche das auch in meiner Musik, in meiner Performance zu reflektieren. In meiner Musik und den Texten geht es sehr stark um Geschlechterrollen und deren Hinterfragung.

Wie sieht er aus – der Status Quo als Musikerin in Österreich?

Karin Fisslthaler: Derzeit ist ein enormer Anstieg an Musikerinnen zu beobachten. Vor allem in der Singer-Songwriter-Szene, wo ich jetzt nicht so zu Hause bin. Aber es werden immer mehr Frauen und das ist erfreulich.

Woran liegt das? Hat das mit einer allgemeinen Strukturänderung zu tun oder ist es reiner Zufall?

Karin Fisslthaler: Ich kann es nicht genau sagen. Das eine tritt das andere los. Die, die es schaffen, sich in die mediale Aufmerksamkeit zu spielen, funktionieren als Role-Models für andere nachkommende. Das ist enorm wichtig und kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gerade um die Jahrtausendwende gab es diesen ersten Boom von sehr vielen Musikerinnen, die Elektronik machten und mich mitrissen. Andererseits denke ich auch, dass es so etwas wie einen Sinneswandel gibt und dass sich immer mehr Frauen einfach trauen, etwas zu machen.

Bist Du innerhalb der feministischen Szene vernetzt? Bei Female Pressure etwa?

Karin Fisslthaler: Im beruflichen Sinn nicht. Ich spiele zwar sehr wohl auf Lady-Festen und in diesem Umfeld. Hauptsächlich in der Wiener Szene kennt man mich schon. Christina Nemec und Eva Jantschitsch (Gustav) kenn wiederum ich. Da gibt es schon Austausch, aber der ist eher privat und nicht institutionalisiert.

Ist es nicht komisch, wenn man sich dann plötzlich selbst als Role Model wieder findet?

Karin Fisslthaler: Ich sehe mich nicht so gerne als eines.

Aber Du bist wohl eines.

Karin Fisslthaler: Na ja, wenn es etwas Positives bewirkt, dass sich junge Frauen dann trauen, auf die Bühne zu gehen, dann ist es schon OK. Frauen, die zu Hause produzieren, gibt es ja ohnehin viel mehr als wir alle glauben. Die meisten wagen nur nie den Schritt auf eine Bühne. Für mich waren deshalb auch die Erlebnisse in Berlin so wichtig. Durch Laptops taten sich für Frauen auch völlig neue Perspektiven auf. Plötzlich konnte man alleine komponieren und produzieren.

Cherry Sunkist (c) Bernd Oppl

Und hast Du auch schon Ablehnung erfahren, indem jemand meinte: O Gott, nicht schon wieder jemand mit eine Laptop?

Karin Fisslthaler: Es gibt schon viele Musiker, bei denen der Laptop als Instrument im Zentrum steht. Vielleicht ist viel davon auch nicht unbedingt spannend. Aber letztlich kommt es auf die Musik an, Es gibt ja unglaublich spannende Laptop-Acts. Satt haben es die Leute nicht. Dass jemand nur mit Laptop bewaffnet die Bühne erklimmt, gehört heute einfach schon zum gewohnten Bild.

Wie würdest Du Deine Musik beschreiben?

Karin Fisslthaler: Puuuh. Das ist sehr schwierig. Ich sage immer experimenteller Elektronik- Pop dazu. Oder Glitsch-Pop. In diese Richtung jedenfalls.

Hast Du vor, noch andere Projekte zu starten oder ist Cherry Sunkist das Ding, bei dem Du musikalisch bleibst?

Karin Fisslthaler: In einem anderen, eher performativen Zusammenhang bin ich mit neun anderen als Midi-Marschmusikkapelle unterwegs. Das ist eine mobile Kapelle, die über Laptop und Midi-Noten Marschmusik spielt. Wir haben mobile Akkus und Hörner, über die wir verstärkt an die Außenwelt senden.

Und wo tretet ihr auf? Wohl nicht beim Kameradschaftsbund, nehme ich an?

Karin Fisslthaler: Nein, eher im Ars Electronica-Kontext, in dem der auf den Punkt gebrachte Gegensatz zwischen Technik und Tradition und das subversive Ansinnen insgesamt goutiert werden. Demnächst wollen sie uns bei einem Guerilla-Festival in Salzburg einsetzen.

Wie war die Resonanz auf Dein Album?

Karin Fisslthaler: Sehr positiv.

Und hat sich das positive Echo auch in Verkaufszahlen niedergeschlagen?

Karin Fisslthaler: Mein Problem war, dass zu dem Zeitpunkt, als das Album releast wurde, meine beiden Vertriebe (Hausmusik in München und SoulSeduction in Wien, Anm.) pleite gegangen sind. Daher war das Album eine gute lange Zeit, bis vor kurzem eigentlich, gar nicht im Handel erhältlich. Neuerdings habe ich Trost als Vertrieb. Aber was mit den ersten ausgelieferten CDs passiert ist, weiß ich nicht. Auch wie es mit Verkaufszahlen aussieht, entzieht sich meiner Kenntnis.

Geld ist jedenfalls noch keines gekommen.

Karin Fisslthaler: Nein. Auf Konzerten hat es mit dem Verkauf sehr gut funktioniert. Die Frage ist doch aber auch, ob die Leute überhaupt noch so viele Tonträger kaufen. Viele haben sich aber sehr gefreut, dass ich das Album auch auf Vinyl raus gebracht habe, was immer ein großer Traum von mir war. Ich wollte keine DJ-Platte raus bringen, sondern das ganze Album auf Vinyl.

Und hast selbst tief in die Börse gegriffen, um die Pressung zu finanzieren?

Karin Fisslthaler: Nein, ich bekam Gott sei Dank Förderungen.

Von?

Karin Fisslthaler: SKE und Stadt Linz. Ich musste nur einen kleinen Teil der Kosten selbst übernehmen.

Wo wird Deine nächste Platte erschienen? Wieder bei 21. Jahrhundertfuchs?
Karin Fisslthaler: Noch keine Ahnung.

Das heißt, Du hast noch keinen Vertrag unterschrieben?

Karin Fisslthaler: Nein, ich hab überhaupt nichts unterschrieben. Ich möchte schon wieder eine neue Platte machen, aber das wird sicherlich noch dauern. Die erste Produktion dauerte fast drei Jahre. Das war sehr schleppend. Das nächste Mal möchte ich das wesentlich komprimierter abwickeln. Dadurch, dass ich so viele Sachen neben bei mache, wird es aber wahrscheinlich wieder ähnlich lange dauern.

Hast Du Festival- und Tournee-Pläne?

Karin Fisslthaler: Für den Herbst/Winter habe ich schon etwas angedacht. Nur alleine ist es halt auch langweilig. Außerdem flieg ich auch nicht so gerne.

Flugangst?

Karin Fisslthaler: Ja, es gab auch schon Konzerte, die ich deshalb absagen musste. Ich arbeite derzeit daran, das zu verbessern, weil es mich zu stark behindert. Deutschland möchte ich auf jeden Fall beackern. Hast Du davon gehört? Soap & Skin ist jetzt bei Planet Rock gelandet. Beeindruckend, was da gerade so abläuft.

Waren an Dir eigentlich andere Labels interessiert?

Karin Fisslthaler: Nicht wirklich. Ich habe das Album aber auch gar nicht an viele Labels ausgeschickt.

Und Trost?

Karin Fisslthaler: Die waren interessiert, fanden das Album auch gut, haben letztlich aber abgesagt, weil sie nur Gitarren-Acts machen. Mit war es dann auch gleichgültig, so lange die Vertriebe da waren.

Warum hast Du´s nicht gleich selbst gemacht, dh Dein eigenes Label gegründet?

Karin Fisslthaler: Weil es alleine nicht so einfach ist, an Vertriebe ran zu kommen. Die haben schon alle so Schiss, dass selbst ein Label wie 21. Jahrhundertfuchs Probleme hat, einen Vertrieb für sein Repertoire zu bekommen.

Kommen wir noch mal zurück zum Thema Feminismus. Mich interessiert auch Deine ganz persönliche Sicht.

Karin Fisslthaler: Gern. Es wird besser. Ich selbst bewege mich aber in einem begünstigten Umfeld, was Sexismen anbelangt. In dem Kunst- oder Indie-Bereich, aus dem ich komme, gibt es das Gott sei dank nicht so stark. Wenn ich live spiele, werde ich nur ganz selten von Tontechnikern blöd behandelt.

Und wenn, wie kann man sich so einen Vorfall dann vorstellen?

Karin Fisslthaler: Da wird man in seinem Set-Up vermeintlich gut beraten oder es werden einem gute Ratschläge erteilt, wie man sich das bei einem Mann nie trauen würde. Bei Veranstaltern gibt es einfach noch sehr viele Männer. Aber auch bei den Medien, insbesondere im Journalismus, sind Männer noch immer stark überrepräsentiert. Weil die öffentliche Meinung mitbestimmt, das spielt eine große Rolle. Dennoch gibt es bei vielen Männern mittlerweile eine große Sensibilität. Denkst Du nicht?

Gute Frage.

Karin Fisslthaler: Ich wünsche mir, dass hauptsächlich über die Musik und nicht über die Geschlechterrolle diskutiert wird. Bei Männern wird das ja auch nicht hinterfragt, wie er sich jetzt als Mann präsentiert. Bei Frauen ist das doch anders: Die werden schon noch als Ausnahmeerscheinungen wahrgenommen. Was macht die? Wie schaut die aus?

Im Journalismus gibt es schon noch genug Chauvinisten, die sehr schnell damit sind etwas abzukanzeln und dabei auch die Gürtellinie unterschreiten. Ob die Unterschreitung nun damit zu tun hat, dass jemand Frau ist, glaube ich zwar weniger, aber ähnlich Deinen Tontechniker-Erlebnissen – glaube ich schon, dass sich viele Männer leichter dabei tun, Frauen gegenüber despektierlich zu sein als. Zum Beispiel: Roisin Murphy im Viermannzelt.

Karin Fisslthaler: Das hab ich damals auch gelesen.

Wäre das bei einem Mann Thema, ob er Gewicht zugelegt hat oder nicht? Es sind diese Nebensätze, die einen Schritt zu weit gehen. Und genau mit diesen abfälligen Nebensätzen tut sich das männlich besetzte Feuilleton doch bei Frauen deutlich leichter.

Karin Fisslthaler: Es wäre einfach wichtig, dass es im Musikjournalismus mehr Frauen gäbe.

Unbedingt.

Karin Fisslthaler: Über mich persönlich wurde aber noch nie in der Form geschrieben.

Gut so. Normal aber auch.

Karin Fisslthaler: Von OK ist es eh noch entfernt, aber ich bin optimistisch. Es muss einfach noch mehr Frauen geben, die die öffentliche Meinung mit bestimmen. Solche Leute braucht es vor allem in den musikalische Strukturen: Booking, Veranstaltung…

Hast Du vor, Dich in Bereiche zu bewegen, in denen Du die öffentliche Meinung mitbestimmst?

Karin Fisslthaler: Ich glaube, das tue ich schon dadurch, dass ich Musikerin bin und auf der Bühne stehe. Durch meine dortige Präsenz forme ich dieses Bild genauso mit.

Vielen Dank für das Gespräch.

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Karin Fisslthaler