mica-Interview mit Berno Odo Polzer (Wien Modern)

Heute, am 29.10. startet Wien Modern 2009 mit Griseys “Les Espaces Acoustiques”. Eine knappe Woche vorher führte Heinz Rögl mit Berno Odo Polzer im Cafè Heumarkt (auch schon “Wien Modern-Lounge” für nach den abendlichen Konzerten) ein Gespräch. Polzer war seit 2000 künstlerischer Leiter des Festivals, das mica-Interview  dreht sich nicht nur um das kommende letzte von ihm gestaltete Festival in diesem Herbst, sondern auch auf die vergangenen 10 Jahre. Über das heurige Festival werden wir ab dem Eröffnungs-Wochenende wie jedes Jahr laufend berichten.

Lieber Berno, ich möchte hier keine “News”-Reportage machen und möchte dich in unserem Gespräch auch nicht genau im Einzelnen befragen, warum du bei Wien Modern jetzt nach diesem Festival aufhörst. Du weißt, ich habe mir die Freiheit genommen, dir bei der letzten Pressekonferenz im Namen aller Anwesender für deine gute Tätigkeit über 10 Jahre hindurch aus dem Publikum heraus zu sagen “Danke, Berno Polzer” .

Berno Odo Polzer: .. ja, und ich habe mich darüber sehr gefreut.

Ich dachte mir, einer muss das jetzt sagen. – Wir wollen jetzt auch nicht haarklein über das kommende Programm 2009 reden – wir haben in den Musiknachrichten bereits am 20.10. eine große Vorschau gemacht und werden auch laufend darüber schreiben, auch in kritischen Nachberichten.

Berno Odo Polzer: … sehr gut, klar .

. sondern wir könnten versuchen, einen Überblick über diese letzten 10 Jahre zu geben (durchaus aus dem “Hier und Jetzt” heraus). Ich habe mir die Wien-Modern-Ziegel (Almanache), ab 2000 großformatig, herausgenommen und mir ein wenig aufgeschrieben, was wann war. Jetzt fängst aber du an. Seit wann bist du bei Wien Modern?

Berno Odo Polzer: Programmverantwortlich beschäftigt wurde ich im Herbst 1999, also mein erstes Festival war 2000. Ich war 25 Jahre und hatte von vielem noch keine Ahnung.

1999 habe ich (und sinngemäß auch andere Medien) in einem Nachbericht für die Salzburger Nachrichten getitelt: “Ein Patchwork der Neuen Musik” – “das Festival 1999 erforderte Geduld und Anpassungsfähigkeit (.) Etliches fand statt, das unter dem Etikett ,Wien modern’ den ,Pluralismus’ sehr weit trieb, wohlmeinend hatte man auch Pop- und Folk-Events (finnische Akkordklänge, ,authentischen’ Flamenco, irischen Dudelsack) in das Programm integriert”. – Eigentlich könnte es sein, dass ich das heute anderes beurteilen würde, seit ich die Schiene kenne, wie sie Hans Landesmann bei der Biennale Salzburg gefahren ist – mit Flamenco, cante jondo-Gesang und Furrer, oder Hosokawa und großen japanischen Instrumentalisten an Shakuhachi und Koto usw..

Berno Odo Polzer: … ja, man kann das auch anderes machen!

1999 (unter dem kryptischen Motto “Mythen und Riten”) war auch Georg Haas’ Oper “Nacht”, neue Werke von Furrer und Michael Jarrell; Galina Ustwolskaja beeindruckte alle sehr, .  und dann schrieb ich aber auch: “Da gab es karge Streichquartett-Kompositionen von einem Isländer, an dem die Moderne jeglicher Spielart spurlos vorübergegangen ist, (.) verstaubte Romanzen-Klänge aus dem Ural, Blut-und-Boden-Naturalismus (Chorliteratur aus Rumänien) .”. Ja, und 1998 huldigte man Skandinavien unter dem Motto “Ån(g) den Rändern Europas”. Und 2000 war dann wieder sehr ok, da ging es auch um “Elektronik”, “Echtzeitprozesse und Computer”, “Musique spectrale”, man hörte Nonos “Prometeo”, es war ein geändertes Spektrum. Welche Bedingungen hast du damals vorgefunden, mit wem hast du zusammengearbeitet und was war dir besonders wichtig?

Berno Odo Polzer: Die Anfangssituation war so, dass ich schon herausheben möchte, dass das damals ein großer Vertrauensvorschuss von Konzerthaus-Chef Christoph Lieben war, mir diesen Job anzubieten. Er hatte da offenbar die Kühnheit, für diese Aufgabe einen völlig unerfahrenen jungen Typen zu engagieren. Im Grunde lag die inhaltliche Struktur bei Wien Modern ziemlich brach damals, weil früher haben ja die Dramaturgen vom Konzerthaus, die es ja inzwischen auch nicht mehr gibt – Christoph Becher etwa, das nebenher geplant, .

… auch Lothar Knessl .

Berno Odo Polzer: … es gab niemand, der hauptverantwortlich war, das wurde dann halt ich plötzlich,  ein Sprung ins kalte Wasser. Es gab große Freiheit bei der Realisierung von Ideen, natürlich war Christoph Lieben ganz am Anfang noch mehr involviert in die Planung, und dann kam einige Monate später Thomas Schäfer als neuer Konzerthaus-Dramaturg aus Hamburg dazu.  Die Jahre darauf haben wir sozusagen das Programm gemeinsam gemacht, ich war – so hat das geheißen – “Wien Modern-Dramaturg” und er Dramaturg des Konzerthauses.

Habt ihr euch auch inhaltlich ergänzt durch teils verschiedene Interessen?

Berno Odo Polzer: Es war eine ideale Zusammenarbeit, weil wir uns zum einen nahe genug in unseren Vorstellungen waren, aber auch unterschiedlich genug, um gemeinsam weiter zu kommen, als man alleine gekommen wäre – zwei Gehirne sind eben mehr.

Ihr habt auch die (ursprüngliche) Idee von Claudio Abbado versucht weiterzutragen – das soll ein Festival in ganz Wien sein, da soll es auch Ausstellungen geben, Filmschwerpunkte, Symposien, Vorträge – Abbado hat sich auch sehr eingesetzt, bevor er durch seine vielen Staatsopernverpflichtungen ein wenig aufgerieben worden ist, dass wissen wir ja eh alle . Aber auch ihr habt neue Spielorte aufgetan, ich erinnere mich an großartige Sachen etwa im “Narrenturm” im alten AKH, Semper-Depot, Filmmuseum usw., die theater im Konzerthaus und Künstlerhaus, eine eigene “Lounge” .

Berno Odo Polzer: Mir ist das ein großes Anliegen, ich glaube, dass die Räume in denen Musik stattfindet, essentiell sind. Mit der Individualisierung der musikalischen Ansätze und Sprachen geht einher, dass man auch die geeigneten Räume finden muss. Die klassischen Konzertsäle sind mit Ihrer Akustik schwer zu toppen, darum sind wir auch nach wie vor zum Gutteil im Konzerthaus.

Wenn die besten Elektroniker eine riskante Improvisation im Konzerthaus machen und man sitzt mittendrin im Publikum eingezwängt auf seinem Platz, und möchte eigentlich herumgehen, man möchte vielleicht beim Zuhören ein Bier trinken…

Berno Odo Polzer: Die Entwicklung der Formate selbst, wie man Musik präsentiert, ist mir total wichtig gewesen und ist es immer noch. Wir haben etwa heuer mit dem Ictus-Ensemble (Anm.: 3.11., Semper-Depot) ein Projekt, wo die Konventionen Musik zu hören total über Bord geworfen werden. Man hat die Möglichkeit hinauszugehen und ein Getränk zu holen, wieder reinzugehen, es ist alles elektronisch verstärkt, akustisch hält das diese Musik aus, aber es schafft eine andere Höratmosphäre. Es geht immer letztlich darum, wie sich der Hörer/die Hörerin fühlt, wie er sich bewegen kann. Ich glaube auch, die Emanzipation der Hörenden ist essentiell und dafür muss man gewisse Rahmenbedingungen schaffen.

Gibt es da bei Wien Modern Grenzen? Ich erinnere mich, dass ich manchmal gerne, manchmal mit Bauchweh, beim Festival von Zierhofer in Krems war, mit Bands, mit allem Drum und Dran, zu später Stunde. Ist das manchmal auch von Wien Modern .

Berno Odo Polzer: …ja, angestrebt .

… aber nicht das Einzige.

Berno Odo Polzer: Nein. Manchmal, häufig gibt es Missverständnisse, was die inhaltliche Bandbreite von Wien Modern sein soll. Ich höre immer wieder Vorwürfe, zum Beispiel habe ich irgendwo gelesen, dass wir ein “Supermarkt” sind. Dagegen möchte ich mich total verwehren, ich kann wirklich sagen, dass alle Projekte bei Wien Modern konzeptuell gerechtfertigt sind und nicht zufällig zusammengestellt, nicht im Sinne eines breiten Warenangebots, sondern aus einer gedanklichen Entwicklung heraus. Über diese gedanklichen Schritte kommt man relativ weit, aber man kommt nicht überallhin.

Ein bisschen aufgegeben wurden die “Motti”, 2000 war noch “Musique spectrale”, 2001 “Musik und ihre visuellen Aspekte”, dann hieß es eigentlich gar nichts mehr, nur mehr “Reflexionen” und das ist es.

Berno Odo Polzer: Ja.

 Was aber nicht heißt, dass man von dem ursprünglichen Konzept der “Hauptkomponisten” abging, aber es reformiert hat, man hat Fokusse gemacht. Und ich sage ehrlich, vieles vergessen zu haben, was wann war. Und wenn man nachsieht – aha, da war das Ictus-Ensemble zum ersten Mal, und die sind ja wichtig, aha, da war die Beschäftigung mit Wölfli. Aber da ist auch die große Erinnerung an große Figuren der Neuen Musik des – leider schon – 20. Jahrhunderts: 2001 Morton Feldman (und Hinterhäuser spielt Feldman), Monteverdi und Luciano Berio (2002), 2003 György Ligeti – und das ist eine großartige Erinnerung, weil er noch da war, unter uns war. 2004 John Cage und großer Fokus auf Olga Neuwirth, und auch immer wieder Grisey, den man in Österreich nicht oder zu wenig kannte, 2005 Helmut Lachenmann, 2006 Kurtág – Aimard, Stockhausen mit Pollini und den wirklich großen Werken aus den 60-er Jahren, Bernhard Langs “Differenz/Wiederholung und “I hate Mozart”,  2007 Ligeti-Berio-Carter-Haas usw., Frank Scheffer mit dem schönen Film-Schwerpunkt, Klaus Lang an der Orgel,  “I`m a mistake” (Fabre-Akerman-Rihm) …

Berno Odo Polzer:  Ja. Da wird’s mir selber ganz schwindlig.

Ich musste auch nachschauen.

Berno Odo Polzer: Das war eine schöne Zusammenfassung, die auch in mir selber Erinnerungen wachrief. Überhaupt Ligeti (Pause). Ich bin jetzt wieder bei Recherchen für den “Televisionen” – Fernsehschwerpunkt auf Filme mit Ligeti gestoßen. Ich teile genauso die Faszination für große Persönlichkeiten der Neuen Musik, und da gehört  Ligeti absolut zu den ganz Großen, auch in seinem Sprechen über Musik. Das gehört auch zu meinen Erinnerungen und Erfahrungen – “standig ovations” für György Ligeti im Großen Saal für sein “Requiem” und Ligeti noch bei uns .

.. mit seinem Pullover.

Berno Odo Polzer: Die Bandbreite für mich ist . ich wollte vorhin schon was sagen zu den Portraits. Das ist natürlich ein konservatives Format, oder sagen wir ein gängiges Format. Ich glaube aber, dass es immer noch funktional ist in dem Zusammenhang, weil es nämlich reflektiert, wie individuell die Handschriften von Komponisten im 20. Jahrhundert geworden sind, und ich halte es für toll und für eine Möglichkeit des Verstehens, wenn man tiefer eintauchen kann. In die Arbeit von Komponisten. Also Vergleiche anstellen, wie entwickelt sich was, wie werden ähnliche Gedanken verschieden formuliert.

Ja. “Elliot das Schmunzelmonster” (Carter) habe ich erst wirklich durch Frank Scheffer verstehen gelernt. Und jetzt denke ich mir, mein Gott, er ist 100 Jahre und schreibt noch immer Gutes.

Berno Odo Polzer: Ja, Wahnsinn. Und darum habe ich auch in den letzten Jahren an den Portraits festgehalten. Gelernt habe ich in den Jahren davor, dass die Portraits kleiner werden sollen. Denn es ist schon die Gefahr, bei den Riesen-Portraits, z. B. bei Haas, auch bei Bernhard Lang, dass, wenn man zu viel macht, man bei jedem dann irgendwann Wiederholungen hört. Es wird vielleicht zu detailliert und es tut dem Profil nicht immer gut.

Und dem Künstler auch nicht. 

Berno Odo Polzer: Und daher sind mir kuratorisch gesprochen sehr selektive Portraits mit sagen wir zehn Stücken lieber geworden.

Wir sollten auch über österreichische Künstler-Portraits sprechen.

Berno Odo Polzer: Ja gerne.

Auch im Vergleich mit der Geschichte des Musikprotokolls in Graz, das es seit den 60-ern gibt. Christian Scheib hat wirklich einen schönen Fernsehfilm-Zusammenschnitt über dessen Geschichte gemacht, man sieht Emil Breisach in seiner Eröffnungsrede, man sieht Ligeti, Cerha, Lutoslawski, Kühr, Pernes; Neuwirth und was weiß ich – vor 20-40 Jahren .

Berno Odo Polzer: Den Film zeig’ ich auch. Interessant ist es, diese Portraits gemeinsam mit den Komponisten zu entwickeln, denn es gibt den Blick von außen, aber auch den Blick von innen auf die Arbeit. Die sind oft auch unterschiedlich. Wenn man das zusammenbringt, dann entsteht eine spannende Ebene. Neben diesen Portraits habe ich mir immer auch erlaubt, meine persönlichen Beschäftigungen und Leidenschaften einzubringen. Gerade weil du Wölfli genannt hast, das war auch meine persönliche und forschende Beschäftigung mit diesem Künstler. Oder “Musik und Gehirn” ist so eine Sache, oder heuer die “Televisionen”.

Bleiben wir noch bei den Österreichern, es gab von Anfang an immer einen österreichischen “Hauptkomponisten”, das waren Cerha, Haubenstock, Schwertsik, dann kam auch einmal Erich Urbanner, worüber einige die Nase rümpften – ich fand, das gehört sich einfach, es gehörten auch Schwerpunkte über die Komponisten der Musik nach 1945, auch Schiske oder Ivan Eröd, Logothetis usw. . . Und es geht auch um die Jungen. Um historisch vorzugehen. Beat Furrer wurde damals von Abbado auserkoren – “wir machen die Oper ,Die Blinden’ von dir”, da war Furrer noch kein “bekannter” Komponist.

Berno Odo Polzer: Absolut. Wien Modern brachte Furrer, Kühr, Haas, Olga Neuwirth, Gadenstätter und viele andere heraus, dann Bernhard Lang, Klaus Lang, Bernhard Gander .Das waren anfangs die ersten großen Zusammenschauen, und natürlich ist es die Aufgabe von Wien Modern, die österreichische Szene darzustellen. Und dazu muss man sich ja auch nicht zwingen, denn die österreichische Musik der Gegenwart ist unglaublich reichhaltig  .

Diese bei Wien Modern präsentierten Komponisten wurden in der Folge dann oft auch bei internationalen Festivals und in Donaueschingen eingeladen.

Berno Odo Polzer: Damit konnte Wien Modern, das auch ein internationales “Schaufenster” geworden ist, Einzelnen dienlich sein. Ich hoffe, dass es auch heuer so sein wird, dass junge Komponisten, die große Talente sind, wie Eva Reiter zum Beispiel, dadurch Aufmerksamkeit bekommen.

Der Verein Wien Modern ist – ich lese den Präsentationstext – in Kooperation mit dem Wiener Konzerthaus und auch mit der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, wo Thomas Angyan bei der letzten Pressekonferenz sehr engagiert sagte, he, das Budget ist seit zwölf Jahren eingefroren, 1997 wurde das Budget zum letzten Mal erhöht. Es gibt eine Straffung auf drei Wochen, was vielleicht per se nicht so schlecht ist, aber man kann weniger unterbringen. Mir hat in den letzten Jahren immer die Kooperation mit der “Alten Schmiede” und Gerald Resch gefallen, denn das ist in kleinerem Rahmen und man kann trotzdem auch Komponisten der so genannten nicht ersten Garnitur schwerpunktmäßig präsentieren.

Berno Odo Polzer: Es ist ein idealer Rahmen, wo man mehr in die Tiefe gehen kann. Das neue Format, das wir heuer vorstellen geht da noch einen Schritt weiter, wir schlagen “Gesprächskonzerte” vor, es gibt sechs Kompositionsaufträge für besonders vielversprechende junge Komponisten und deren Stücke werden dann bei den Terminen in der Alten Schmiede jeweils zweimal gespielt. Denn ein wichtiger Punkt ist auch die Möglichkeit Stücke wieder zu hören, zweimal, dreimal zu hören. Ich habe das heuer ein bisschen systematisiert, es gibt mehrere Stücke, die man im Festival mehrfach hören kann, auch Xenakis mit dem KLT und dem Klangforum zum Beispiel, und die Uraufführung von Bernhard Lang, dem Erste Bank-Kompositionspreisträger wird  am nächsten Tag noch mal gespielt. In der Alten Schmiede wird das sozusagen auf die Spitze getrieben, Hörer unterschiedlicher Backgrounds können das hören und sich miteinander austauschen.

2008 war es oft voll, im Musikverein – warum weiß ich nicht – nicht ganz so voll . vielleicht weil die Wien Modern-Besucher nicht so gern dort hingehen. Ich verstehe es eigentlich nicht, der Musikverein hat gute Säle und wenn Irvine Arditti im Gläsernen Saal Solo-Stücke von John Cage spielte, war das ganz toll. Und auch im Großen Saal des Musikvereins brannte gestern das RSO Wien ein Feuerwerk nach dem anderen ab . Hat der Erfolg auch etwas mit der Preisgestaltung – Generalpass – zu tun? Die “Resonanzen”, fast ausabonniert zudem, kann sich nicht jeder leisten.

Berno Odo Polzer: Wir haben mit minimalen Erhöhungen das Preisniveau gehalten. Das ist einfach wichtig. Wobei, um das vorauszuschicken: Ich bin dagegen, dass man Neue Musik billiger verkauft als andere Musik.

Sie gehört auch ins normale Repertoire.

Berno Odo Polzer: Genau. Aber man kann von Hörern, die nicht wissen, was auf sie zukommt, nicht erwarten, dass sie dasselbe zahlen wie für Beethovens Siebente, die sie kennen und die von einem Ensemble gespielt wird, von dem sie wissen, wie das werden wird. Man sollte eigentlich dasselbe verlangen für Klassik und Neue Musik, aber das lässt sich nicht realisieren, weil alles von der Hörerperspektive her “auf Risiko” passiert. Diese Offenheit ist ja auch Teil des Ganzen. Man geht in was rein, von dem man nicht weiß, wie das sein wird.  Und von dem her ist der Generalpass ein wichtiges Instrument.

Genau. Im November ist “Wien Modern”, da plane ich für die Abende nichts anderes. Das Burgtheater, in das ich sonst auch zu selten geh’, muss warten. Letzte Frage: Organisationsstruktur, Geld. War das ein Grund, dass du gesagt hast, ich mache jetzt was anderes.

Berno Odo Polzer: Hauptgrund ist:10 Jahre sind genug. Mein Bedürfnis zur Veränderung. Aber ich will auch nicht verheimlichen, dass die Arbeitssituation natürlich nicht die einfachste ist. Weil es mit dem geringen Budget immer schwieriger wird das auf die Beine zu stellen, was man von Wien Modern erwartet.

Warum ist es zum Beispiel nicht gelungen, mit Herrn Geyer vom Theater an der Wien für Wien Modern Uraufführungen auszumachen?

Berno Odo Polzer:  Kann ich nichts dazu sagen.

Gut, danke! Berno -: Wer bleibt eigentlich dem Wien Modern-Team erhalten? Ich habe mit Bedauern den Weggang Thomas Schäfers festgestellt, der jetzt eine Schlüsselposition in Darmstadt hat, wozu ihm zu gratulieren ist, auch einige andere Leute haben im Konzerthaus gekündigt, u. a. der sehr geniale kaufmännische Leiter.

Berno Odo Polzer: Da das Team von Wien Modern so klein ist, ist es leicht zu sagen wer bleibt. Die neue Produktionsleiterin bleibt, wer auch unbedingt zu erwähnen ist, die bisherige Produktionsleiterin bleibt, die verbleibenden Konzerthausmitarbeiterinnen sind auch da, mittelbar in Verbindung – Verkauf, Marketing usw.

Gibt es eine Zusammenarbeit mit der Jeunesse?

Berno Odo Polzer: Eigentlich nicht.

Wäre das nicht gut?

Berno Odo Polzer: Natürlich, die Jeunesse ist ein interessanter Partner. Ich bin natürlich in einem guten Kontakt mit der Jeunesse, aber es hängt immer von den Projekten ab.

Deine persönlichen Pläne, sofern du sie verraten möchtest?

Berno Odo Polzer: Ich habe kuratorische Angebote, Pläne. Ich möchte mich mehreren handverlesenen Projekten widmen.

In Österreich?

Berno Odo Polzer: International. Und ich möchte mich mehr künstlerischen Entwicklungen  widmen, ich habe mit verschiedenen Choreographen zusammengearbeitet, auch im Bereich des Theaters. Ich mache jetzt einmal Pause von der Institution, ich habe nicht vor, mich irgendwie bei Wien Modern einzumischen. Ich kann mich Dingen widmen, die mehr Zeit brauchen. Ich kann keine Namen oder Orte nennen, wo ich anfange, sondern: Ich möchte mich auf bestimmte Dinge mehr konzentrieren.