mica-Interview mit 5/8erl in Ehr´n

Mehr Kunst, weniger Umsatz – Gibt es unpeinliche Dialekt-Musik? Im Falle von 5/8erl in Ehr´n muss man diese Frage mit einem ganz klaren Ja beantworten. Max, Hanibal und Bobby von 5/8erl in Ehr´n über Mundart-Texte, Visionen und Radiosender, die wie Buchhaltungsprogramme funktionieren. Das Interview führte Markus Deisenberger.

Gleich am Anfang muss ich euch mit der traurigen Realität des Geschäfts konfrontieren. Ein Freund und großer Fan eurer Kunst hat mir diese Raubkopie eurer aktuellen CD zugesteckt. Im konkreten Fall hatte das den erfreulichen Effekt, dass ich mich dadurch erst für eure Musik interessiert habe. OK für euch?
Max: Das ist vollkommen OK. Außerdem ist sie kreativ, weil sie das Cover des zweiten Albums hat, aber auch Nummern des ersten drauf sind. Toll. Hauptsache ist doch, dass die Musik gehört wird. Und solange wir nicht nur eine machen und alle anderen raubkopiert werden…
Hannibal: Man kann sich doch ohnehin nicht dagegen wehren.

Der Qualtinger würde im Grab rotieren, könnte er eure Musik hören, wurde über euer letztes Album geschrieben. Aus Freude wohlgemerkt. Ein schönes Bild, das da von euch gezeichnet wurde, oder?
M: Ein wunderschönes Bild, das uns sehr gefreut hat.

Aber liegt darin nicht auch ein Missverständnis begraben? Indem ihr nämlich immer wieder mit dem Wienerlied in Kontakt gebracht werdet? Oder anders gefragt: Habt ihr überhaupt Wienerlied-Kontakt?

M: Eine gute Frage. Durch unser Auftreten und unsere Besetzung sind wir sehr schnell in diese Schachtel gesteckt worden. Und genau deshalb sieht das Cover unseres zweiten Albums auch so aus. Nach dem Motto: Wenn ihr uns so wollt, dann sehen wir halt auch so aus. Aber hört euch doch bitte die Musik an…
H: Wenn man Musik mit deutschen Texten macht, die im Dialekt gesungen wird, kommt man halt an Qualtinger nicht vorbei. Aber auch Qualtinger hat das Genre eher verwendet, um seine Ansagen zu platzieren. Eine schöne Maske gleichsam, aus der raus gestichelt wird.
M: Qualtinger war immer politisch, während das wirkliche Wienerlied ja nicht unbedingt anecken wollte.

Umso erstaunlicher ist doch, dass eure Musik, die also antritt, um das traditionelle Wienerlied zu brechen, in völlig unterschiedlichen Schichten so gut ankommt. Woran liegt das? Nur an der Form?
H: Sie kommt rund daher, glaube ich, das ist der Grund. Das ist uns im Ausland aufgefallen. Eine Nummer wie „Siasse Tschick“ kann man überall spielen. Auch wenn die Leute gar nicht merken, dass es in Wahrheit ums Kiffen geht, funktioniert der Groove. Die Musik spricht schon einmal für sich, weil sie eine gewisse Qualität hat.
M: Wenn die Leute dann die Texte hören, sind sie meistens überrascht, dass man so um die Ecke denken kann. Aber eigentlich ist es einfach: Wir machen das, was uns gefällt und haben dabei einen hohen Anspruch an uns selbst.
H: Dafür bedienen wir uns der Harmonik des Jazz. Aber weil wir alle aus völlig verschiedenen Genres kommen, gibt es auch sehr unterschiedliche Einflüsse bei uns. Wir haben auch keine Scheu davor, eine Rock-Nummer zu machen. Wenn es groovt und zusammen passt, dass geht’s dahin.

Wie entstehen die Nummern? Kommt also zuerst der Groove und dann der Text?
H: Sehr unterschiedlich. Manchmal stehen ein paar schräge Akkorde oder ich komm mit einer Bass-Groove daher. Oder aber die Jungs kommen mit einem Text. Dann gibt es auch die Konstellation, dass wir eine Nummer schreiben, während wir jammen. Dann schießen sich die Jungs irgendwelche Textfetzen zu und daraus entsteht dann allmählich ein Stück. Wichtig aber ist, dass wir keine Band sind, die ewig auf einem Ding hängen bleibt, um daran herum zu feilen. Wir lassen es meist so, wie es unmittelbar aus uns raus kommt.
M: Ja, das ist wichtig: Je kürzer der Prozess des Entstehens ist, desto besser wird auch das Lied. Wenn es schnell kommt, dann passt es auch.
H: Bei dieser CD jetzt hatten wir aufgrund der Förderung durch den Musikfonds zum ersten Mal die Chance, uns im Studio ein wenig mehr Zeit zu lassen.
Deshalb gingen wir zu David Müller von den Strottern, weil wir wussten, dass er versteht, worum es uns geht. Er hat auch ein wenig als Produzent fungiert.
M: Das ist ein weiteres Prinzip unserer Arbeit: Wir lassen alles, was wir nehmen können, einfließen. Darum ist die Konstellation, wie wir uns zusammen setzen, so wichtig: Clemens Wenger kommt aus dem Jazz und bewegt in der Jazzwerkstatt sehr viel. Miki ist eine Querdenkerin, Hanibal bewegt sich in der alternativen Szene. Dadurch kennen wir viele Leute, die gerne etwas mit uns machen und nutzen das auch. Wer weiß schon, wie das nächste Album ausschauen wird. Die Band entwickelt sich.
H: Wir haben jetzt auch bei diesem Album die Lust entdeckt, vielleicht das nächste Mal noch mehr im Studio zu machen. Live sind wir sehr gebunden an unsere Instrumente, außer es steht mal ein Klavier herum. Aber im Studio überkommt einen dann schon auch eine große Lust, die Nummern wirklich rauszuputzen.

„Die Nummern rauszuputzen“ birgt aber doch auch die Gefahr in sich, dass das Ganze zu glatt wird und die Stiche, die man aus der Maske heraus setzen will, wie ihr es vorher nanntet, nicht mehr sitzen.

M: Insofern heißt „ausproduzieren“ aber nicht, eine dieser komischen österreichischen Pop-Poduktionen zu bewerkstelligen, die nach den USA klingen wollen, es aber nicht schaffen, sondern vielmehr einen Raum zu schaffen, den man live nicht hat. Die Idee etwa, einmal etwas mit zwei Posaunen aufzunehmen, haben wir schon lange.
H: Ja, das würden wir uns wünschen, die Kohle ist aber halt einfach nicht da.
M: Vom „überproduzieren“ sind wir, wenn man ehrlich ist, eh weit entfernt.

Habt ihr nur Nummern im Programm, die auch live funktionieren, oder gibt es auch welche, die auf Platte toll sind, aber live einfach nicht ankommen.
H: Es gibt schon einige, die wir live nicht spielen, weil wir auf dem Album ganz einfach etwas ausprobiert haben, was live nicht rüber kommt. „Heut tanzt die ganze Welt“ zum Beispiel spielen wir gar nicht live.
M: Wir sind auch eine Band, die nicht viel probt. Wir machen einen Soundcheck und dann spielen wir. Durch das viele Live-Spielen schauen wir dann, wie sich das Programm entwickelt.
H: Wir haben auch eine Dramaturgie, die sich mit Doppel-Conference durch das ganze Set zieht. Die Setlist muss also insgesamt passen und da gibt es einfach Nummern, die nicht ins Gesamtkonzept passen. Mit dem nächsten Album haben wir dann irgendwann zehn weitere Nummern, da kann es dann leicht sein, dass die eine oder andere raus fällt und sich dadurch wieder alles ändert. Sag niemals nie. Aber jetzt hat es sich so eingebürgert, diese Nummer nicht, jene über die Kronenzeitung aber immer zu spielen.

Funktioniert eure Musik in Deutschland?
H: In Deutschland gibt es das Phänomen, dass immer noch Journalisten zu den Konzerten kommen und dann darüber schreiben und sei es nur im kleinsten unbedeutenden Regionalblatt. Diese Kultur gibt es ja bei uns nicht mehr bzw. ist sie uns zumindest noch nie untergekommen.
M: Die setzen sich zu zweit ins kleinste Beisel und schreiben mit. Und es stimmt nachher jeder gespielte Songtitel. Das bist du als Österreicher einfach nicht gewohnt.
H: Wir freuen uns auch total über so etwas. Da fühlt man sich respektiert und geachtet. Konkret haben wir in Deutschland eine wirklich gute und dafür aber auch eine vernichtende Kritik bekommen. Insofern würde ich sagen, mal so mal so.
M: Wir spielen in erster Linie auch nur in Süddeutschland und da hilft uns der Umstand, dass wir mit diesem Wienerlied-Ding spielen, weil es dazu führt, dass wir thematisch falsch verstanden werden.

Tatsächlich thematisch falsch? Nicht sprachlich?
M: Ganz genau. Thematisch. Die übliche Assoziation mit Wien ist immer: Schönheit. Wir stehen aber nicht für die blühenden Rosen und die Schönheit der Stadt. Im Gegenteil, würde ich sagen.
H: Und dann sind die Leute oft ein wenig überfordert mit den Texten.

Aber musikalisch funktioniert sie?
H: In der Schweiz kamen die Leute und sagten, dass es ihnen gut gefallen habe, sie aber kein Wort verstanden hätten. Das gibt’s auch.
M: In Deutschland ist das Publikum wesentlich älter als in Wien.
H: In Wien stehen ja auch sehr junge Leute auf uns.

Und in Deutschland nicht?
M: Kaum. In Deutschland ist das Publikum fast durchwegs älter as 40 Jahre. Da werden wir wesentlich mehr als Wienerlied-Band wahrgenommen als hier.

Wie ist das im eigentlich im Radio. Ich werdet auf Ö3 gespielt und auf 88,6. Wie sieht´s mit fm4 aus?
M: Auf fm4 wurden wir auch schon gespielt. Der Blumenau hat uns mal gespielt…
H: …sich daraufhin aber auch gleich von uns abgegrenzt.

Inwiefern?

H: ich hab ihm nachher ein Mail geschrieben, in dem ich mich bedankt habe. Und er hat zurück geschrieben, dass sich die Nummer ja jemand anderer gewünscht habe und er nichts dafür könne, dass er sie spielen musste.
M: Eine Assoziation mit Dialekt ist halt immer Austropop. Aber warum soll man nicht in Mundart singen und trotzdem gute Musik machen?

Gute Frage. Läuft auf fm4 irgendetwas im Dialekt gesungenes?
H: Ich glaube in erster Linie Hip Hop von A.geh wirklich und Texta zum Beispiel.

Dialekt ist zwischen Alkbottle und „I am from Austria“ ja auch ein schwieriges Thema. Wann kam bei euch eigentlich die Gewissheit, dass man es im Dialekt machen muss und vor allem, dass man es besser machen muss?
M: Der Punkt war nie da, weil ich persönlich auch nie englische Texte sang. Wenn ich einen englischen Text schreibe, schäme ich mich meistens dafür. Ich stehe auf gute Texte und ich glaube, man kann nur in der Sprache etwas transportieren, in der man auch träumt. Ich wüsste also gar nicht, weshalb ich in einer anderen Sprache texten sollte.

Was aber noch nicht die Frage beantwortet, warum es im Dialekt sein muss.
M: Ich kann halt nur auf Mundart texten. Slang ist mir einfach näher als die harte deutsche Sprache. Obwohl ich auch auf Rio Reiser stehe und der bekanntlich auf Hochdeutsch sang. Es gab nie eine konkrete Entscheidung, sondern es war von Anfang an logisch.

Apropos Soul und Blues: Gibt es bei euch jemanden, der in Altbeständen wühlt, um Alben eines Lightnin´Hopkins oder anderer Granden zutage zu fördern?
M: Das passt gut, denn gerade jetzt kommt der beste Bluessänger Mitteleuropas (Sänger Bobby Slivovsky betritt das Lokal, Anm.). Der kann gleich die Frage beantworten.
Bobby: Lightnin´Hopkins vielleicht weniger. Aber Marvin Gaye, Ray Charles und die Allman Brothers sind immer eine Neuerwerbung aus Altbeständen wert.

Jetzt, wo auch Bobby zu uns gestoßen ist, muss ich noch mal beim Dialekt nachhaken. Zusammengefasst kann man sagen, ihr macht Blues/Soul, der zufällig im Dialekt gesungen ist. Oder ist es eben kein Zufall?
B: Soundtechnischer ist es einfach besser. Das ist ein ganz natürlicher Prozess, würde ich sagen.
M: Ein Merkmal des Blues ist ja auch, dass man sich etwas von der Seele singt. Und da gibt es kein grammatikalisch richtiges Englisch, sondern eben nur
ein „ain´t gonna…“ So zu singen wie man redet, darum geht es.
B: Und es geht darum, sich nicht anzupassen, sondern ehrlich zu bleiben.
M: Die Frage, ob Dialekt oder nie, hat sich nie gestellt. Es war immer klar dass es Dialekt sein muss.

Ihr seid eine Live-Band. Wie wichtig ist es dann überhaupt, ein Album aufzunehmen? Muss das halt auch sein, weil es einfach so üblich ist oder ist es ein wichtiger Teil des gesamtkünstlerischen Ausdrucks?
H: Ein Album ist wie ein Schlussstrich unter eine längere Arbeitsphase.
B: Man kann Dinge ausprobieren, die man live nicht ausprobieren kann.
M: Und es ist einfach schön, dass es die Möglichkeit gibt, ein Lied zu bauen wie ein Haus. Irgendwann ist es dann abgeschlossen. Ob man ihm dann live gerecht wird, ist wieder eine andere Frage.

Ihr habt alle mehr oder weniger einen Background im Jazz. Das Virtuose, das damit immer gerne assoziiert wird, ist euch aber herzlich egal, wenn ich das richtig interpretiere.
M: Virtuosität überspielt ja oft nur die Dummheit. Mir ist jeder Künstler lieber, der etwas zu sagen hat, als einer, der schnell ist.
H: Wir tragen immer den Gedanken in uns, dass wir zu fünft sind. Unsere Gitarristin Miki spielt im jetzigen Programm ein einziges Solo, da lässt sie es dann aber wirklich krachen. Da gibt es dann Standing Ovations und das macht für mich wesentlich mehr Sinn, als würde sie es jede zweite Nummer machen, um irgendetwas aufzufüllen.
M: Neulich war ein Interview mit Willi Landl im Falter, wo er den tollen Satz sagte: „Ich liebe Jazz und ich hasse Jazz.“ Und das trifft auch auf uns zu, denke ich. Viele der berühmten Jazzer waren doch gar keine Virtuosen. Ja, wenn man das jetzt transkribiert und nachspielt, dann wird es virtuos. Damals aber ging es doch mehr um den kreativen Prozess und weniger um die Virtuosität.

Du meinst solche Sinnlosigkeiten wie ausnotierte John Coltrane-Soli?
B: Sicher. Der würde wahrscheinlich am liebsten jeden erschießen, der das tatsächlich nachspielt. Aber Coltrane ist auch in anderer Hinsicht ein gutes Beispiel: Der hielt Monologe, während wir Dialoge führen.

In eurer Musik wird auch der Brachialhumor, der mit Dialektmusik leider oft Hand in Hand geht, elegant umschifft und teilweise sogar augenzwinkernd zum Thema gemacht.
B: Stimmt. Anbiedern tun wir uns nicht. Aber die Tiefe des Humors kann man selber eher schlecht beurteilen.
M: in erster Linie lustig sind wir sicher nicht. Aber warum sich nicht lustig machen über etwas oder uns selbst? Es gibt ganz wenig gutes und viel schlechtes Kabarett.
B: Für Kabarett sind wir zu unpolitisch.

Apropos unpolitisch: Eigentlich ließe sich aus aktuellem Anlass der Sigismund, der ja so schön ist, auf Karl-Heinz umdichten.
M: Ich persönlich finde ihn ja nicht schön. Was sagt ihr?
B: Er ist zu jung und zu erfolgreich. Aber ich muss mit meinen Aussagen vorsichtiger sein. Ich mache jetzt auf der Bühne auch keine Pröll-Sager mehr, weil ich mittlerweile um mein Leben fürchten muss.

Dass ihr unpolitisch wärt, war aber eher als Understatement zu verstehen, oder?
M: Ich denke, sobald man den Anspruch hat, Inhalte zu vermitteln, ist Musik so oder so politisch, denn es gibt so viel Musik, die völlig inhaltslos ist… Das alles  ist unpolitisch und reaktionär und das sind wir sicher nicht.

Gibt es schon Überlegungen für ein neues Album?

M: Es gibt schon viele Lieder, eine ganze Idee aber steht noch nicht. Das neue Album wird hoffentlich im Herbst raus kommen. Und es stehen zwei Videos zu Stücken des letzten Albums an. Zu „Gspiast Di“ wird es einen Animationsfilm und zur „Siassen Tschick“ ein Video geben.
H: Der Animationsfilm ist eine sehr aufwändige Geschichte. Da haben sich zwei unserer Freunde ein Jahr lange verbunkert, ein kleines Haus und dazu passende Miniaturpuppen gebaut.
B: Mit Wandvertäfelungen aus den Holzstäbchen von Starbucks. Insgesamt wirkt das ein bisschen wie Wallace & Gromit.
M: Bei der Siassen Tschick ist die Idee noch nicht ganz ausgereift. Nur so viel worweg: Es werden Leute von Bett zu Bett fallen.
H: Und es wird die Stimmung beschreiben, ohne zu offensichtlich zu werden. Subtil also.

Mehr Kunst, weniger Cheech & Chong?
M: Mehr Kunst, weniger Gefängnis.
B: Und weniger Umsatz.

Und gibt es Pläne, in Deutschland auch den Norden zu erobern? Ist das realistisch?
B: Jetzt kommen wir zu unserem Lieblingswort „Klangmalerei“.
M: Genau. Warum soll eine französische Mundartband nicht bei uns und eine österreichische Mundartband im Gegenzug nicht in Frankreich erfolgreich sein? Ohne Utopie geht doch gar nichts. Und deshalb glaube ich auch, dass man es auf der ganzen Welt schaffen kann, wenn man nur will.
B: Die siasse Tschick ist das beste Beispiel. Der smoothe Groove funktioniert überall. M: Unsere Musik funktioniert unter anderem auch deshalb so gut, weil wir den schönsten Frontmann Europas haben.

Sprichst Du von Dir oder von Bobby?
M: Von ihm natürlich. Aber im Ernst: Süddeutschland ist super, aber wir würden auch gerne nach Berlin.
H: Und wir werden uns dafür bemühen.
M: Bis jetzt macht Hanibal das Booking, aber wir suchen jemanden, der diese Arbeit entgeltlich für uns übernimmt.
H: Dass es diese Booking-Landschaft nicht mehr so  gibt, wie es sie einmal gab, hat doch glaube ich sehr viel mit dem grassierenden Minderwertigkeitskomplex zu tun. Es hat kaum noch jemand Visionen. Die Musiker glauben an ihre Projekte, es gibt Bands, die funktionieren, darüber hinaus aber tut sich nicht viel. Meist ist es so, dass einer aus der Band drauf drückt. Miteinander aber ließe sich viel mehr aufbauen. Wenn man in größeren Zusammenhängen denkt, könnte die Person, die uns managt, auch genügend Geld zum Leben verdienen.

Man genügt sich halt auch recht leicht, wenn es sich nur hier halbwegs ausgeht. Warum also den Asch aufreißen?

B: Weil Musik eine universelle Sprache ist, die vor allem dort funktioniert, wo es auch ein bisschen weh tut.
H: Deshalb machen wir auch Songwriting-Workshops. Egal in welche Schule du gehst, du merkst recht bald, dass die jungen Leute wirklich Musik machen wollen. Und da kann man ihnen gar nicht oft genug sagen: „Schauts, dass raus kommts und etwas tuts.“
B: Oder geh am Yppenplatz und spiel eine Nummer mit Türken und Serben! Funktioniert garantiert. Und in jeder Klasse gibt es auch mindestens einen, der gut rappen oder beatboxen kann. Wenn sie aber Pech haben, landen sie in einer ORF-Castingshow.
H: Andererseits kann man in Österreich um 100 Euro ein Label gründen. Das haben wir gemacht. Und so bleibt uns vom CD-Verkauf alles übrig. Das erhält die Band.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Musiklandschaft – ein zweischneidiges Schwert?
B: Wenn die Leute über die Musiklandschaft reden, sag ich immer: A geh. Mit ein bisschen Glück gibt es in zwanzig Jahren eh wieder eine.
M: Dafür, dass der Minderwertigkeitskomplex so ausgeprägt ist, gibt es ja auch genügend Schuldige: die Radiosender etwa. Es gäbe ja genug gute Musik. Nur gespielt wird sie halt nicht.
H: Wir waren ja auch schon bei Ö3, weil ich einmal angefragt habe, warum uns eigentlich immer nur der Eberhard Forcher, der einer der wenigen war, der uns immer förderte, spielt, aber sonst  niemand. Und auf mein E-Mail hin wurden wir eingeladen. Bei unserem Besuch hat mir dann Georg Spatt wortwörtlich gesagt, dass der Sender zu feig sei uns zu spielen. Aber was bitte eckt bei „Schneid die Melone an“ an? Er meinte, Ö3 sei in erster Linie ein Format, das im Hintergrund gehört wird. Man dürfe daher nichts spielen, was sich in den Vordergrund drängt, sonst ist der Hörer verwirrt. Da fragt man sich schon…
B: Wenn ein Radiosender so funktioniert wie ein Buchhaltungsprogramm, hat man sich eigentlich selbst abgeschafft.
H: Hier offener zu sein, würde so viel aufmachen, dass es kaum zu glauben ist.

Link:
5/8erl in Ehr’n