mica-Interview Alexandra Karastoyanova-Hermentin

Die Aspekte Salzburg geben nicht nur einen Webern-Schwerpunkt zum Besten, sondern bringen auch ein vielfältiges Programm lebender KomponistInnen zu Gehör. Auch von Alexandra Karastoyanova-Hermentin wird in diesem Rahmen ein Werk uraufgeführt – eine Komponistin, die sich bewusst mit der Tradition auseinandersetzt. An einer plakativen Übernahme stilistischer Aspekte ist sie allerdings nicht interessiert. Woher sie das Material für ihre Werke nimmt, wie sie sowohl traditionelle “Kunstmusik” wie auch Elemente bulgarischer Volksmusik, mit der sie vor ihrer Übersiedelung nach Österreich aufgewachsen ist, in ihr Schaffen einbindet, darüber unterhielt sie sich mit Lena Dražić.

Sie haben in “Elimo” Zitate vorhandener Musik integriert. Nun wird einerseits immer wieder gesagt, das Zitat sei typisch für einen postmodernen Zugang zum Komponieren, andererseits haben KomponistInnen immer mit Zitaten gearbeitet. Auf welche Art haben Sie dieses vorgefundene Material verwendet?

Es ist nicht das erste Mal, dass ich “fremdes” Material benütze, ich habe immer wieder auf verschiedene Stilistiken zurückgegriffen. Zitate würde ich das aber nicht nennen – ein besserer Begriff wäre Andeutungen, Allusionen.

Um das zu konkretisieren: Sie nehmen einerseits auf die Arie “Cold Song” aus Purcells Semi-Oper “King Arthur” Bezug, andererseits auf bulgarische Volksmusik.

Ja, das sind sehr unterschiedliche Dinge – es ist natürlich eine stilistische Vermischung, wenn man einerseits auf europäische Quellen wie im Fall von Purcell und gleichzeitig auf eine Volksmusiktradition zurückgreift. Speziell in “Elimo” überlappen sich diese Ebenen aber überhaupt nicht, sondern das Werk entwickelt sich von einer Ebene zur anderen. Ich glaube, gerade wenn man sehr bekannte Beispiele verwendet, sollte man sehr behutsam damit umgehen, damit es nicht plakativ wirkt. Ich spiele oft damit, einerseits Erkennbares zu verwenden, andererseits auch eine bestimmte Distanzwirkung herzustellen. Auch in “Elimo” entwickelt sich das Purcell-Fragment vom fast nicht Erkennbaren mehr und mehr hin zum Erkennbaren, es ist dabei im Verhältnis zum Original zeitlich überproportional gedehnt. Musikalisch gesehen geschieht hier eine Überlagerung von Schichten, einerseits auf horizontaler, anderseits auf vertikaler Ebene. Ich arbeite oft mit dieser Technik der Linearität, wobei die Übereinstimmung mehrerer Schichten sowohl in der Vertikalität als auch im horizontalen Ablauf nicht immer durch die absolute Tonhöhe bestimmt wird, sondern auch durch ein Verständnis der Linie als “Richtung” – das ist das grundlegende Prinzip in der mittelalterlichen byzantinischen Monodie. Sowohl hier als auch in manchen meiner früheren Werke kommen diese Prozesse – u. a. im Umgang mit bulgarischem Volksliedmaterial – stark zum Tragen. In der slawischen Volksmusik gibt es den Begriff der Heterophonie – ich habe mir lange Gedanken gemacht, ob ich diesen Begriff verwenden soll, weil ich nicht eins zu eins die Heterophonie der russischen Tradition übernehme. Aber ich verwende eine Art von Heterophonie, die auf einer unabhängigen Schichtung basiert, in der immer wieder eine andere Linie in den Vordergrund tritt. Es gibt nichts Wichtiges oder Unwichtiges, sondern ein ständiges Wechselspiel zwischen diesen Linien.

Kann man sagen, dass es eine Linie gibt, die im Hintergrund präsent ist, und die von verschiedenen Instrumenten aufgegriffen wird?

Nein, eben nicht nur eine – es sind mehrere Linien, aber nicht im Sinne der Polyphonie.. Es besteht eine Unabhängigkeit des Linearen, wobei mal die eine, mal die andere Linie stärker hervortritt.

Jede Linie ist eigentlich unabhängig von den anderen.

Ja, sie haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten logischer und musikalischer Natur. Die Heterophonie, wie ich sie verwende, unterscheidet sich aber von der slawischen Tradition, wo immer eine Linie von den anderen “umsungen” wird. Hier gibt es keine Hauptstimme. Die Linien sind unabhängig, aber sie korrespondieren sehr stark miteinander, und zwar natürlich auch aufgrund der Tonhöhe. Wenn ich sage, dass die Tonhöhe nicht so wichtig ist, heißt das nicht, dass Tonhöhe überhaupt keine Rolle spielt – aber es gibt auch andere Gesetzmäßigkeiten, so wie zum Beispiel in der byzantinischen Monodie die melodische Richtung eine größere Rolle spielt als eine definierbare Tonhöhe. Generell geht es mir beim Schreiben, auch wenn ich ein bestimmtes Material zitiere oder verwende, fast ausschließlich um die musikalische Substanz, auf keinen Fall um äußerliche Ideen.

Das heißt, es geht auch nicht primär um den Ausdruck von Gefühlen.

Als Resultat schon, aber das ist nicht der Ausgangsgedanke. Es gibt in jeder Arbeit ein Wechselspiel von Ratio und Intuition, wobei die Intuition nicht nur spontan auftritt. Das ist vielleicht ein Widerspruch in sich, aber wenn ich arbeite, suche ich nach einer Logik, die nicht rational zu begründen ist, und das ist ein sehr langwieriger Prozess. Diese innermusikalische Logik hat keinesfalls mit irgendwelchen reihenhaften Strukturen oder dergleichen zu tun, sondern besteht auf rein intuitiver Basis. Eine weitere Suche geschieht auf der  Ebene der Mikroprozesse.  Ich glaube, dass die musikalische Stilistik am ehesten auf der Mikroebene ihre Charakteristik hat. Um das mit der Sprache zu vergleichen: Ich arbeite nicht mit der untersten Ebene, also der Ebene der Buchstaben oder – im Falle der Musik – mit der Tonhöhe oder dem Klang an sich. Ich suche primär bestimmte Faktur-Komplexe, die sehr stark thematisch prägnant sind. Was mit diesen Faktur-Komplexen im Nachhinein geschieht, ist eine völlig andere Sache. Das sind sozusagen Modelle im traditionellen Sinne des Wortes “Modellarbeit”, das man etwa auf Mozart angewendet hat, also mit typischen Kadenzierungen usw. Oft werden diese kleinen Segmente dann zu größeren Blöcken verbunden.

Das heißt, diese Faktur-Komplexe sind sowohl horizontal als auch vertikal charakterisiert?

Sie können verschiedenste Komponenten beinhalten. Es können kurze Segmente sein, die  sehr komplex sind.

Das klingt schon fast nach Motiven im traditionellen Sinn.

Das ist es, was ich meine: Die signifikante Ebene der Sprache ist nicht die Ebene der Buchstaben, sondern wir beginnen mit Wörtern zu denken. Dasselbe gilt auch für diese Elemente, die man mit Motiven vergleichen könnte. Oft bilden sie die Grundlage einer längeren Struktur, die dann blockartig in einen anderen Abschnitt übergeht. Ravel hat dieses Verfahren in seinen Walzern angewendet, die typische Walzerstruktur hat diesen kettenartige Aufbau. Das heißt aber nicht, dass diese Grundfakturen das einzige Ausgangsmaterial bilden, sondern sie sind ein Teil sehr komplexer Schichtungen. Manchmal gibt es auch Fakturen, die eher homogener Art sind, aber es kann bei mir schon sehr dicht werden. Aber zurück zu Ihrer Frage, was Zitate beziehungsweise die Verwendung von fremdem Material angeht: Eine Ebene ist die Heterophonie, eine andere sind ganz konkrete Intonationen, die z. B. melismatische Formeln verwenden.

Kommt das auch aus der bulgarischen Volksmusik?

Ja, aber nicht im Sinne eines Zitats, sondern als generelle Beziehung zur Tradition. Diese Elemente treten in “Elimo” in einer kantilenenartigen Disposition auf, die auch in der bulgarischen Volksmusik vorkommt – diese langgezogenen, von der Stimme ausgehenden Melismen. Und was mich auch sehr interessiert: Die bulgarische Volksmusiktradition hat eine sehr spezifische Gesangstechnik.

Es gibt ja diese berühmten Frauenchöre …

Genau, es gibt eine spezielle Schule des Singens, wo die Leute mit einer ganz besonderen, gepressten Stimmtechnik ausgebildet werden. Aber der zweite Aspekt ist die Melismatik, die eigentlich in der europäischen Tradition so nicht anzutreffen ist. Ich versuche, durch die klanglichen Möglichkeiten der Instrumente diese Feinheiten der Stimme nachzuahmen, die auch sehr schwer zu notieren sind.

Geht es da um Mikrotonalität?

Nicht nur, es geht auch um spezielle Arten des Trillers, des Gurgelns, des Kehlkopfsingens, um spezielle Vorschläge. Diese Überlieferung hat mit unserem Notationssystem nichts zu tun. Ich versuche, diese Feinheiten mit den neuen klanglichen Mitteln umsetzen – da geht es um verschiedene Schattierungen, um klangliche Effekte. Diese subtilen Veränderungen des Klanges sind für mich aber selten primär. Sie bilden nicht den Ausgangspunkt, sondern sind das Resultat anderer musikalischer Ideen.

Darf ich noch einmal darauf zurückkommen, was Sie am Anfang über die unterschiedlichen stilistischen Ebenen gesagt haben. Ich frage mich immer, wie heute KomponistInnen zu ihrer musikalischen Sprache kommen, nachdem es längst keine verbindlichen Schulen etwa in der Art des Serialismus mehr gibt. Anders ausgedrückt: Es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, dass man eigentlich aus einer Überfülle an technischen Angeboten schöpfen kann. Habe ich das richtig verstanden, dass Sie vorhandenes Material nicht in eine Sprache integrieren, die unabhängig davon besteht, sondern dass dieses vorgefundene Material – z. B. die Volksmusik – selbst die Sprache generiert, und dass dann unter Umständen innerhalb eines Stücks auch verschiedene “Sprachen” aufeinander treffen?

Das ist eine komplexe Frage. Erstens: Natürlich stimmt es, dass heute die Bandbreite an Kompositionstechniken und -schulen wahnsinnig groß ist. Wir werden überflutet von allem Möglichen, und jeder sucht sich in diesem Konglomerat unterschiedlichster Dinge seinen eigenen Weg. Ich würde aber trotzdem nicht sagen, dass für mich die Arbeit mit fremden Stilistiken zentral ist. Es ist schwierig zu sagen, wie das Eine das Andere beeinflusst – ob eine bestimmte Stilistik in die eigene Sprache einfließt, oder ob man sich ihrer bedient, um etwas Eigenes zu verwirklichen. Manchmal ist dieses Zurückgreifen auf bestimmte Stilistiken absolut unerklärlich. Das Stück “Annäherung”, das ich für das Mozartjahr geschrieben habe, endet zum Beispiel mit Mahler, Mozart kommt darin nur in kodierter Form vor. Wobei das Werke sind, die wirklich mit verschiedenen Stilistiken arbeiten – es gibt auch Stücke, die ausschließlich eine eigene Stilistik verwenden.

Und wo nehmen Sie dann das Material her?

(Lacht) Als ich während meines Studiums ein Stück präsentiert habe, war einer der anderen Komponisten erstaunt, dass ich überhaupt keine Einflüsse von außen habe. Ich glaube aber, dass wir uns von der Tradition sowieso nicht lösen können. Ich bin als Pianistin ausgebildet, bin also durch sämtliche Interpretationsschulen gegangen – das fließt automatisch ein, auch wenn man es nicht möchte. Ich finde es wichtig, die Tradition zu kennen – ob man sich dann konkret auf irgendetwas bezieht, ist von Werk zu Werk und von Komponist zu Komponist sehr unterschiedlich. Wie sich meine eigene Sprache entwickelt, ist schwer zu erklären – es ist der intuitive Versuch, auf der Ebene der Mikrostrukturen etwas zu kreieren, das absolut „meines“ ist. Es ist eine Logik, die in dir steckt und die du zu ergründen versuchst. Ich habe oft Stilistiken aus dem Jazzbereich übernommen – wir können auch viel von der Popmusik lernen, es gibt einfach etwas daran, was die Leute anspricht. Das hat vielleicht damit zu tun, dass das Erkennbare und vielleicht auch das leichter Verdauliche die Leute anspricht. Das ist natürlich eine sehr schwierige Frage – inwiefern gehe ich aufs Publikum ein. Für mich ist in diesem Zusammenhang ein anderer Begriff wichtig, nämlich die Spielbarkeit, auch wenn es sich spielerisch manchmal am Rande des Möglichen bewegt. Über Interpreten nachzudenken ist für den Kompositionsprozess sehr wichtig, ebenso wie das heikle Thema Virtuosität – in dem Sinne, dass ein Interpret etwas vorzuzeigen hat, dass er mit etwas glänzen darf.

Sie arbeiten ja auch mit sehr differenzierten Spieltechniken, die die Möglichkeit der traditionellen Instrumente bis zum Äußersten ausreizen …

Es gibt um einiges schwierigere Literatur, aber ich muss schon zugeben, dass diese äußerste Schwierigkeit manchmal beabsichtigt ist, aber nicht als Selbstzweck, sondern im Kontext eines Werkes. Es muss auch ein Gleichgewicht herrschen zwischen dieser enormen Schwierigkeit einerseits und andererseits Stellen, die vielleicht ganz durchsichtig und langsam sind und wo eine Musikalität im klassischen, traditionellen Sinne gefragt ist. Man soll einen Musiker spüren, der dahinter steht, der nicht einfach nur exakt ein Stück aufführt, sondern seine Stärken technischer und musikalischer Art präsentieren kann.

Das heißt, dass man als Interpret auch eine bestimmte Souveränität bekommt.

Absolut, ja. Es gibt ein Stück von mir für Violine und Violoncello – “Kastena” heißt es, das ist ein künstlicher Name – das habe ich 2003 für das International Contemporary Ensemble komponiert, für eine Uraufführung in der Galerie Rosenberg & Kaufman in New York. Das ist das meistgespielte unter meinen Werken, die guten Musiker wollen es spielen, weil sie darin etwas vorzuzeigen haben. Es ist eines meiner spontansten Werke – die Spontaneität beim Schreiben ist nicht meine Charakteristik, normalerweise schreibe ich sehr langsam. Diese Spontaneität würde ich gerne wieder erreichen.

Wie haben Sie das damals gemacht?

Das Stück hat bei der Uraufführung eben dieses jüdische Ambiente gehabt, und das war vielleicht das einzige Mal, wo ich darüber nachgedacht habe, wo ein Stück uraufgeführt wird – das hat mich auf einige Intonationsideen gebracht. Was auch sehr wichtig für mich ist: Wenn ich schreibe, möchte ich, dass der Musiker durch die Notation nicht auf die eine absolute Exaktheit begrenzt wird, sondern dass sehr viel möglich ist in Hinblick auf die Interpretation. Das ist oft ein Gedanke während des Schreibens: Inwiefern begrenze ich einen Interpreten, indem ich etwas zu exakt notiere, und inwiefern gibt es die Möglichkeit zu mehr Eigenständigkeit? Was “Kastena” betrifft – wie gesagt, das ist ein künstlicher Name, zufällig habe ich nachher erfahren, dass es irgendwo in Skandinavien eine Ortschaft mit diesem Namen gibt.

Ist “Elimo” auch ein künstlicher Name?

Ja, das Wort hat meine Tochter ständig wiederholt. Ich wollte keine konkreten Bezüge zur Musik, ich wollte wirklich einen künstlichen Namen finden. Es gibt aber verschiedene komische Bezüge: Der Begriff “elimo” hat, wenn ich mich nicht irre, im Lateinischen etwas mit “ausfeilen”, “verfeinern” zu tun – außerdem bezeichnet er eine Pflanzengattung, und ich bin verrückt nach Pflanzen! Anscheinend ist das eine extrem widerstandsfähige, grasartige Pflanze, die am Strand wächst.

Ich würde gerne noch einmal auf den Punkt Verständlichkeit zu sprechen kommen. Sie haben in Hinblick auf die Popmusik den Aspekt erwähnt, dass sie viele Menschen anspricht. Bei der Neuen Musik ist hingegen ein sehr spezifisches Wissen nötig, um überhaupt einen Zugang dazu finden zu können. Sehen Sie die Tatsache, dass Neue Musik nur von einem relativ kleinen Segment von Menschen rezipiert wird, als Problem?

Die “ernste” Musik war immer elitär, und die Verkomplizierung innerhalb der Neuen Musik hat natürlich diese elitäre Tendenz noch verstärkt und die Zugänglichkeit weiter begrenzt. Abgesehen davon, wenn ein Werk qualitativ hochwertig ist, spricht es den Zuhörer sowieso an, ohne dass ein vorausgehendes Wissen nötig ist. Ich glaube trotzdem, dass es sehr viele Lücken in unserem System gibt – dass beispielsweise die Medieninstitutionen ihre Aufgabe, neue Kunst zu propagieren, einfach nicht wahrnehmen. Andererseits sind etwa Kinder völlig unvoreingenommen in Bezug auf Musik. Wir werden nicht mit Mozart geboren, aber unser Ausbildungssystem hat leider diese Einseitigkeit und versagt in vieler Hinsicht. Es gibt sehr viel zu tun, was die Neue Musik betrifft – sowohl im universitären Bereich als auch in diesem musealen Betrieb der Orchester, die überhaupt keine Neue Musik spielen. Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass man beim Schreiben völlig den Faktor Publikum ignorieren soll mit dem Gedanken, ich habe die Berechtigung, zu tun, was ich will. Kein seriöser Künstler würde das machen, dahinter steht normalerweise professionelle Hilflosigkeit. Man macht sich schon Gedanken darüber, wie das aufgenommen wird, und eine der vielleicht wichtigsten Sachen für mich ist, dass als Resultat die Emotion im Vordergrund steht. Das ist das, was ich mit der inneren musikalischen Trieblogik meine, die nicht erklärbar ist.

Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass Sie keine typisch “postmoderne” Komponistin in dem Sinn sind, dass Sie die verschiedenen Einflüsse als Stilzitate für sich stehen lassen, sondern dass das bei Ihnen alles einer sehr zwingenden Logik folgt, wo es doch um den Ausdruck einer eigenen Subjektivität geht. Es gibt nicht diese Beliebigkeit des Spielens mit Ebenen, die zitathaft dastehen, sondern es fließt ein in etwas Eigenes.

Auf jeden Fall, das ist in die Sprache integriert. Eine direkte Verwendung von fremdem Material oder eine plakative Stilistik wie zum Beispiel bei  manchen Werken von Schnittke stört mich hingegen wahnsinnig. Lange Zeit habe ich mich auch von der bulgarischen Volksmusiktradition fern gehalten, weil ich ständig damit konfrontiert wurde, dass diese Musik auf eine unmögliche Weise stilisiert wurde. Es bleibt jedem überlassen, seine Wurzeln hervorzukehren oder in den Hintergrund zu stellen. Die übertriebene Zugehörigkeit zur Nationalität empfinde ich auch nicht als meinen Weg, aber eine völlige Nivellierung der eigenen Wurzeln ist für mich nicht zufriedenstellend. Ich bin aber weit davon entfernt, auf einen Kulturbereich zurückzugreifen, wo es für mich exotisch wird. Es gibt Komponisten, deren Credo das Experimentieren ist – ich habe ja bei Boguslaw Schaeffer studiert, einem der wichtigsten Experimentatoren des 20. Jahrhunderts. Meinen Weg sehe ich aber in einer Vorgehensweise, bei der unter den vielen Möglichkeiten schließlich nur eine einzige richtig ist. Vielleicht bin ich in diesem Sinne eher traditionell – was das Denken angeht, auf keinen Fall aber in Bezug auf die konkreten musiksprachlichen Komponenten.

 

 

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