Seit dem Jahr 2006 machen ein Deutscher und zwei Ungarn miteinander Musik: mit Maultrommel, Didgeridoo und Human Beatboxing. Und weil jeder der drei für die Schaffung seines Sounds viel Luft benötigt, haben sie sich einfach Airtist genannt. Ein praktischer Name, wie sie Jürgen Plank im mica-Interview erzählt haben.
Seit wann macht ihr drei als Band namens Airtist Musik?
Aaron: Die Bandgründung war 2006 in Israel, aber zu der Zeit waren wir noch nicht Airtist. Markus und ich trafen uns auf diesem wunderschönen Festival in Israel, zusammen mit einem israelischen Beatboxer. Für 5 bis 10 Minuten, wenn ich mich recht erinnere, machten wir Musik, und es war so kraftvoll und energiegeladen, dass Markus und ich entschieden, weiterzumachen.
Wie ist es dann weitergegangen?
Aaron: Als wir nach Europa zurückkamen, suchten wir innerhalb eines Radius‘ von 1000 Kilometern – das war unsere Grenze – nach einem sehr guten Beatboxer. Wir beide lebten ja auch 1500 km voneinander entfernt. Markus lebte zu dieser Zeit in Paderborn, Deutschland. Und wir fanden Döme, der zwei Minuten von mir entfernt wohnte, in Keskemet, Ungarn. Das war im Januar 2007.
Wie würdet Ihr Menschen, die euch als Band nicht kennen, eure Musik beschreiben?
Döme: Sie ist kraftvoll und dynamisch und ich denke, das Publikum fühlt die Kraft, die wir geben. Es ist eine Transformation. Es ist nicht Techno, denn wir legen die Energie und moderne Ideen von Musik in die spirituelle Art und Weise die Instrumente zu spielen hinein.
Welche Instrumente verwendet ihr denn?
Markus: Aaron spielt Maultrommel, Döme macht Human Beatboxen und ich spiele Didgeridoo.
Markus, du hast in einem Video erzählt, dass Aborigines in Australien dir das Spielen des Didgeridoo beigebracht haben. Wie war das?
Markus: Da ich bereits europäischer zeitgenössischer Didgeridoospieler war, ging ich 2004 zu den Yolngu, einem Aboriginesstamm im Nordosten Arnhemlands, Australien, woher das Didgeridoo stammt, um das traditionelle Spielen zu lernen. Ein Stammesältester unterrichtete mich im traditionellen Spielen. Aber ich kann es nicht richtig, da es sehr kompliziert ist. Daher mixe ich das Traditionelle mit der modernen zeitgenössischen Art des Didgeridoospielens. Es war ein großartiges Erlebnis mit erstaunlichen Menschen, mit 6 bis 7 Jahre alten Jungen, die so viel besser als ich spielten.
Wie lange warst du bei den Aborigines?
Markus: Ich lebte 4 Monate lang in einem Aboriginegebiet, in Arnhemland.
Wie wichtig ist für euch drei das Erlebnis der Live-Auftritte, verglichen mit Aufnahmen im Studio?
Aaron: Das ist das wichtigste Erlebnis. Unsere Musik lebt wirklich, wenn sie live gespielt wird. Wir spielen sehr primitive Instrumente, die primitivsten der Menschheitsgeschichte, aber wenn wir live spielen, verbinden sich der Sound, die Energie, die Kraft der Spieler und der Instrumente und das geht auf das Publikum über. Es ist also ein sehr guter Energiekreislauf mit dem Publikum, das uns ebenfalls sehr viel gibt. Das multipliziert die Schwingung des Konzerts.
War es Zufall, dass ihr ausgerechnet diese einfachen Instrumente spielt? Wobei man sagen kann, dass das Didgeridoo ja nicht das einfachste Instrument ist.
Döme: Für mich war es absolut neu. Ich meine, als Aaron mich fragte, ob ich Mitglied in der Band werden möchte, und diese drei Instrumente, wobei ich ja nicht wirklich ein Instrument bin, zusammengeführt werden sollen, war das sehr interessant für mich.
Aaron: Und es war etwas sehr Besonderes, da jeder von uns ein Experte auf seinem Gebiet ist. Und es war ein sehr glückliches Zusammentreffen. Wir haben das nicht geplant oder nach diesen Instrumenten, diesem Sound Ausschau gehalten, als wir erkannten: Wow, das ist der Sound, den wir brauchen. Ich habe mit anderen Bands gespielt, Markus und Döme ebenfalls, aber diese Band gibt die volle Energie.Ich glaube, es warst du, Markus, der in einem Interview gesagt hat: „Was wir spielen, ist unser Weg zu leben.“
Markus: Ja, das stimmt genau. Wir sind nicht kopierbar und das, was wir machen, ist es nicht. Der Ausdruck von uns dreien auf der Bühne entspricht unserem Charakter und das kommt aus unseren Instrumenten.
Habt ihr auch Songtexte?
Markus: Auf unserer neuen CD haben wir jetzt zwei Songs mit Texten, da arbeiten wir mit einem MC zusammen, aber generell haben wir keine.
Wo tretet ihr normalerweise auf?
Aaron: Bisher spielen wir hauptsächlich in Europa in der Zeit von März bis Oktober auf größeren und kleineren Festivals, im Winter haben wir Club-Gigs. Wir haben jedoch einige Einladungen nach Israel und einige bevorstehende Konzerte in Übersee im nächsten Jahr und wollen dies ausbauen.
Wie seid ihr auf euren Namen gekommen?
Döme: Der Name war die Idee von Markus. Und es war auch einfach ein guter Witz, da wir sehr viel Luft mit unseren Instrumenten verwenden. Daher fügten wir den Künstler (Artist) mit Luft (Air) zusammen. Und es ist der perfekte Name für das, was wir machen. Außerdem stehen wir eigentlich bei jedem Line-Up am Anfang, weil wir immer am Anfang der alphabetischen Namensreihung stehen.
In einem Videointerview sagte einer von euch, dass ihr wie Brüder seid. Was macht die spezielle Beziehung aus, die ihr als Band habt?
Markus: Wir machen so viele Dinge gemeinsam und freuen uns immer darauf, einander wiederzutreffen, auch da Döme und Aaron aus Ungarn kommen und ich aus Wien. Wir haben so viel Spaß zusammen, lieben es, gemeinsam zu reisen und auf der Bühne wissen wir immer genau, was die anderen machen. Wir haben zusammen in engsten Räumen, schmalen Betten und Autos geschlafen, aber auch in nobelsten 5-Sterne-Hotels und wir mögen es, zusammen herumzuhängen.
Aaron: Und es gibt einen weiteren wichtigen Aspekt. Da unsere Musik nicht aufgeschrieben ist, ist es auf der Bühne unbedingt notwendig, einander zu spüren, zu fühlen, was der andere will und im nächsten Moment machen wird und dass wir auf der gleichen Wellenlänge sind.
Döme: Das macht auch den Unterschied zu Live-Auftritten und Studioaufnahmen aus. Bei einem Konzert haben wir die Zeit, einander zu fühlen. Im Studio ist das komplett anders. Wir müssen gute Ideen entwerfen um den perfekten Sound zu bekommen. Wir brauchen mehr Zeit, um unseren Bühnensound und das Bühnengefühl zu bekommen. Daher ist es harte Arbeit im Studio und nicht so einfach wie auf der Bühne.
Da ihr sehr ungewöhnliche Instrumente benutzt, gebt ihr vermutlich auch Workshops?
Markus: Ich habe vor Airtist überall in Europa, Israel, Indien und Australien Workshops gegeben. Seit nahezu 15 Jahren bin ich in der Didgeridoo-Szene in Europa unterwegs.
Döme: Ich war zwei Mal in Berlin, dort gibt es eine Weltmeisterschaft der Beat-Boxer.
Aaron: Aber Döme war zwei oder drei Mal ungarischer Beat-Box-Meister. Er ist zu schüchtern, um es zu sagen, aber er ist einer der besten Beat-Boxer Europas. Um noch einmal auf die Workshops zurückzukommen: Da jeder von uns ein absoluter Experte auf seinem Gebiet ist, werden wir auch unabhängig voneinander eingeladen, Workshops zu geben.
Wusstet ihr, dass es eine Maultrommel-Weltmeisterschaft gibt?
Aaron: Es gibt viele große Maultrommel-Festivals, ich bin Mitglied einer internationalen Maultrommel-Vereinigung, aber es gibt keine Weltmeisterschaft. In Jakutien, Sibirien gibt es ein großes Festival, bei dem es auch einen Wettstreit gibt.
Ich weiß, dass Albin Paulus von der österreichischen Band Hotel Palindrone bei diesem Festival zum besten Spieler gekürt worden ist. Kennst du ihn?
Aaron: Ja, ich kenne Albin Paulus, er spielt extrem gut. Er ist einer meiner favorisierten Spieler wenn es um Obertöne geht. Er spielt großartig. Ich habe ihn schon zwei Mal zu dem Maultrommel-Festival in Ungarn eingeladen, das ich organisiere.
Wo und wann findet das Festival statt?
Aaron: Es findet jeden Dezember in Keskemet südlich von Budapest in einer schönen Synagoge statt. Gezeigt wird jeglicher Musikstil, es ist ein sehr vielfältiges Festival.
Was überrascht euch selbst bei Airtist?
Markus: Was mich an Airtist noch immer überrascht, ist, dass wir mit diesen Instrumenten auf den größten Festivals in Europa spielen. Dabei kennen die Menschen meistens kein einziges unserer Lieder. Es ist verblüffend, wie weit wir mit diesen einfachen Instrumenten gekommen sind.
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