Mica Focus 2017

Im Jahr 2017 widmete sich mica – music austria im Rahmen des mica focus brennenden Themen im Bereich der Musikwirtschaft: Der Bedeutung der Blockchain-Technologie im Bereich des Musikbusiness wurde in drei Arbeitsgruppen und einer öffentlichen Diskussion Rechnung getragen. Den Folgen des Streamings für die Musikwirtschaft, für Labels sowie Musikschaffende und wer davon wie profitiert, ging Markus Deisenberger in einer Artikelserie nach. Im Bereich der Neuen Musik diskutierten wir aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums von Wien Modern die Geschichte des Festivals ebenso wie die Entwicklung der Festivallandschaft im Allgemeinen und stellten uns der Frage, wie Veranstalter in Zukunft das Publikum zu begeistern suchen.

Live-Veranstaltungen

THE BLOCKCHAINED MUSIC BUSINESS – OPPORTUNITIES AND CHALLENGES

mica – music austria veranstaltete in Kooperation mit dem Instiut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM) der Universität für Musik und darstellende Kunst am 3. März 2017 einen Workshop mit anschließender öffentlicher Diskussion.

Berichte über die Blockchain-Technologie kursieren seit ungefähr einem Jahr in den diversen Internetforen und darin wird sie oftmals als Technologie beschrieben, die die gängigen Wertschöpfungsketten und -strukturen im Onlinebereich von Grund auf revolutionieren könnte. Bei einer Blockchain handelt es sich um eine dezentrale, auf der Kryptowährung Bitcoin basierende Datenbank, die Informationen über Transaktionen in chronologischer Reihenfolge speichert. Sie besteht aus einer reinen Textdatei und folgt dem Peer-to-Peer-Prinzip. Den größten Vorteil einer Blockchain sehen Fachleute darin, dass die Transaktionen einzig zwischen den beteiligten Netzwerk-Userinnen und -Usern ablaufen können und eine dritte Instanz somit obsolet würde, was die Abwicklung kostengünstiger und rascher machen könnte. Noch befindet sich die Anwendung der Blockchain-Technologie abseits von Bitcoin zwar erst in der Testphase, eine frühzeitige Beschäftigung mit der Thematik kann aber zu einem entscheidenden Wissensvorsprung führen, wenn es zu einer breiten Anwendung kommt.

Aus diesem Grund veranstalteten mica – music austria und Peter Tschmuck vom Institut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM) der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) gemeinsam einen Workshop zum Thema, in dem die unterschiedlichen Perspektiven der Blockchain-Technologie für die Musikwelt in drei geschlossenen Arbeitsgruppen mit wichtigen Akteuren der heimischen Musikwelt aufgearbeitet wurden.

Arbeitsgruppe 1: Ein neuer Anlauf zu einer Global Repertoire Database? Die politische Relevanz der Blockchain-Technologie.

Leitung: Peter Jenner (Peter Jenner war Manager von Musikgrößen wie Pink Floyd und The Clash. Er betreibt die Musikagentur Sincere Management in London, war Generalsekretär des International Music Managers‘ Forums und Direktor des Britischen Music Managers‘ Forums, Beirat der Featured Artists Coalition und Berater für die World Intellectual Property Rights Organization (WIPO) für die Einrichtung eines International Music Registry.)

Arbeitsgruppe 2: Mehr Fairness und Transparenz in der Einkommensverteilung zwischen den RechteinhaberInnen?

Leitung: Benji Rogers (Der britische Musiker Benji Rogers gründete 2009 die direct-to-fan-music-making-Plattform PledgeMusic und gilt als führender Experte der Blockchain-Technologie. Er ist Mitbegründer des Projekts http://dotblockchainmusic.com/, welches 2016 von Musically als Digital Music Startup of the Year ausgezeichnet wurde.)

Arbeitsgruppe 3: Die Blockchain als Chance und Herausforderung für Musikschaffende.

Leitung: Carlotta De Ninni (Die Musikerin und Musikproduzentin arbeitet als Assistentin von Imogen Heap bei deren Mycelia for Music Foundation, einem  Projekt welches auf Basis der Blockchain-Technologie ein faires Musik-Ökosystem ermöglichen möchte.)

Im Anschluss an die Arbeit in den Workshop-Gruppen fand eine Podiumsdiskussion bei freiem Eintritt statt, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen waren:

 

Freitag, 3. März 2017 | 16.30-18.00 Uhr

Podiumsdiskussion „The Blockchained Music Business – Opportunities and Challenges“

Internationale ExpertInnen diskutierten über die Chancen und Herausforderungen der Blockchain-Technologie für das Musikbusiness (in Englisch)

Ort: mdw, Großer SE-Raum am IKM, Gebäudeteil E, 1. Stock

The Blockchained Music Business, Bericht von Markus Deisenberger.

30 Jahre Wien Modern

Zur 30. Ausgabe von Wien Modern veranstaltete mica – music austria in Kooperation mit Wien Modern eine Diskussionsreihe, um (mehr als) 30 Jahre Neue Musik, Veranstaltungsmanagement und Kulturpolitik bei drei Podiumsdiskussionen und unter Beteiligung des Publikums zu diskutieren. Festivals können sowohl als repräsentative Kulminationspunkte der Neue-Musik-Szene wie auch als Ausnahmeerscheinungen im „Alltag“ des regulären Konzertprogrammes wahrgenommen werden. Sie sind Knotenpunkte der Netzwerke der Neuen Musik, aber auch wesentlicher Kommunikationskanal „nach außen“ – zu neuem Publikum, zu anderen Genres, zur Medienlandschaft, zur Politik. In drei Panels schlugen wir gemeinsam mit MusikwissenschafterInnen, JournalistInnen und VeranstalterInnen einen Bogen von den Pionierjahren Neuer Musik über die Etablierung gewachsener Strukturen bis hin zu den Entwicklungen des letzten Jahrzehnts. Rund 50 Personen haben die Veranstaltung besucht.

 

Ort: Dschungel Wien im MuseumsQuartier Wien

Datum: 17. & 18. November 2017

Panel 1: Wien Modern – die frühen Jahre

Termin: Freitag, 17. November 2017, 14:00 Uhr

Eröffnung: Jürgen Meindl, Leiter der Sektion Kunst und Kultur des Bundeskanzleramtes

TeilnehmerInnen: Thomas Angyan, Christoph Becher, Lothar Knessl, Christian Meyer, Katrin Zagrosek

Moderation: Christian Scheib

Panel 2: Die Entwicklung der Festivallandschaft

Termin: Freitag, 17. November 2017, 16:00 Uhr

Impulsvortrag: Rainer Nonnenmann

TeilnehmerInnen: Barbara Eckle, Bernhard Günther, Patrick Hahn, Rainer Nonnenmann, Andrea Zschunke

Moderation: Reinhard Kager

Im Anschluss, ab ca. 17.30 Uhr, Empfang im Foyer der Halle E+G

Panel 3: Kulturinstitutionen neu erfinden

Termin: Samstag, 18. November 2017, 14:00 Uhr

Impulsvortrag: Matthias Naske

TeilnehmerInnen: Hannah Crepaz, Matthias Naske, Thomas Schäfer, Angelika Schopper

Moderation: Barbara Eckle

ONLINE-ARTIKELSERIe

Von der Musik leben. Urheberrecht, Musikverwertung und Kulturpolitik

In einem Punkt sind sich Experten einig: Sowohl CDs als auch Platten werden zwar nicht aussterben, anders als in den 1980er- und 1990er-Jahren werden sie aber wohl nur mehr ein Dasein in der Nische fristen. Wachstumspotenzial hingegen sprechen sie dem Musikkonsum via Streaming-Plattformen zu. Das bestätigt auch Michael Huber, Musiksoziologe an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), der eine Studie über die Gewohnheiten des Musikhörens verfasst hat, im mica-Interview. So weit, so nachvollziehbar. Doch wer verdient wie viel am Geschäft mit den digitalen HörerInnen? Und sind die Deals zwischen Stramingplattformen und Labels fair? Bringt Streaming vielleicht sogar die Lösung für das kränkelnde Musikbusiness der letzten Jahre? Der auf Musikrecht spezialisierte Jurist und mica-Autor Markus Deisenberger fragte nach.

Spotify brüstet sich, ohnehin große Summen an die Rechteinhaber auszuschütten. Und die Beträge, die die Musiknutzerinnen und -nutzer für ihre Abos bei Streamingplattformen lassen, werden größer und größer. Dennoch klagen Künstlerinnen und Künstler, dass viel zu wenig Geld bei ihnen ankomme. Wo jedoch bleibt das Geld? Auch Peter Tschmuck, Musikwirtschaftsforscher am Institut für Kulturmanagement und Gender Studies (IKM) der mdw, ging dieser Frage nach und kann dennoch vielfach nur Mutmaßungen anstellen, denn die Verträge zwischen Streamingplattformen und Major Labels unterliegen üblicherweise der Geheimhaltung. Was jedoch über Leaks nach außen dringt, zeichnet ein Bild, in dem es sich die Major Labels durch ihre Position als Rechteinhaber ganz gut eingerichtet haben. Sie stellen harte Bedingungen an die Streamingplattformen und lassen sich die Lizenzen nicht nur durch Bares bezahlen, sondern wohl auch durch Beteiligungen an den Plattformen selbst. Eine Situation, die Abhängigkeiten schafft. Vor allem bei kleineren Musikschaffenden kommt jedoch nur wenig bis nichts an, was nicht nur an der Summe liegt, die zur Ausschüttung an die Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung steht, sondern auch am Verteilungsschlüssel, durch den größere Stars auch mehr erhalten. (siehe: https://www.musicaustria.at/wie-fair-ist-streaming/) Zwar hat der Zusammenschluss der Independent Labels „Merlin“ eine Verbesserung gebracht, als nun die kleinen Labels als größerer Player gegenüber den Streamingplattformen auftreten können; dennoch konstatiert Alexander Hirschenhauser, Sprecher des Verbandes unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreichs (VTMÖ): „Das sind keine fairen Deals. Das sind Deals, die vom Markt diktiert werden.“ Er plädiert daher für eine zu Zeiten des Neoliberalismus anachronistischen Maßnahme, um das Kräfteverhältnis auszugleichen: der Regulierung auf dem Gebiet des Streamings.

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Links:

https://www.musicaustria.at/musik-ist-ein-gebrauchsgut-geworden-michael-huber-im-mica-interview/

https://www.musicaustria.at/irgendwann-die-grosse-kohle-peter-tschmuck-im-mica-interview/

https://www.musicaustria.at/wie-fair-ist-streaming/

https://www.musicaustria.at/natuerlich-sind-das-dicke-bretter-die-man-bohren-muss-alexander-hirschenhauser-im-mica-interview/