Blickt man auf die zahlreichen Projekte, in denen Max Nagl seine Finger mit im Spiel hat, wird eines sofort klar. Hier ist ein Musiker Mann am Werken, der sich seine eigenen Freiräume schaffen will und für den der Begriff „Berührungsangst“ ein Fremdwort darstellt. Es gibt wohl kaum ein Genre, in dem der 1960 in oberösterreichischen Gmunden geborene und bereits mehrfach ausgezeichnete Saxophonist und Komponist nicht schon einmal eindrucksvoll reüssieren konnte. Am 21. April ist der facettenreiche Musiker, diesmal im Quartett mit Clemens Wenger, Raphael Preuschl und Herbert Pirker, im Wiener Blue Tomato auf der Bühne zu sehen.
Ist es alleine die instrumentale Virtuosität, die einen Musiker ausmacht? Oder gehört doch noch weit mehr dazu, sich als eigenständiger Künstler zu positionieren. Vielleicht bedarf es dazu auch Mut, bereits beschrittene Wege zu verlassen, um sich für Neues frei zu machen. Max Nagl gehört ohne Zweifel jener Gattung von Musikern an, die sich mit Vehemenz dagegen wehren, auch nur für einen kurzen Moment einer bestimmten Kategorie zu entsprechen, die zu keiner Zeit Gefahr laufen wollen, sich in Wiederholungen zu verlieren, die, um diese zu vermeiden, immer wieder neue musikalische Projekte in Angriff nehmen.
Nagl, so scheint es, fühlt sich in fast jedem Bereich pudelwohl. Mit seiner 2006er Veröffentlichung “Market Rasen” wagte sich der Ausnahmemusiker sogar noch um einen Schritt weiter und verließ er das ihm vertraute Genre Jazz, um sich der Welt des Pop, speziell der von Artpopikone Robert Wyatt, dem Schlagzeuger, Sänger, Komponist und Mitbegründer der legendären Experimentalgruppe “Soft Machine”, zu widmen. Beispiele seiner enormen Wandlungsfähigkeit sind auch die Projekte „C.O.D.E.“ und „Boulzac”. Zu den aufsehenerregenden Arbeiten der letzten Jahre gehören die Zirkusmusik für die Compagnie Jerome Thomas, Musik für Kinderhörspiel „Schon schön” (ARD), das Quartett mit Steve Bernstein, Noel Akchote und Brad Jones und die vor wenigen Wochen uraufgeführte Kinderoper „Camilo Chamäleon“.
In den Musikern Clemens Wenger (Keyboards, Elektronik), Herbert Pirker (Schlagzeug) und Raphael Preuschl (Bass) hat der Saxophonist die idealen Partner für die Umsetzung seiner in alle Sparten hinein reichenden Ideen gefunden. Die drei Instrumentalisten, allesamt aus dem Umfeld der Wiener Jazzwerkstatt stammend, verstehen die Vorstellungen Max Nagls vortrefflich in die Tat umzusetzen, wiewohl dieser im Gegenzug, vertrauend auf deren spielerischen Fähigkeiten, diesen auch genügend Raum zur Selbstentfaltung lässt. Wie schon oft bewiesen, erwächst aus dem Zusammenspiel dieser vier Ausnahmemusiker eine musikalische Klangsprache, die an Vielschichtigkeit kaum zu überbieten ist und immer wieder mit unvorhersehbaren Wendungen überrascht. Immer wieder vom Willen zur Improvisation beseelt, entsteht zwischen den Protagonisten ein ständiges Hin und Her aus dem die Musik ihre Spannungsbögen zieht. (mt)