Markus Hinterhäuser wird Chef der Salzburger Festspiele

Alle warten auf erste Ansagen des neuen Wiener-Festwochen-Intendanten, der er ab 2014 ist. Die kommen auch bald. Doch jetzt ist etwas anderes fixiert worden: Markus Hinterhäuser tritt 2017 die Intendanz der Salzburger Festspiele an, die er interimsmäßig bereits einmal 2011, vor dem Antritt Alexander Pereiras, auf ein Jahr innehatte, was berechtigt allgemeines Lob nach sich zog. Hatte er aber darauf verzichtet, unter Pereira weiter – ohne Verankerung im Direktorium – als Konzertchef für das Musikprogramm zur Verfügung zu stehen, so sagte er jetzt sehr wohl zu, alle Agenden der Festspiele erneut führen zu wollen.

Im Rahmen der Salzburger Festspiele betreute Hinterhäuser von 1993 bis 2001 unter der Intendanz von Gerard Mortier und unter tatkräftiger Mithife von Hans Landesmann zusammen mit Tomas Zierhofer-Kin erstmals die Neue-Musik-Schiene „Zeitfluss“, die große Beachtung fand. 2006 kehrte er (inzwischen hatte er mit Zierhofer_Kin die Wiener Festwochen mitgestaltet)  wieder zu den Salzburger Festspielen zurück, wo er zum Konzertchef berufen wurde. Alle seine Programme im Musikbereich waren vorbildlich und innovativ, wie vielleicht noch nie zuvor. In der Reihe “Kontinente” etwa setzte er Akzente, indem er klassische Musik mit moderner Musik auf eine Art miteinander verschränkte, die in ihren dramaturgisch-programmatischen Verknüpfungen und überraschenden Verbindungen  neue Sichtweisen ermöglichten.

„Habemus Intendantem“: Am Mittwoch, den 25.9.2013  erfolgte um ca. 15.00 Uhr die „Verkündigung“ des Kuratoriums und die Bestätigung durch das Festival selbst: Der Kulturmanager und Pianist übernimmt ab 1. Oktober 2016 und bis inklusive 2021 die Leitung der Festspiele; und der Vertrag von Präsidentin Helga Rabl-Stadler wurde bis Ende September 2017 verlängert. Die Präsidentin will, wie die Zeitung „Kurier“ berichtet, versuchen, „allen drei Intendanten“ zu Seite zu stehen. Es sind derzeit tatsächlich drei:  Pereira ist es (noch), Sven-Eric Bechtolf in der Übergangszeit der nächsten Saisonen.

Im folgenden sollen an dieser Stelle die ersten Reaktionen Markus Hinterhäusers, die er bei der Pressekonferenz gesagt haben soll (ebenfalls aus dem „Kurier“-Bericht) kurz zitiert werden: Er  betreibe kein Job-Hopping und werde in Wien seinen Vertrag mit den Festwochen bis zum letzten Tag erfüllen. Inhaltlich erklärte er auch, dass ihm eine Redimensionierung der Veranstaltungen auf ein vertretbares Maß wichtig sei. Anders als Pereira ist es ihm, so kann man seine bisherige Arbeit  in Salzburg bilanzieren, tatsächlich nie in erster Linie um Quantität gegangen, immer aber um Qualität.
Hinterhäuser betonte, er sei „ein großer Anhänger von Wiederaufnahmen“, wenn sich Produktionen weiterentwickeln können. Neue Musik werde eine große Rolle spielen, Schwerpunkte werden auch weiterhin auf den Werken von Mozart und Richard Strauss liegen. Für Mozart wolle er neue Formen „über die festgeschriebene Aufführungspraxis hinaus“ entwickeln. Schauspiel und Musik sollten besser vernetzt werden, für die Position des Schauspielchefs habe er „schon Kandidaten im Kopf“. Die Felsenreitschule wird er wieder „für das Schauspiel öffnen“.

Der Kurier zitiert auch weitere „O-Töne“ Markus Hinterhäusers in dessen Wortlaut: „Es gibt immer Diskussionen, ob ein Manager oder ein Künstler ein Festival leiten soll. Ich bin ein Vertreter der Spezies Künstler-Intendant.Und ich stehe dazu. Die Festspiele wurden ja auch von Künstlern gegründet. Manche vermuten, Künstler verstehen nichts von Geld. Umgekehrt würde das bedeuten, wer von Geld etwas versteht, versteht nichts von Kunst.“ –  Über konkrete Pläne zu sprechen, sei es jetzt noch viel zu früh: „“Wir werden als erstes eine profunde Analyse, keine Kritik, der letzten Jahre machen. Ich finde, das Limit der Machbarkeit wurde überschritten.“ Und doch noch einmal über sein Konzept befragt: „Ich bin ja kein Novize in Salzburg. Man kennt meine Handschrift seit vielen Jahren. Die wird sich sicher nicht ändern. Ich beginne jetzt nicht mit links zu schreiben. Bei mir wird die Moderne ihren selbstverständlichen Platz in der Festspiel-Programmierung haben. In meinem Konzept ging es auch um die Fragen: Was kann Kunst bewirken in einer Zeit, in der so viele Menschen ratlos sind? Was sind Festspiele heute? Festspiele sind ja nicht eine bloße Aneinanderreihung von Veranstaltungen.“

Anders als Pereira suche der sensible Konzertpianist den Konsens, befindet Andrea Schurian im „Standard“ und zitiert einer weitere Stellungnahme Hinterhäusers: “Ich glaube, dass die Festspiele zunächst einmal eine Haltung formulieren, eine Temperatur erzeugen müssen. Eine Temperatur des Außerordentlichen. Dass man das nicht in 180 Veranstaltungen durchhalten kann, ist klar. Aber man muss für die Kunst ein Klima der Reflexion, der Auseinandersetzung erzeugen. Man muss den Anspruch stellen, dass hier Dinge passieren, die sich vom Ganzjahresbetrieb unterscheiden.”

Auch die „Salzburger Nachrichten“ wissen zu berichten, dass Markus Hinterhäuser als Intendant bestrebt sein will, dass es stärker als bisher im Festspielprogramm eine „dramaturgische Vernetzung“ geben, eine Art „Erzählung“ geben soll, ohne dies allerdings in jedem Sommer mit einem Motto zu betiteln. Vor allem für das Schauspiel bedürfe es „einer genauen Identität“ und „keiner Zufälligkeiten“.

Überwiegend positiv und erleichtert sind die Reaktionen von Kuratoriumsmitgliedern, Politikern, Prominenten und der Presse bis jetzt auf die Hinterhäuser-Bestellung. Das mica darf sich den Gratulationen anschließen,  nicht ohne der abschließenden Bemerkung, dass wir  Markus Hinterhäuser für jemanden halten, der das Vermächtnis eines Hans Landesmann, der nicht nur für ihn und auch die Salzburger Festspiele so vieles ermöglicht hat,  in sich bewahrt und weiter tragen wird.

Heinz Rögl

Foto Markus Hinterhäuser: Silvia Lelli

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