Welch großes musikalisches Potential in der Songwriterin Marilies Jagsch steckt, zeigte sie schon auf ihrem von allen Seiten hochgelobten Debütalbum „obituary for a lost mind“. Mit „from ice to water to nothing“ (Asinella Records) folgt Ende des Monats der von vielen mit Spannung erwartete zweite Streich der gebürtigen Oberösterreicherin. Erstmals live präsentiert die Musikerin ihre neuen Songs am 20. Mai im Wiener WUK.
Es war besonders die sehr zurückhaltende und introvertierte Art mit der Marilies Jagsch ihre Fans zu begeistern wusste. Anspruchsvolle, leise melancholische Popmusik versehen mit einer Stimme, die beim Hörer aufgrund ihrer Zerbrechlichkeit einfach nur Gänsehaut erzeugte. „obituary for a lost mind“ war kein Album der lauten Töne, es berührte auf subtile Art und Weise, es fesselte mit Songs, welche in die Tiefe gingen und eine ungemein dichte Atmosphäre entfalteten. Für ein Debüt klang die Musik zudem bereits überraschend reif, ein Umstand, der schon damals auf das ausgeprägte musikalische Verständnis der Oberösterreicherin schließen ließ. Marlies Jagsch stellte eindrucksvoll unter Beweis, welche große Wirkung auch mit reduziert eingesetzten Mitteln erreicht werden kann.
Wie sollte es also auf einem nächsten Album also weitergehen? In welche Richtung gedenkt Marilies Jagsch ihren Sound weiterzuentwickeln. Nun, wer die Songwriterin kennt, der weiß, dass sie sich keineswegs Experimente scheut und schon gerne einmal über den eigenen Tellerrand blickt. Man denke nur an ihre Zusammenarbeit mit dem Wiener Elektronikkünstler Bernhard Fleischmann. Die Erwartungshaltung seitens der Fans und Kritiker ist daher erwartungsgemäß doch recht hoch. Doch man beruhigt sein, Marilies Jagsch enttäuscht mit „from ice to water to nothing“ nicht.
Schon der Produzent des neuen Albums, der Experimental-Spezialist Martin Siewert, sollte Zeichen genug sein, dass die Musikerin einen Schritt weitergegangen ist. Im Vergleich zum Debüt setzt Jagsch diesmal auf eine große Bandbesetzung (Konstantin Jagsch, Gernot Scheithauer, Bernd Supper, Helmut Garschall und Lukas Lauermann), was natürlich eine gewisse Erweiterung des Soundspektrums mit sich bringt. Zwar überzeugt die Songwriterin immer noch mit leisen, atmosphärischen Songs, generell schallen diese aber deutlich druckvoller aus den Boxen. Akustische Gitarren machen mehr Platz für elektrische, der Bass klingt dominanter, treibender, das Piano nimmt einen bestimmenderen Platz im Soundgefüge ein, Bläser und Streicher sorgen für ein noch bunteres Klangkostüm. Auch gesanglich präsentiert sich Marilies Jagsch deutlich facettenreicher, wie noch auf dem Erstlingswerk. Es ist nicht mehr alleine die Melancholie, welche die Oberösterreicherin treibt, sie diesmal zeigt sie sich auch nachdenklicher und wütender.
Mit „from ice to water to nothing“ stellt Marilies Jagsch einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis, dass sie zu Recht zur Spitze der heimischen Singer/Songwriterszene zählt. (mt)
Foto: Daniel Terler