MANU MAYR gehört in der österreichischen Jazzszene mit zu den zu den auffälligsten, weil auch umtriebigsten Persönlichkeiten. In zahlreichen Bands und Projekten höchst aktiv (unter anderem KOMPOST 3), zeigt sich der Bassist als ein aus dem Jazz kommender Musiker, dessen Tun stilistisch nicht wirklich fassbar ist. Es gibt vermutlich nicht allzu viele musikalische Felder, auf denen er sich nicht schon einmal erfolgreich versucht hätte. Wirklich überraschend ist es daher nicht, dass auch seine neue Veröffentlichung „live – Karlskirche“ (Laub Records) nicht unbedingt in den gewöhnlichen klanglichen Bahnen abläuft.
Das in digitaler Form erscheinende Album ist im Rahmen des letztjährigen Popfests Wien in der Karlskirche entstanden. Als Solist unterwegs, macht Manu Mayr auf beeindruckend innovative Art vor, was nicht alles aus einem Bass herauszuholen ist. Sein über 20 Minuten lang dauerndes und in drei Abschnitte unterteiltes Stück kann man als eine einzige, wunderbar atmosphärisch aufgeladene Steigerung verstehen. Es beginnt in minimalistischen und reduzierten Gefilden relativ abstrakt und eigentlich nur rein perkussiv. Nach Melodien, Harmonien oder dergleichen sucht man im ersten Moment vergeblich. Ginge man allein nach dem Gehörten, wüsste man nicht einmal, dass hier ein Bass als Geräuscherzeuger herhält.
Eine einzige, wunderbar atmosphärisch aufgeladene Steigerung
Erst nach und nach beginnt sich das Bild zu wandeln und der Sound wird zunehmend als der eines Kontrabasses wahrnehmbar. Aber dennoch, vom Musikalischen her regiert immer noch die Weigerung, sich den üblichen Mustern anzunähern. Es ist mehr Klangkunst, denn einfaches Musizieren, die der experimentierfreudige Wiener betreibt. Das Geschehen entwickelt sich aber weiter. Mit der Zeit verbreitert sich der Sound zunehmend, bis schließlich eine den Raum erfüllende Fläche entsteht, die eine fast schon hypnotische Wirkung entfaltet. Plötzlich flackern auch leichte Andeutungen von so etwas wie Harmonie immer wieder kurz auf. Letztlich findet das Stück seinen fesselnden finalen Höhepunkt in einem sehr eigenen, kammermusikalisch angehauchten Klangzustand einer sehr verdichteten und bildgewaltigen Art.
„live – Karlskirche“ ist ein Album, das auf seltsame Weise irgendwie außen vor läuft. Manu Mayr stößt auf faszinierende Weise die Tore zu einer anderen musikalischen Dimension auf und beschreitet neuartige, fremde Pfade, die weit weg vom Gewöhnlichen führen. Ein wirklich einmal anderer Musikentwurf. Spannend.
Michael Ternai