„Man muss zulassen, dass es an ein paar Ecken nicht ganz perfekt ist und das ist gut so.” – Bärenheld im mica-Interview

BÄRENHELD schafft mit seiner authentischen und gefühlvollen Musik eine Welt voller unentdeckter Möglichkeiten, die zum Träumen anregen. Schwungvolle Popsounds gepaart mit elektronischen Beats laden das Publikum zum losgelösten Tanzen ein. Im Interview mit Irina Stöckl spricht BÄRENHELD über seinen Weg zur eigenen Musik, seinen fehlenden Hang zum Perfektionismus und seine Wünsche für die Zukunft.

Dein erstes Album „Wildnis“ erscheint am 06. August 2021. Wie würdest du es beschreiben und welche Message möchtest du damit vermitteln?

Bärenheld: Das Album heißt Wildnis und ist in einer sehr ungewissen Zeit in meinem Leben entstanden. Es geht darum sich in einer neuen Realität zurecht zu finden, die unkontrollierbar ist. Ich möchte sie auch gar nicht kontrollieren, sondern eher zulassen, akzeptieren, dass es halt so ist, und damit auch Frieden schließen. Das Album beinhaltet verschiedene Themen aber es gibt zwei Dinge, die in meinem Kopf aufpoppen, wenn ich an das Wort „Wildnis“ denke. Einerseits ist es ein Ort voller Abenteuer und gleichzeitig auch ein Ort, wo keine Straßenbahn fährt und es kein Handynetz gibt. Irgendwie „domesticated“ aber gerade das macht es dann auch spannender und aufregender.

Wie kam es dazu, dass du dich dafür entschieden hast, eigene Musik zu machen?

Bärenheld: Das habe ich eigentlich nicht entschieden. Das ist über mich gekommen. Ich habe mit zehn Jahren begonnen Gitarre zu spielen und auch sofort angefangen eigene Lieder zu schreiben. Das war irgendwie sofort klar für mich und ich kann nicht sagen warum. Es war ein innerer Drang, sich mit Musik und Texten auszudrücken. Ich wollte immer schon diesen Weg als Künstler gehen und habe lange dafür gebraucht. Ich war als Jugendlicher immer in Bands, die immer ein Gemeinschaftsprojekt waren. Dann haben alle zum Studieren begonnen und ich bin auch ins Ausland gegangen, dadurch hat sich alles aufgelöst, aber ich habe immer darauf gewartet, dass sich eine neue Band bildet, sodass ich mich anschließen kann. Das ist dann leider nie passiert, deswegen hat es bei mir auch länger gedauert. Ich entschied mich, ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen, bei dem ich quasi alles alleine mache. Das war vor vier Jahren und jetzt ist das Debütalbum mein erstes großes Statement.

Die Dinge sind nicht so wichtig, dass sie perfekt sein müssen, sondern vielmehr muss sich ein Gefühl bilden

Du sagst selbst, dass dir dein fehlender Hang zum Perfektionismus beim Aufnehmen des Albums im Lockdown geholfen hat. Was meinst du damit genau?

Bärenheld: Zum Beispiel, wenn ich meine Stimme für einen Song aufnehme, dann nehme ich zuerst die Stimme auf und höre mir an, wie der Song ist und baue die verschiedenen Instrumente darauf auf. Normalerweise nimmt man die Stimme dann nochmal auf und macht es halt schöner und passt sie perfekt an. Anfangs nimmt man sie nur schnell auf, damit man eine Demostimme hat, an die man sich halten kann. Oft denke ich mir, dass sie zwar nicht perfekt ist, aber eine gewisse Würze und Lebendigkeit bildet, über die man nicht zu viel nachdenkt, weil man sie nur als Übergang für das Album aufnimmt. Allerdings klingt genau das meistens besser als wenn man versucht, wirklich gut zu klingen. Die Dinge sind nicht so wichtig, dass sie perfekt sein müssen, sondern vielmehr muss sich ein Gefühl bilden oder irgendwie eine Authentizität, obwohl das jetzt nicht mein Lieblingswort ist, aber man merkt oft einen Unterschied. Ich habe dann probiert, mit dem Neuen gegenzuhören und als ich drüber nachdachte, war die zweite Version viel zu verkopft. Man muss zulassen, dass es an ein paar Ecken nicht ganz perfekt ist.

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Um was geht es in dem Song „Keine Ahnung“?

Bärenheld: Er könnte ein Liebessong sein, aber für mich ist er es eigentlich nicht. Ich bin auch gerne nicht ganz direkt in meinen Songs. Ich weiß nicht, ob das gut ist, aber ich mache es zumindest so. Es geht vielmehr um die Liebe an sich, die wir entweder für einen Menschen fühlen oder eben die Leidenschaft für die Musik, wie in meinem Fall. Das Spannungsfeld zwischen den Schmetterlingen im Bauch, den Träumen, die man hat, und die Hardships, die gleichzeitig entstehen. Also, es ist egal, wie schwer es wird, ich bleibe, weil ich mir ein Leben ohne dem ganzen nicht vorstellen kann.

In deinem Song „Einsam“ geht es eigentlich um ein trauriges Thema – Trotzdem wirkt die Musik dazu sehr fröhlich. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?

Bärenheld: Genau deswegen, damit es irgendwie für mich auch leichter verdaulich ist. Das Schöne an der Musik ist, dass man Themen hernimmt, die einfach hart oder einem unangenehm sind und durch die Musik angenehmer werden. Eigentlich geht es für mich in dem Song gar nicht um den negativen Aspekt der Einsamkeit, sondern irgendwie ist es Teil vom Song, das man das Gefühl wertschätzt, dass es mit dem Song schöner ist. Das Gefühl ist dadurch gut geworden und das kann Kunst auf eine besondere Art und Weise. Man kann die schlimmsten Dinge hernehmen und sie so verpacken, damit sie verkraftbarer sind.

Du produzierst nebenbei auch für andere Künstlerinnen und Künstler. Wie ließ es sich zeitlich vereinbaren, die eigene Musik und gleichzeitig Musik für andere zu produzieren?

Bärenheld: Das ist nicht so leicht. Für mich war eigentlich die Corona Pandemie ein guter Zeitpunkt, weil ich davor an einem Album für EDMUND gearbeitet habe und ich hätte eigentlich zu dieser Zeit mein eigenes Album machen wollen, aber dann kam eben dieses Angebot und da sagt man natürlich auch nicht nein. Ich habe dann nämlich auch keinen Kopf für andere Dinge und kann große Projekte nicht gleichzeitig machen. Jedoch ist dann durch die Corona Pandemie alles wegefallen. Da dachte ich mir „Juhu, endlich Zeit für mein Album.“ Das habe ich dann auch gemacht und es hat sich ausgezahlt. Zwischenzeitlich hatte ich einen Hörsturz, der den Zeitplan etwas durcheinandergebracht hat. Ungefähr vier bis acht Wochen, in denen ich wirklich gar nichts mehr gemacht habe und dann ging es wieder langsam bergauf. Jetzt mache ich nicht mehr so viel wie früher, also 40 Stunden im Studio gehen nicht mehr. Ich merke schnell, wenn es mich überfordert und dann höre ich auf und mache eine Pause.

Ich möchte, dass die Leute meine Musik so hören, wie ich mir das die letzten Jahre erarbeitet habe.

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Dein erster Auftritt mit dem neuen Album wird im Zuge der Donauinselfest Truck Tour 2021 stattfinden. Bist du schon aufgeregt, dein Debütalbum vor einem großen Publikum zu performen?

Bärenheld: Ich bin tatsächlich sehr aufgeregt und ich freue mich extrem auf diese Zeit. Ich bin gespannt, wie das alles ankommen wird. Ich war jetzt schon zwei Jahre nicht mehr auf der Bühne und kann es kaum erwarten. Ich habe mir jetzt so viele Gedanken gemacht, wie ich es umsetzen werde. Ich möchte, dass die Leute meine Musik so hören, wie ich mir das die letzten Jahre erarbeitet habe.

Was wünschst du dir für die Zukunft – privat und musikalisch?

Bärenheld: Einfach diese Welle im Moment reiten. Ich schreibe auch gerne Lieder für andere Künstlerinnen und Künstler und für mich. Das Schreiben ist so meine Hauptpassion. Ich produziere auch gerne, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich am liebsten nur Songs schreiben. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich schon lange nicht mehr auf der Bühne stand und es deshalb gar nicht in meinem Kopf hatte, aber ich würde auch sehr gerne öfter auf der Bühne sein. Ich bin sonst nur im Studio und das ist cool, aber ich möchte endlich wieder hinaus und mit dem Publikum interagieren. Natürlich, wie viele andere Künstlerinnen und Künstler, brauche ich einfach das Outlet für mich und meine Emotionen, damit ich diese Songs schreiben, mich ausdrücken und vielleicht mit anderen Leuten verbinden kann, die dasselbe fühlen. Wenn ich das irgendwie weitermachen kann, bin ich schon glücklich. Ich werde im September auch Vater. Wie das in Zukunft funktionieren wird, weiß ich noch nicht. Meine Partnerin und ich machen das alles sehr dynamisch und spontan. Mir geht’s privat enorm gut und ich habe eine wunderbare Frau. Wir sind beide in der kreativen Branche und pushen uns gegenseitig. Jetzt haben wir bald dieses wunderbare Kind. Es ist einfach ein verrücktes Leben und wir versuchen, uns da gemeinsam durchzukämpfen. Also, privat bin ich wunschlos glücklich.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Irina Stöckl

 

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