KICK JAZZ – zwei Abende im Zeichen der jungen österreichischen Jazzgeneration

Am 14. und 15. Dezember geht im Wiener PORGY & BESS erstmals das Festival KICK JAZZ über die Bühne. Den Fokus auf die junge österreichische Jazzgeneration gerichtet, präsentiert der Event an den zwei Konzertabenden sechs der aktuell angesagtesten und erfolgreichsten Bands der heimischen Szene.

Es tut sich was in der österreichischen Jazzszene. Und zwar viel, unglaublich viel. Einen entscheidenden Anteil daran haben vor allem die JazzerInnen der jungen Generation, die schon vor Längerem aus dem Schatten herausgetreten und dem Status von Geheimtipps eindrucksvoll entwachsen sind. Sie haben auf sich aufmerksam gemacht, sich als Größen etabliert, haben Staub aufgewirbelt und hierzulande eine musikalische Vielfalt und Qualität herbeigeführt, die absolut keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Die heimische Szene ist zu Recht selbstbewusst geworden und zieht mittlerweile in hohem Maße die Blicke auch aus dem Ausland auf sich. Sie wird als ungemein lebendig, frisch, vielfältig, kreativ und musikalisch enorm spannend wahrgenommen, was sich auch in der stetig wachsenden Zahl an Einladungen zu bedeutenden internationalen Festivals und zahlreichen Auszeichnungen deutlich widerspiegelt.

Der österreichische Jazz zeigt sich aktuell als eine der vielen verschiedenen musikalischen Sprachen und unterschiedlichen Sounds. Und genau das macht die ganze Geschichte auch so aufregend und interessant. Man weiß nie, was man präsentiert bekommt, nur dass es etwas sehr Feines ist. Die MusikerInnen setzen in ihren Projekten stets andere Akzente, sie folgen alle einer anderen Richtung und mischen stilistisch immer anderes zusammen. Lauscht man sich durch die Alben heimischer Bands, findet man unentwegt etwas anderes. Es ist, es als ginge man als HörerIn auf eine Entdeckungsreise, deren wirkliches Ziel sich erst am Ende offenbart.

Die sechs im Rahmen von KICK JAZZ auftretenden Formationen stehen sinnbildlich für diese sehr erfreuliche Entwicklung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat. Ganz einfach auch deswegen, weil sie diese mit ihrem Schaffen –  natürlich gemeinsam mit vielen, vielen anderen Vertreterinnen und Vertretern der jungen Jazzgeneration – mitgestaltet und vorangetrieben haben und es immer noch tun.  Diese sechs Bands stehen auch als Beispiele für die unglaubliche musikalische Vielfalt, Offenheit und Experimentierfreude, die hierzulande zum Ausdruck gebracht werden. Die beiden Veranstaltungstage, zu denen auch Promoters internationaler Musik- und Festivalagenturen geladen sind, bieten daher eine hervorragende Gelegenheit, sich ein Bild vom bunten Treiben in der heimischen Szene zu machen. Musikalisch Spannendes ist auf jeden Fall garantiert.

Michael Ternai

 

KICK JAZZ

Mittwoch, 14. Dezember 2016

DAVID HELBOCK TRIO

David Helbock Trio (c) Astrid Dill
David Helbock Trio (c) Astrid Dill

Der aus Vorarlberg stammende David Helbock richtet in seinem Trio den Blick auf eine reduzierte und wie er selbst meint „unkomplizierte“ musikalische Umsetzung des Jazz. Mit „unkompliziert“ ist gleichwohl aber nicht die Spieltechnik gemeint, sondern der Klang. Die Kompositionen und Arrangements sind ausgeklügelt und detailverliebt ausgearbeitet, wirken aber reduziert anmutend als Ganzes. Musikalisch inszeniert das David Helbock Trio ein sehr ereignisreiches und stimmungsvolles Klangtheater, in dem nach Belieben Brücken geschlagen werden: von der Tradition zur Moderne, von einem Musikstil zu vielen anderen, von der Komposition zur Improvisation.

David Helbock – Klavier
Raphael Preuschl – Bass-Ukulele
Reinhold Schmölzer – Schlagzeug

chuffDRONE

chuffDRONE (c) Karl-Heinz Nenning
chuffDRONE (c) Karl-Heinz Nenning

Das sture Erfüllen musikalischer Dogmen ist nicht das Ding der vier Musikerinnen und des Musikers von chuffDRONE. Sie fühlen sich nicht wirklich dem traditionellen Regelwerk des Jazz verbunden, vielmehr sind sie bestrebt, eigene musikalische Akzente zu setzen. Die waghalsigen Improvisationen, die unkonventionellen Solis, die spontanen bis behutsamen Wechsel, die abwechslungsreichen Arrangements, die auch Passagen des Experiments beinhalten, die groovenden Rhythmen, alles wirkt auf spielerische Art miteinander verwoben und in stimmungsvoller Form in Einklang gebracht. Schön ist zudem auch, dass der mit Elementen anderer Stile angereicherte Jazz nicht kopflastig und übermäßig komplex interpretiert wird, wobei es natürlich vom instrumentalen Standpunkt aus schon sehr herausfordernd zugeht. Das Quintett versucht, seine Musik vom Anfang bis zum Schluss im Fluss und somit offen und zugänglich zu halten.

Astrid Wiesinger – Altsaxofon, Sopransaxofon
Lisa Hofmaninger – Sopransaxofon, Bassklarinette
Judith Ferstl – Kontrabass
Judith Schwarz – Schlagzeug
Hubert Gredler – Klavier, Gesang

KOMPOST 3

Kompost 3 (c) Astrid Knie
Kompost 3 (c) Astrid Knie

Den Versuch, das von dem Quartett Dargebotene einer bestimmten stilistischen Kategorie zuzuordnen, kann man getrost sein lassen, denn dafür passiert in den Nummern musikalisch einfach viel zu viel Unterschiedliches. Gemütlich gemacht haben es sich die vier eigenwilligen Freigeister – ganz grob gezeichnet – irgendwo zwischen Jazz, Funk, Hip-Hop, Soul, Elektronik, (Post-)Rock und vielem mehr. Die Kunst, die Martin Eberle und seine Kollegen in unnachahmlicher Manier beherrschen, ist, aus dieser Vielzahl an Verschiedenem etwas Einheitliches zu formen, etwas, was unverkennbar die Handschrift Kompost 3 trägt und eigentlich nach einer neuen musikalischen Bezeichnung sucht.

Martin Eberle – Trompete, Flügelhorn
Benny Omerzell – Orgel, Fender Rhodes
Manu Mayr – Elektronik, Bass
Lukas König – Schlagzeug, Samples

Donnerstag, 15. Dezember 2016

EDI NULZ

Edi Nulz (c) Antonia Renner
Edi Nulz (c) Antonia Renner

Edi Nulz sind drei Jazzer, die sich unüberhörbar eine ordentliche, wirklich ordentliche Dosis Rock in Reinkultur zugeführt haben. Denn das, was Julian Adam Pajzs, Valentin Schuster und Siegmar Brecher musikalisch aus dem Ärmel schütteln, hat mit dem klassischen Jazzentwurf so rein gar nichts mehr zu tun. Ja doch, instrumental zeigt sich die Band schon versiert, auch der Komplexitätsgrad der Stücke ist einer dem Jazz in höchstem Maße gebührender, doch diese treibende Energie, die von dem Dreiergespann freigesetzt wird, die Spielweise, die Melodienführungen, Harmonien und Riffs – überhaupt der Sound im Allgemeinen – liegen dann doch deutlich eher in einer Art schrägem und irgendwie an den Prog-Rock der 70er-Jahre erinnerndem Klangkontext denn im traditionellen Jazz.

Siegmar Brecher – Bassklarinette
Julian Adam Pajzs – Gitarre
Valentin Schuster – Schlagzeug

MARIO ROM‘S INTERZONE

Mario Rom`s Interzone (c) Severin Koller
Mario Rom`s Interzone (c) Severin Koller

Das Trio Mario Rom‘s Interzone konnte sich aufgrund ihrer erstklassigen Veröffentlichungen („Nothing is true“, „Everything is permitted“) und starken Live-Performances binnen kürzester Zeit international einen Namen machen konnte. Das sich um den Trompeter Mario Rom scharrende Dreiergespann gehört jener Gruppe von jungen Formationen an, die sich dem Begriff des Jazz auf ihre ganz eigene individuelle Art annähern. Was für den Bandleader und seine beiden ebenfalls alle Berührungsängste scheuenden Partner Lukas Kranzelbinder und Herbert Pirker musikalisch auf dem Programm steht, ist der Jazz der freien Form zwischen Tradition und Moderne mit vielen, vielen Referenzen hin zu anderen Stilen wie etwa Bebop, Funk und Swing. Der Sound des Trios ist facettenreich und vielschichtig. Der Spaßfaktor bei Mario Rom‘s Interzone ist ein hoher, ebenso der Unterhaltungswert, der vor allem dann voll zur Geltung kommt, wenn die drei Musiker gemeinsam auf der Bühne stehen.

Mario Rom – Trompete
Lukas Kranzelbinder – Kontrabass
Herbert Pirker – Schlagzeug

NAMBY PAMBY BOY

Namby Pamby Boy (c) Severin Koller
Namby Pamby Boy (c) Severin Koller

2003 fanden sich die drei jungen Instrumentalisten Fabian Rucker, Philip Nykrin und Andreas Lettner mit dem Ziel zusammen, den Sound des klassischen Trioformats Saxofon, Bass und Schlagzeug einer instrumental eigenwillig erweiterten Definition und Auslegung zuzuführen. Schon bei ihrem vorangegangenen Projekt [midshi] wandelte das Trio auf einem Pfad, welcher sie von der ursprünglichen klassischen Interpretation des Jazz hin zu einer eher elektronisch angehauchten und schräg avantgardistischen Spielform führte. Ganz ähnlich verhält es sich auch bei Namby Pamby Boy, mit dem Unterschied, dass das Dreiergespann nun seine Inspiration nicht mehr allein aus der Elektronik bezieht, sondern aus den Bereichen Rock und Hip-Hop.

Fabian Rucker – Saxofon
Philipp Nykrin – Keyboards
Andreas Lettner – Schlagzeug

Links:
Porgy & Bess
Kompost 3
chuffDRONE
David Helbock Trio
Namby Pamby Boy
Mario Roms`s Interzone