Journalistin, Bloggerin, Musikerin – Powerfrau SINAH im mica-Porträt

Anfang dieses Jahres veröffentlichte die Journalistin und Bloggerin SINAH EDHOFER unter dem Künstlernamen SINAH ihre erste EP „Narcissist“, die sich mit Einsamkeit, Zurückweisung, dem eigenen Ego und Selbstliebe beschäftigt. Nicht gerade leichte Kost also, verpackt in noch schwerere Sounds. 

Auf der Ende 2017 erschienenen Single „Blame me“ gewann Powerfrau Sinah vor den Ohren ihrer ZuhörerInnen den Kampf gegen sich selbst und begeisterte damit die österreichische Musikszene. Düstere Synths, Bässe und Trip-Hop-Elemente bilden die akustische Kulisse, die die österreichische Künstlerin kreiert hat. Ein Sound, der sich zwischen R ’n’ B, Electronic und experimentellem Pop bewegt.

Dieses Video auf YouTube ansehen.
Hinweis: Mit dem Abspielen des Videos laden sich sämtliche Cookies von YouTube.

Besagte Single war die erste Auskopplung aus der EP „Narcissist“ und gleichzeitig Sinahs erster Schritt zurück ins Musikbusiness. Bereits in jungen Jahren war die gebürtige Oberösterreicherin Mitglied eines Chors, dann einer Band. Sie beendete ihre musikalische Laufbahn jedoch im Alter von 18 Jahren, da sie mit massiven Selbstzweifeln zu kämpfen hatte und plötzlich keinen einzigen Song mehr vollenden konnte. So begann sie ihr Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, um sich ihrer zweiten Leidenschaft, dem Schreiben, zu widmen. Als Bloggerin ist Sinah auf The Black Shirt Blog tätig, genauso arbeitet(e) sie als freie Journalistin bei Medien wie Woman, miss, News, The Gap, Noisey und Vice. 

Erst vor zwei Jahren entdeckte das Multitalent ihre Liebe für Musik von Neuem und fing wieder an, sich mit dem Produzieren von Songs auseinanderzusetzen. „Und das ist auch etwas, wofür ich mehr Zeit investieren will: Ich möchte eigene Beats bauen. Natürlich brauche ich zuerst mal viel Hilfe damit. Aber es ist gut, mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten, weil ich tendiere dazu in der eigenen Blase zu sein und mich selber sehr schlecht zu machen“, erklärte die mittlerweile 26-Jährige (woman.at, 09. 01. 2018).

Der Kampf mit sich selbst

Mit übertriebener Selbstreflektion und Selbstkritik hat die junge Künstlerin schon ihr ganzes Leben zu kämpfen: Unsicherheiten in Bezug auf ihr Aussehen und ihre Beziehungen hat Sinah schon lange vor der Musik in Blogtexten verarbeitet. Doch irgendwann reichte das Schreiben als Ausdrucksmittel nicht mehr aus. Und dann kam die Musik. In den letzten Jahren hat sich Edhofer jedoch bewusst mit ihrer persönlichen Entwicklung und ihren Unsicherheiten auseinandergesetzt, um herauszufinden, wo ihre Baustellen sind. „Ich musste mir eingestehen, dass mir manche Dinge schwerer fallen als anderen. Beziehungen eingehen, lockersein, Kontrolle abgeben und Gefühle zulassen, zum Beispiel. Mittlerweile glaube ich jedoch, dass es die Aufgabe einer Künstlerin ist, sich selber zu überwinden“, erinnerte sich die Künstlerin (news.at, 12.12.2017). Problematiken, mit denen sich die Austro-Musikerin während dieses Prozesses konfrontiert sah, verarbeitete sie in ihren Texten. So schreibt sie über Einsamkeit, Zurückweisung, das eigene Ego und darüber, wie schwer es manchmal sein kann, sich zu öffnen und sich selbst anzunehmen.

Musik ist für mich ein Kommunikationskanal

Der Künstlerin fiel es schon immer schwer, andere Menschen in ihre Gefühle und Gedanken zu involvieren und sich wirklich zu öffnen. Mit dem Schreiben und vor allem der Musik, fand Sinah jedoch einen Weg, sich auszudrücken und über Dinge zu reden, die ihr eigentlich unangenehm sind. Mittlerweile genießt die 26-Jährige den Dialog, der durch ihre Musik entsteht. Besagten Effekt kannte Edhofer bereits vom Schreiben: Durch Texte kommunizierte sie Themen, die ihr am Herzen lagen, und dadurch kam die Journalistin und Bloggerin mit Leuten ins Gespräch – sei es über soziale Netzwerke, wie Facebook oder Instagram, oder den Blog selbst. „Musik ist für mich auch ein Kommunikationskanal. „Ich kann nichts mit dem inszenierten Newcomer-Star-Dings anfangen, denn dann wird man hochstilisiert und zuletzt verschwindet man wieder. Ich will meine Musik langsamer aufbauen“, erklärte die Sängerin. Diesen Traum finanziert sich Sinah, wie es sich für einen echten Girlboss gehört, komplett aus eigener Tasche. Seit zwei Jahren arbeitet die Powerfrau tagsüber als freie Journalistin und macht nebenbei ihren Master. In der Nacht ist sie Musikerin. Fast ein bisschen wie Batman.

Perfektion war gestern

Sinah will sich lieber selbst überwinden, anstatt sich als glatt gebügeltes Electro-Pop-Postergirl zu inszenieren. Dieser Anspruch an sich selbst stellt die Sängerin und ihre eigene Eitelkeit aber auch vor eine Hürde. Doch der Anspruch an das Video der ersten Single „Blame Me“ war es, nicht verkleidet auszusehen. Deshalb ist Edhofer in dem besagten Clip in manchen Szenen völlig ungeschminkt – und somit erfrischend natürlich – zu sehen. „Das bin halt ich: Ich habe keine perfekte Haut. Und trotzdem ist meine Haut mein Berührungspunkt mit der Außenwelt. Durch sie kann ich kommunizieren. Wir sollten die Haut, in der wir leben, respektieren und beschützen, anstatt sie ständig zu kritisieren”, so die Sängerin (news.at, 12.12.2017). Für die Musikplattform Noisey war es das „vermutlich realste Video des Jahres aus Österreich“.

Das Credo von The Black Shirt Blog – „No fake shit, just realness“ – kommuniziert Edhofer bereits seit 2014. Außerdem kann man auf der Plattform nachlesen, wie die 26-Jährige erklärt, warum WhatsApp Beziehungen zerstört, erläutert, warum sie keine BHs mehr trägt, oder auch feststellt, dass Sonntag der schlimmste aller Wochentage ist. Doch die Journalistin nimmt sich auch ernsten Themen an, will die Menschen zum Nachdenken bringen: 2015 erregte sie beispielweise mit ihrem Blogbeitrag „Danke für (fast) nichts“, in dem sie sich über die „Generation Praktikum“ auskotzt, große Medienaufmerksamkeit in Österreich und Deutschland.

Im Rahmen des Weltfrauentages machte Sinah ihrem Ärger über die Oberflächlichkeit der Popindustrie auf dem Musikchannel Noisey Luft: „Wenn jemand zu mir sagt, meine Musik sei scheiße, dann finde ich das vollkommen okay. Was ich niemals ertragen werde, ist, wenn jemand zu mir sagt. Du siehst eh ganz gut aus. Aber deine Musik ist scheiße.‘ Als Frau ist man in der Musikbranche nämlich vor allem mit einem konfrontiert – dem eigenen Äußeren“ . Anfang März veröffentlichte die Newcomerin außerdem ihr zweites Musikvideo – dieses Mal zur Single „Narcissist“, ebenfalls Teil der EP „Narcissist“. Und unweigerlich macht sich bei einem das Gefühl breit, dass das nicht das Letzte war, das wir von Sinah gehört haben – und das ist auch gut so.

Lisa Massak

Links:
Sinah (Facebook)
The Black Shirt Blog