JOHN-ROBIN BOLD – (UNTITLED)

JOHN-ROBIN BOLD´S Debütalbum „untitled“ beschäftigt sich mit Fragen des technologischen Vorwärtstrieb und dessen Auswirkungen auf die gegenwärtige Musik am Weg zur Selbstauflösung, durch die wachsende, technologische Über-Perfektion der Materialität. Das Verschwinden der Musik, als Verschwinden der Geschichte. Ein Versuch der musikalischen Reflexion der dumpfen Kontinuität des Präsens. Das Album erschien nun auf dem Label Milles Plateaux“.

John-Robin Bold ist elektronischer Musiker und Konzertgitarrist. In seiner Arbeit versucht er sich an einer universalen Verschränkung zwischen experimentellen, klassischen wie auch popkulturellen Ansätzen. Aktuell studiert er Computermusik an der Kunstuniversität Graz und ist Mitbegründer der kürzlich gegründeten Veranstaltungsreihe ◯ im Forum Stadtpark. Sein Debütalbum erschien kürzlich auf dem ikonischen Label „Mille Plateaux“, das 1993 von Achim Szepanski gegründet wurde und sich namentlich, sowie programmatisch am gleichnamigen philosophischen Text von Gilles Deleuze und Felix Guattari von 1980 orientiert.

„EVERYTHING NO LONGER HAS ITS OWN ALIVE HISTORICAL DEVELOPMENT, BUT INSTEAD BELONGS TO THE PATRIMONY IN ADVANCE. IT DIRECTLY ENTERS THE PATRIMONY WITHOUT PASSING THROUGH HISTORY OR THE REAL EVENT.“

Die Zukunft hat sich zu Tode geträumt. Einst noch utopische Imaginationen von Morgen sind eingestürzt. Niemals vergehende Vergangenheiten durchdringen die Gegenwart und reproduzieren das Gestern im ewigen Heute. Ein namenloses Album, kein Name, weil die Worte ausgefallen sind, die immer schneller laufende Zeit, die Sprache implodieren lässt.

Der erste Track lässt den Philosophen Jean Baudrillard sprechen, man hört Ausschnitte aus dem Text the year 2000 will not take place’, das Jahr kam doch. Danach wird es still, die Worte bleiben bis zuletzt aus. Die Tracks auf „untitled“ werden durch Zahlen gekennzeichnet und organisiert, die Zahlenreihen verlaufen von 1-20. Durch die Mitte des Albums verläuft eine Spiegelachse, die musikalische Paare bildet, einander gegenüberstellt. Die erste Hälfte von „untitled“ (1-10) basiert auf abstrahierten Pop-Versatzstücken der vergangenen Dekade. Die zweite Hälfte (11-20) beschäftigt sich hingegen mit sakraler Vokalmusik zwischen aus der Zeit zwischen 1200 und 1600. Die tatsächlichen stilistischen Grenzen zwischen den zeitlichen Ursprüngen werden durch gleichförmige Abstraktionsprozesse vage und lösen sich ineinander auf. Diese vorgegebene konzeptuelle Linearität lässt sich jedoch durch den Shuffle-Mode auch durcheinanderwerfen, schafft dabei ungekannte Kombinationen, ohne dabei an Intensität zu verlieren.

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„WE HAVE REACHED A POINT WHERE THE WORLD PRESENTS US DAY AFTER DAY WITH EITHER THE IMPOTENCY OR THE IMPOSSIBILITY OF MUSIC.“

Auf „untitled“ werden verschieden gefärbte Stimmungen durchlaufen, angedeutet und wieder aufgelöst, ohne sich dabei aufzudrängen. Das Album überzeugt durch die stechende Intensität der Reduktion. Die musikalische Atmosphäre lässt dabei das Bild vergessener Echos längst vergangener Geschichten entstehen, fast wie durch eine akustische Wand von dichtem Nebel. Verlorene Gespenster der Gegenwart treffen auf jene der Vergangenheit, treten in ein Verhältnis in dem vage bleibt wer gerade spricht. Keines der Stücke dauert dabei viel viel länger als zwei Minuten. Es entsteht eine Art Gleichschaltung, eine Form der Synchronisation der Zeiten. Die vergangene Vergangenheit färbt die Gegenwart und umgekehrt, die Zukunft bleibt offen.

Ada Karlbauer

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John-Robin Bold live
16.02. Fuse Art Space, Bradford (UK)
29.02. SPINE #20, Q U A RR Y, Liverpool (UK)
01.03. MFOC: Mille Plateaux, Golden Pudel, Hamburg (DE)
13.03. Teorema, Urban Spree, Berlin (DE)

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Links:
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John-Robin Bold (bandcamp)
Mille Plateaux