Internationaler Tag der Roma: 30 Jahre Anerkennung der Roma als Volksgruppe in Österreich

Auch in diesem Frühjahr organisiert der Verein „Voice of Diversity“ wieder eine der wichtigsten jährlichen Veranstaltungen der Roma:  Am 8. und 9. April wird im Wiener Porgy & Bess der INTERNATIONALE TAG DER ROMA mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussionund einem beeindruckenden künstlerischen Programm begangen, denn heuer gibt es darüber hinaus auch ein wichtiges Jubiläum zu feiern: 30 Jahre Anerkennung der Roma als Volksgruppe in Österreich!

Am 16. Dezember 1993 wurden die Roma durch einstimmigen Beschluss im Hauptausschuss des Nationalrates als sechste Volksgruppe in Österreich anerkannt. Die Bezeichnung „Volksgruppe der Roma“ gilt als Oberbegriff für die verschiedenen in Österreich lebenden Roma.

Die Anerkennung der Roma als Volksgruppe gilt als Meilenstein in der österreichischen Rechtsgeschichte, als Endpunkt einer mehrere hundert Jahre dauernden Verfolgungsgeschichte, als Höhepunkt österreichischer Minderheitenpolitik und als Beginn einer europäischen Erfolgsgeschichte österreichischer Roma-Politik.

Die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion anlässlich des Internationalen Roma-Tages am 8. April 2023 beschäftigt sich mit den sozioökonomischen Veränderungen der Lebensumstände der Roma. Was hat sich in den letzten 30 Jahren seit der Anerkennung der Roma als Volksgruppe getan?  Haben wir einen Grund zum Feiern?

Im Hinblick auf die bereits 2010 beschlossene Roma Strategie bzw. den EU-Rahmen (2020) stellt sich die Frage, inwieweit der Prozess der Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma in den EU-Mitgliedstaaten stattgefunden hat? Sieht uns die Mehrheitsbevölkerung als natürlichen Teil österreichischer Kultur und Gesellschaft oder sind wir immer noch Fremde? Welchen Wert hat das Selbstwertgefühl der Volksgruppe heute? Versteckt man sich immer noch, wenn es aus irgendeinem Grund nachteilig gewesen wäre, sich als Rom/nja zu deklarieren?

All diese Fragen versucht der Verein Voice of Diversity am 8. April 2023 mit einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion unter dem Titel „30. Jubiläum“ zu beantworten.

8.4. AUF DEM PODIUM (18.00–19.30 Uhr)

Dieter Halwachs (Soziolinguist)
Dieter W. Halwachs ist Soziolinguist mit Schwerpunkt Sprachpolitik und Minderheiten. Bis zu seinem Ruhestand (Oktober 2022) war er Leiter des Forschungsbereichs Plurilingualismus am treffpunkt sprachen der Universität Graz. Halwachs war als Koordinator diverser Projekte zu Sprache und Kultur der Roma tätig. Als österreichischer Vertreter wirkte er im Expertenkomitee der Charta für Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats mit.

Emmerich (Charly) Gärtner-Horvath
Emmerich (Charly) Gärtner-Horvath ist Vorsitzender des Volksgruppenbeirates und Obmann des Vereins Roma-Service. Seit 2001 ist er als freier Mitarbeiter ORF Burgenland (Volksgruppenredaktion der Roma) tätig. Gärtner-Horvath ist auch Vorstandsmitglied und Mitarbeiter von Radio MORA (Mitarbeiter bei der Radiosendung Romani Ora). Seit 1996 ist er im Referat für ethische Gruppen der Diözese Eisenstadt tätig. Er ist auch einer der Mitbegründer und einer der ersten Vorsitzenden der VHS-der burgenländischen Roma, Mitglied von Forum 4 PPH-Burgenland, Beiratsmitglied des ständigen Beirats der Bildungsdirektion für Burgenland und seit 1996 Mitglied im Volksgruppenbeirat der Roma.

Erika Thurner (Politikwissenschaftlerin und Historikerin)
Erika Thurner war bis 2016 Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Univ. Innsbruck. Sie veröffentlichte zeithistorische und politikwissenschaftliche Publikationen zu Roma und anderen Minderheiten und beschäftigt sich auch mit Parteien-, Nations- und feministischen Forschung. Lehrtätigkeit an den Universitäten Linz, Wien, Innsbruck und Salzburg. Seit den 1980er Jahren koordiniert sie Aktivitäten zur gesellschaftlichen und materiellen Anerkennung der Roma als NS-Opfer.

Mirjam Karoly (Politologin und Mitglied des Volksgruppenbeirates für Roma)
Mirjam Karoly ist Politologin und hat 1996 mit einer Diplomarbeit zum Anerkennungsprozess der Roma in Österreich diplomiert. Sie war von 1996 bis 2004 im Verein Romano Centro beschäftigt, ein Verein der 1991 in Wien gegründet wurde und sich von Anfang an auch international für Rechte der Roma eingesetzt hat. Von 2013 bis 2017 war Karoly die Leiterin der Kontaktstelle für Roma- und Sinti-Fragen bei der OSZE/Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte in Warschau.
Von 2007 bis2009 war sie als Senior Communities Adviser bei der OSZE-Feldmission im Kosovo mit Fokus auf Minderheitenrechten und der Rückkehr und Reintegration von Flüchtlingen und intern vertriebenen Personen, insbesondere Roma, Aschkali und Ägyptern tätig. Karoly ist Mitglied des Österreichischen Volksgruppenbeirates für Roma, Ehrenmitglied des Vereins Romano Centro, Mitglied der Österreichischen Delegation der Internationalen Holocaust Remembrance Alliance (Expertin zum Committee NS-Völkermord an den Roma). Aktuell ist Mirjam Karoly als Büroleiterin beim Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust Studien beschäftigt

Ursula Hemetek (Ethno-Musikologin, Wittgenstein-Preisträgerin)
Ursula Hemetek ist Direktorin des Music and Minorities Research Centers an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Von 2011 bis 2022 war sie Leiterin des Instituts für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie, von 2017 bis 2021 Generalsekretärin des ICTM (International Council for Traditional Music). 1987 promovierte sie im Fach Musikwissenschaft and der Universität Wien, 2001 habilitierte sie ebendort in Ethnomusikologie. 2018 erhielt sie als erste Ethnomusikologin den Wittgenstein-Preis. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Musik von Minderheiten in Österreich, insbesondere Roma, burgenländische KroatInnen und BosnierInnen sowie MigrantInnen in Wien und Fluchtbewegungen. Sie hat 1991 die Initiative Minderheiten und den Verein Romano Centro mitbegründet und leistete vielfältige Kulturarbeit im Minderheitenbereich. Ihre zahlreichen Publikationen sind dem Fach Ethnomusikologie zuzuordnen.

Erzählung mit Konzert: ROMA MÄRCHEN & ROMA-MUSIK (20.30–22.00 Uhr)

Michael Köhlmeier (Erzähler) & Harri Stojka Ensemble
Geschichten der Roma in literarischer und musikalischer Sprache – nicht nur das Musikalische am Erzählen, sondern auch das Erzählerische am Musizieren ist hier perfekt in Einklang gebracht. Michael Köhlmeier hat einige Märchen aus der Sammlung von Milena Hübschmannova ausgewählt und versteht es wie kaum ein anderer, diese zu interpretieren, variieren und durch den Rhythmus der Sprache erneut zum Leben zu erwecken. Andererseits erzählen die ausgewählten Lieder ihrerseits Geschichten, selbst wenn man der Roma- Sprache nicht mächtig ist. Die Sprache der Musik ist universell.

Michael Köhlmeier
Schriftsteller, wurde 1949 geboren. Er hat Germanistik und Politikwissenschaften studiert und zahlreiche Romane veröffentlicht. 2018 erschien ein Band mit Reden gegen das Vergessen „Erwarten Sie nicht, dass ich mich dumm stelle“. Michael Köhlmeier wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk und 2019 mit dem Ferdinand-Berger-Preis.

Harri Stojka
hat etwas geschafft, was sich viele wünschen – einen eigenen Gitarrenstil zu kreieren und schon nach wenigen Tönen in der Solistik als Harri Stojka erkennbar zu sein. Was Harri Stojkas Gitarrenspiel ausmacht ist seine grandiose Virtuosität gepaart mit Blues-Feeling, der besondere Drive, das Phrasing und der Sound seiner Gitarre.
Harri Stojka Ensemble: Harri Stojka: Gitarre / Patrizia Ferrara: Gesang / Mariia Tarnavska: Gesang / Geri Schuller: Keyboard, Klavier / Peter Strutzenberger: Bass / Andi Steirer: Percussion / Sigi Meier: Schlagzeug

Special: ROMA DAY AFTER PARTY / KSŠŠD (22.00 Uhr)

1070 Wien; Mondscheingasse 11; Infos Instagram @hoer.oesterreich, Eintritt frei! 

Line-Up: DJ Makaveli | DJ Adrialin | DJ Aylean

Als Ausklang des internationalen Roma-Tags veranstaltet die Hochschüler*innenschaft Österreichischer Rom*nja die After Party zum 8. April mit Live DJs und Drinks. Als jüngste Generation der Volksgruppe feiert die HÖR die Errungenschaften jener Rom*nja und Sinti*zze, die 1993 die Anerkennung erkämpften.
(Einlass: 21.00 Uhr/Beginn: 22.00 Uhr)

9.4. KONZERT / Porgy & Bess (20.30–22.00 Uhr)

Alan Bartuš – BORN IN MILLENNIUM feat. Gregory Hutchinson
Alan Bartuš: Klavier / Stefan Pišta Bartuš: Kontrabass / Gregory Hutchinson: Schlagzeug

BORN IN MILLENNIUM ist ein kraftvolles und energiegeladenes akustisches Jazzprojekt des jungen Roma-Musikers Alan Bartuš. Die fantasievollen Eigenkompositionen des 21-jährigen Wahl-Neusiedlers, der das Ö1-Jazz-Stipendium 2022 gewonnen hat, sind eine kraftvolle Fusion von Latin-, Klassik- und Free-Music-Melodien. Die Freude am Musizieren und die gegenseitige Vertrautheit zwischen Vater (Stefan Pišta Bartuš/ Kontrabass) und Sohn (Alan Bartuš/ Klavier) begleitet vom legendären Schlagzeuger Gregory Hutchinson, der für seinen ganz eigenen Ausdruck von Rhythmen weltbekannt ist, verleiht der Musik ihren unverwechselbaren Ausdruck. Die außergewöhnliche interpretative Interaktion zwischen den Bandmitgliedern ist ein dynamischer Prozess der Übertragung von Botschaften durch die Symbiose von Klängen, die einen ultimativen musikalischen Genuss verspricht. Das Konzert am 9. April im Porgy & Bess ist die CD-Präsentation von BORN IN MILLENNIUM.

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Link:
Voice of Diversity
Porgy & Bess