„In letzter Zeit gab es immer mehr Pop- und Hip-Hop-Einflüsse“ – ERWIN & EDWIN im mica-Interview

Eben hat die in Wien gegründete Band ERWIN & EDWIN ihr zweites Album „Power“ (OMdrom Music) veröffentlicht und bald geht es auf Tour durch Österreich und Deutschland. Im Gespräch mit Jürgen Plank erzählten SIMON GRAMBERGER und ALIX unter anderem, wie ihre Mischung aus Blasmusik und Elektronik entstanden ist.

 

Wie haben Sie sich als Band gefunden?

Simon Gramberger: Die Band wurde 2012 gegründet. Die ursprüngliche Besetzung war ein wenig anders, es waren vier Leute, drei davon haben einander am SAE Institute kennengelernt. 2017 sind zwei ausgestiegen und wir haben zwei junge oberösterreichische Blasmusiker hinzugeholt. Und im Frühjahr 2018 haben wir Alix geholt, um miteinander ein Album zu machen.

Oberösterreich ist schon genannt worden, woher kommen die Bandmitglieder ursprünglich?

Alix: Ich komme aus Berlin, wohne aber schon seit acht oder neun Jahren in Wien, Simon und die zwei Bläser [Valentin Reiter und Georg Huber; Anm.] kommen aus dem Innviertel und Michi [Michael Mosbacher; Anm.] kommt aus der Steiermark.

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Die Mischung aus Blasmusik, Beats und Rap ist ungewöhnlich. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Simon Gramberger: Die ursprüngliche Idee ist von einem der Gründungsmitglieder, Christoph [Detschmann; Anm.], gekommen, das jetzt aber nicht mehr in der Band ist. Christoph und ich hatten schon 2009 ein Instrumentalprojekt, da haben wir nur elektronische Tracks gemacht. Das war nicht wirklich erfolgreich und wir haben gemerkt, dass es uns taugt, aber den Leuten nicht. Christoph hat irgendwann mit der Trompete gespielt und das hat sofort vielen Menschen gefallen. Das war ungefähr im Jahr 2012. Den Rap hat dann Alix dazu gebracht.

Alix: Ja, ich finde, dass man zu jedem Tempo rappen kann und ich mag es eher ein bisschen stürmischer und schneller und deswegen hat das mit dem Sound von Erwin & Edwin gut gepasst für mich.

Österreichische Pop-Musikerinnen und -Musiker haben oft einen Volksmusik-Hintergrund. Ist das bei Erwin & Edwin auch so?

Simon Gramberger: Bei den Innviertlern auf jeden Fall, unsere beiden Bläser sind beide in der Musikkapelle aktiv. Georg ist da sehr leidenschaftlich dabei, er war auch bei der Militärmusikkapelle. Bei seinem ersten Auftritt mit uns haben wir ihn sogar beim Fliegerhorst Vogler in Linz Hörsching abgeholt. Und er ist auch Solo-Trompeter beim OÖ Jugend Jazz Orchester.

Geht sich diese Mischung auch deshalb aus, weil sich die Volksmusik ohnehin beständig weiterentwickelt?

Simon Gramberger: Beim Festival Woodstock der Blasmusik zeigt sich, dass es nicht nur traditionelle Formen von Blasmusik gibt, sondern auch moderne Formen. Es gibt immer mehr Brass-Festivals, bei denen Musikkapellen spielen und auch junge Bands, die einen elektronischen Einfluss haben oder bei denen ein Balkan-Einfluss und Gesang hinzukommen. Das ist schon ein Trend, der vor allem in Oberösterreich und Bayern mittlerweile stark verbreitet ist.

 „Das ist schon ein Trend, der vor allem in Oberösterreich und Bayern mittlerweile stark verbreitet ist.”

Waren Sie schon mal bei so einem Festival dabei?

Alix: Wir haben letzten Sommer beim Woodstock der Blasmusik gespielt. Da kam der Musiker Ernst Hutter mit einem Tourbus an, auf dem sein Gesicht abgebildet war – wie ein Superstar. Und er hat dann Volksmusik gespielt und da waren 10.000 junge Leute vor der Bühne, die mega dazu abgingen. Ich habe Riesenaugen gehabt, so etwas habe ich noch nie gesehen und ich hätte das zu dieser Musik auch nicht erwartet

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Als Sie gespielt haben, sind die Zuschauerinnen und Zuschauer auch voll abgegangen?

Alix: Wir hatten einen Headliner-Slot am Abend und es hat zwar geregnet, aber die Leute waren voll am Start und es war ein sehr cooler Gig.

Simon Gramberger: Das Festival, das seit rund fünf bis sechs Jahren in Ort im Innkreis stattfindet, ist in den letzten Jahren richtig groß geworden.

Bei Blasmusik denke ich an Österreich und Bayern, aber auch an Lateinamerika und an den Balkan. Welche Einflüsse verwenden Erwin & Edwin?

Simon Gramberger: Also der Balkan war am Anfang bei uns sicher deutlich drinnen, auf den neuen Tracks ist er allerdings nicht so stark präsent. In letzter Zeit gab es immer mehr Pop- und Hip-Hop-Einflüsse, das hatten wir früher nicht so, wir haben uns von den Blasmusik-Gedanken wegentwickelt. Da hat Alix sicher einen Anteil daran.

Alix: Wobei Lateinamerika zum Beispiel in der Hookline bei der Nummer „Mein Ding“ schon vorkommt. Für den Gesang muss in den Tracks einfach ein wenig Platz sein.

Aktuell entwickeln Sie sich also eher in Richtung Lateinamerika als in Richtung Balkan?

Alix: Ja, aber ich würde das jetzt gar nicht eingrenzen, bei uns ist immer alles möglich.

Simon Gramberger: Es ist nicht so, dass wir an eine Nummer so herangehen, dass wir uns vorher überlegen: „Wie wird der Track jetzt, in welche Richtung wollen wir gehen?“ Oft beginnt einer mit einem Beat und ein anderer kommt mit einer Melodie. Im Optimalfall kommt ein cooler Track heraus, der verschiedene Einflüsse verbindet.

Alix: Unsere Trompeter bringen sicher mehr österreichische Einflüsse ein.

 „Heutzutage ist man ein gläserner Künstler. Man muss in den sozialen Netzwerken aktiv sein und ist dem immer ausgesetzt.“

Erwin & Edwin “Power” Cover

Das Stück „Mein Ding“ wurde schon angesprochen, worum geht es denn dabei?

Alix: Für mich geht es darum, mich selbst dabei zu bestätigen, dass ich beruflich Musik mache und mich auch nicht ablenken lasse von den Dingen, die im Internet abgehen. Heutzutage ist man ein gläserner Künstler. Man muss in den sozialen Netzwerken aktiv sein und ist dem immer ausgesetzt. Das führt bei mir dazu, dass ich zögere und zweifle, ob ich wirklich mit einem Bild hinausgehen will. Das Lied sagt: Egal, hab keine Angst.

Sie haben die Texte für das neue Album geschrieben. Was steckt hinter der Nummer „Influenza“?

Alix: Der Titel „Influenza“ ist ein Wortspiel: Das kommt eigentlich von der Grippe, aber der Begriff „Influencer“ ist ja inzwischen bekannt. Das sind Leute, die im Internet eine große Gefolgschaft haben und sich nur noch selbst vermarkten. Das Lied setzt sich auch damit auseinander, dass man heute als Künstlerin bzw. Künstler eine Marke sein muss, um voranzukommen. Es reicht nicht, musikalisch zu sein, sondern man muss eigene Wörter benutzen. Alles ist darauf ausgerichtet, wie eine Marke zu funktionieren. Dazu habe ich eine zwiegespaltene Meinung und mit dieser Nummer therapiere ich das Thema ein bisschen.

Wo ist denn die Marke Erwin & Edwin verortet?

Alix: Ich würde sagen zwischen Akademikerinnen und Akademikern und Prolls.

Also überall.

Simon Gramberger: Unsere Musik ist vielleicht nicht extrem virtuos. Es geht uns schon darum, coole Melodien simpel rüberzubringen und die Leute zum Tanzen und Mitsingen zu animieren. Das wollen wir mit anspruchsvollen Texten verbinden. Dank Alix haben wir oft Texte, die man vielseitig interpretieren kann, zum Teil kritische Texte. Das zu verbinden ist nicht einfach, man darf auch nicht zu kritisch sein, es soll einerseits zum Nachdenken anregen, aber auch eine Leichtigkeit haben.

Erwin & Edwin (c) Mercan Suembueltepe

Was bedeutet der Bandname Erwin & Edwin?

Alix: Das war bisher in allen Interviews eine Frage. Das zeigt, dass der Name gut gewählt ist, weil das ein Thema bleibt. Ich habe einmal darauf geantwortet: „Wir heißen Erwin & Edwin, damit wir noch Glaubwürdigkeit haben, wenn wir mal älter sind. Wenn wir dann noch Musik machen und schon über 60 Jahre alt sind, dann nimmt man uns das ab.“

Aber die Pensionisten der Zukunft werden Kevin heißen.

Simon Gramberger: Das stimmt, ja. Wir haben eher an die jetzigen Pensionisten gedacht. Wir wollten etwas Urösterreichisches drinnen haben, nachdem wir die Blasmusik mit dabei haben.

Wie geht es nun weiter?

Simon Gramberger: Unsere Album-Release-Tour beginnt am 21. Februar im Linzer Posthof und danach geht es durch den Süden von Deutschland und durch Österreich. Wir freuen uns schon extrem auf das Präsentieren der neuen Songs, die Hälfte der Lieder haben wir noch nie live gespielt.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Jürgen Plank

Release-Tour:
21|02|19 LINZ / A Posthof
22|02|19 SALZBURG / A Rockhouse
23|02|19 WÖRGL / A Komma
01|03|19 GRAZ / A p.p.c.
07|03|19 NÜRNBERG / D Stereo
08|03|19 REGENSBURG / D Degginger
09|03|19 PASSAU / D Zeughaus
14|03|19 MÜNCHEN / D Giesingers
15|03|19 KEMPTEN / D Künstlerhaus
16|03|19 LUSTENAU / A Carinisaal
02|04|19 WIEN / A WUK
24|05|19 ÜBERSEE / D Alm Wiesn
11|07|19 KLAGENFURT / A World Bodypainting Festival
19|07|19 FREMDINGEN / D Blasius Festival
03|08|19 ECHING / D Brass Wiesn
10|08|19 ROTHENBURG / D Taubertal Festival

Links:
Erwin & Edwin (Website)
Erwin & Edwin (Facebook)