Das Klavier steht mehr noch als so manch anderes Instrument in Verbindung mit der abendländischen Tradition, denn nicht zuletzt durch die diskreten Tonhöhen der temperierten Stimmung prägte es maßgeblich die Hörgewohnheiten im Sinne des Dur-Moll-tonalen System. Eine Tradition, die Manon-Liu Winter während ihres Diploms durch das Spiel des üblichen Kanons aufgesogen hat. Doch, wie auch schon ihre ersten Versuche auf dem Instrument durch das einfach Drauflos-Spielen geprägt waren, wandte sie sich zusätzlich zum Spiel der vorgegebenen Noten zunehmend dem improvisatorischen Schaffen zu. Dabei geht sie weit über die üblichen Spielweisen des Tasteninstruments hinaus und speist ihren Fundus an Klängen ebenso aus dem Innenraum des Klaviers inklusive Präparierungen und entlockt ihm so Ungewohntes. Sowohl zwei eigene Werke als auch eines von Wolfgang Suppan und Cornelius Cardew bringt sie am Dienstag, 8. Mai im Rahmen der Reihe “Im Loth” im Wiener Konzerthaus zu Gehör, improvisatorische Verstärkung holt sie sich dazu von Katharina Klement und juun als “deepseafish K”.
Ihre jahrelange Auseinandersetzung mit den Traditionen klassischen, Neuen wie auch improvisatorischen Musikformen spiegelt sich nicht nur in Winters ganz eigener Klangsprache wider, sondern findet auch Eingang in ihren Unterricht; denn an der Wiener Musikuniversität macht sie Studierende der Gesangs- und Instrumentalpädagogik mit dem Schaffen aus dem Moment heraus vertraut und regt sie damit zum genauen Hinhören an. Dies gelingt ihr ebenso mit ihrer eigenen Musik mittels feinen Geräuschen, klanglich differenzierten Entwicklungen und leisen Klangflächen. Diese erzeugt sie zeitweilig alleine, gerne aber auch im Kollektiv mit klingenden Namen wie Franz Hautzinger, Burkhard Stangl oder Cordula Boesze. Mit dabei von der Partie sind diesmal ebenfalls bekannte Persönlichkeiten – schon lange währt die Zusammenarbeit mit der ebenso experimentell orientierten Pianistin Katharina Klement. Von dieser Kombination darf man sich ein verlässliches Zusammenspiel erwarten, sind doch die beiden Pianistinnen bestens miteinander vertraut. Gleichzeitig aber sind sie auch für vieles offen, so dass man sich auf spannungsreiches Musizieren einstellen darf. Dazu beitragen wird auch juun, wie sich Judith Unterpertinger kurz nennt, eine ebenso interessante Musikerin und Komponistin, die facettenreiches Spiel mit ihren leisen Klängen an den Grenzen der Wahrnehmung hervorbringt. In der Zusammenarbeit der drei spannenden Musikerinnen fließen so Komposition und Improvisation ineinander und lassen unwiederbringliche Momente erstehen. (dw)
Foto: Alan Pryke