„Ich wollte ein Album machen, das eine hellere Farbe hat“ – KMET im mica-Interview

FLORIAN KMET ist als Musiker in zwei Bereichen tätig: da sind zum einen Arbeiten fürs Theater und zum anderen seine Solo-Alben als KMET. Nach sieben Jahren erscheint nun ein neues Album: „Smiling Eye“ (Konkord Records). Jürgen Plank hat den umtriebigen Musiker zum Interview getroffen.

Seit dem letzten Album sind sieben Jahre vergangen, warum hat es solange bis zum neuen Album gedauert? 

Florian Kmet: Einerseits gab es für mich inhaltliche Veränderungen. Das letzte Album „Shoot me“ hat etwas Dunkles gehabt. Das waren lauter Charaktere, die kurz vor dem Abgrund waren, vorm Wegrennen. Ich wollte ein Album machen, das eine hellere Farbe hat. Das habe ich schon vor 5 Jahren gesagt. Für mich hat dieses Album jetzt auch wirklich eine hellere Farbe, es hat mehr Ausblick, der Horizont ist weiter. Auch inhaltlich war es ein Prozess zu schauen: was interessiert mich? Wohin will ich? Es hat auch länger gedauert, weil ich bei relativ vielen Theaterprojekten dabei war. 

Wie war der Verlauf der Album-Produktion? 

Florian Kmet: Das Album ist musikalisch schon seit rund einem Jahr fertig. Im Jänner 2017 haben wir schon gemischt, es dauern dann auch die Produktionsprozesse länger. Ich wollte das Album wirklich inhaltlich fertig machen und erst dann schauen: wo bringe ich das Album heraus und wo will ich mischen. So gibt es dann längere Vorlaufzeiten. 

„Das Album ist zu 95 Prozent mit einer akustischen Gitarre aufgenommen worden“

Inwiefern ist das Album heller, musikalisch oder in Bezug auf die Texte?

Florian Kmet: Beides. Das Album ist zu 95 Prozent mit einer akustischen Gitarre aufgenommen worden. Es gibt dieses Mal viel mehr chorische Elemente. Die Stimme wird bei einem Song wie ein Effekt oder Instrument eingesetzt. Ein Teil eines Satzes wird immer wiederholt und wird dadurch zum Rhythmus. Das sind so kleine Spielarten, die ich eingebaut habe. 

Entstehen Musik und Text gleichzeitig? 

Florian Kmet: In diesem Fall war es anders als bei den anderen Alben, weil bei fast allen Liedern zuerst der Text da war. Ich habe dann den Song darum herum geschrieben und dann habe ich instrumentiert. Früher sind die Lieder aus kleinen Loops gewachsen, aber in diesem Fall war es mir wichtig soweit zu reduzieren, dass man alle Lieder mit einer akustischen Gitarre spielen kann. Das fand ich spannend und das geht bei den meisten Stücken. 

Live verwenden Sie zum Teil Loop-Geräte. Sind diese auch beim Aufnehmen im Einsatz? 

Florian Kmet: Beim Aufnehmen ist der Looper gar nicht dabei. Ich verwende den Computer eigentlich wie eine Bandmaschine und ich verwende keine Effekte, sondern ich schneide nur digital statt analog. 

Haben Sie alles selbst aufgenommen? 

Florian Kmet: In diesem Fall ist es wirklich solo, so war es eh noch nie. Ich habe alles selbst in meinem Studio aufgenommen. 

Ist es daher ein besonderer Moment, so ein Album dann zu veröffentlichen, an dem niemand beteiligt war? 

Florian Kmet: Ich freue mich dieses Mal besonders, dass es erscheint. Geschrieben und aufgenommen habe ich wirklich alles alleine. Ich war dann immer wieder mit Florian Horwath im Austausch über das Album. Und jetzt habe ich im Prozess des Hinausgehens meine Freunde vom Designbüro 86/60 dabei, die mich mit zwei sehr tollen Videos und dem Design der CD unterstützen, genauso wie die wunderbaren Leute vom Label konkord.

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Ein Stück – „Puppet song“ ist instrumental. Warum haben Sie entschieden, dass es auf die CD soll?  

Florian Kmet: Der „Puppet Song“ist entstanden, weil ich bei den Puppentheatertagen Mistelbach gespielt habe. Das ist ein riesiges Puppentheater-Festival. Die Inhalte der Lieder sind dieses Mal viel konkreter, meine ursprüngliche Idee war, Lieder mit Text und instrumentale Stücke abzuwechseln. Es gibt eine ganze Platte mit instrumentalen Stücken, die auf meiner Festplatte liegt. Irgendwann habe ich dann aber entschieden, doch mehr Lieder mit Texten aufs Album zu geben. Die instrumentalen Stücke wären wie eine Verschnaufpause für den Zuhörer. Aber ich glaube, das braucht es eigentlich nicht und ich bin jetzt sehr froh, dass es so ist, wie es ist. Der „Puppet“-Song hat es aber doch aufs Album geschafft. 

Theater ist Ihre zweite Arbeitsschiene. Worin besteht der Unterschied zwischen der Arbeit an einem Solo-Album und der Musikarbeit zu einem Theaterstück? 

Florian Kmet: Das Schöne an der Theaterarbeit ist, dass ich da mit Leuten arbeite und in einen Austausch gehe. Und beim Theater ist es oft so, dass ich da in ein Gerüst hineinarbeiten kann, das macht mir Spaß und beschleunigt den Arbeitsprozess an Musik sehr. Denn wenn ich solo arbeite ist das Feld unglaublich offen und definiert sich erst beim Arbeiten. Jetzt arbeite ich im Bereich Tanz, mit Willi Dorner an einem neuen Stück. Da gibt es einfach Parameter, die sich in der Gruppe formen oder die schon bestimmt sind: durch den Titel des Stücks und den Inhalt. Das macht den Arbeitsprozess schneller und direkter. 

Spielen Sie im Theater auch live auf der Bühne? 

Florian Kmet: Ich spiele eigentlich immer live auf der Bühne. Meistens mit E-Gitarre statt akustischer Gitarre, weil ich auf der E-Gitarre zum Beispiel auch mit einem Cello-Bogen spielen kann, da kann ich sehr gut schwebende Flächen erzeugen und bin allgemein etwas flexibler als mit der Akustischen. Auf der Bühne entsteht mit den Schauspielern das Stück jedes Mal ein bisschen anders.

„Stille ist ein interessantes Phänomen, bei dem ich das Gefühl habe: das möchte ich in meinem Alltag vermehren“ 

Im Lied „Silence“ vom neuen Album heißt es: „In silence I meet all my monsters.“ Wer sind diese Monster?

Albumcover Smiling Eye
Albumcover “Smiling Eye” (c) 86/60

Florian Kmet: Das kann alles sein. Stille ist, finde ich, prinzipiell ein interessantes Phänomen. Stille heißt zum einen akustische Stille, aber Stille kann auch sein, dass der Input von außen mal in Ruhe gebracht wird. Oder auch mein Körper mal in Ruhe gebracht wird. Da kann dann alles auftauchen: Ängste oder Situationen, die man sonst gut unterdrücken kann, wenn man normal durch den Tag geht. Stille ist ein interessantes Phänomen, bei dem ich das Gefühl habe: das möchte ich in meinem Alltag gerne vermehren. Das hat mich als Thema interessiert und in diesem Song ist die extremste Reduktion gegeben, der ist einfach live aufgenommen und dann gibt es noch eine Chorstimme und eine solistische Gitarre. 

Das letzte Stück auf dem Album heißt „Travelling Brain“. Was ist die Idee dahinter und was ist damit gemeint? 

Florian Kmet: Jeder, der sich schon einmal in Stille hingesetzt hat, der kennt vielleicht, dass das Gehirn gar nicht zur Ruhe kommen will oder kann und zu reisen beginnt. Wenn das Gehirn mal die Möglichkeit zur Ruhe hat, werden die Gedanken immer schneller und das Gehirn fängt eben zu reisen an. Im Lied geht es um dieses Phänomen und darum zu schauen: Wo will ich eigentlich hin? Wo kann ich mein Hirn hinlenken? Wo wäre es schön?

„In meiner Schulzeit fand ich immer Brian May sehr spannend“ 

Musikalisch habe ich zum Beispiel beim Stück „Grass growing“ an Blues gedacht. War das ein Ansatz für Sie, den Sie versucht haben?

Florian Kmet: Mir persönlich fällt das nicht so auf, aber Robert Rotifer hat das auch einmal gesagt. Es ist keine bewusste Wahl eines Stilmittels, sondern das passiert einfach. In meiner Schulzeit fand ich immer Brian May sehr spannend. Oder auch Stevie Ray Vaughn, wie er die Saiten spielt. Mit welcher Energie, die Noten oder die Saiten angeschlagen werden. Das hat bei „Grass growing“ vielleicht eine bluesige Energie, aber das ist mehr im Unterbewusstsein passiert.

Ein Stück am Album „Smiling Eye“ heißt: „Do i own my things“. Was ist der Auslöser dafür, diese Frage zu stellen?

Florian Kmet: Genau: „or do they own me“, geht der Text dann weiter. Der Auslöser dafür ist das Gefühl: wenn ich zu viele Dinge besitze, werde ich von diesen übernommen. In den Jahren 2007 und 2009 bin ich Vater geworden. Ich habe immer schon sehr gerne fotografiert und in dieser Phase habe ich sehr viel fotografiert. Am Ende eines Jahres waren es 120 Gigabyte Filme und Fotos und ich habe zwei Wochen damit verbracht, die Filme und Fotos zu sortieren und zu sichten. Ich habe das Gefühl gehabt: diese Masse an Fotos übernimmt mein Leben. Ich hätte sie natürlich nur auf die Festplatte geben und dort lassen können. Aber es war mir ein Anliegen, ungefähr zu wissen: was ist wo? Und was ist wann passiert?

Wie ist es nach dem Aussortieren weitergegangen?

Florian Kmet: Danach habe ich beschlossen, dass ich weniger fotografiere und jetzt habe ich das wieder mehr in der Hand. Im Text geht es auch darum, wie die Dinge mit mir verbunden sind, das interessiert mich als Thema: was ist jetzt die richtige Anzahl an Sachen für mich? Und von welchen Sachen werde ich jetzt gerade optimal unterstützt in dem was ich will? Tendenziell werden es in der westlichen Welt immer mehr Dinge die die Menschen besitzen.  Durch Smartphones, online shopping und soziale Medien setzen wir uns auch mehr der Bewerbung durch Unternehmen aus. Die wollen uns gerne vermitteln, dass wir ihre Produkte unbedingt brauchen, obwohl wir fünf Minuten vorher noch gar nichts von ihrer Existenz gewußt haben.

Fotografieren Sie nun analog?

Florian Kmet: Nein, ich fotografiere schon digital, mache aber nicht mehr 5000 Fotos pro Monat, sondern vielleicht 50 Fotos.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jürgen Plank

Florian Kmet live
02.03. Radiokulturhauscafe, Wien
10.03. grätzlgalerie, Wien
14.03. Kramladen, Wien
23.03. Kulturhof Keller, Villach
20.04. die Bäckerei, Innsbruck

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