„Ich mache einfach mein Ding und am Ende kann man sich aussuchen, ob man es feiert oder nicht“ – MAVI PHOENIX im mica-Interview

MAVI PHOENIX aka. YOUNG_PROPHET95 ist die weibliche Hoffnungsträgerin aller Musikpessimistinnen und -pessimisten. Ursprünglich kommt sie aus Linz, inzwischen agiert sie aber international. Ihr Sound bewegt sich fluide zwischen Rap, R ‘n‘ B und zeitgenössischem Pop. Die erste EP „My Fault“ erschien 2014 als Gratisdownload auf ihrer Website, danach folgte eine Tour gemeinsam mit BILDERBUCH. Ende März erschien „Young Prophet“ die zweite EP mit vier neuen Songs, darunter „Aventura“ und „Love Longtime“. „The Fader“ bezeichnete sie bereits als „Lo-Fi Pop Heroine“. Sie ist 21 und bereit, ganz oben mitzumischen. Im Gespräch mit Ada Karlbauer ging es um visuelle Inszenierung, Amerika als den „place to be“ und „Over-Autotune“ als Markenzeichen.

Wie hat es mit Mavi Phoenix angefangen?

Mavi Phoenix: Ich habe 2013 beim Lautstark-Wettbewerb mitgemacht, das war jedoch nur ein kleiner Baustein unter vielen. Ich habe eigentlich immer und kontinuierlich Songs gemacht, und das war eigentlich schon der Schlüssel. Mit jedem Song bin ich besser geworden. Wenn man das über mehrere Jahre praktiziert, ist man irgendwann da, wo ich jetzt bin. Ich bin zwar noch nicht groß, aber auf jeden Fall schön größer als zu Beginn.

Wie würden Sie Ihre musikalische Entwicklung im Zuge der letzten Jahre beschreiben?

Mavi Phoenix (c) Suzanne K König

Mavi Phoenix: Ich bin viel kritischer geworden. Wenn ich früher einen geilen Song gemacht habe, habe ich den auch gleich am nächsten Tag veröffentlicht. Inzwischen trenne ich die Spreu vom Weizen. Es geht darum, dass man trotz eines geilen Songs nicht die Coolness verliert, sondern sich überlegt, wie man den am besten rausbringen kann. Seit ich mit meinem Management zusammenarbeite, habe ich ganz andere Sichtweisen gewonnen, die ich vorher weder gekannt noch verstanden habe. Jetzt habe ich einfach vielmehr Durchblick.

Wie wesentlich ist der DIY-Faktor für die Musikproduktion?

Mavi Phoenix: Der Faktor ist einfach da, weil unsere Arbeitsweise so verläuft.

Kürzlich erschien Ihre EP „Young Prophet“, ein selbstbewusstes Statement.

Mavi Phoenix: Der Titel kam ursprünglich von einem Song, der es schlussendlich nicht auf die EP geschafft hat. Er wurde aber schon auch gewählt, weil er einfach extrem plakativ und frech ist. Es kommt sofort die Frage auf, warum ich mir anmaße, meine EP „Young Prophet“ zu nennen. Man soll denken: „Wer ist das und wer glaubt sie, dass sie ist?“ „Young Prophet“ hat aber für mich darüber hinaus eine ganz andere Bedeutung, denn ich habe das Gefühl, in den letzten Jahren einfach mehr von der Welt und den unterschiedlichen Szenen verstanden zu haben, das war für mich der eigentliche Approach!

„[…] ist die Ästhetik nicht von irgendwoher gegriffen, sondern spiegelt schon auch meine Realität wider.“

Wenn man sich die Musikvideos zu „Aventura“ und „Love Longtime“ ansieht, steht die visuelle Inszenierung stark im Fokus. Welche Rolle spielt der visuelle Faktor insgesamt?

Mavi Phoenix: Die visuelle Darstellung ist natürlich schon sehr wichtig, gerade am internationalen Markt. Wenn man wirklich professionell arbeiten will, muss diese Ebene schon auch passen. Am wichtigsten ist natürlich die Musik, aber wenn das Rundherum auch noch stimmt, dann ist das schon nicht schlecht. Es ist interessant zu hören, dass es so aussieht, als wäre es inszeniert. Natürlich ist es das auch, aber zu einem großen Prozentsatz ist es auch natürlich entstanden. Beispielweise bei den Videos zu „Love Longtime“, „Quiet“ und auch „Aventura“ ist die Ästhetik ist nicht von irgendwoher gegriffen, sondern spiegelt schon auch meine Realität wider. Aber natürlich sehr ausgebaut bzw. überzeichnet.

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„[…] meine Stimme ist trotz Autotune sehr mit Weiblichkeit verbunden.“

In den YouTube-Foren fällt vor allem auf, dass die Rezipientinnen und Rezipienten ein Problem mit der digitalen Bearbeitung der Stimme haben: „Over-Autotune“ heißt es manchmal sogar.

Mavi Phoenix: Immer wenn sich jemand zur Bearbeitung der Stimme äußert, freue ich mich eigentlich, weil ich genau das damit erzielen will. Gerade im Kontext der Live-Performance höre ich oft: „Warum bearbeitest du deine Stimme, wenn du eh singen kannst?“, aber genau das ist der Punkt.  Erstens finde ich, dass es geil klingt, und zweitens ist es auch eine Form von Trotz gegen die Erwartungen. „Hey, kannst du nicht mehr unbearbeitet singen?“, das haben die Leute immer schon zu mir gesagt, und genau deshalb habe ich das auch immer weniger gemacht. Ich denke mir, das ist meine Musik, und wenn ich das geil finde, dann mache ich das auch so, denn meine Stimme ist trotz Autotune sehr mit Weiblichkeit verbunden. Die ganzen Ami-Rapper wie Kanye West nutzen Autotune viel mehr als ich und es ist normal, aber sobald sich eine Frau solcher Parameter bedient, ist es gleich zu hinterfragen. Genau deshalb werde ich das auch so weitermachen und erst dann, wenn es die Leute angenommen haben, mach ich es wieder anders.

„Ich habe immer schon sehr nach Amerika geschielt […]“

Sie selbst beschreiben Ihren Sound als zeitgenössische Popmusik. Wie wichtig war und ist die Popkultur und die damit zusammenhängenden Tendenzen und Entwicklungen?

Mavi Phoenix: Ich beziehe mich schon in erster Linie auf amerikanische Pop- und Hip-Hop-Musik. Ich habe immer schon sehr nach Amerika geschielt, weil ich finde, es ist einfach der place to be. Beispielsweise das Album „Blonde“ von Frank Ocean oder auch das neue Album von Kendrick Lamar waren eigentlich die Sachen, die mich in letzter Zeit am meisten geflasht haben.

Neben Bilderbuch, Wanda usw. werden Sie bereits als der nächste österreichische Shootingstar gefeiert.

Mavi Phoenix: Ich freue mich natürlich sehr, lasse das aber eher an mir vorbeiziehen. Ich mache einfach mein Ding und am Ende kann man sich aussuchen, ob man es feiert oder nicht. Ich will jetzt einfach ein cooles Album machen, mit dem man auch international Anklang findet, einfach außerhalb von Österreich. Generell in Europa, aber es muss ja nicht gleich Amerika sein [lacht].

Vielen Dank für das Gespräch.

Ada Karlbauer

Live:
23.06. Rockhouse, Salzburg
07.07. Ars Electronica, Linz

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