„Ich hatte plötzlich eine Ahnung, wohin es gehen sollte.“ – LYLIT im mica-Interview

Ein Album war schon länger angekündigt. Doch aus diversen Gründen hat es einfach nicht klappen wollen. Nun aber ist es so weit. Sängerin LYLIT alias EVA KLAMPFER veröffentlicht mit „Unknown“ nun ihre von vielen sehnlichst erwartete Debüt-EP. Die gebürtige Salzburgerin über ihre Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Produzenten und ehemalige Motown-Records-Labelchef KEDAR MASSENBURG (Erykah Badu, D‘Angelo), Leerläufe und ihre Freude, dass letztlich doch alles einen erfreulichen Ausgang genommen hat. Das Full-Length-Album soll im Sommer erscheinen. Das Interview führte Michael Ternai.

Ihr Album wurde ja schon vor einigen Jahren angekündigt. Woran hat es gelegen, dass sich das Release so lange verzögert hat?

Lylit: Im Grunde genommen war eine Label-Geschichte schuld daran. Ich habe den Deal mit dem Label ja schon vor fünf Jahren unterzeichnet. Und wir hatten damals, 2011, eigentlich auch schon alle Songs aufgenommen. Nur waren wir alle – sowohl Kedar Massenburg wie auch Andi [Lettner] und ich – mit dem Ergebnis nicht wirklich zufrieden.
Hinzu kam, dass Kedar, der früher Motown-Chef war und Erykah Badu entdeckt hat, zu jener Zeit mit einigen Umstrukturierungen im Label beschäftigt war, was dazu führte, dass die ganze Geschichte dann irgendwann einmal komplett stand. Bis er dann wieder in Fahrt gekommen ist und sich alles wieder etwas in Bewegung gesetzt hat, war ich dann selbst innerlich auch schon ganz woanders als noch zu dem Zeitpunkt, als die Songs aufgenommen worden sind. Ich habe Kedar dann gesagt, dass wir die ganze Sache auch neu aufrollen könnten. Andi und ich sind dann in Wien wirklich in aller Ruhe nochmals ans Songschreiben herangegangen. Ja, und auf diesem Weg sind eben die Nummern entstanden, die dann Kedar letztlich überzeugt haben.

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Das hört sich nicht so an, als wäre dies keine leichte Situation für Sie gewesen.

Lylit: Also, am Anfang war das natürlich nicht so leicht. Andi hat mich aus dieser Phase wieder rausgezogen. Wir haben einfach zu jammen begonnen – er am Schlagzeug und ich am Klavier. Und während dieses Prozesses habe ich dann gemerkt, dass die ganze Sache eine andere Farbe angenommen hat. Ich hatte plötzlich eine Ahnung, wohin es gehen sollte. Die Songs sind in der Folge teilweise aus dem Jammen heraus entstanden. Auf dem Album finden sich jetzt sechs Songs, die quasi genau so klingen, wie sie entstanden sind. Und ich glaube, das ist der Grund, warum es mir auch so gut gefällt. Das Album bildet einfach den Status ab, den ich gerade habe und einnehme.

Wie ist es eigentlich zum Kontakt mit Kedar Massenburg gekommen?

Lylit: Ich habe so vor sechs, sieben Jahren ein Album geschrieben, das ich mit meinen ganzen Freundinnen und Freunden eingespielt habe. Als es dann fertig war, hatte ich zunächst keine Ahnung, was ich mit dem Album tun sollte und an wen ich es überhaupt schicken könnte.
Ich durchforstete dann meine iTunes-Library und suchte nach Artists, von denen ich glaubte, dass sie in etwa etwas Ähnliches wie ich machten. Bei denen schaute ich dann, bei welchem Label sie unter Vertrag waren. Insgesamt waren es vierzehn Labels, die ich anschrieb. Geschickt habe ich ihnen eigentlich nur eine selbst gebrannte CD, einen handgeschriebenen Zettel mit Infos über mich und ein Foto. Dann ging alles recht schnell. Nach vier Tagen erhielt ich plötzlich einen Anruf von Kedar.
Es war ja Kedars persönlicher Assistent, der mein Paket zuallererst in die Finger bekam. Der wird sich wahrscheinlich gefragt haben, was das überhaupt soll. Normalerweise bekommt ein solches Label ja immer richtige professionell gestaltete Super-Pressemappen zugeschickt. Auf jeden Fall spielte er die CD Kedar vor, der dann auch sofort Feuer und Flamme war und mich auch gleich kontaktierte.
Zwei Monate später traf ich ihn dann in New York in seinem Office am Times Square. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und unterhielten uns über die weiteren Schritte. Nochmals einige Monate später trafen wir uns dann in London. Bis dahin hatte ich, wie wir es vereinbart hatten, auch schon wieder fünf neue Songs fertig. Die habe ich ihm vorgespielt und dann haben wir auch schon über den Vertrag gesprochen.

„Was mir an Kedar wirklich gefällt, ist, dass er mir total vertraut.“

Wie ist es, mit so einem großen und namhaften Produzenten zusammenzuarbeiten?

Lylit: Das Schöne an Kedar ist, dass er ein echter Musikliebhaber ist. Musik ist seine volle Leidenschaft. Gleichzeitig ist er aber auch ein knallharter Geschäftsmann. Das war für mich kurz doch etwas schwierig. Business war plötzlich strictly Business. Da fährt der Zug drüber. Daran habe ich mich, wie gesagt, erst gewöhnen müssen.
Was mir an Kedar aber wirklich gefällt, ist, dass er mir total vertraut. Er ließ mir damals, als wir in New York aufnahmen, extrem freie Hand. Gleichzeitig muss man aber auch akzeptieren, dass er mit deiner Kunst verdienen will und daher auch ein Mitspracherecht hat. Und dies zuzulassen ist natürlich nicht immer leicht. Man ist im eigenen künstlerischen Dasein doch auch etwas stur. Zumindest ich (Lacht).

Sie haben in der Vergangenheit ja bei vielen anderen Projekten mitgewirkt, unter anderem bei Parov Stelar, SK Invitational, im Duo mit Matthias Löscher. Wann ist bei Ihnen eigentlich der Wunsch so stark geworden, es mit einem Soloalbum zu versuchen?

Lylit: Den Wunsch hatte ich schon ganz lange, weil ich eigentlich genauso anfing. Ich habe immer schon – seit meinem 14., 15. Lebensjahr – meine eigenen Sachen geschrieben. Als ich damals nach Wien kam, war ich – als der umtriebige Mensch, der ich bin – schnell in diversen Projekten involviert. In manchen blieb ich auch länger. Aber dennoch habe ich parallel zu diesen immer auch mein eigenes Ding vorangetrieben.

„Mir ist das Allerwichtigste, dass ich jetzt so viele Konzerte wie möglich spiele.“


Was lässt sich über das Album musikalisch sagen? Der Song „Unknown“, der doch recht stark in Richtung Pop geht, ist ja mittlerweile bekannt. Wie sieht es mit den anderen aus?

Lylit: Grob würde ich sagen, dass sich das Album musikalisch irgendwo zwischen einer starken Groove-Orientierung und einer mehr filigranen, leisen und klavierorientierten Seite abspielt. Aus diesen zwei Polen setzen sich die Songs zusammen. Generell ist es schon Popmusik, die ich mache. Aber es gibt dennoch auch solche Stücke, bei denen ich mich austoben kann. Entscheidend und wichtig war für mich bei diesem Album, die Dinge – musikalisch wie auch textlich – auf den Punkt zu bringen. Und ich glaube, das ist mir sehr gut gelungen. Ob ein Song letztlich mehr in die poppige Richtung geht oder mehr alternativ bleibt, das war und ist mir eigentlich recht egal.

Wie sieht es mit musikalischen Einflüssen aus? Hat es solche gegeben?

Lylit: Es war während des Songwriting-Prozesses so, dass ich eigentlich überhaupt nichts gehört habe, weil es bei mir schnell passieren kann, dass ich, wenn ich einen Song höre und der mir gefällt, auch unbewusst in diese Richtung zu schreiben beginne. Und das wollte ich unbedingt vermeiden. Ich habe irgendwann einmal ein Zitat von Miles Davis gelesen, in dem er gesagt hat, dass er eigentlich keine Musik hört, weil er sonst seine eigene Stimme nicht findet. Diese Methode habe ich versucht anzuwenden.

Wie sehen Ihre Erwartungen bezüglich des Albums aus?

Lylit: Mir ist das Allerwichtigste, dass ich jetzt so viele Konzerte wie möglich spiele. Ich will meine Musik performen und den Leuten näherbringen. Und ich wünsche mir, dass mir das Label dabei hilft, sie vielen näherzubringen. Wie weit es tatsächlich gehen wird? Ich hoffe, so weit wie möglich.

Vielen Dank für das Interview.

Michael Ternai

Fotos Lylit: Severin Koller

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