hoerthoert-Festival erstmals in Salzburg

Das vor zwei Jahren in Wien gestartete Festival HOERTHOERT gastiert am 20. und 21. März 2015 erstmals auch im JAZZIT SALZBURG. HOERTHOERT versteht sich dabei nicht nur als Motor zur Forcierung von „Zuhörkultur“, sondern stellt dabei auch vor allem junge und innovative Jazz- und ImprovisationsmusikerInnen rund um das „Listen Closely“-Label des gebürtigen Salzburgers und Saxophonisten WERNER ZANGERLE in den Fokus.

„hoerthoert – Verein für Zuhörkultur für Jazz und improvisierte Musik“ wurde Anfang 2012 in Wien von MusikerInnen rund um das Label „Listen Closely“ gegründet. Er soll InterpretInnen und KomponistInnen aus den Bereichen Jazz und improvisierte Musik sowie aus angrenzenden Musikrichtungen eine Plattform bieten und diese Musik-Stilistiken einem breiten Publikum darbieten.

Jazz für die Ohren

Dabei geht es auch darum, die Kunst des puren Zu- und Hinhörens wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Wie aufregend und frisch Jazz und improvisierte Musik heute klingen können, zeigen diesmal Bands wie Hypnotic Zone, das Trio ZaVoCC, Schmieds Puls, Harnisch/Fina/Santner, das Philipp Nykrin Trio und Gnigler.

Trotz aller Unkenrufe begeistern Jazz und improvisierte Musik immer noch! Allein die Spielfreude der am Festival beteiligten MusikerInnen sowie deren Experimentierfreudigkeit und Neugierde stellen dies unter Beweis. Die sechs Ensembles stehen dabei für eine stilistisch breit gefächerte Vielfalt und für ein Musizieren jenseits ausgetretener Pfade. Bei hoerthoert geht es um spannende, frische Musik, die auch von einem völlig undogmatischen Umgang mit dem Begriff Jazz geprägt ist.

Improvisation und Pop

Am 20. März geht es los mit Hypnotic Zone, die zwischen lyrischem Anspruch und Punk-Attitüde spannungsgeladen und atmosphärisch dichten Jazz spielen. Die Eigenwilligkeiten der daran Beteiligten gehören dabei quasi zur Prämisse des musikalischen Werkens, welches sich dezidiert nicht an gängigen traditionellen Definitionsmustern orientiert. Experimente finden in kleinen, aber feinen klanglichen Nischen statt und oszillieren von hier aus mal schräg, mal harmonisch, mal dissonant, mal melodiös durch die einzelnen Stücke und Improvisationen. Hypnotic Zone transformieren dabei die klassische Piano/Bass/Schlagzeug-Jazzbesetzung zu beinahe schon avantgardistisch anmutenden Klanggebilden, ohne dabei auszuufern. Gehört doch der Spruch „Weniger ist mehr“ zu ihrem übergeordneten Motto auf ihren verschlungenen Wegen durch die Details und Nuancen der verschiedensten Spielformen des Jazz.

Das Trio ZaVoCC zelebriert hingegen die Kunst der freien Improvisation und entführt auf eine Klangreise „an die Gestaden der Kompromisslosigkeit und Integrität”. Das Trio improvisiert dabei mit Herz und Seele bei der Sache. Nachzuhören und festgehalten u. a. auf der aktuellen CD „ZaVoCC on Tour“, über die der Jazzspezialist Ernst Mitter Folgendes schreibt: „Da sind 15 hochkonzentrierte Details einer Erforschungstour der Innenwelten eines Improvisationsensembles entstanden, die beim Hören Aufmerksamkeit und Ruhe voraussetzen. Dafür wird man dann jedoch reich belohnt mit liebenswert vertrackten, unüblichen Klängen, die sich im Ohrgang verhaken und lange dort bleiben. Die Hörerwartung wird unterlaufen, nicht als Gag, sondern mit sinnhafter Notwendigkeit, einer wirklich stringent nachvollziehbaren Entwicklungsreise auf der Suche nach der Essenz des musikalischen Miteinanders.“

Zum Abschluss des ersten hoerthoert-Abends gibt es dann mit Schmieds Puls „Popmusik, wie sie eigentlich sein sollte: Großes Songwriting, zerbrechlich und stark mit einem Hauch Improvisation”. Auch Schmieds Puls ist der Beweis dafür, dass weniger oft mehr ist. Wo andere 1.000 Töne spielen (und dabei allzu oft die Musik vergessen), machen sie Pause bis kurz vor dem Zerplatzen. Gemixt wird dabei Jazz, Improvisation, Punk, Lyrik, Dreck und Eleganz. Das Wort „schizophren“ taucht also nicht von ungefähr in der Bandbeschreibung auf. Vor allem Mira Lu Kovacs’ Stimme hat es dabei den unterschiedlichsten KritikerInnen angetan. So schreibt etwa Robert Rotifer (FM4): „Erst noch Mira Lu Kovacs gehört haben, dann möglicherweise sterben. Was diese Frau aus ihren beiden Instrumenten, sowohl ihrer virtuos wandelbaren Stimme als auch ihrer mit klassischer Fingertechnik gezupften akustischen Gitarre herauszuholen versteht, ist auf die ruhigste vorstellbare Weise spektakulär.“ Und Andreas Felber (Der Falter) ergänzt: „Selten ist ein so dunkler, todessehnsüchtiger Song von einer so glockenhellen, schwerelosen und doch eindringlichen Stimme gesungen worden.”

Genres ohne Grenzen

Den zweiten Festivaltag (21. März) eröffnen Harnisch/Fina/Santner. Dieses Trio teilt die gemeinsame Leidenschaft für Melodien, die Lust, ein Thema improvisatorisch zu entblättern und wirkungsvolle Songs entstehen zu lassen. Im Vordergrund steht dabei schlicht die Musik, definiert als „Melodie und Harmonie, umgesetzt durch ein sensibles Klangbewusstsein und die Reduzierung auf das Wesentliche“. Musik, die sich Zeit nimmt, bei der die einzelnen Musiker stets ihrem Bedürfnis folgen, abzuwarten und zu schauen, was dem Gesamtklang wirklich dient.

Danach präsentiert der Salzburger Pianist Philipp Nykrin seine neue Formation. Mit einem hochkarätig besetzten Klaviertrio widmet er sich der zeitgenössischen improvisierten Musik. Der Musiker und Komponist kann dabei auf ein ereignisreiches Jahr 2014 voller Releases und Konzerttätigkeiten mit Projekten mannigfaltiger Stilistiken zurückblicken: Dazu gehörten u. a. das Eröffnungsprojekt des Jazz-Festivals Saalfelden 2015 „Wire Resistance” (Ende Februar auf CD erschienen) zwischen Jazz und Elektronik, „restless contemporary indie“ mit Namby Pamby Boy sowie Hip-Hop und Pop mit Nina FIVA Sonnenberg. Trotz alledem hat er seine kontinuierliche Arbeit mit dem akustischen Klavier und dessen Rolle in der zeitgenössischen improvisierten Musik nicht vernachlässigt.

Zum Abschluss stellt das Septett Gnigler mit dichter und energetischer Kontrapunktik die Existenz und Notwendigkeit von Genres und deren Grenzen infrage. Stilistische Pluralität zwischen laut und leise, graziös und brachial, exorbitant und unumgehbar, kurz und prägnant, wunschlos zeitlos, stimmig verstimmt, mittig entstellt und antiseptisch, gewürzt mit Zwölfton-Ausflügen, eng ausnotierten Fanfaren und wie verätzt wirkenden Hip-Hop-Grooves. Dabei wird besonders Weise darauf geachtet, dass aus diesem Potpourri der Stile und abrupten Richtungswechsel keine Ansammlung von Melodien wird, sondern ein vollkommenes Ganzes. Kurz: „Das Kunststück, das Gnigler wirklich in imposanter Manier zu Wege bringen, ist, alles auf den Punkt zu bringen.“ (Michael Ternai, mica)

Didi Neidhart

hoerthoert – Festival für Zuhörkultur
20. und 21. März 2015
Jazzit Salzburg
Elisabethstraße 11
5020 Salzburg

 

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