Heinrich von Kalnein & KAHIBA – Orbital Spaces

Hat der in Graz lebende Saxophonist Heinrich von Kanlein in den letzten Jahren seinen kreativen Fokus fast ausschließlich auf die Jazz Bigband Graz, der er als Komponist und Arrangeur vorsteht, gerichtet, meldet er sich nun nach 2009 wieder mit seinem allerorts vielumjubelten Projekt Kahiba zurück. Und das in Form einer wirklich großartigen CD. „Orbital Space“ (Natango Music) hat alles was ein erstklassiges Stück Jazzmusik haben muss. Wunderbarste Melodiebögen, faszinierende, sich stets verdichtende Spannungsbögen und vielschichtigste Arrangements, die bis in kleinste Detail durchdacht sind. Kurz: ein faszinierendes Statement für die Schönheit des modernen Jazz.

Hört man sich durch die Stücke des neuen Albums, ist es fast so, als würde man sanft von einer Welle erfasst, welche einen vom ersten bis zum letzten Ton trägt. Wiewohl die Kompositionen eher komplexerer Natur sind, übersetzen Heinrich von Kalnein und seine beiden Mitmusiker Christian Bakanic (Akkordeon) und Gregor Hilbe (Schlagzeug, Elektronik) diese gekonnt in ein fast schon zu schweben scheinendes klangliches Etwas, das zu keinem Moment in das Kopflastige oder Sperrige kippt. Selbst dann, wenn virtuos losgelegt wird und die drei Musiker sich gegenseitig im Spiel zu Höchstleistungen treiben, bleibt alles gefällig und rund.

Heinrich von Kalnein & KAHIBA – Gemini by mica

Wirklich kategorisierbar ist das, was das außergewöhnliche deutsch-österreichisch-schweizerische Trio unter der Leitung des Saxophonisten erschafft, nicht. Dafür sind die Einflüsse, welche auf die Musik wirken, einfach zu breit gestreut. Sich von allen stilistischen Zwängen lösend führt Heinrich von Kalnein seine Kollegen durch eine Klangwelt, deren Weite vom Jazz der traditionellen Prägung über Musica Brasileira und andere unterschiedliche  folkloriostische Spielarten bis hin zur fein gesponnenen Elektronik führt.

Insgesamt handelt es sich um eine melodiebetontere Interpretation des Begriffes Jazz, welche Heinrich von Kalnein & KAHIBA zum Erklingen bringen, wiewohl, diese aber sich erfreulicherweise nicht über ein ständiges virtuoses Solieren definiert, sondern vielmehr über den kunstvollen, feinfühligen und zum Teil auch sehr experimentellen musikalischen Dialog zwischen den drei Protagonisten. Es ist vor allem diese edle Unaufgeregtheit, mit welcher Kalnein, Bakanic und Hilbe zu Werke gehen, die über alle Maße beeindruckt. Ganz ohne die große Gesten auskommend, gelingt ihnen die Stücke mit einer hörbaren Liebe zum Detail abseits aller traditionsbeladenen Begrifflichkeiten auf den Punkt zu bringen, sie mit Leben und vor allem Tiefe zu erfüllen.

Heinrich von Kalnein & KAHIBA liefern mit ihrer „Orbital Space“ den eindrucksvollen Beweis, welche aufregenden und spannenden Wege im Jazz immer noch beschritten werden können, befreit man sich erst einmal von allem Scheuklappendenken. Auf jeden Fall sollten Liebhaber des gediegenen Jazz diesem Album auf alle Fälle Gehör schenken. (mt)

Heinrich von Kalnein & KAHIBA © E. Reismann

 

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