Hans Koller Preis 2008

Mit Fritz Pauer, Viola Falb, Martin Reiter und Martin Spitzer werden am 28. November im Wiener Porgy & Bess, wie schon in der Vergangenheit, die herausragenden Musiker/Innen aus dem Genre des Jazz mit dem Hans Koller Preis ausgezeichnet. Traditionellerweise sind die Preisträger im Anschluss an die Zeremonie auch live auf der Bühne zu bewundern.

Der Hans Koller Preis ist so etwas wie der “Oscar” der heimischen Jazzszene und wahrscheinlich auch aus diesem Grund so heiß begehrt. Der auf Initiative des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, der Stadt Wien, der Bank Austria/UniCredit Group, des SKE-Fonds und des Austrian Music Office seit 1997 vergebene und nach dem Jazzsaxofonisten Hans Koller benannte, österreichische Jazzpreis, stellt ohne Zweifel die wohl wichtigste Auszeichnung dieses Genres hierzulande dar. 2008 wird die Auszeichnung in folgenden Kategorien vergeben: “Newcomer des Jahres”, “Sideman des Jahres”, “Album des Jahres” und “European Jazz Prize”. Zudem wird heuer auch der “Staatspreis für Improvisierte Musik” verliehen. Außerdem erhalten zwei junge talentierte MusikerInnen ein New York Stipendium.

Hier nun die diesjährigen Preisträger, samt Jurybegründung.

Staatspreis für Improvisierte Musik 2008: Fritz Pauer, Klavier

Jurybegründung:
Passend zum 60. Geburtstag wurde dem Pianisten Fritz Pauer im Jahr 2003 das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich verliehen; im gleichen Jahr wurde er auch für den Hans Koller Preis nominiert. Dass er dieses Jahr den Staatspreis für Improvisierte Musik erhält, ist nicht nur für ihn, sondern für den österreichischen Jazz schlechthin eine Ehre. Nach Hans Koller, Joe Zawinul und Michael Mantler, wird ein Musiker ausgezeichnet, der wesentliche Entwicklungsschritte des österreichischen Jazz begleitet hat. So spielte er bereits als Siebzehnjähriger mit einer der Vätergestalten des österreichischen Jazz, mit Fatty George, jammte in “Fatty’s Saloon” mit Elvin Jones, Ray Brown oder Ella Fitzgerald. Praktisch erlebte er die Stilvielfalt des modernen Jazz von Jugendjahren an. Mehr noch: später, im Spiel mit dem legendären Art Farmer Quintetts, dem er 15 Jahre lang angehörte, als Pianist, Arrangeur und Komponist für die ORF BigBand, Leiter der Swiss Jazzschool in Bern (1982 – 1984) oder als Lehrer des Konservatoriums der Stadt Wien, stellt er dabei allemal seine besondere Fähigkeit unter Beweis, sein Spiel nicht nur dem jeweiligen stilistischen Anforderungen anzupassen, sondern vor allem als integrative Kraft im Hintergrund zu wirken. Musiker wie Johnny Griffin, Benny Golson, Eddie “Lockjaw” Davis, Benny Carter, Harry “Sweets” Edison, Attila Zoller, James Moody oder Herb Ellis – jeder für sich eine Insel auf der Landkarte der improvisierten Musik, die sich Jazz nennt – wussten sein Können zu schätzen, wenn sie in Wien aufspielten und nach einem passenden Pianisten fragten. So rührt die Weltgeltung, die sich der Jazz aus Wien erspielt hat, nicht zuletzt von Musikern wie Fritz Pauer her, die aus ihrer Freude an der Musik kein Hehl machen und in Wien Musikern aus aller Welt eine musikalische Heimat anbieten. Und dass Pauer dabei selbst wiederum immer wieder ein offenes Ohr für die Musiken dieser Welt hat, die er durch die Bekanntschaft mit Joe Zawinul besonders schätzen gelernt hat, macht ihm zu einem Preisträger, bei dem das Nehmen und Geben eine schöne Balance gefunden haben.

 

 

Newcomer des Jahres 2008: Viola Falb, Saxophon

Jurybegründung:
Um in der diesjährigen Preisträgerin. der Saxophonistin Viola Falb, eine Ausnahmemusikerin zu erkennen, bedarf es nicht viel. Allein der Blick auf eine Auswahl bisheriger Würdigungen dürfte Ehrfurcht erheischend sein: bereits 2004 (und 2006) war sie in der Kategorie Newcomer nominiert, sie gewann den Publikumspreis 2006, ihre CD “Travelling Hard” wurde im gleichen Jahr CD des Jahres. Und einen Förderpreis des Bundeskanzleramtes konnte sie ebenfalls schon entgegen nehmen. Wer jetzt noch weiß, dass ihre Lehrer Wolfgang Puschnig und Klaus Dickbauer sind, dass ihre Vorbilder Eric Dolphy sowie John Coltrane heißen, mag ahnen, in welch fabulöse Jazz-Welten die Reise geht, wenn die Saxophonistin zum Spiel antritt. Dass  sie dies’ vornehmlich in jungen, experimentell gesonnen Ensembles  wie der Jazzwerkstatt Wien oder eben mit Falb Fiction und auf allseits gelobten Tonträgern wie “Lost Control” macht, lässt für die Zukunft des Jazz und, natürlich, der Preisträgerin hoffen.

 

 

CD des Jahres 2008“ALMA” Martin Reiter, material records

Jurybegründung:
Auf der Bühne, auf der die Preisträger stehen, stand er bereits 2005. Damals erhielt er dank seines Albums “Chez Es Saada” des Hans Koller Preis als Newcomer. In diesem Jahr gewinnt er mit seinem Album “Alma” die Auszeichnung “CD des Jahres”. Kein Wunder, bedenkt man, dass die Vorarbeiten für dieses Album bereits 2005 begannen. Was lang währt, wird gut, und Reiters Liebeserklärung an die Musik Brasiliens besticht gleichermaßen durch den Anspruch und dessen Einlösung durch hochkarätige Musiker wie  Alegre Correa, Bertl Mayer, Ana Paula Da Silva, Matthias Pichler, Juan Garcia Herreros,  Matthieu Michel und Judith Reiter. Musikalität und Internationalität auf höchstem Niveau, und das alles auf der Basis des Jazz, der für Reiter mehr ist als bloß Musik: “Eigentlich ist Jazz ein Lebensgefühl. Für mich geht es dabei um Kommunikation.”  Auf Martin Reiters Kommunikation auf der Bühne bei der Preisverleihung darf man dann wohl gespannt sein.

 

 

Sideman des Jahres 2008Martin Spitzer, Gitarre

Jurybegründung:
Es gibt Menschen, die es laut und niemals leise können. Die sich unbedingt immer in den Vordergrund spielen müssen, weil sie meinen, dass nur dort die Musik spielt. Auf die Dauer sind solche Menschen unglaublich anstrengend und meistens ziemlich einsam. Und wenn erschwerend in der Rockmusik die Vorgabe des “Schneller-Lauter-Weiter” immer neue Opfer findet, dann passieren glücklicherweise im Jazz ganz andere Dinge: hier funktionieren auch die leisen Töne, und auf das Miteinander kommt es an. Einer, der diese Kunst beherrscht, ist der Gitarrist Martin Spitzer. Mit Flip Philip oder Häns’sche Weis hat er gespielt, und als Gitarrenlehrer vom Saitenwunderkind Diknu Schneeburger rückte auch er kürzlich ins Rampenlicht, er, der mit Engagement und Rhythmusgefühl, unaufdringlicher Präsenz und nicht nach lassender Konzentration auf das Wesentliche dafür sorgt, dass Solisten nicht plötzlich im luftleeren Raum hängen. Er, der Sideman, der mit seinem Spiel dafür Sorge trägt, dass alle auseinander driftenden Momente der Musik zusammen finden und zusammen bleiben. Er, der den Lauten Raum gibt, damit auch die Leisen einmal triumphieren können.