HANDSEMMEL WORKESTRA – „The Mighty Roll“

Für den zehnten Handsemmel-Release hat sich Labelchef Klaus Nüchtern etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er lud neun ausgewiesene Kreativköpfe der heimischen Jazzszene zu einem gemeinsamen Konzert ins Porgy & Bess, wo sie sie unter der Leitung von CLEMENS WENGER als HANDSEMMEL WORKESTRA den „mundgeblasenenen Jazz“ mit Leben erfüllen sollten. Herausgekommen ist an diesem Abend das bärenstarke Album „The Mighty Roll“ (Cracked Anegg), auf dem es den Klang des Jazz in einer ausgesprochen lässigen wie auch kunstvollen Art zu hören gibt.

Musikalisch bietet „The Mighty Roll“ genau das, was man sich von so einem bunt zusammengewürfelten Orchester erwarten darf. Was die neunköpfige Truppe zu Gehör bringt, ist einer von einer großartigen Bläsersektion getragener Klang des Jazz, der sich – stilistisch ungebunden – in die unterschiedlichsten Richtungen ausbreitet und dabei viele, viele aufregende Akzente setzt.

Cover The Mighty Roll
Cover “The Mighty Roll”

Die mit Max Nagl (Saxofon, Melodica), Herwig Gradischnig (Saxofon), Phil Yaeger (Posaune), Leo Skorupa (Klarinette), Oskar Aichinger (Posaune), Martin Siewert (Gitarre), Beate Wiesinger (Bass), Herbert Pirker (Schlagzeug) herausragend besetzte Combo setzt unter der Leitung von Clemens Wenger (Synths, E-Piano, Komposition) auf dem ersten Livealbum des Labels  – aufgenommen wurde „The Mighty Roll“ im Rahmen des Jazzfest Wien am 3. Juli 2018 im Porgy & Bess – zu einer ereignisreichen Achterbahnfahrt an, die sich ihren Weg mit einem wechselhaften großformatigen Sound wirklich durch alle musikalischen Umgebungen bahnt.

Der musikalische Bogen, der sich über das Album spannt, zeigt sich als ein ungemein breit gefächerter und reicht von leicht bekömmlich bis hochgradig komplex und experimentell. Sich wunderbar an die Ohren schmiegende Melodiebögen werden von der Formation ebenso zum Erklingen gebracht wie hochenergetisch-noisige Improvisationspassagen und Momente, in denen es richtig entspannt zugeht. Jede Nummer erzählt sich auf eine andere Art und Weise, mal mit eher vertracktem Rhythmus, mal eher geradlinig, mal mit einem rockigen Anstrich oder mit schräger Schlagseite, dann wieder mit einer schwebenden und verträumten Note. Das Schöne dabei ist, dass sich die einzelnen Elemente wirklich in einer runden Form zusammenfügen, zu einer, die sich mit Dauer zu einem richtig fesselnden Hörerlebnis auswächst, von dem man nicht mehr so schnell loskommt. Sehr empfehlenswert.

Michael Ternai

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Links:
Cracked Anegg