GrazJazz 07 – Echoes of Ethno

Echoes of Ethno ist die mittlerweile 16. Ausgabe des GrazJazz-Festivals im Orpheum. Erklärtes Ziel ist heuer (26.4 – 28.4), dem überstrapazierten Modewort “Ethno” wieder seine eigentliche Bedeutung näher zu bringen, es in den richtigen musikalischen Kontext zu stellen und auf alle möglichen Trends im Umfeld des Jazz zu reagieren.

Jedes Jahr hat das Festival einen anderen speziellen Bereich zum Thema. Diesmal soll hörbar gemacht werden, inwiefern der Jazz die vielfältigen ethno-musikalischen Entwicklungen gesucht, sich ihnen geöffnet, oder diese ganz einfach assimiliert hat. Die Schwerpunkte werden hierbei einerseits Afrika und der Balkan samt Zigeunermusik sein sowie Indien und Lateinamerika andererseits. Das Musiker-Spektrum reicht dabei vom Solisten bis zum Orchester.

 

Darüber hinaus soll auch klargestellt werden, dass der Jazz, über alle Entgrenzungen hinweg, sich immer noch über das Individuum definiert, durch das das Wesen seiner Musik steht und fällt. Den Beweis liefern dieses Jahr Fatima Spar & Freedom Fries, Eddie Palmieri & Caribbean All Star Jazz Band, Harry Tavition Orient Express, Amsterdam Klezmer Band, Randy Weston Trio, Jatinder Thakur und Wolfgang Puschnig.

 

Fatima Spar & Freedom Fries
26. April – 0:00 Uhr

 

Fatima Spar & Die Freedom Fries Spätestens seit ihrem Auftritt beim letzten, respektive wieder auferstandenen Jazzfestival Saalfelden ist das Quecksilber aus der Türkei mit der fiebrig-lasziven Stimme endgültig ein Begriff in der österreichischen Jazz- und Worldmusic-Szene. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die virtuosen Youngsters in der Band rund um Fatima Spar gehörig Feuer machen. Seit dem Frühjahr 2004 bläst diese junge Band die DJs von den Turntables der Wiener Clubszene weg.

 

Mit einem Konzept, das einfach und komplex gleichsam ist. Unverbrauchte mitreißende Groove, attackierende Solisten, hemmungsloser selbstbewusster Spielwitz und mitreißende Tanzmusik zwischen New Orleans Swing, Jungle Style und schmetterndem Balkan-Brass. Alles mehr oder weniger anatolisch bunt gefärbt. Die türkische Sängerin Fatima Spar und die Combo fanden sich aus der Ukraine, Bulgarien, Mazedonien und Österreich zur ersten postosmanischen Swingband zusammen, die auch schon jenseits unserer Grenzen als der heißeste Import der österreichischen Worldmusic-Szene gilt. Schön schmutzig und exzessiv.

 

Eddie Palmieri & The Carribean All Star Jazz Band
26. April – 19:30 Uhr

 

Kaum daß er seinen neunten (!) Grammy noch ins Regal stellen konnte, schon muß Eddie Palmieri auf der Bühne unseres Festivals GrazJazz07 stehen. Müßig zu erwähnen, daß sich der 70jährige Pianist und Orchesterleiter die begehrteste Auszeichnung im Musikbusiness wieder in der Kategorie “Best Latin Jazz Album” holte. Grammy hin, Grammy her, ein Kraftwerk voll Sound, bestechender Schärfe und zwingender Kompositionen ist “Simpatico” allemal, nicht zuletzt auch durch das Mitwirken von Paradetrompeter Brian Lynch. “It´s that cross-cultural effect that makes magnificant music”, ließ  uns der Meister dazu selbst ausrichten. Gleichsam ist es das 36. Album, das Palmieri in seiner 50jährigen Karriere als Bandleader aufgenommen hat. So manches zwischen afro-kubanischer Musik, New York-Salsa, Mambo, Rumba, Bossajazz und all dem Zeugs ist dabei hübsch dramatisch arrangiert und brillant verpackt, was gewissermaßen zu einem Markenzeichen des sonnigen US-Amerikaners mit Wurzeln in Puerto Rica zählt. Hier wird so heiß gegessen wie gekocht.

 

Sakésho featuring Andy Narell
27. April – 0:00 Uhr

 

Einen unverwechselbaren Sound, eine neue World Groove – wenn man mal so will – zu etablieren, ist kein Honigmelonenlutschen. Viel mehr als so manche moderne Jazzband auf der Suche nach ethnischer Bereicherung hat das Quartett Sakésho (sprich sah kay show) mit seinen Wurzeln tief im Biguine, der eindringlich synkopisierten, polyrhythmischen Musik der französischen Karibik, einen veritablen synergetischen Effekt in der Liga für Ethnojazz und Weltmusik geweckt. Den unwiderstehlichen Biguine mischen die Musiker aus Martinique und Guadeloupe dabei mit Calypso Beats, afro-cubanischen Grooves, “sophisticated” Jazzharmonien und ausgedehnten Improvisationen auf.

 

Geprägt wird der über all die Jahre bei unzähligen Live-Auftritten ausgefeilte Sound und Charakter dieser sattelfesten Band freilich durch Andy Narell, den weltweit bekannten Großmeister der Steel Pans (oder Steel Drums), auf dessen virtuose Dienste schon so unterschiedliche Musiker wie Flora Purim, Aretha Franklin, Toto, das Kronos Quartett, Bela Fleck und natürlich Tito Puente nicht verzichten wollten.

 

Jatinder Thakur / Wolfgang Puschnig
28. April – 19:30 Uhr

 

Etwas verspätet erschien zum 50. Geburtstag von Wolfgang Puschnig, einer der arriviertesten österreichischen Jazzmusiker, nun eine stattliche CD/DVD-Box (Universal), die als “The 50th Anniversary Box” schon allein wegen ihres Umfangs für Aufsehen in der Szene sorgt. Drinnen geht es bunt zu, gewinnt man Einblicke in kaum gekannte musikalische Liaisonen und schöpferische Ambitionen des Kärntner Holzbläsers und lernt so manche seiner vielen Gesichter kennen.

 

Nicht zuletzt aber auch seine Vorlieben für gewisse ethnische Ausflüge und Projekte, die ihn zum führenden Kosmopoliten der heimischen Szene machten. Eigentlich lags also auf der Hand, daß Puschnig irgendwann auf den indischen Tabla-Spieler Jatinder Takur treffen musste. Zumal auch dieser seit langem in Wien lebt und nebenbei auch einer der besten seiner Disziplin in Europa ist. Und auch dieser gern im Kreuzen der Kulturen den Quell der Inspiration sucht. Wie Puschnig ist auch Jatinder Takur ein mit allen Wassern zwischen Jazz, Worldmusic und Crossover Gewaschener, wobei er seinen klassischen glasklaren Spielstil nie verwässert. Eine musikalische Umarmung ist vorprogrammiert.

 

Randy Weston & African Rhythms Trio
28. April – 20:30 Uhr

 

Ausgehend von der pianistischen Linie Thelonius Monk – Ahmad Jamal war sein hypnotischer Tastenzauber stets fern aller Zierart. Als einer der ersten
amerikanischen Musiker überhaupt hat sich Randy Weston schon in den frühen 50er Jahren mit den afrikanischen Wurzeln des Blues und Jazz auseinandergesetzt. Wie ein roter Faden zieht sich diese überzeugende Wurzelsuche durch sein gesamtes Oeuvre. “The Spirits Of Our Ancestors”, “Volcano Blues”, “Blues To Africa”, “African Nite” oder “Marrakech” heißen denn auch die schönsten Platten seines Spätwerks.

 

Und nach seiner jahrzehntelangen Liaison mit den marokkanischen Gnawa-Musikern hat sich der achtzigjährige Pianist zuletzt wieder ins klassische Trio-Format begeben, um das erdige rhythmische Element für sein neues Album “Zep Tepi” aufzuwühlen. Mit diesem “African Rhythms Trio” packt er seine spannungsreichen Kompositionen in ein rhythmisch nachdrückliches Spiel voller spiritueller Kraft.