Neue Musik ist landläufig mit der Meinung behaftet, unzugänglich zu sein. Dass diese Ansicht jedoch in das Reich der zahlreichen übrigen Vorurteile über Neue Musik zu verweisen ist, beweisen die Werke von 23 jungen KomponistInnen, die das music information center austria (mica), gemeinsam produziert mit dem Österreichischen Komponistenbund (ÖKB) und der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM), auf 3 CDs unter dem Titel „Gratwanderung“ vereint. Denn die österreichischen bzw. in Österreich lebenden KomponistInnen zeigt nicht nur die erstaunliche Bandbreite zwischen den Werken. Auch die einzelnen KomponistInnen offenbaren ihr Können oftmals in der Verbindung unterschiedlichster kompositorischer Mittel. Improvisation findet sich neben strenger Komposition, akustische Instrumente treten in Interaktion mit Elektronik oder auch nicht, neben absoluter Musik und Weltlichem ist auch Geistliches zu entdecken und atonale, mikrotonale und serielle Kompositionsmethoden werden ebenso selbstverständlich eingebunden wie Pop, Jazz oder Volksmusik. Ohne Scheuklappen rückt die junge Generation so die Vielseitigkeit zeitgenössischen Musikschaffens ins Zentrum und bringt mit Unbefangenheit Schwung in ein zu Unrecht als verkopft abgestempeltes Genre.
Die 23 auf den Tonträgern vertretenen KomponistInnen, geboren zwischen 1975 und 1984, sind bereits in einer postmodern polyästhetischen Welt aufgewachsen – und dies manifestiert sich auch in ihren Werken. Während nach dem Zweiten Weltkrieg wahrhafte Grabenkämpfe zwischen traditionellen und avantgardistischen Strömungen stattfanden und sich Komponisten teilweise dogmatisch einzelnen Schulen anschlossen, ist in den Werken der jungen Generation davon nichts auszumachen – ganz im Gegenteil. Ohne Berührungsängste kombinieren die KomponistInnen genau jene Stile, die sich in früheren Zeiten feindlich gegenüber standen. Denn während tonales Komponieren in manchen Kreisen noch vor wenigen Jahrzehnten als absolutes Tabu galt, zeigt die junge Generation keine Scheu davor, serielle Kompositionsmethoden mit tonalen in Verbindung zu setzen oder Mikrotonalität mit elektronischer Tanzmusik zu kombinieren. Im Einbeziehen unterschiedlichster Stile zeigt sich nicht nur umfassendes handwerkliches Geschick, sondern je nach Herangehensweise eine ernste, ironische oder auch humorvolle Auseinandersetzung mit den musikalischen oder auch soziologischen Konnotationen der unterschiedlichen Genres. Scheinbar mühelos gelingt es den Jungen aber gleichzeitig auch, ihre eigenen Klangsprachen zu finden.
Die überwiegende Mehrheit der vertretenen KünstlerInnen verfolgt neben der kompositorischen Tätigkeit auch eine Karriere als InterpretIn. Einerseits ist dies eine naheliegende und befruchtende Verbindung, die vielfach auch in der Musik spürbar ist. Andererseits zeigt sich darin auch die Not, der sich nicht nur junge KomponistInnen ausgesetzt sehen. Denn obwohl die vorgestellten VertreterInnen ihrer Zunft zumeist bereits mehrfache TrägerInnen von Auszeichnungen und Preisen sind und ihre Werke bei national wie international renommierten Festivals aufgeführt werden, so ist es trotz der dadurch gezeigten Anerkennung kaum möglich, vom Komponieren zu leben. Dass sich jedoch zumindest die Emanzipation bezahlt gemacht hat, zeigt sich am Geschlechterverhältnis. Denn ein Drittel der Werke stammt von Frauen – ein Trend, der sich hoffentlich auch bald bei den aufgeführten Werken zeigen wird.
Vertretene KomponistInnen: Johannes Berauer, Christoph Breidler, Bernd Richard Deutsch, Hannes Dufek, Marios Joannou Elia, Sonja Huber, Peter Jakober, Manuela Kerer, Matthias Kranebitter, Veronika Mayer, Lukas Neudinger, Julia Purgina, Eva Reiter, Gerald Resch, Manuel de Roo, Veronika Simor, Tomasz Skweres, Judith Unterpertinger, Judit Varga, Simon Vosecek, Michael Wahlmüller, Ernst Wally, Thomas Wally.
Text: Doris Weberberger
Alle Informationen, Porträts und Soundfiles gibt es hier
Die KomponistInnen wurden ausgewählt von
mica – music austria
IGNM
IG – KomponistInnen Salzburg
INÖK
KIBU
ÖKB
Sind Sie ein/e VeranstalterIn oder ein/e JournalistIn und an CDs oder Kooperationen interessiert kontaktieren Sie
Betreff: Austrian Young Composers
mica – music austria dankt folgenden Fördergebern und Organisationen
Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7)
IGNM – Internationale Gesellschaft für Neue Musik
Österreichischer Komponistenbund (ÖKB)
KIBu – Komponisten und Interpreten im Burgenland
INÖK – Interessengemeinschaft Niederösterreichische KomponistInnen