Das Salzburg der 1970er Jahre – die Mozartkugel ist bereits mehr als 80 Jahre alt und die Salzburger Festspiele erfreuen sich unter der Ära Herbert von Karajans größter Beliebtheit. Doch wie so oft ist es der Mangel, aus dem heraus Neues entsteht. So geschehen auch beim OESTERREICHISCHEN ENSEMBLE FÜR NEUE MUSIK, das 2015 sein 40-jähriges Bestehen feiert.
Denn als Klaus Ager Anfang der 1970er Jahre ans Mozarteum berufen wurde, mangelte es ihm in der untrennbar mit dem Wunderkind verbundenen Stadt an Aufführungsmöglichkeiten eigener bzw. neuer Werke, denn Orchester waren mit ihren hierarchischen Strukturen zu starr, um Neues aufzunehmen. Friedrich Cerha und Kurt Schwertsik hatten zwar bereits 1958 „die reihe“ gegründet, doch abgesehen von dem in Wien ansässigen Ensemble waren auf Neue Musik spezialisierte Klangkörper – auch über die Grenzen Österreichs hinweg – Mangelware. Um dieser Situation Abhilfe zu schaffen, gründete Ager 1975 gemeinsam mit Ferenc Tornai kurzerhand das Österreichische Ensemble für Neue Musik (heute oesterreichisches ensemble für neue musik, oenm).
Mit John Cage auf dem Klangmobil durch Salzburg
Bereits zu Beginn wies das Repertoire des Ensembles eine große Bandbreite auf, denn gespielt wurden bereits beim Eröffnungskonzert Werke von Ager selbst, sowie von Zeitgenossen wie Luciano Berio und Vinko Globokar. Und auch Kompositionen der Zweiten Wiener Schule durften nicht fehlen. Als Ager 1977 das Aspekte Festival Salzburg ins Leben rief, trug das oenm wesentlich zu dessen Gestaltung bei; zudem verfolgt(e) das Ensemble eine rege internationale Konzerttätigkeit. Herbert Grassl, der 1988 die Leitung des Ensembles übernahm, führte die Bespielung des öffentlichen Raumes ein, als er gemeinsam mit dem bildenden Künstler Otto Beck die Klangmobile ins Leben rief: Auf bespielbaren Dreirädern wurde niemand geringerer als John Cage 1991 im Rahmen der Aspekte vom Flughafen in die Festspielstadt chauffiert. Auch in weiteren Städten wie Maastricht, Bozen und Seoul kamen die Klangmobile zum Einsatz. Neben den Aspekten hat sich das oenm einen festen Platz bei Festspielen von Bregenz über Salzburg bis Wien und über die Grenzen Österreichs hinweg erspielt.
Ein weiterer Wechsel folgte 1997, als Johannes Kalitzke erster Gastdirigent wurde und Frank Stadler und Peter Sigl die künstlerische Leitung übernahmen. Die beiden Letzteren bilden als Teil des Stadler Quartetts den harten Kern des Ensembles, das sich mit seinem umfassenden Repertoire sowohl der Neuen als auch der schon etwas älteren Musik annimmt. Aber auch andere MusikerInnen des Ensembles sind nicht nur im Bereich der Neuen Musik bewandert, sondern darüber hinaus auch in klassischen Orchestern oder Ensembles für Alte Musik tätig. Und so ist es auch heute ein Merkmal des oenm, dass es sich unterschiedlichen Einflüssen der Neuen Musik widmet und selbst Impulse zu deren Erweiterung setzt. Im Zyklus der Saison 2008/09 wurden Volksmusikinstrumente des Salzburger Raums in den Mittelpunkt gestellt und Komponisten aus anderen Ländern beauftragt, Werke für die spezifischen Salzburger Instrumente Zither, Hackbrett, Gitarre oder Volksharfe als Soloinstrument in Kombination mit den traditionellen Ensembleinstrumenten zu schreiben und so den Volksmusikinstrumenten in der Neuen Musik Raum zu geben.
Große Wirkung in kleinem Rahmen
Stand von Beginn an das Ermöglichen von Neuer Musik im Zentrum, spielt die Vermittlung von zeitgenössischen Werken auch weiterhin eine wesentlich Rolle. Bei den alljährlichen Akademien am Mozarteum bringen sie den Musikstudierenden das Spielen Neuer Musik aus erster Hand näher. Zudem nutzt das Ensemble seit einigen Jahren im Atelier des Künstlerhauses die Möglichkeit, in verhältnismäßig kleinem Rahmen neue Aufführungskonzepte zu erproben und in direkte Interaktion mit dem Publikum zu treten. In familiärer Atmosphäre mit Werkstattcharakter lädt das Salzburger Ensemble mit der Konzertreihe „oenm . ganz privat“ zu zahlreichen (Ur-)Aufführungen und erspielte sich so 2012 den Bank Austria Kunstpreis in der Sparte Kunstvermittlung. Wer beim ersten hören noch nicht genug hat, hat meist noch zwei weitere Gelegenheiten, den Klängen nachzuspüren.
Doris Weberberger
Termine:
ganz . privat #11: Low Brass 12. Juni 2015 | 20:00
ganz . privat #11: Low Brass 13. Juni 2015 | 20:00
ganz . privat #11: Low Brass 14. Juni 2015 | 11:00
http://www.oenm.at/