FEMDEX – eine Initiative zur Förderung von weiblichen Acts

FEMDEX – A FEMALE LIST lautet der Name der Wiener Initiative zur Förderung von weiblichen Acts und nicht binären Künstlerinnen und Künstlern innerhalb der zeitgenössischen Clubkultur und der elektronischen Musik. FEMDEX sind HANNAH CHRIST (MINOU ORAM), LI FALKENSTEINER (MISONICA), ANNA HOFFER (ANNA LEISER), THERESE KAISER (THERESE TERROR) und ULRICH ROIS.

„Man müsste zehn weibliche Acts in zwei Jahren buchen, um auf 50 : 50 zu kommen.“

Das Projekt Femdex entstand 2016 während des Arbeitsprozesses zu einem Artikel von Hannah Christ über das österreichische Booking-Verhalten in Zusammenhang mit den subjektiven Erfahrungen als DJ. Im Zentrum stand dabei die Frage: „Wie buchen Student_innen, Jungs oder Mädels Mitte Zwanzig außerhalb von rein kapitalistisch regulierten Clubpolitiken?“  Um die eigene These zu verdeutlichen, kam schnell eine Statistik hinzu und die Idee wuchs über den Artikel hinaus. Im Zentrum der Untersuchung und der Statistik stand von Beginn an der Blick auf kleinere und vor allem lokale Veranstaltungsreihen. Der Ausgangspunkt sei, so Hannah Christ, jedoch nie gewesen: „Ich mache jetzt Femdex.“

Die Realität innerhalb der Statistik zeigt, dass VeranstalterInnen im Durchschnitt etwa 20 Haupt-Acts in einer Zeitspanne von zwei Jahren buchen. Für einen ausgeglichenen Wert sind demnach zehn weibliche Acts innerhalb von zwei Jahren, also fünf weibliche Acts pro Jahr, nötig. Hannah Christ untersuchte für den Artikel 29 unterschiedliche Wiener Veranstalter-Kollektive. Die Recherche ergab, dass dabei lediglich 1,6 Prozent weibliche Haupt-Acts und darunter nur sieben Prozent lokale Acts gebucht werden. In der direkten Konfrontation mit den Veranstalterinnen und Veranstaltern stieß man stets auf Standard-Sätze wie: „Ja, ich weiß, aber es gibt einfach keinen weiblichen Act – gerade in unserem Genre.“ Diese oder ähnliche Argumentationen spiegeln ein verzerrtes Bild der realen Tatsachen wider, es handelt sich dabei um eine Konsensargumentation ohne Lösungsorientierung.

„Letztendlich ist Femdex eine positive Druckmache.“ 

In Zusammenarbeit mit Therese Kaiser entstand auf Basis dieser Untersuchung eine visuelle Umsetzung in Form einer Website. Darunter findet sich nun eine Liste mit allen Daten und Auswertungen dieser Untersuchung. Die Veröffentlichung der Website fand parallel zum Artikel-Release im Wiener PW-Magazine statt. „Es wurde recht groß und hatte viel Resonanz.“ Gemeinsam mit der Website hieß die Initiative dann schließlich Femdex. Ähnlich wie bei female:pressure, das sich ebenfalls mit der Repräsentation von Frauen, Transgender und nicht binären Personen innerhalb der zeitgenössischen Musik- und Clubkultur auseinandersetzt, lässt sich auf der Femdex-Homepage mittels Suchfunktion ganz einfach direkt nach Genres und in dem jeweiligen Genre tätigen DJs suchen. Die gelisteten Künstlerinnen sind dabei nicht auf Österreich beschränkt. Mittlerweile umfasst die Liste 300 bis 400 weibliche Acts und wird kontinuierlich erweitert. Aktuell widmet sich Femdex in erneuter Kooperation mit dem PW-Magazine den sogenannten Introduction-Posts. Dabei geht es darum, Künstlerinnen vorzustellen, die auch in der Femdex-Datenbank aufscheinen.

Bird People & Pia Wu at Utopia 3000 (c) Black Ivan Morley

„Der Femdex-Stempel zeigt die realen Verhältnisse schwarz auf weiß.“

Der sogenannte Femdex-Stempel diente eine Zeit lang dazu, die Quote der Bookings einer Veranstaltung direkt auf Facebook zu posten. Dabei wurden lediglich zehn bis 20 Prozent dieser Stempel genehmigt, vor allem wenn das Schwarz-Weiß-Ergebnis der jeweiligen Veranstaltung zugutekam. „Es gab aber auch viel Hass. Ziel war es, Druck aufzubauen“, denn jede und jeder profitiere schließlich davon, wenn die Booking-Verhaltensweisen diverser werden. „Es liegt nun einmal in der Verantwortung von uns allen, eine Welt zu schaffen, in der jede und jeder willkommen ist“, so Hanna Christ und Therese Kaiser. Daraus resultierten schnell die Veranstaltungsreihe Utopia 3000 und ein Manifest mit drei Richtlinien: egalitarianism, no hierarchical separation among participants und curating diversity and alternative use. 

Die zeitgenössische Clubkultur ist trotz einiger Initiativen, Projekte und Kollektive immer noch von dominierenden Machtmechanismen durchwachsen. Gerade in diesem Zusammenhang fungiert die Backstage-Kultur als ein Sinnbild eines sozialen Raumes der durch Ausschließungsmechanismen charakterisiert ist, ein Raum, „an dem sich Leute treffen, die oft nichts mit der Veranstaltung selbst zu tun haben“. Backstage als eine reproduzierbare Blase, die in keiner physischen Relation zu den Geschehnissen im Clubraum steht. In den 80ern ging es bei der Backstage-Kultur noch mehr um die Musik, den Raum und die reale Stimmung selbst. Doch gerade durch die Kommerzialisierung der Techno-Kultur ging dieser Ansatz sukzessive verloren. Für das Veranstaltungskonzept der Femdex-Reihe Utopia 3000 sind diese Gedanken zentral, um räumliche wie auch soziale Trennlinien zwischen innen und außen aufzulösen oder zumindest direkt im Veranstaltungskonzept zu reflektieren.

Illustration (c) Valentina Brković

„Clubs are not only spaces for hedonism and escapism.“

Neben den räumlich-sozialen Faktoren geht es im Femdex-Manifest auch darum, Platz für andere musikalische Formen zu schaffen. Keine 4-on-the-floor-Tracks als sichere Nummern, sondern auch experimentelle Sets zwischen eklektischen und experimentellen Ansätzen. Es soll mit klassischen Tanzbewegungen und Erwartungen gebrochen werden, um Aufmerksamkeiten für andere Formen und Dispositive zu schaffen. Festivals wie das Berlin Atonal und das Unsafe+Sounds bilden diese theoretischen Ansätze bereits in der physischen Realität ab, doch Fakt ist, dass es sich dabei immer noch um einen minimalen Prozentsatz handelt. Eine Utopia-3000-Veranstaltung kann nämlich prinzipiell an jedem Ort dieser Welt abgehalten werden, solange man sich an die Richtlinien des Manifests hält. Femdex unterstützt dann bei der Promotion und dient als Host. Man muss sich lediglich bei Femdex mit seinem Konzept bewerben. „Unser größter Wunsch wäre es, dass das Manifest ein Selbstläufer werden würde. Es gibt diese drei Regeln und es wäre schön, wenn das gesichtslos werden würde und als Struktur seinen Platz innerhalb der globalen Clubkultur bekommen würde.“

Kürzlich startete die Podcast-Serie „The Femdex-Podcast“ in Kooperation mit dem PW-Magazine. Dabei geht es in erster Linie darum, weibliche Talente aus Österreich, aber auch aus anderen Ländern zu unterstützen. Jeder Podcast erscheint zeitgleich mit einem einleitenden Interview. Aktuell gibt es bereits drei Ausgaben, darunter #1 Aleksa Alaska aus Bukarest, #2 Polyxene aus Wien und #3 Virtual Geisha aus Krakau. Kuratiert wird der Podcast von Li Falkensteiner und Hannah Christ. „Die Liste ist unendlich lang, wir möchten alle zwei Wochen einen neuen Mix präsentieren“, so die Betreiberinnen.

Ada Karlbauer

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