„ES IST FAST SO, ALS KOMMT ZUSAMMEN, WAS ZUSAMMEN GEHÖRT“ – DRIVE MOYA IM MICA-INTERVIEW

Dass Musik verbindet, ist wohl kein Geheimnis. Umso leichter fällt es der dreiköpfigen Band wunderbar wogende Musik zu kreieren, die nicht nur den Zuhörer in Gedanken versinken lässt, sondern auch sie selbst auf eine gemeinsame Reise in die Vergangenheit mitnimmt. In einem abendlichen Zoom-Call ist Sophia Umfahrer mit Gitarrist/Sänger CHRISTIAN „JURO“ JURASOVICH in die Tiefen von DRIVE MOYA vorgedrungen.

Wie habt ihr euch gefunden bzw. wie ist Drive Moya entstanden?

Christian Jurasovich: Gute Frage. Die ganze Geschichte ging tatsächlich über längere Zeit – ich würde sogar sagen Jahre. Letzten Endes ist es dann, glaub ich, 2016 so weit gewesen, dass wir als Band im Proberaum gestanden sind. Davor, das war glaub ich 2014, haben Alexander Vatagin (Schlagzeug) und ich begonnen miteinander zu jammen. Irgendwann ist Simon Lee (Bass) dazugekommen. Dann hat Alex beschlossen, dass er sein Studio weiterführen möchte und dort mehr Zeit investieren muss, wenn er was weiterbringen möchte. Somit waren Simon und ich wieder nur zu zweit. Es hat ein bisschen gedauert, bis wir wieder einen Schlagzeuger gefunden haben. Und um 2016 herum waren wir dann endlich das erste Mal als Band soweit.

Seid ihr dann gleich aufgetreten oder wart ihr da noch etwas zurückhaltender?

Christian Jurasovich: Mit 2016 war eben dann Bernhard Weiß am Schlagzeug mit dabei und ab da war die Intention schon klarer, dass wir Konzerte spielen wollen. Da ging es dann schon mit regelmäßigen Proben und dem Ausarbeiten eines Programmes los. Da würde ich sagen hat alles so richtig begonnen, wo wir dann bezüglich Konzerte geschaut haben. Es war auch wirklich so, dass wir im Herbst 2016 das erste Konzert im Nachtasyl hatten, einer damals noch altbekannten Institution der Wiener Nachtgastronomie. Im Jänner darauf (2017) haben wir im Kino Ebensee gespielt. Um die Zeit wurden von mica auch ein paar Zeilen über uns geschrieben und dann ist es langsam relativ regelmäßig weiter gegangen.

In dieser Zeit ist auch ein erstes Album entstanden?

Christian Jurasovich: Genau, Teile davon waren schon damals im Programm mit dabei und andere Teile sind dann in den Jahren später noch dazu entstanden. Das war ja noch ein Prozess bis Ende 2017, bis wir dann ins Studio gegangen sind. Bis dahin haben wir fleißig geschrieben und gearbeitet, um dann die Zeit im Studio so gut wie möglich zu nutzen und die restlichen Songs auszuarbeiten.

Hängen denn die Songs oder die EP von letztem Jahr damit zusammen oder ist es eine Fortsetzung davon? Die Thematik ist doch sehr ähnlich.

Christian Jurasovich: Jein…und Nein…Grundsätzlich ist es so, dass wir in dieser Pandemiezeit die letzten zwei Jahre drei Songs veröffentlicht haben. Aber der Punkt ist eher, dass einerseits natürlich Live-Möglichkeiten ausblieben und auf der anderen Seite waren das tatsächlich Songs, die quasi aus dieser Session des 1. Albums übriggeblieben sind. Es war ein Bedürfnis, dass wir die fertig machen und sozusagen auch noch veröffentlichen, um das Ganze dann schön abzuschließen.

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Dann klärt sich das mit der großen Ähnlichkeit auch – ihr beschreibt diese Songs ja insgesamt mit „Tiefen des Meeres.“ Welche Botschaft steckt dahinter?

Christian Jurasovich: Genau, absolut! Das sind definitiv Songs, die noch in diese Beschreibung hineinpassen und hineingehören. Tatsächlich war es mit „The Sea“ und letzten Endes mit „In the Depths“ so, dass dieser Gedankenbogen, den wir mit dem ersten Album gesponnen haben, auch zu einem Abschluss kommen konnte. Das war ein wichtiger und durchaus bewusster Schritt. Wir haben auch versucht, die graphischen Umsetzungen der Covers dieser Singles dementsprechend zu gestalten. Man sieht dadurch auch auf der visuellen Ebene die Zugehörigkeit; damit das alles auch ein schönes rundes Konzept ergibt und auch wirklich als solches verstanden werden kann. Definitiv ein ganz bewusster Schritt, das alles so zusammenzufassen.

Euer Sound ist da recht spezifisch, um nicht zu sagen nostalgisch. Wie seht ihr das? Seid ihr auch eher nostalgische Typen oder ist diese Klangauswahl einfach so passiert?

Christian Jurasovich: Das ist jetzt die Frage. Sicher war es bewusst so gesetzt. Aber ich glaube, musikalisch gesehen bin ich auf alle Fälle der Nostalgiker. Das ist einfach die Musik, mit der wir innerhalb der Band auch sozialisiert worden sind. Also diese Ende 80er, Anfang 90er Jahre Gitarrenmusik. Das ist das eine, wo ich oder wir auch definitiv unsere Jugend sehen. Wo wir damals schon mit 13, 14, 15 Jahren begonnen haben in Bands zu spielen. Dann spannt sich ein bisschen der Bogen in die 00er Jahre, wo dann diese ganze Post-Rock Mentalität/Musik mehr und mehr entstanden ist.  Irgendwie fügt sich da so ein bisschen zusammen, was uns über die Jahre immer begeistert hat zu hören. Da spiegelt sich halt ganz stark das wider, was uns beeinflusst hat. Das ist quasi die eine Seite. Die andere Seite ist die, dass durch unsere ganz „klassische“ Besetzung von Schlagzeug, Bass und Gitarre sehr viel Raum für verschiedene Sounds und Klänge da ist. Das war auch ein bisschen das, was im Zuge der Band für mich begonnen hat, dass ich mich für sehr diverse Effekte interessiere und wie ich die am besten musikalisch einsetzen kann. Ich würde sagen, das bildet so den zweiten Grundstock, der die Musik definiert, die wir spielen.

„Für uns ist‘s immer noch ein extremer Flash, wie weit auseinander wir aufgewachsen sind und wie wir uns aber so blind verstehen, als wären wir schon seit Jugendtagen Freunde.“

Das heißt, eure Essenz liegt darin, was euch in eurer Jugendzeit geprägt hat und der klanglich experimentellen Verfeinerung dessen.

Christian Jurasovich: Genau. Sozusagen, dass genau diese Basis dieser Musik, die uns über all die Jahre so positiv beeinflusst hat, das Wesen ist, das uns in dem Augenblick des Musikmachens auch verbindet. Wenn man auf dem relativ selben musikalischen Level ist und einen dieselben Bands beeinflusst haben merkt man, dass man dann im Proberaum sehr schnell zueinander findet. Was mich auch sehr fasziniert hat ist die Tatsache, dass unser Bassist Simon, der ja aus England kommt, in seinem Heimatort mehr oder weniger dieselbe Jugendkultur durchgemacht und Musik kennen gelernt hat, wie ich in einem kleinen Dorf in Burgenland. Für uns ist‘s immer noch ein extremer Flash, wie weit auseinander wir aufgewachsen sind und wie wir uns aber so blind verstehen, als wären wir schon seit Jugendtagen Freunde. Das funktioniert im Probenraum einfach so super. Es ist fast so, als kommt zusammen, was zusammengehört.

Drive Moya (c) Thomas Schnötzlinger

Schön! Als hätte man schon eine gemeinsame Vergangenheit, in der man schwelgen kann, wenn man gemeinsam im Probenraum steht…

Christian Jurasovich: Definitiv! Und es ist so lustig, dass oft, wenn ich eine Akkordfolge vorspiele, er (Simon) sofort weiß, wie es weitergeht. Einfach, weil es so klar ist von der Musik her, die wir gerne hören, wo die Reise hingeht. Es ist dann immer ein sehr produktives Arbeiten. Egal ob wir proben, um neue Songs entstehen zu lassen, oder für ein Konzert. Dazu kommt, dass wir seit Ende 2019, nachdem auch Bernhard Drive Moya stilllegen musste und uns zwischenzeitlich der wunderbare Sebastian Götzendorfer von der Band le_moll live ausgeholfen hat, mit Philip Pfleger einen Schlagzeuger haben, den Simon auch schon seit zehn Jahren, die er hier in Österreich lebt, kennt. Mit ihm macht er auch schon seit 10 Jahren Musik, u.a. in der Band Fesch. Also in jede Richtung ist eine besondere Verbindung da. Das führt tatsächlich auch auf einer menschlichen Ebene zu einem sehr, sehr angenehmen Zusammenarbeiten.

„Dass es also selbst in den Tiefen oder in der Vergangenheit immer irgendwo ein Licht gibt, das einen leiten kann.“

Das ist wichtig. Um nochmal auf das Album zurückzukommen: Magst du dazu konkret noch ein paar Worte zu „The Light we Lost“ sagen? Spontan könnte man ja meinen, es beziehe sich auf die globale Situation der letzten 2 Jahre, aber es hat sich ja eigentlich schon davor entwickelt.

Christian Jurasovich: Ja, richtig. Die Idee war, nicht nur die musikalische Seite in einen Albumtitel zu gießen, sondern auch die textliche. Als Musiker redet man im Proberaum nicht nur darüber, wie etwas klingen kann/soll oder wie es sich ergibt, sondern man redet natürlich auch über die Texte. Letzten Endes gibt’s auch da viel, was uns verbindet. Eben, wie du schon sagtest, das Nostalgische, ein Blick zurück in die Jugend, es geht um Liebe, um Tod, um Schmerz… all das was den Menschen emotional bewegt. Und irgendwie war für mich die Idee auch da, das Album mehr so in die Richtung Erinnerungen zu benennen, die immer mehr und mehr verblassen. Aber dann wiederum mit diesem Aspekt, der auch auf dem Cover zu sehen ist: der Fisch, der in der Tiefsee lebt und der seine Opfer mit dem Licht anlockt. Dass es also selbst in den Tiefen oder in der Vergangenheit immer irgendwo ein Licht gibt, das einen leiten kann. Das war so der Versuch Musik, Text und Cover mit dem Titel einzufangen und abzurunden.

Um ein wenig von der Vergangenheit weg in die Gegenwart und Zukunft zu lenken: Wo seht ihr euch in nächster Zeit, was steht an?

Christian Jurasovich: Letztes Jahr haben wir auch begonnen – bei und mit Alexander Vatagin – unser Nachfolgealbum aufzunehmen. Im Augenblick sind wir beim Vocal-Recording und wenn alles gut geht, hoffe ich, schaffen wir es bis Ende des Jahres zu veröffentlichen. Unmittelbar geplant sind jetzt ein paar Konzerte Ende April. Da geht’s eine kleine Runde an der österreichischen Grenze entlang – Tschechien und Deutschland – und Anfang Mai dann in Wien. Danach sind wir hoffentlich so weit, dass wir anfangen können, das Album zu mischen. Das ist ja auch immer so ein bisschen eine Sache mit der Zeit, die einfach für alles immer zu wenig ist …

Man könnte immer noch ewig weitermachen, wenn man mal wo angefangen hat.

Christian Jurasovich: Definitiv. Und nebenbei müssen Arbeit, Family und Kinder, was ja auch alles Thema ist bei uns, genauso seine Zeit bekommen, wie die Musik. Es gibt immer etwas zu tun und dann dauert‘s vielleicht auch ein bisschen länger. Aber der Fokus für dieses Jahr liegt jedenfalls auf der Fertigstellung des neuen Albums.

Auf alle Fälle sollte man letztendlich natürlich auch ohne Druck das genießen können, was man tut.

Christian Jurasovich: Genau, genießen ist zurzeit überhaupt ganz wichtig.

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!

Sophia Umfahrer

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Drive Moya live / with The New Mourning
28.05. Bajkaz, Brno CZ
29.04. tba., Regensburg, DE
30.04. tba. Übersee DE
05.05. Chelsea, Wien AT

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