Ein eigenständiger und anspruchsvoller Sound abseits jeder austauschbaren Popmassenware. Die Oberösterreichische Band BACK TO FELICITY veröffentlicht mit „Greatest Hits, Vol. 2“ (Bleeding Star Records) am 21. Februar 2020 ihr zweites Album und zeigt, dass starke Popsongs nicht unbedingt immer in Tanzbarkeit und überschäumender Partylaune münden müssen. SEBASTIAN SCHÜTZ und FLO PRAMMER sprachen mit Michael Ternai über die Bedeutung des speziellen Albumtitels, den etwas verspielteren Sound und die Melancholie, die sich durch die Nummern zieht.
„Greatest Hits, Vol. 2“ ist ein eher ungewöhnlicher Titel für ein reguläres Album. Warum habt ihr euch dazu entschlossen, es so zu betiteln? Gibt es einen bestimmten Grund?
Sebastian Schütz: Man kann sagen, dass im Titel eigentlich zwei Dinge mitschwingen. Auf der einen Seite sind wir von unseren neuen Songs wirklich überzeugt, wir haben das Gefühl, dass sie wirklich Qualität haben und das Album im Gesamten ein sehr gutes ist. Auf der anderen Seite wollen wir mit unserem Album ein wenig der Entwicklung entgegentreten, dass das Konzept des Albums in der heutigen Zeit an Bedeutung verliert. Immer mehr Bands gehen dazu über, einfach nur noch EPs oder gar nur Singles zu veröffentlichen, was dazu führt, dass die ganze Aufmerksamkeit dann ausschließlich auf wenige Songs gerichtet ist. Wir wollen mit dem Titel einfach ausdrücken, dass jede Nummer auf unserem neuen Album eine Bedeutung hat und für uns – ohne jetzt kitschig klingen zu wollen – ein „Great Hit“ ist.
Flo Prammer: Man kann das Album als eine Art kritische Sicht auf die Single-Kultur verstehen. Wir in unserer Band sind alle Menschen, die einfach sehr gerne Alben hören und auch produzieren. Zwar haben wir uns anfangs auch kurz überlegt, ob wir nicht vielleicht auch eine EP machen sollten, haben diesen Gedanken aber dann sehr rasch wieder verworfen. Der Albumtitel ist im Grunde genommen auch erst am Ende des Produktionsprozesses, quasi als alle Songs fertig waren, entstanden. Ich denke, die Entscheidung für diesen Titel ist auch deswegen so gefallen, weil im Laufe des Produktionsprozesses auch unser Selbstbewusstsein gewachsen ist und wir immer mehr das Gefühl bekommen haben, dass wir wirklich coole Nummern geschaffen haben.
„Man nimmt von Mal zu Mal halt immer etwas mit, was dann immer bei einer nächsten Produktion durchklingt.“
Back to Felicity gibt es ja mittlerweile fast zehn Jahre und man hört eurer Musik an, dass ihr sehr viel Wert auf den Sound legt. Habt ihr eigentlich – speziell auch bei diesem Album – eine konkrete Vorstellung davon gehabt, wohin es musikalisch gehen soll?
Sebastian Schütz: Ich glaube jetzt nicht, dass wir immer schon eine ganz konkrete Vorstellung von einem Sound gehabt haben. Wir sind eine Band, die sich Ziele setzen muss, damit sie gezielt arbeiten kann. Es kristallisiert sich bei uns erst nach und nach heraus, zu welchem Sound wir gelangen möchten und zu welchem nicht. Bei unserem neuen Album haben sich die Vorstellungen so etwa ein Jahr, bevor wir ins Studio gegangen sind, konkretisiert.
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Flo Prammer: Unsere Stücke sind im Grunde genommen immer ein Ergebnis der Erfahrungen, die wir davor gemacht haben. Man nimmt von Mal zu Mal halt immer etwas mit, was dann immer bei einer nächsten Produktion durchklingt. Ich denke, das hat sich auch schon bei unserem ersten Album gezeigt, das im Vergleich mit unseren vorangegangenen EPs einen großen Schritt bedeutete. Und so verhält es sich auch dieses Mal.
Was auffällt, ist, dass eure Musik war unter dem Begriff „Pop“ läuft, ihr diesen aber versucht, ganz unklassisch zu interpretieren. Es geht euch nicht um Tanzbarkeit und Ohrwurmmelodien, sondern auch um Tiefe und eine anspruchsvollere Struktur.
Sebastian Schütz: Genau, wobei das im Prozess manchmal gar nicht so einfach ist. Es ist ein feiner Grat, auf dem man sich bewegt. Einerseits will man nicht den Eindruck erwecken, dass man es sich zu leicht macht und nur auf die klassische Popformel vertraut. Andererseits will man aber auch nicht allzu gekünstelt wirken und es zu komplex werden lassen. Wir versuchten da, einen Mittelweg zu finden. Und, wie gesagt, das war dieses Mal manchmal gar nicht so leicht. Es war schon so, dass ein erster Entwurf für eine Nummer zwar ganz gut war, aber dennoch zu sehr in eine bestimmte Richtung gegangen ist. Da hieß es für uns dann, etwas entgegenzusteuern.
Flo Prammer: Wir waren während des Prozesses immer wieder damit konfrontiert – zumindest hatte ich diesen Eindruck –, dass wir plötzlich drauf und dran waren, einen richtig klassischen Popsong zu schreiben. Und das wirklich Coole war dann, dass wir uns genau an diesem Punkt immer gesagt haben: „So, und jetzt fangen wir mit dieser Idee wirklich zu arbeiten an.“ Wir haben dieses Mal zudem auch vermehrt Neues versucht, wie etwa zum Beispiel mit Loops zu arbeiten. Das Grundkonzept einiger neuer Nummern basiert einfach auf einem Loop. Sonst passiert da, abgesehen vom Arrangement und vom Sound, harmonisch eigentlich sehr wenig. Das war schon eine spannende neue Erfahrung.
Sebastian Schütz: Wobei wir meinem Gefühl nach oft gar nicht einmal so sehr strukturell vom klassischen Popschema abgegangen sind, sondern eher im Sound. Wir haben geschaut, wie man über diesen mehr Spannung in die ganze Sache hineinbringen kann. Wir wollten nicht etwas reproduzieren, was man vielleicht schon hundertmal davor gehört hat, sondern vielmehr etwas Neuwertiges schaffen.
Was auch auffällt, ist, dass ihr es bis auf wenige Ausnahmen kaum flott werden lasst. Und dass auch die Stimmung der Lieder eigentlich durchgängig von einer eher melancholischen Linie durchzogen ist. Den fröhlichen Partysound überlasst ihr anscheinend anderen.
Sebastian Schütz: Es ist tatsächlich so, dass das innerhalb der Band auch schon Thema war und dass öfter das Ziel ausgesprochen wurde, einmal eine tanzbare Single, die Happiness vermittelt, zu machen. So eine Nummer hätte es vermutlich leichter, einmal gespielt zu werden, als eine melancholische. Aber anscheinend liegt es uns einfach nicht so, einen solchen Song zu schreiben. Mittlerweile haben wir das in gewisser Weise akzeptiert. Dafür wissen wir aber umso mehr, was wir wirklich können.
Flo Prammer: Es ist so eine Art natürlicher Lauf der Dinge, wenn wir Nummern produzieren. Auch wenn wir mit einem eher fröhlichen Klang beginnen, entwickelt sich dieser letztlich dann doch in eine eher melancholische Richtung. Wir haben in der Vergangenheit oft versucht, uns dagegen zu versperren, haben es aber nie wirklich geschafft. Was im Grunde genommen ja auch ein Blödsinn wäre, machen wir nämlich genau das, was wir tun, sehr gerne.
„Im Endeffekt steht aber doch das Gesamte im Vordergrund.“
Wie sieht es eigentlich bei euch in der Band, die ja durchaus gerne experimentiert, aus? Wer trifft die Entscheidung, dass ein Song fertig ist?
Flo Prammer: Wir sind eine Band, die die Entscheidungen grundsätzlich kollektiv trifft. Das ist zwar manchmal lästig, aber dennoch ein guter und sinnvoller Weg der Entscheidungsfindung. Nur dauert er halt etwas länger. Wobei man dazusagen muss, dass es gerade bei Soundentscheidungen schon gewisse Zuständigkeitsbereiche gibt. Das hat sich vor allem bei der Arbeit zu diesem Album stark herauskristallisiert. Sebastian zum Beispiel ist für den Synth-Bereich zuständig. Es dürfen schon alle irgendwie mitreden, im Endeffekt obliegt es aber ihm, die letzte Entscheidung zu treffen. Die Gesangsarrangements entstehen oft gemeinsam mit unserer Sängerin Magdalena, die hier ein gutes Gehör hat. Beziehungsweise haben dieses Mal Sebastian und ich auch einige Gesangsarrangements gemacht. Es hat jeder seine Zuständigkeitsbereiche. Im Endeffekt steht aber doch das Gesamte im Vordergrund.
Sebastian Schütz: Ich würde jetzt nicht so weit gehen und sagen, dass wir jetzt alles demokratisch entscheiden. Es ist jetzt nicht so, dass etwas genau so geschieht, wie die Mehrheit entschieden hat. Wenn es eine Person gibt, die mit einer Entscheidung überhaupt nicht leben kann, dann arbeiten wir daran, einen Kompromiss zu finden. Wir sind überhaupt eine sehr kompromissbereite Truppe. Das zieht, wie gesagt, manches in die Länge. Aber es ist uns wichtig, dass alle hinter der Musik, die wir machen, stehen.
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Was, würdet ihr sagen, ist der größte Unterschied zu eurem ersten Album?
Flo Prammer: Ich würde sagen, dass die Songs dieses Mal weniger episch sind und die Soundstruktur in einer gewissen Art und Weise verspielter ist. Zudem war uns wichtig, dass der Verlauf des neuen Albums nicht so sehr einem Konzept folgt, sondern die Nummern für sich stehen. Das letzte Album ist ja knapp an einem Konzeptalbum vorbeigeschrammt. Das war ja inhaltlich und musikalisch sehr durchdacht aufgebaut.
Was sind die Themen, die ihr auf eurem neuen Album zur Sprache bringt?
Sebastian Schütz: Eine gewisse Überschneidung zum letzten Album gibt es dann schon, und zwar insofern, dass auch dieses Mal größere gesellschaftliche Themen kritisch angesprochen werden. Dahingehend hat sich nicht viel verändert.
Flo Prammer: Was bei diesem Album vielleicht konturgebend ist, ist, dass es sehr stark Bezug nimmt auf eine Generation, deren Teil wir sind und die einfach überfordert ist von den Tausenden Möglichkeiten, die sich bieten. Wir können quasi alles machen, bleiben aber irgendwie stecken, weil wir nicht wissen, was wir mit diesen Möglichkeiten anfangen sollen. Und gleichzeitig schwingt mit diesen Möglichkeiten auch mit, welches Potenzial wir haben, Dinge zu zerstören. Man muss sich nur anschauen, was im Moment auf dieser Welt abgeht.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Michael Ternai
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Back to Felicity live
21.3. B72 Wien (Release-Show)
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