"Es galt einen Namen zu finden, der beide Stile integriert" – KALEIDOSCOPE im Interview

Seit 1996 machen Renate Obermayer und Ernst Schriefl miteinander Musik, zunächst unter dem Namen Con-Fusion, jetzt nennen sich die beiden Duo Kaleidoscope. Warum es 17 Jahre bis zur Debüt-CD der beiden Singer-Songwriter gedauert hat, wie sie zu Joan Baez stehen und ob sie selbst ein Kaleidoskop besitzen, haben die beiden Jürgen Plank erzählt.

Wie ist es denn zum Bandnamen Duo Kaleidoscope gekommen?

Renate Obermayer: Ich habe als Kind ein Kaleidoskop gehabt und ich mag es einfach, die Perspektive immer wieder neu zusammen zu setzen. Die Welt aus möglichst vielen Perspektiven anzuschauen und mich nicht zu reduzieren.

Ernst Schriefl: Der Bandname ist in einem längeren Prozess entstanden. Es ging darum einen Namen zu finden, der auf das Projekt passt. Bisher haben wir Con-Fusion geheißen. Auf der CD vermischen sich die Lieder von Renate und meine Lieder miteinander. Es galt einen Namen zu finden, der beide Stile integriert. Das hat auch Con-Fusion beinhaltet, die Fusion. Aber der Name war auch verwirrend. Vor etwa einem Jahr haben wir den Bandnamen geändert.

Was verbindet sich musikalisch auf eurer aktuellen CD „I“. Ihr schreibt beide Lieder und es gibt auch Coverversionen?

Ernst Schriefl: Der Zusammenhang besteht insofern, als im besten Fall ein musikalisches Kaleidoskop entsteht. Da sind die österreichischen Mundarttexte von mir, die die Menschen direkt ansprechen. Weil man die Texte direkt versteht. Dazu gibt es die englischsprachigen Balladen von Renate, die vielleicht eher die Gefühlsebene ansprechen. Einige Lieder sind so arrangiert, wie wir sie auch live spielen: Mit 2 Gitarren und 2 Stimmen. Andere sind komplexer arrangiert. Diese Vielfalt könnte man mit dem Kaleidoskop assoziieren.

Renate, erzähle bitte über ein bis zwei Lieder von dir, die auf eurer Debüt-CD drauf sind. Worum geht es dabei?

Renate Obermayer: Meine Lieder haben immer mit der eigenen Geschichte zu tun. Das Lied „Avalon“ ist das erste, das ich je geschrieben habe. Manche werden das gleichnamige Lokal in der Neubaugasse noch kennen. Das Lokal war nach einem Winter, in dem ich mich sehr zurückgezogen habe, plötzlich verschwunden. Und das ist die Kernbotschaft des Liedes: Das Innere zu erhalten, auch wenn etwas nach außen weggeht. Das gilt auch für die Musik: Auch wenn der oder die MusikerIn stirbt, lebt die Musik doch weiter. In der Aufnahme und in der Erinnerung der Menschen.

Ein weiteres Lied von dir heißt „Silent Fields Of Snow“?

Renate Obermayer: Das habe ich in einem sehr heißen August geschrieben, es ist nach einer Trance – nach Felicitas Goodman – entstanden. Man nimmt Fragen mit in die Trance, wenn man sie anwenderisch betreibt. Das Lösungsbild in der Trance war, sich selbst über Schneefelder gehen zu sehen. Da war kein Klang, sondern nur Schnee, Weite und Ruhe. Die Botschaft des Liedes ist, dass man in scheinbar unlösbaren Situationen ganz andere Mittel anwenden kann, um die Situation zu entspannen.

Felicitas Goodman arbeitet ja mit verschiedenen Körperpositionen. Was war deine Position?

Renate Obermayer: Genau weiß ich das nicht mehr, aber es war eine klassische Goodman-Position.

Damit zu deinen Liedern, Ernst: Warum singst du im Dialekt?

Ernst Schriefl: Es war nahe liegend, weil ich eher im Dialekt aufgewachsen bin und Dialekt meine Muttersprache ist. Das Hochdeutsche ist erst später in der Schule dazu gekommen. Als ich begonnen habe Lieder zu schreiben, war ich von einem Freund beeinflusst, der gemeint hat, dass man als Österreicher im Dialekt singen muss. Alles andere wäre nicht authentisch, er hat auch gemeint, dass die Österreicher eh nicht gut Englisch können. Das hat mich beeinflusst, aber es war für mich relativ klar, da fühle ich mich wohl. Englische Texte von mir waren bisher eher fragmentarisch und es bleibt die Unsicherheit, ob man wirklich das transportieren kann, was man möchte. Vielleicht werde ich aber mal etwas auf Hochdeutsch machen.

Welche Themen behandelst du in deinen Liedern?

Ernst Schriefl: Inhaltlich geht es um Dinge, die mir damals, beim Schreiben wichtig waren. Und es gibt explizit politische – politisch ist vielleicht ein zu großes Wort – Texte, die jetzt allerdings auf dieser CD nicht drauf sind. Das sind sozial-kritische, beobachtende Lieder.

Seit wann macht ihr miteinander Musik und wie habt ihr euch musikalisch gefunden?

Renate Obermayer: Gemeinsam spielen wir seit Sommer 1996, weil Ernst mit einem befreundeten Musiker, mit Bernhard Baumann, eine Kassette aufgenommen hat. Ich wurde als Sängerin eingeladen, bei den Aufnahmen mitzuwirken und so haben wir einander kennen gelernt.

Warum hat es so lange gedauert bis zur Debüt-CD?

Ernst Schriefl: Das ist vielleicht ein Grundzug bei mir, dass Dinge manchmal längere Zeit bis zur Verwirklichung brauchen. Positiv könnte man sagen, dass sie länger reifen. (lacht) Wir haben schon Mitte der 1990er-Jahre mit den damaligen Mitteln aufgenommen, das war damals der Beginn der Heimanwendung. Wir hatten ein 8-Spur-Gerät zum Aufnehmen. Der Plan war immer, bald eine CD aufzunehmen.

Renate Obermayer: Immer! (lacht)

Ernst Schriefl: Nach Konzerten haben uns Leute auch immer wieder nach CDs gefragt. Ich habe mir sogar digitales Equipment gekauft, aber der Arbeitsprozess hat nie so richtig begonnen. Im Herbst 2009 haben dann schließlich begonnen, die aktuelle CD aufzunehmen.

Gab es davor schon Veröffentlichungen von euch?

Renate Obermayer: Es gibt 2 oder 3 CDs, auf denen wir mit Live-Mitschnitten drauf sind. CDs vom Festival des politischen Liedes am Attersee.

Ernst Schriefl: Ich bin noch auf einem Sampler drauf, der 1996 erschienen ist.

Wenn du ein Lied schreibst: Wie entsteht das?

Ernst Schriefl: Das ist unterschiedlich, aber meistens ist es so, dass es einen Kristallisationskeim gibt. Eine Grundidee. Das kann eine Zeile sein, die im Refrain vorkommt, oder der Titel oder eine Idee, worum es gehen könnte. Meistens gehe ich vom Text aus. Ein paar Lieder gibt es, die auch von einer musikalischen Idee ausgegangen sind.

Renate Obermayer: Bei mir geht es immer um ein Thema, da fällt mir eine Zeile ein, um die ich dann ein Lied baue. Text und Musik entstehen dann wechselseitig. Manchmal wache ich auf und mir fällt etwas ein, so wie andere ihre Träume aufschreiben, schreibe ich dann ein Lied auf.

Warum spielst du gerne mit Ernst zusammen?

Renate Obermayer: Der Ernst kann gut zuhören und setzt das dann in Musik um, was er von mir hört. Ich mache nie das Gleiche. Wenn ich ein Lied spiele, ist es immer eine Überraschung für meine Mitmusiker und er kann damit umgehen und macht gute Musik dazu.

Live klingt ihr jedes Mal ein wenig anders?

Renate Obermayer: Ja, es klingt immer ein bisschen anders. Ich verändere über die Jahre meine Lieder auch ständig und Ernst kann darauf flexibel einsteigen. Zu seinen Sachen fällt mir auch immer eine zweite Stimme ein. Ich singe sehr gerne die zweite Stimme. Durch die deutschen Texte fallen mir dazu ganz andere Dinge ein als zu meinen eigenen Liedern.

Was ist für dich das Besondere am gemeinsamen Musikmachen?

Ernst Schriefl:
Was Renate sehr gut macht, ist, spontan etwas dazu zu singen. Und das passt einfach, wir müssen die Lieder nicht mühsam erarbeiten, man kann sich aufeinander verlassen. Wir proben eigentlich nicht so viel, vor einem Konzert gehen wir die Lieder durch und dann passt das wieder.

Wenn ich deine Stimme höre, denke ich immer an die Sängerin Joan Baez. Wie findest du das? Stört dich dieser Vergleich?

Renate Obermayer: Es stört mich nicht, mittlerweile weiß ich wer das ist. (lacht) Ich habe ja auch in der Schule schon Gitarre gespielt und gesungen und da hat mir mal jemand gesagt: Du klingst so ähnlich wie Joan Baez. Meine Reaktion war: Stell‘ mir die Mal vor, vielleicht machen wir mal etwas miteinander! (lacht) Ich verstehe heute schon, was die Leute meinen. Mir gefällt gut, was sie macht und ich höre sie mir manchmal an. Für mich ist es etwas stressig sie länger zu hören, ich finde meine Musik entspannter.

Du hast Baez also nicht gekannt, bis man dich auf sie angesprochen hat?

Renate Obermayer: Nicht bewusst. Ich nehme mal an, dass ich sie gehört habe. Ich wurde Mitte der 1960er Jahre geboren und da gab es noch Radiosender, die solche Musik auch in Österreich gespielt haben. Man kann nur beten und hoffen für die Radiosender in Österreich. (lacht)

Wie sind die Reaktionen auf eure Konzerte?

Renate Obermayer:
Ich kriege oft die Kommentare berührend bzw. authentisch.

Ernst Schriefl: Was den Leuten gefällt, ist das Ruhige, Relaxte, das Keltisch-Folkige. Von meinen Lieder bleibt vielleicht etwas zum Nachdenken, oder auch mal etwas Lustiges.

Besitzt ihr selbst ein Kaleidoskop?

Ernst Schriefl:
Ich hatte sicher mal eines.

Renate Obermayer: Das Kaleidoskop, das ich als Kind hatte, habe ich nicht mehr. (lacht) Aber ich verschenke immer wieder mal Kaleidoskope, auch an Erwachsene. Das bekommt man im Spielzeuggeschäft.
Jürgen Plank

Kaleidoskop live:
Di 05.08.2014
Wien, WUK, Währinger Str. 59, 1090 Wien
20:30h

http://duokaleidoscope.blogspot.com
https://soundcloud.com/duo_kaleidoscope