„Die Songs sollten auf jeden Fall straighter werden“ – ELIAS und MAX BERNER (GASMAC GILMORE) im mica-Interview

Das letzte Album „Dead Donkey“ ist nun schon einige Jahre her. Nun melden sich die österreichischen Alternative-Rocker GASMAC GILMORE aber mit „Begnadet für das Schöne“ (Sound To People) zurück auf der Bühne des heimischen Musikzirkus. Und zwar in einer wirklich fulminanten und mitreißenden Manier. MATTHIAS WICK (Gesang, Gitarre), MAX (Schlagzeug) und ELIAS BERNER (Gitarre) und VICTOR EZIO GABRIEL (Bass) zeigen, dass sie nichts verlernt haben und immer noch eine Menge Pulver zu verschießen haben. Nur eben in einer musikalisch weiterentwickelten Form. MAX und ELIAS BERNER sprachen mit Michael Ternai über die Suche nach einem neuen Stil, den Wechsel zu deutschen Texten und die neuen musikalischen Einflüsse der Band.

Seit Ihrem letzten Album „Dead Donkey“ ist es mittlerweile fünf Jahre her. Was hat sich in der Zwischenzeit getan?

Max Berner: Wir hatten nach „Dead Donkey“ eine außergewöhnlich konzertintensive Zeit. Wir waren 2013 und 2014 sehr viel unterwegs. Wir spielten in den Niederlanden (unter anderem beim Eurosonic Festival), in Deutschland, Tschechien, in Ungarn beim Sziget Festival und natürlich auch hier in Österreich. Erst als sich alles ein wenig beruhigt hat, sind wir dazugekommen, uns dem Schreiben neuer Songs zu widmen.

Elias Berner: Grundsätzlich kann man auch noch dazusagen, dass das Sammeln von Songs bei uns traditionell etwas länger dauert. Diesmal ist aber auch noch der starke Wunsch hinzugekommen, es beim nächsten Mal anders zu machen. Wir wollten auf keinen Fall auf der Stelle treten und noch einmal ein gleiches Album aufnehmen. Es sollte bei einem neuen Album für alle eine Weiterentwicklung erkennbar sein, eine gewisse musikalische Richtungsänderung.

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Ihr neues Album zeigt sich einmal mehr als eine wilde Mischung aus unterschiedlichsten Stilen. Harte Rockklänge treffen auf Punk, fette Balkanbläsersounds, tanzbare Polka-Rhythmen, Klezmer und vielerlei mehr. Was ist das Neue am Gasmac-Gilmore-Sound?

Elias Berner: Gut. Die stilistische Breite kann man durchaus als musikalische Kontinuität verstehen. Was sich aber geändert hat, ist die deutlich klarere Ausrichtung im Songwriting. Ich denke, dass wir früher manchmal etwas zu übermotiviert an die Sache herangegangen sind und ganz einfach zu viel auf einmal wollten. Wir wollten unseren musikalischen Ideen diesmal mehr Raum geben. Die einzelne Idee kann sich innerhalb eines Songs ausbreiten und gibt ihm so auch ein stärkeres Profil.

„Früher war es so, dass wir manchmal sogar Blastbeats in eine Ballade eingebaut haben“

Das heißt, Sie wollten mit weniger mehr erreichen?

Max Berner: Wir haben dieses Mal einfach versucht, unsere Ideen zu bündeln und nicht alles, was uns gerade durch den Kopf geht, in eine Nummer zu verpacken. Die Songs sollten auf jeden Fall straighter werden. Wir haben auf dem neuen Album jetzt auch zwei sehr langsame Nummern, die auch langsam bleiben. Früher war es so, dass wir manchmal sogar Blastbeats in eine Ballade eingebaut haben. Das ist auf „Begnadet für das Schöne“ nicht so.

Elias Berner: Ein weiterer Unterschied gegenüber dem Vorgängeralbum ist glaub ich im Sound des Albums zu hören. Unser Produzent und Mixer James Loughrey wollte uns möglichst „live“ und damit rauher, wilder und organischer klingen lassen. Etwas weniger Metal und etwas mehr Rock, was den Sound betrifft.

„Wir haben irgendwann einfach bemerkt, dass wir am Übersetzen der Texte vom Englischen ins Deutsche eine riesige Freude entwickeln.“

Ein weiterer Unterschied zu den bisherigen Veröffentlichungen ist, dass dieses Mal die Songs ausschließlich auf Deutsch gesungen werden. War das von Anfang an klar?

Gasmac Gilmore (c) Robert Rubak

Max Berner: Nicht wirklich. Wir haben erst, als die Songs fast fertig waren, mit den Arbeiten an den Texten begonnen. Und zunächst war auch nur angedacht, dass der Bonustrack einen deutschen Text bekommen soll. Dann waren es plötzlich drei weitere Nummern, bis wir dann zum Entschluss kamen, das ganze Album auf Deutsch zu machen. Wir haben gesehen, dass das einfach wirklich gut funktioniert und die Dinge gut zusammenpassen. Ich glaube, dass das Album durch das Deutsche noch einmal eine neue Ebene hinzubekommt.

Elias Berner:  Wir haben irgendwann einfach bemerkt, dass wir am Übersetzen der Texte vom Englischen ins Deutsche eine riesige Freude entwickeln. Hinzu kam, dass wir gesehen haben, dass wir mit der deutschen Sprache mehr spielen können und mit ihr die Dinge noch besser und noch pointierter ausdrücken können.

War vielleicht der Blick auf den deutschen Markt nicht auch ein Grund für die Entscheidung? Und verschreckt man mit einem rein in deutscher Sprache gehaltenen Album nicht vielleicht Fans in nicht deutschsprachigen Ländern?

Elias Berner: Den Gedanken hatten wir natürlich auch. Darum wird das Album ja auch auf Englisch erhältlich sein. Was wir aber jetzt nach den ersten Videos, die wir auf YouTube gestellt haben, feststellen, ist, dass es unsere Fans dann doch nicht so eng sehen. Zumindest in ein paar Ländern, wie etwa Kolumbien und Russland. Den Leuten dort scheint die Sprache – zumindest den Kommentaren nach – ziemlich egal zu sein. Denen geht es einfach um die Musik.

Max Berner: Einer, der uns auch ein wenig die Angst vor diesem Wechsel genommen hat, war James Loughrey. Der lebt in London und spricht kein Wort Deutsch. Er meinte, er verstehe zwar nichts, aber für ihn klängen die Songs auf Deutsch einfach fantastisch.

Gasmac Gilmore bestehen seit 2002. Was hat sich an der Arbeit an einem Album im Laufe der Zeit verändert? Sind Sie bei diesem Album routinierter und überlegter zu Werke gegangen?

Max Berner: Ja, vielleicht schon. Unser Songwriting durchläuft verschiedene Stadien. Wir schicken einander die Ideen und arbeiten in den unterschiedlichen Konstellationen – ob nun zu dritt, zu zweit oder allein – an diesen. Wir probieren einmal herum, gehen dann mal in den Proberaum und arbeiten so lange am Material, bis das Ergebnis stimmt. Ich weiß nicht, ob das jetzt Routine ist. Die Dinge entwickeln sich bei uns doch immer auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Wir haben auch kein Rezept dafür, in zwei Wochen einen guten Song zusammenzubasteln. Es wäre schön, wenn wir ein solches hätten. Man kann vielleicht sagen, dass wir heute – im Vergleich zu unserer Anfangszeit – ein wenig mehr Struktur in die Sache hineingebracht haben.

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„Ich kann von mir jetzt nicht behaupten, dass ich jetzt noch wirklich viel hartes Zeug höre“

Wie sehr haben sich die musikalischen Einflüsse der Band in den Jahren verändert?

Elias Berner: Ich glaube, man hört auf unserem neuen Album schon, dass jeder von uns mittlerweile eine andere Musik hört als noch vor zehn Jahren. Natürlich gibt es die Klassiker, die uns immer noch gefallen und in die wir immer noch hie und da reinhören. Aber es ist mit der Zeit viel mehr dazugekommen. Ich höre heute auch sehr gerne Popsachen. Wir sind alle mehr oder weniger mit harter Musik aufgewachsen, aber irgendwann erweitert man das eigene Spektrum. Ich kann von mir jetzt nicht behaupten, dass ich jetzt noch wirklich viel hartes Zeug höre. Bei den anderen ist es ähnlich. Was uns auszeichnet, ist, dass jeder seine musikalischen Vorlieben in irgendeiner Form einbringen kann. Und genau darin liegt auch der Grund, warum unsere Musik so vielfältig klingt.

Max Berner: Man entwickelt sich sowohl persönlich als auch als Band. Am Anfang standen beim Songschreiben klarerweise noch die großen musikalischen Helden Pate. Mittlerweile haben wir aber unseren eigenständigen Gasmac-Gilmore-Stil gefunden. Wir wissen heute, was wir wollen und in welche Richtung es gehen soll.

Wie sehen die nächsten Ziele aus? Jetzt kommt einmal das Album.

Max Berner: Genau, das Album erscheint am 28. April 2017. Und danach geht es mit den Konzerten auch recht bald los. Wir werden eigentlich den ganzen Sommer unterwegs sein. Hauptsächlich in Deutschland, wo wir unter anderem Support-Act der Band In Extremo sind, die eine Solo-Open-Air-Tour spielen. Das wird mit Sicherheit eine spannende Geschichte. Wenn alles gut geht, hängen wir im Herbst dann vielleicht noch eine Österreich-Tour an.

Vielen Dank für das Gespräch.

Michael Ternai

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