Mit ELI PREISS hat die österreichische Musikszene in den letzten Jahren eine außergewöhnlich authentische Künstlerin dazugewonnen, die im deutschsprachigen Raum auf großen Zuspruch stößt. Nach anfangs noch englischen Songtexten hat sich die 23-jährige Wienerin nun deutschem R&B und Rap zugewandt und dort ihren persönlichen Platz in der Musikwelt gefunden. Im Interview mit Katharina Reiffenstuhl spricht ELI PREISS über das Kategorisieren von Musik, Momente der Selbstreflexion und über Features, die noch auf ihrer Wunschliste stehen.
Du hast musikalisch gesehen ja doch einen ziemlichen Switch gehabt, du machst jetzt Rap, und zwar auf Deutsch. Hat dir dein voriges musikalisches Ich nicht mehr so gefallen oder wolltest du einfach mal was Neues ausprobieren?
Ich hatte irgendwie noch nicht so ganz das Gefühl, dass das wirklich ich war. Es hat sich mehr so angefühlt, als würde ich meine Idole nachmachen. Ich habe halt AALIYAH, DESTINY’S CHILD und JUSTIN TIMBERLAKE und so als Vorbilder gesehen. Und weil Englisch nicht meine Muttersprache bzw. Alltagssprache ist, war es dann immer zu sehr inspiriert von meinen Vorbildern. Als ich dann auf Deutsch begonnen habe, Musik zu machen, habe ich gemerkt, dass ich nicht wirklich weibliche Vorbilder in diese Richtung habe. Deshalb habe ich dann angefangen, mein eigenes Ding zu machen.
Würdest du aber sagen, du fühlst dich dieser typischen Deutschrap-Szene in Wien zugehörig?
In Wien vielleicht schon eher, aber so allgemein nicht. Ich finde es irgendwie blöd, dass es nur diesen Überbegriff Deutschrap gibt. Für mich ist es was anderes, wenn du auf Deutsch R&B machst, das ist dann einfach anders als dieser klassische Deutschrap, wie AGGRO BERLIN und SIDO oder so. Also ich finde es schwierig, dass man das über diesen Titel immer in einen Topf steckt. Somit sind halt die Oldhead Hip-Hopper immer unzufrieden mit den Newcomern und sagen “Boah, das ist ja gar kein richtiger Rap”. Gleichzeitig gibt es aber halt keinen anderen Topf, in den man gesteckt werden kann. Das heißt, es mangelt noch ein bisschen an Überbegriffen und Genres im deutschen Bereich.
Was ich bei dir sehr besonders finde, ist die Umsetzung deiner Musikvideos, die ja doch viel Ästhetik mit sich bringen. Ist dir das sehr wichtig, dass da visuell alles passt und der Vibe stimmt?
Also erst einmal dankeschön. Und ja, das ist mir übertrieben wichtig. Ich bin mit Musikvideos aufgewachsen, mit MTV und so weiter, und habe einfach ständig Musikvideos geschaut, als ich klein war. Deshalb ist das irgendwie extrem hängengeblieben. Mir ist das mega wichtig, dass ich die Vision, die ich hatte, wie ich den Song geschrieben habe, auch visuell umsetze.
„DER WEG ZUM SELBSTBEWUSSTSEIN IST QUASI EINE REISE, WO MAN NIE ANKOMMT“
Du kommst in deinen Songs und Videos auch extrem selbstbewusst rüber. War das immer schon der Fall?
Absolut gar nicht. Das ist etwas, was meiner Meinung nach stetige, harte Arbeit erfordert. Der Weg zum Selbstbewusstsein ist quasi eine Reise, wo man nie ankommt. Ich arbeite so gut wie jeden Tag daran, dass ich mich wohlfühle, dass ich mich selber akzeptiere, mit all meinen Fehlern und den guten Seiten. Ich denke, das gehört alles dazu, und Selbstbewusstsein wirkt, finde ich, immer, als könnte man das einfach so durch Sport oder Make-up bekommen. Aber es kommt halt von innen. Ich bin froh, dass man das auch merkt, dass ich mich die letzten Jahre viel damit beschäftigt habe.
Du singst in deinen Songs auch viel davon, dass du dir von niemandem was sagen lässt und einfach so sein möchtest, wie du bist. Hat es in der Vergangenheit vermehrt solche Situationen gegeben, wo Leute dich verändern wollten?
Ja schon, und gleichzeitig war ich eben selber unsicher und habe das auch mit mir machen lassen. Ich bin teilweise in falsche Richtungen abgedriftet, weil ich immer dachte “Okay, wenn diese Person das sagt, dann muss das wohl stimmen, weil die ist ja bekannter und wichtiger”. Da habe ich in den letzten Jahren echt gelernt, dass ich mehr auf mein Bauchgefühl hören sollte.
“Das Musikbusiness ist manchmal ein bisschen wie so eine “Black Mirror”-Folge (…)”
Das Musikbusiness hat ja doch einige Schattenseiten. Hast du auch schon mal irgendwie mit Fake Friends oder ähnlichen Dingen zu tun gehabt?
Ich würde es mal so sagen, ich lasse Leute in diesem Business nicht wirklich so nah an mich heran, sodass ich sagen könnte, das sind wirklich meine Freunde, an die wende ich mich jetzt, wenn irgendetwas Schlimmes passiert. Das sind schon oft so oberflächliche, aber trotzdem nette Bekanntschaften. Ich denke aber, wenn man sich darin verliert und denkt, dass die Nettigkeit von Leuten auch ohne Musik und ohne Instagram und Fame da wäre, dann hat man eher dieses Problem. Ich bin dem Ganzen einfach ein bisschen skeptisch gegenüber. Das Musikbusiness ist manchmal ein bisschen wie so eine “Black Mirror”-Folge, wo man das Gefühl hat, Leute scannen den Raum nach Streams und Followern. Ich spüre das schon, wenn jemand fake ist und dann gehe ich auch nicht darauf ein. Deshalb nein, ich habe keine Fake Friends, aber das liegt halt auch daran, dass ich sie schnell erkenne.
Würdest du auch sagen, dass die Art von Musik, die du selbst machst, sich genremäßig mit der Musik, die du privat hörst, deckt?
Momentan lustigerweise eigentlich nicht wirklich. Ich höre viel ruhigere Musik, viel R&B. Es ist aber auch immer sehr von meinem Gemütszustand abhängig.
Du hast schon ein paar Songs mit anderen Deutschrappern veröffentlicht, mit makko oder beslik meister zum Beispiel. Hast du irgendeine Traumcollab, irgendwen, mit dem du extrem gerne mal was rausbringen würdest?
ACE TEE. Auf jeden Fall. Die feiere ich komplett. Ich finde auch, sie ist sehr underrated. Das fällt mir irgendwie generell auf in der Rap-Szene, dass weibliche Interpretinnen oft nicht so viel Recognition bekommen. Aber sie finde ich mega und mit ihr würde voll gerne mal was machen.
Du hast ja bisher gar nicht wirklich mit Frauen zusammengearbeitet, oder?
Ja, ich hätte aber voll Bock. Das sind aber halt irgendwie gefühlt unerreichbare Leute, die ich cool finde. Ich fände auch SHIRIN DAVID oder so nice [lacht], aber das liegt halt irgendwie alles nicht ganz in meinem Breitengrad.
Also in Österreich, oder ich nenne es jetzt mal „in deiner Reichweite“, hättest du bis jetzt noch niemanden gefunden, wo du sagst “Da könnte man mal was gemeinsam machen”?
VERIFIZIERT finde ich schon auch sehr cool. Ich habe mit ihr auch schon gesprochen und wir würden uns vielleicht mal zusammensetzen.
Was kann man von dir denn sonst noch so erwarten in nächster Zeit, mit neuer Musik oder so?
Es wird diesen Dezember auf jeden Fall noch einen Song geben, der quasi eine neue Ära von mir eröffnen soll. Ich werde nämlich bald ein Projekt rausbringen, dazu kann ich aber momentan noch nicht so viel sagen. Aber es wird auf jeden Fall ganz ohne Features und wieder eine ganz andere Seite von mir sein.
„ICH HATTE ERSTMALS NEBEN DEN ZAHLEN AUCH GESICHTER VOR MIR“
Wie gehst du eigentlich damit um, dass jetzt wieder Lockdown ist? Beeinträchtigt dich das in deinem Schaffen als Musikerin?
Ich muss sagen, ich persönlich komme da immer relativ gut davon, glaube ich. In der Zeit, wo man jetzt wieder Auftritte haben konnte, hatte ich extrem viel zu tun. Da war ich wirklich die ganze Zeit unterwegs quer durch Österreich, ich hatte auch meinen ersten Deutschland-Auftritt. Jetzt kommt mir die Ruhe eigentlich sehr gelegen. Natürlich freue ich mich nicht über die Lockdowns, aber mir persönlich kommt es immer recht gelegen, weil ich dann reflektieren kann und mir neue Inspiration holen kann. Dann kümmere ich mich auch wieder mehr um mich, meinen Körper und meine Familie. Das bremst mich irgendwie so gezwungenermaßen, wenn du verstehst, was ich meine.
Wie war die Tour denn so für dich? Hast du irgendeinen Moment gehabt, der dir voll in Erinnerung geblieben ist?
In Wels hat jemand im Publikum einen Backflip gemacht. [lacht] Das war crazy, das habe ich so auch noch nie erlebt. Da konnten die Leute teilweise die Texte auch voll auswendig. Mir war nicht bewusst, dass dort so eine große Fanbase von mir ist, aber Wels hat da echt fast alles übertroffen. Und natürlich der Schillerplatz-Auftritt, der war auch extrem wichtig für meine persönliche Geschichte, musiktechnisch. Das war der erste Auftritt nach den ganzen Lockdowns, das erste Mal, dass ich wieder vor Leuten stand mit neuen Songs, und da habe ich erst gemerkt, dass während dem Lockdown alles in die Gänge gekommen ist. Ich hatte erstmals neben den Zahlen auch Gesichter vor mir, das war echt wild.
Danke dir fürs Gespräch!
Katharina Reiffenstuhl
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