Eine „Spam-Oper“ mit der Musik von Periklis Liakakis im Schauspielhaus Wien

„Gain extra inches!“ Die [SPAM]Oper Konzept mit der Musik und unter der musikalischen Leitung von Periklis Liakakis nach dem Libretto von Georg Steker hatte am 24. August 2010 in der Wiener Porzellangasse Uraufführung und ist in weiteren Vorstellungen noch am 26., 28. und 31. August 2010, jeweils 20:00 Uhr zu sehen. Die Premiere war erfreulicherweise ausverkauft und es zahlt sich aus sich das anzuschauen. Als Sängerschauspieler agieren Genoveva dos Santos, Bartolo Musil, Katrin Schurich und in einer der „Nummern“ auch der Komponist. Das Instrumentalensemble besteht aus Akkordeon, Saxophon, Kontrabass,  Elektronik und Theremin sowie Live-Elektronik. Eine Produktion von progetto semiserio.

Periklis Liakakis wurde in Athen, Griechenland geboren. Er studierte Komposition an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien bei Erich Urbanner), erhielt Preise und Stipendien vom Österreichischen Bundeskanzleramt, der Stadt Wien, den Universitäten für Musik und darstellende Kunst in Graz und Wien, sowie der Thüringen-Philharmonie. Weiters bekam er unter anderem Aufträge von der Ensemble Modern Akademie, dem Wiener Saxophonquartett, der Stadt Trossingen, sowie dem griechischen Radiosymphonieorchester. Er arbeitete bereits mit renommierten Ensembles wie dem Ensemble modern und “die reihe”, dem Ensemble on_line und “that”, dem griechischen Nationalorchester, sowie dem griechischen Radiosymphonieorchester zusammen. Liakakis lebt in Wien und unterrichtet hier als Lehrbeauftragter an der Universität für Musik, Tonsatz und Komposition. Aus seiner Hand stammen zwei Kammeropern („Die Historie der schönen Magelone”, „Der gestiefelte Kater“) ein Tanztheater „Ifigenia“ sowie Stücke für Orchester, Kammerorchester und Ensembles.

Die aktuelle Musiktheaterproduktion „Gain extra inches! Die SPAM Oper“ rankt sich um den Internetuser, der täglich mit einer Flut von Informationen konfrontiert wird. Periklis Liakakis hat dem Thema entsprechend einer versierte „Gebrauchsmusik“ geschrieben, auch für wiederkehrende Spam-Mails mit zum Teil „herzzerreißenden“ Texten und der Bitte um Spenden für verstümmelte afrikanische Kinder und deren allein gelassene Mütter, die einen Spitalsaufenthalt finanzieren wollen und natürlich auch der Bitte um Bekanntgabe der Kreditkartennummer … Oder für wiederkehrende Spam-Werbungen für Porno, Abnehmen nur mit Pillen, täuschend echt aussehende Luxus-Marken  (à la www.topwatches.com)  oder wundersame Geldvermehrungen. Das wird von den guten Darstellern auch szenisch aufgeführt. Die Oper hat Nummerform (mit witzigen Übertiteln, Übersetzungen, wenn’s Englisch gesungen wird), und ist sozusagen eine „wissenschaftliche“ Unterweisung, wie man richtig Spams verfasst, versendet oder dass man als „Profi-Spammer“ niemals zweimal eine Firma bedienen soll.  Kompositorisch fügt der Komponist manchmal auch Samples mit Live-Elektronik, Saxofon, Kontrabass und Akkordeon zusammen und (hier stimmt die Presseankündigung)  eine „individuelle und originelle Klangsprache entstehen lässt.“

Auf der Website von progetto semiserio kann man sich ein 4-minütiges Interview von Periklis Liakakis mit Jury Everhartz anhören und –sehen. Der Komponist wurde durch das Spam-Libretto, das eigentlich nur aus Spams besteht, gereizt, weil es so etwas noch nie als Opernthema gegeben hat. „Was man machen kann: eine schnelle Oper mit vielen Szenen, viel Abwechslung. Man soll den Wahnsinn der heutigen Gesellschaft wie durch einen Spiegel sehen: Schnellere Schwänze, schnellere Autos, mehr Geld usw.“ Er meint, in den Spams komme ja vor, was die Leute heute interessiert, sonst gäbe es sie ja nicht. Persönlich liebt er auch „Überraschungen, die man sich selbst beim Komponieren macht. Neue Mischungen und Zusammenhänge, ‚normale’ E-Musik (ich bin ja studierter E-Musiker) zusammen mit Hip Hop, Beats, Elektronischem, das man in einen Topf bringt“. Und: „Musik muss kommunizieren können, alles andere ist eine Lähmung. Kommunikation – das ist Musik von Beethoven, aber auch ein Song von Jimi Hendrix oder ein modernes Bild.“

Der mitwirkende Saxofonist Lars Mlekusch stammt aus der Schweiz, studierte in Basel bei Marcus Weiss und ist seit 2005 Professor für Saxophon und Kammermusik an der Konservatorium Wien Privatuniversität. Er ist ein gesuchter Solist für Neue Musik und tourt etwa mit dem Klangforum Wien diesen Herbst mit dem Stück „Klang-Muro für Klangforum“ von Mauricio Sotelo, führt as Wiener Saxophon Quartett und gehört zur Formation „Dr. Best Research“ gemeinsam mit den Blech-Klangforern. Aufhorchen lässt auch seine CD, die er mit der „Sequenza“ für Sopransaxophon von Luciano Berio eröffnet.

Regie führte die aus Hamburg stammende Regisseurin Annika Haller. Auch mit ihr kann man auf der Website ein Gespräch, geführt mit Kristine Tornquist vom sirene Operntheater hören.  Bühnenbild und Requisiten (inklusive zwei Gitarren und Schlagzeug) sind alle aus Kartonschachteln  gefertigt, hinter denen sich die Protagonisten oftmals umziehen müssen.

„Climb into my head and get ready for the true story within the world of spam.”
Der „Spammer“ führt uns als einzig realer Charakter des Stücks durch eine virtuelle Welt voller Spam-Geschichten und abstruser aber vielleicht wahrer Spam-Fakten. Die online Welt wird in Einzelszenen materialisiert und setzt so das Internet in einen Realitätskontext. Das Libretto ist eine Kombination aus den kurzen, absurden Texten, die unsere Mailboxen überfluten. Als Kombination von science fiction, Porno, pseudotragischen Kettenmails und Hoaxes, mischt es die englische und deutsche Sprache. (hr)

http://www.progettosemiserio.at/projekt_aktuell.html
http://www.liakakiskomponist.com/file/Welcome.html