Vor 15 Jahren hat ERICH ZIB die damals einzige regelmäßig ausgestrahlte Radiosendung zum Thema Wienerlied übernommen: Heute ist RADIO WIENERLIED einerseits eine wöchentliche Radiosendung und andererseits ein Musikverlag. Der Radiomacher und Musiker erzählte Jürgen Plank, warum ihm das Wienerlied am besten gefällt und seine Sendungen auch in Australien und auf den Philippinen gehört werden.
Sie betreiben Radio Wienerlied nun seit 15 Jahren, wie hat alles begonnen?
Erich Zib: Meine erste Sendung ist im April 2003 ausgestrahlt worden, damals habe ich mit circa 40 CDs und 80 Schallplatten begonnen. Ich musste am Anfang immer nach Wien fahren, um die fertigen Sendungen auf Minidisc zu Radio Orange zu bringen, wo die Sendung gelaufen ist. Das war ziemlich umständlich und ich habe mich gefragt, ob man das nicht über das Internet abwickeln kann. Es gab tatsächlich diese Möglichkeit und bald habe ich begonnen, die Sendungen über die jeweiligen Server abzuspielen, auf Radio Orange und auf FRO [Freies Radio Oberösterreich; Anm.]. Davor habe ich die Kassetten per Post nach Linz geschickt. Damals wurde der Sender Radio Österreich International eingestellt, auf dem das Wienerlied eine starke Stellung gehabt hat. Die Sendungen von Radio Österreich International sind auch auf „Community Radios“ in Australien gelaufen.
Dorthin haben es dann auch Ihre Sendungen geschafft.
Erich Zib: Als erster Sender hat Radio Austria 4 in Adelaide wegen der Ausstrahlung meiner Sendungen bei mir angefragt. Ich habe natürlich gerne Ja gesagt und habe begonnen zu schauen, ob ich noch weitere Sender dafür gewinnen kann.
Wo strahlt Radio Wienerlied heute aus, wo wird es überall gehört?
Erich Zib: Momentan haben sich rund 1.800 Leute für unseren Newsletter angemeldet und ich nehme an, dass sich diese Leute die Sendung zumindest gelegentlich anhören. Wir haben Hörerinnen und Hörer auf der ganzen Welt: auf den Philippinen genauso wie auf Hawaii. Von dort hat mir einmal ein Hörer geschrieben: „Wenn Sie mal in der Gegend sind, würde ich gerne einen Heurigenabend machen.“
Wer sind die Hörerinnen und Hörer?
Erich Zib: Der größte Teil sind Auslandsösterreicherinnen und -österreicher, Leute, die ausgewandert sind oder nur momentan im Ausland leben. Das sind sicher 80 bis 90 Prozent der Hörerinnen und Hörer.
Wo sind die 25 Sender stationiert, die Ihre Sendungen zurzeit ausstrahlen?
Erich Zib: In Australien gibt es mehrere Sender, etwa in Brisbane, Adelaide und Melbourne. In Toronto gibt es auch einen Sender und in Österreich haben wir relativ viele Sendeplätze im Programm der freien Radios.
„Ich bin überzeugt, dass man in einigen Jahren – das wird gar nicht mehr so lange dauern – Lieder von Rainhard Fendrich oder Wolfgang Ambros auch zum Wienerlied zählen wird.“
Welche Musik umfasst denn das Repertoire von Radio Wienerlied?
Erich Zib: Das große Problem ist, dass man Wiener Musik relativ schwer definieren kann. Was ist ein Wienerlied? Muss es von Wien handeln oder soll es eine Wiener bzw. ein Wiener geschrieben haben? Für Hardcore-Fans sind zum Beispiel „Heut’ kommen Engeln auf Urlaub nach Wean“ und „Die Reblaus“ keine Wienerlieder, weil diese Titel seinerzeit für Filme geschrieben wurden. Ich bin überzeugt, dass man in einigen Jahren – das wird gar nicht mehr so lange dauern – Lieder von Rainhard Fendrich oder Wolfgang Ambros auch zum Wienerlied zählen wird.
Sind somit auch Lieder aus Operetten dazuzuzählen?
Erich Zib: Eine Operette wie „Die Fledermaus“ von Johann Strauss ist ja irgendwo auch ein Wienerlied. Die Abgrenzung ist also sehr schwer und ich versuche, das Feld in den Sendungen ein bisschen großzügiger zu sehen.
Machen nur Sie die Sendungen von Radio Wienerlied und wie viele Sendungen gab es bisher?
Erich Zib: Jede Woche gibt es eine Sendung, das ergibt in 15 Jahren 760 Sendungen. Einige Jahre lang habe ich abwechselnd mit dem Musiker Horst Chmelar die Sendungen gestaltet, er hat insgesamt auch 105 der 760 Sendungen gemacht. Man muss dazusagen: Da fließt kein Cent, niemand bekommt Geld. Wir machen das einfach, weil es die einzige Chance dafür ist, dass man unsere Musik überhaupt noch irgendwo hört.
Und heute?
Erich Zib: Heute mache ich die Sendung abwechselnd mit Crazy Joe, er unter dem Titel „Wiener Melange“ und ich unter dem Titel „Wienerlieder von gestern und heute“. Unter „Wiener Melange“ kann auch zum Beispiel Austropop laufen.
„Mir gefällt das Wienerlied ganz einfach am besten.“
Was motiviert Sie nach 15 Jahren weiterzumachen?
Erich Zib: Grundsätzlich die Liebe zum Wienerlied. Mir gefällt das Wienerlied ganz einfach am besten. Es hat die richtige Mischung aus Rhythmus, Melodie und Harmonien. Die Radiohörerinnen und -hörer motivieren mich immer wieder weiterzumachen. Ich hatte schon ein paar Mal die Situation, dass ich die Sendung einstellen wollte, auch weil der Neid in der Branche ein Wahnsinn ist.
Hören Sie privat auch andere Musikrichtungen?
Erich Zib: Ich bin für viele Musikrichtungen offen, ich höre gerne Schlager, Evergreens, Operetten. Ich höre auch gerne Volksmusik: Mich interessiert Musik immer dann, wenn es eine gute Kombination aus Melodie und Rhythmus gibt. Aber ich höre auch gerne melodiöse Jazzmusik.
„Ich bin seit 50 Jahren Musiker.“
Sie hören nicht nur Musik, Sie sind auch selbst Musiker.
Erich Zib: Ich bin seit 50 Jahren Musiker. Damals habe ich begonnen, bei Heurigen in Gumpoldskirchen mit meiner Wiener Schrammelharmonika zu spielen: Wienerlieder, Operetten, Schlager und Evergreens. 1995 hat die Firma, in der ich Verkaufsleiter war, zugesperrt. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und bis 2012 als Musiker gearbeitet.
Außerdem haben Sie im Laufe der Jahre einen Vertrieb für Wienerlied-CDs aufgebaut.
Erich Zib: Ich habe begonnen, auf der Webseite der Radiosendung Wienerlied-CDs anzubieten. Anfangs waren es nur meine eigenen. Wegen der Radiosendung bin ich draufgekommen, dass die Leute Wienerlied-CDs suchen, die es aber nirgendwo gibt, weil sie zu wenig Umsatz machen. Meine Tochter hat im Jahr 2012 übernommen und heute sind rund 600 CDs im Angebot. Wir bieten allen Künstlerinnen und Künstlern an, die sich mit Wienerlied beschäftigen, dass wir sie in der Sendung spielen und ihre CDs über unseren Shop verkaufen.
Wie wird es weitergehen? Ihre Tochter hat ja den Musikverlag übernommen, wird sie die Radiosendung irgendwann weitermachen?
Erich Zib: Gefühlsmäßig sage ich, dass sie die Sendung nicht weitermachen wird, denn sie hat mit dem Musikverlag genug zu tun. Aber ich hoffe natürlich – ich bin jetzt 67 Jahre alt –, dass ich die Sendung noch etwa zehn Jahre lang weitermachen kann. Und ich hoffe, dass ich Leute finden werde, die das übernehmen wollen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Jürgen Plank
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