ein_Klang-Labelfest mit Live-Musik und CD-Präsentation / KOFOMI #14

Im gesteckt Studio 35 in der Theresianumgasse war am vergangenen Freitag 2. Labelfest + Kofomi#14_review unter der Mentorschaft von Wolfgang Seierl und Hannes Raffetseder. Es gab im Buffet des Nebenraums nicht nur (gratis bzw. gegen Spende) hervorragende Karotten-Ingwer-Suppe, sondern auf dem Konzerpodium auch Auftritte mit Marko Ciciliani electronics, Gloria Damijan toy piano, Maria Frodl cello, Daniel Lercher electronics, Barbara Lüneburg violin, Julia Purgina viola, Bernhard Schöberl guitar, Daniela Tagger video, Marianna Tscharkwiani voice

Die Genannten waren unter den Künstlern des 14. Komponistenforums Mittersill im September 2009 bzw. die an diesem Abend ebenfalls live auftretende junge Gruppe LDT-Tripping. Das beim „Farben“-KOFOMI verpflichtete ensemble reconsil saß fast vollzählig im Publikum, auch Franz Hautzinger und Christof Dienz, um zunächst etwa einem Stück von Sciarrino zu lauschen. Die immer experimentierfreudige Barbara Lüneburg (an der E-Geige) und Mark Ciciliani bildeten den zweiten Programmpunkt vor der Pause.

Es folgte ein nicht unvergnüglicher Live-Akt mit Gloria Damijan Daniel Lercher und Bernhard Schöberl. Die bei ein_klang records bereits produzierte gleichnamige LDT-CD ist noch nicht ganz fertig, aber in Bälde erhältlich. Der Abend schloss mit einer eindrucksvollen Video-Vorführung (Daniela Tagger).

Die bereits fertige Doppel-CD-Box zum 14. KOFOMI konnte von Wolfgang Seierl präsentiert werden. Sie enthält Musik von und mit Peter Ablinger, Marko Ciciliani, Roland Dahinden, Roland Freisitzer, Yannis Kyriakides, Barbara Lüneburg & Hannes Raffatseder, Lou Mallozzi, Koji Nakano, Dariusz Przybylski, ensemble Quadrat:sch, Alexander Schubert, Alexander Wagendristel […], ist von hoher Qualität und kann wärmstens empfohlen werden.

„Im Mitschnitt des Konzertes des Ensembles Quadrat:sch ist die Atmosphäre der in 1700 m Seehöhe gelegenen und 300 m Jahre alten Bürglhütte in Stuhlfelden durchaus noch hör- bzw. miterlebbar … In einer in den Ergebnissen spürbar werdenden hervorragenden Arbeitsatmosphäre und in enger Zusammenarbeit mit dem ensemble reconsil Vienna entstanden zwölf Kompositionen, die nicht nur das Thema „Farben“ reflektierten, sondern auch die architektonisch-räumlich und klanglich interessanten Möglichkeiten des Foyers im BORG Mittersill nutzten. Der dritte Teil der von Peter Ablinger beigesteuerten Komposition ‚Selbstportrait mit Mittersill’ war eine Performance, in der der Komponist selbst persönliche Gegenstände aufeinen Tisch – einer streng dodekaphonisch inspirierten Regel folgend – verschob und damit deren quasi Klangschatten definierte, – wer das an Anton Webern dachte, lag sicherlich nicht falsch. In der der rein akustischen Wiedergabe ergibt sich hier aber noch ein weiterer Reiz: was sich im audiovisuellen Kontext und in Verbindung mit der Bewegung noch als Nebeneffekt lesen ließ, ist hier nun eindeutig absolute Musik“ (Wolfgang Seierl im Booklettext). – Über die Eindrücke vom Schlusskonzert und anderen Programmpunkten siehe auch Links und Verwandte Artikel.

Der Vielfältigkeit und Offenheit des KOFOMI-Konzepts auch gegenüber anderen Genres trug die Vorführung der „Urfassung“ des Videos von Daniela Tagger Rechnung, mit der man auch diskutieren konnte. Ihr Film „warna“ (indon: Farbe), Wien 2009, zeigt ihre in Indonesien an verschiedenen Orten festgehaltenen Augenzeugenprotokolle, die dortige Ureinwohner beim Weben und den Vorbereitungen dazu zeigen (Färben, Gewinnen von Fäden usw.).

Hier noch die Vorschau auf das 15. KomponistInnenforum Mittersill 2010 mit dem Ensemble „die reihe“ als Gastensemble(hr).

STROM
9. bis 18. September 2010

Teilnehmer:
Arturas Bumšteinas (LIT)
Wolfgang Danzmayr (A)
Bill Drummond (GB)
Cathy van Eck (NL)
Klaus Obermaier (A)
Dieter Kaufmann (A)
Manuela Kerer (I)
German Toro Perez (COL/A)
NN (USA)
Vladimir Tarasov (RU/LIT)
Ensemble die reihe (A)

Dazu das
8. Internationale Symposium: STROM
10. – 11. September 2010

Energie ist das einzige Leben und stammt her aus dem Körper; und Vernunft ist der Einband oder äußere Umkreis der Energie.
(Aus: William Blake, Die Hochzeit von Himmel und Hölle)

Und als, ebenfalls ganz unvermerkt, vor dem immer mehr durch Experiment und technische Erfahrungen geübten Blick auf die Natur der gotische Mythos schattenhaft wurde, entstanden aus den Begriffen mönchischer Arbeitshypothesen seit Galilei jene kritisch abgeklärten numina der modernen Naturwissenschaft, die Stoß- und Fernkräfte, die Gravitation, die Lichtgeschwindigkeit, endlich „die“ Elektrizität, die im elektrodynamischen Weltbilde durch Einverleibung der übrigen Energieformen eine Art von physikalischem Monotheismus heraufgeführt hat.
(Aus: Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes)

Der Magnetismus schien die Einlösung der das gesamte 19. und beginnende 20. Jahrhundert bestimmenden Sehnsucht nach einer neuen Synthese von Religion und Wissenschaft, einer Vereinigung von wissenschaftlichem Rationalismus und intuitiver Erkenntnis zu bieten.
(Aus: Astrid Kury, „Heiligenscheine eines elektrischen Jahrhundertendes sehen anders aus…“)

15 Jahre KomponistInnenforum Mittersill bedeutet vor allem 15 Jahre Experimentier- und Kommunikationskultur im Bereich der zeitgenössischen österreichischen Musikszene, Dynamisierung des Musiklebens auf Basis einer Plattform, die sich über stilistische Grenzziehungen hinweg etablieren konnte. Über 100 Uraufführungen von großteils in Mittersill entstandenen Kompositionen bilden diese Dynamik nur zum Teil ab, an diesem Netzwerk haben auch die Aktivitäten des Labels ein klang_records mit 40 CD-Produktionen ihren Anteil, aber auch die Gesprächsreihe „Wohin?“ in Salzburg und die monatliche Sendung in der Radiofabrik, dem freien Radio Salzburg
(Text: Kofomi).