Ein Strizzi macht Austropop – VOODOO JÜRGENS im mica-Porträt

Er schaut ein bisschen aus, als wäre er vor Kurzem aus einer Zeitmaschine gestiegen. Seine Heimatzeit ist so um die 1970er-, 1980er-Jahre, das kann man nicht so genau feststellen, denn mit seinen Chinos und extrovertierten Hemden hat er auch etwas Hipsterhaftes an sich. Auf jeden Fall heißt er VOODOO JÜRGENS und wird als Hoffnungsträger des Austropop gehandelt.

Und dass, obwohl er noch gar nicht so viele Songs veröffentlicht hat. Besser gesagt, hat er eigentlich nur einen Song offiziell herausgebracht – beziehungsweise zwei, wenn man die B-Seite dazuzählt. Das Haupt-Lied heißt „Heit gro ma Tote aus“ (die B-Seite nennt sich „Ronny“) und entpuppt sich als richtiges Moritat. Im Video sieht man Voodoo Jürgens, der von einem Interviewer zu Hause abgeholt wird, um dann durch das Wiener Nachtleben zu schlendern.

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Obwohl „Nachtleben“ trifft es nur wegen Tageszeit so richtig, denn es werden keine Clubs oder Bars besucht. Vielmehr läuft die Voodoo-Gang durch Orte, die an die weitverzweigte Landschaft des Wiener Kanalsystems erinnern. Stimmungsvoll sind die Bilder nicht nur wegen der düsteren und verzerrenden Filter, sondern auch wegen des Charismas von Voodoo Jürgens, der sich als Wiener Strizzi inszeniert. Man hat irgendwie ein ganz heimeliges Gefühl, wenn man sich das Video zu „Heit grob ma Tote aus“ ansieht.

Anti-Folk fürs Beisl

Bild Voodoo jürgens
Voodoo Jürgens (c) Kurt Prinz

Wahrscheinlich auch wegen der genialen Lyrics, die eine absorbierende Mischung aus Schmäh, Melancholie und einer Wiener Laissez-faire-Einstellung – sprich: Ist-eh-wurscht-Einstellung – sind. Der Clip wurde übrigens von Florian Senekowitsch gedreht, der schon bei den Erfolgsvideos von Wanda den Dirigentenstab in der Hand hatte. Man merkt, dass Voodoo Jürgens im Fokus der österreichischen Musikszene gelandet ist.

Und das wird sicherlich wegen seiner Texte sein, denn die Musik ist von einer eher zurückhaltenden Natur. Ein bisschen Gitarre zur Untermalung, hin und wieder die Drehorgel und das Schlagzeug, um den Sound zu komplettieren. Er macht Folk – oder eher Anti-Folk – und erinnert bei seinen Auftritten ein wenig an den jungen Bob Dylan. Mit Live-Gigs lässt er sich sowieso nicht lumpen, vielmehr hat man das Gefühl, dass der Tullner Musiker schon überall aufgetreten ist. Egal ob als Vorband für The Libertines – deren Sound vor allem bei „Heit grob ma Tote aus“ zum Vorschein kommt – oder in kleinen Beisln, Voodoo Jürgens lässt den Funken immer überspringen.

Ein Musiker mit viel Erfahrung

Er ist aber auch nicht erst seit gestern als Musiker unterwegs. Jahrelang war er der Bandleader von Die Eternias, einem Garagenrockkollektiv, das als Support-Act von Ja, Panik auf der Bühne stand, mit Wolfgang Möstl an einem Album werkelte und dessen Song „Broken Bones“ in die FM4-Rotation aufgenommen wurde. Durch die Band kam auch sein Name zustande, denn vor jeder Platte dachten sich die Mitglieder neue Künstlernamen aus. Zuletzt hieß der Tullner Musiker Voodoo Jürgens. Der Name gefiel ihm so sehr, dass er ihn behielt. Und seit dem Tod von Udo Jürgens ist noch eine makabre Note dazugekommen, die er ins Herz geschlossen hat.

Diese kleinen Details sind es, die den Tullner so sympathisch machen. Und natürlich, dass man bei fast jedem Lied das Gefühl hat, genau zu wissen, was er meint. Auf seinem noch namenlosen Album, das am 7. Oktober 2016 offiziell herauskommt, wird er sicherlich weitere Schmankerl präsentieren und so den Hype noch ein bisschen mehr ausbauen.

Anne-Marie Darok

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Vodoo Jürgens